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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 18.05.2020, RV/7200065/2018

Widerruf eines nicht mehr wirksamen Bescheides

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der A, Adresse, vertreten durch V, Adresse1, gegen die Erledigung der belangten Behörde Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien vom , Zahl aa, betreffend Widerruf einer Bewilligung beschlossen:

Die Beschwerde vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung vom , Zahl aa, die als Betreff "Widerruf der Bewilligung eines zugelassenen Warenortes Zahl bb vom " ausweist, wurde "[d]ie Bewilligung eines zugelassenen Warenortes für die Fa. A vom , Zahl bb, für die Örtlichkeit (…)" gemäß Art. 28 der Verordnung EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) widerrufen.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid vom , Zahl bb, sei der Beschwerdeführerin an der näher bezeichneten Örtlichkeit ein zugelassener Warenort bewilligt worden. Es sei für mehrere Fälle festgestellt worden, dass sich die Waren weder in den Räumlichkeiten des Zolllagers befänden noch hätten (auch im Rahmen des Parteiengehörs) Nachweise über den weiteren Verbleib der Waren vorgelegt werden können. In vielen Fällen sei zum Zolllagerverfahren Verpackungsmaterial angemeldet worden, in einem Fall sei festgestellt worden, dass es sich dabei um den Produktpiraterie-Vorschriften unterliegende Waren gehandelt habe. Die für die Durchführung der zollrechtlichen Vorgänge erforderliche Gewähr sei daher nicht gegeben. Bei dem für die Beschwerdeführerin bewilligten Warenort handle es sich um dieselbe Lokalität wie bei dem für ein anderes Unternehmen bewilligten Zoll- bzw. Verwahrlager, die Aufrechterhaltung der Bewilligung des Warenortes sei schon alleine aus diesem Grund nicht mehr zulässig.

Dagegen richtete sich (nach Verlängerung der Beschwerdefrist) die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch V, brachte (zusammengefasst) vor, mit Bescheid vom , Zahl bb, sei ihr die Bewilligung eines zugelassenen Warenortes für die näher genannte Örtlichkeit erteilt worden. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei auch weiterhin die für die ordnungsgemäße Durchführung der zollrechtlichen Vorgänge am zugelassenen Warenort erforderliche Gewähr gegeben. Die Beschwerdeführerin erhalte seit vielen Jahren (gebrauchtes) Verpackungsmaterial zugeschickt. Dieses werde nach Einlangen auf Beschädigungen untersucht, bei Vorliegen solcher sei das Verpackungsmaterial (für das ohnehin kein Zoll anfalle) entsorgt. Den Organen des Zollamtes sei diese Vorgangsweise bekannt gewesen und diese seien ausdrücklich damit einverstanden gewesen. Der Beschwerdeführerin könne daher nicht die erforderliche Zuverlässigkeit in zollrechtlichen Angelegenheiten abgesprochen werden. Die Beschwerdeführerin habe weder Abgaben hinterzogen, noch habe sie sich an einer solchen oder an einer Produktpiraterie beteiligt. Bei Abgehen von einer jahrelangen Praxis durch die Behörde könnten allfällige daraus resultierende Formgebrechen nicht der Beschwerdeführerin zur Last gelegt werden. Neben weiteren Ausführungen zu zwei konkreten Fällen brachte die Beschwerdeführerin weiter vor, es sei eine Bewilligung vom widerrufen worden; eine solche liege nicht vor, schon gar nicht mit der Zahl bb. Schon aus diesem Grund sei der gegenständliche Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Darüber hinaus habe die belangte Behörde den maßgebenden Sachverhalt nicht vollständig ermittelt und habe das Amtswegigkeitsgebot verletzt. Abschließend stellte die Beschwerdeführerin die Anträge auf Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass die Bewilligung eines zugelassenen Warenortes zu Zahl bb nicht widerrufen werde, in eventu auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie auf Verpflichtung des Rechtsträgers der belangten Behörde zum Ersatz der durch das Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl cc, wurde die Beschwerde "mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass das Bewilligungsdatum statt "" richtig "" laute. In der Begründung führte die belangten Behörde (neben umfangreichen Ausführungen betreffend die nach ihrer Ansicht fehlende Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin) aus, bei der Anführung des Bescheiddatums 2016 statt 2006 im Spruch des angefochtenen Bescheides handle es sich schlicht um einen Tippfehler. Aus der Bescheidbegründung gehe eindeutig hervor, dass der Bescheid aus dem Jahr 2006 gemeint sei. Im Übrigen sei der widerrufene Bescheid mit der Zahl bb vom der Beschwerdeführerin zugestellt worden.

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Darin wiederholte die Beschwerdeführerin ihre in der Beschwerde gemachten Ausführungen und stellte neben den in der Beschwerde gemachten Anträgen einen solchen auf Entscheidung durch den gesamten Senat.

In Beantwortung einer Anfrage übermittelte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht am die seit dem Jahr 2006 ergangenen Bewilligungen zur Teilnahme am Informatikverfahren sowie zur Gestellung und Abfertigung an zugelassenen Warenorten und teilte mit, seit dem seien Informatikbewilligungen nur mehr systembedingt in e-Zoll hinterlegt, weil seit diesem Zeitpunkt Zollanmeldungen grundsätzlich elektronisch abzugeben seien. Bei den seit im System hinterlegten Bewilligungen handle es sich daher um keine Bewilligungen im rechtlichen Sinn.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Mit Bescheid vom , Zahl bb, wurde der Beschwerdeführerin die "Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren gemäß § 55 Absatz 2 ZollR-DG sowie der Gestellung und Abfertigung an zugelassenen Warenorten gemäß § 11 Absatz 7 ZollR-DG (e-Zoll-Bewilligung)" nach Maßgabe der Anlagen 1 bis 3 erteilt. Die Anlage 3 weist die verfahrensgegenständliche Örtlichkeit als Warenort aus. Als "Bezug" weist diese Bewilligung "Ihr Antrag vom , (…)" aus.

Mit Bescheid vom , Zahl dd, mit dem "Bezug: Ihr Antrag vom , , (…)", wurde der Beschwerdeführerin die "Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren gemäß § 55 Absatz 2 ZollR-DG sowie der Gestellung und Abfertigung an zugelassenen Warenorten gemäß § 11 Absatz 7 ZollR-DG (e-Zoll-Bewilligung)" nach Maßgabe der Anlagen 1 bis 3 erteilt; die verfahrensgegenständliche Örtlichkeit ist von Anlage 3 als Warenort erfasst. Der Spruch dieses Bescheides enthält den Hinweis, dass diese Bewilligung die Bewilligung mit der Zahl bb ersetzt.

Aufgrund des klaren und eindeutigen Spruches der nunmehr angefochtenen Erledigung, der durch den Spruch der Beschwerdevorentscheidung und durch die Begründungen der angefochtenen Erledigung und der Beschwerdevorentscheidung sowie durch den im Bescheid angeführten Betreff untermauert wird, stand fest, dass mit der angefochtenen Erledigung die Bewilligung eines zugelassenen Warenortes vom , Zahl bb, widerrufen worden ist.

Gemäß Art. 28 Abs. 1 UZK wird eine begünstigende Entscheidung außer in den Fällen des Artikels 27 widerrufen oder geändert, wenn
a) eine oder mehrere Voraussetzungen für ihren Erlass nicht erfüllt waren oder nicht mehr erfüllt sind oder
b) der Inhaber der Entscheidung einen entsprechenden Antrag stellt.

Mit der genannten Korrekturvorschrift sieht das Unionsrecht Regelungen für Widerruf oder Änderung von Entscheidungen vor, denen im nationalen Recht zum Teil die Vorschriften über Änderung oder Zurücknahme bestandskräftiger Verwaltungsakte entsprechen (Witte/Alexander, UZK Vor Art. 27 Rz. 1).

Widerrufen oder geändert können nur im Zeitpunkt des Widerrufs oder der Abänderung noch im Rechtsbestand befindliche Bescheide. Der Widerruf oder die Änderung eines Bescheides, der nicht mehr im Rechtsbestand ist, geht ins Leere (vgl. ). Ein widerrufender oder abändernder Bescheid kann daher nur gegenüber demjenigen Rechtswirkungen entfalten, dem gegenüber der zu widerrufende oder abzuändernde Bescheid wirksam war (vgl. Ritz, ÖStZ 1991, 177).

Mit dem Bescheid vom , Zahl bb, und mit dem Bescheid vom , Zahl dd, wurde der Beschwerdeführerin unter anderem die Gestellung und Abfertigung an zugelassenen Warenorten genehmigt; mit beiden Bescheiden wurde die verfahrensgegenständliche Örtlichkeit als zugelassener Warenort bewilligt. Es ist somit in derselben Sache (Genehmigung der verfahrensgegenständlichen Örtlichkeit als zugelassener Warenort) neben dem Bescheid vom , Zahl bb, ein weiterer, späterer Bescheid ergangen. Dieser später ergangene Bescheid vom , Zahl dd derogierte somit den Bescheid vom , Zahl bb (). Dieser später ergangene Bescheid setzte somit den Bescheid vom , Zahl bb, ungeachtet seiner Rechtskraft nach der lex-posterior-Regel außer Wirksamkeit (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 946). Darüber hinaus ist im konkreten Fall neben der materiellen auch eine formelle Derogation gegeben; im Spruch des Bescheides vom wurde darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom den früheren Bescheid ersetzt. Der mit der angefochtenen Erledigung erfolgte Widerruf der Bewilligung vom , Zahl bb, konnte somit gegenüber der Beschwerdeführerin keine Rechtswirkungen entfalten und ging daher ins Leere ().

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung oder mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist. Weil der angefochtenen Erledigung vom kein Bescheidcharakter zukommt, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ().

Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so obliegen gemäß § 272 Abs. 4 BAO dem Berichterstatter (unter anderem) Zurückweisungen gemäß § 260 BAO.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 in Verbindung mit § 274 Abs. 5 BAO kann ungeachtet eines Antrages von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde daher abgesehen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern hat sich auf diese und auf die einschlägigen Bestimmungen gestützt. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7200065.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at