Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.08.2020, RV/2100738/2020

Werbungskosten (Arbeitsmittel) einer Musiklehrerin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Astrid Binder in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert:


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Gesamtbetrag der Einkünfte
20.918,01 €
Einkommen
20.614,01 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
2.664,90 €
Einkommensteuer
2.239,98 €
Anrechenbare Lohnsteuer
-1.084,00 €
Rundung
0,02 €
Festgesetzte Einkommensteuer
1.156,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin unterrichtet an zwei Musikschulen und beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung die Anerkennung von Werbungskosten für das Streitjahr 2018. Mit Bescheid vom wurden die Aufwendungen für Arbeitsmittel und Reisekosten mit der Begründung nicht anerkannt, dass diese nicht - wie laut Ergänzungsersuchen vom gefordert - belegmäßig nachgewiesen wurden.

Dagegen wandte sich die Bf mit dem Rechtsmittel der Beschwerde und legte die bei der elektronischen Übermittlung irrtümlich nicht mitgesandten Belege als Beilage bei.

In der in der Folge ergangenen Beschwerdevorentscheidung wurden vom Finanzamt die beantragten Werbungskosten teilweise anerkannt:

1) Reisekosten:
Die beantragten Kosten für Nächtigungen iHv 1.419 Euro wurden um 42 Euro vermindert, da bei dem Beleg Nr. 1 die Kosten für ein Doppelzimmer geltend gemacht wurden.

2) Arbeitsmittel:
Laut Beschwerde wurden 5.585,96 Euro beantragt, davon wurden nach Prüfung der vorgelegten Belege 981,34 Euro anerkannt.
Dies mit der Begründung, dass einige Positionen (Musikalienzubehör mehrfach, 5X Musikheft, div. Notenbücher, 4X Daumenstützen, div. Notenbücher, 4 Stück Oboenrohr, etc.) in mehrfachen Exemplaren angekauft worden seien und nach branchenüblichen Erfahrungswerten lediglich Durchlaufposten darstellten, da diese erfahrungsgemäß an die Schüler weitergegeben würden. Sollten diese Gegenstände unentgeltlich an die Schüler ausgefolgt werden, würden sie ebenfalls keine Werbungskosten darstellen, da es sich hierbei nicht um Aufwendungen zur Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen handle.
Ein Teil der aufgelisteten Positionen (wie Halloween Deko, Sticker, Frühlingsartikel, DEKO, etc.) seien der privaten Sphäre zuzurechnen und im Sinne des § 20 EStG nicht abzugsfähig.
Für einen weiteren Teil der Aufwendungen (Computer und Zubehör) sei ein Privatanteil von 40% anzunehmen.
Die Kosten für das im ersten Halbjahr 2018 angeschaffte Notebook seien nach Abzug eines Privatanteiles über die Absetzung für Abnutzung (AfA) auf Basis einer dreijährigen Abschreibungsdauer zu erfassen.
In Summe wurden vom Finanzamt 2.358,34 Euro als Werbungskosten anerkannt.

Dagegen richtete sich die Bf mit dem Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte darin aus, dass sie pro Schuljahr zwischen 40-50 Schüler in den Fächern Blockflöte (Sopranino, Sopran, Alt, Tenor, Bass), Querflöte (Piccolo und Altquerflöte), Oboe sowie Englischhorn unterrichte. Bei den Schülern gebe es ein sehr weites Feld hinsichtlich der physischen und psychischen Voraussetzungen.
Um den Unterricht durchführen zu können, sei es notwendig, dass sie diese Instrumente besitze sowie entsprechend warte. Durch die intensive Nutzung im Musikunterricht würden sich entsprechende Verbrauchs- und Verschleißspuren an den Musikinstrumenten ergeben. Diese wären bei einer normalen privaten Bespielung der Instrumente nicht vorhanden, weshalb die Aufwendungen hierfür ausschließlich der beruflichen Tätigkeit zuzurechnen seien. Als Beispiel sei hier die Oboe mit den notwendigen Doppelrohrblättern erwähnt. Es gebe für jede Gruppierung des Zusammenspiels (Solo, Kammermusik, Blasorchester, Ensemble, usw.) spezielle Doppelrohrblätter. Die Haltbarkeit dieser Doppelrohrblätter liege bei ca. 2-3 Monaten daneben würden noch weitere Ersatzsteile benötigt.
Der Ankauf von Notensammlungen ergebe sich aus der Vielfalt der Instrumente sowie aus dem unterschiedlichen Niveau der Schüler und sei damit ebenfalls ausschließlich beruflich veranlasst. Es ließe sich feststellen, dass Schüler bekannte Stücke leichter erlernen als vollkommen unbekannte und somit auch die Freude am Erlernen eines Instrumentes erhalten bliebe. Dies führe wiederum zur Sicherung der Einkunftsquelle. Die angekauften Noten seien privat aufgrund des Niveauunterschiedes nicht nutzbar.

Mit einem Ergänzungsersuchen hat das Finanzamt die Bf aufgefordert, eine Excel-Tabelle mit den beantragten Aufwendungen für Noten und Instrumente bzw. Zubehör, eine ausführliche Stellungnahme ihrer beiden Arbeitgeber (Musikschule M und Musikschule L) bezüglich der einzelnen beantragten Aufwendungen in Hinblick auf deren berufliche Verwendung und dem Verzicht auf Kostenersatz vorzulegen. Weiters sei bekannt zu geben, welche Schüler welche Instrumente und welches Zubehör zur Verfügung gestellt bekommen haben sowie eine Bestätigung der Eltern, dass keine Kostenersätze geleistet wurden, beizulegen.

In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchen legte die Bf eine Liste mit diversen Materialien und Instrumenten im Gesamtbetrag von 2.082,05 Euro und die geforderten Stellungnahmen der beiden Musikschulen vor. Darin wurde bestätigt, dass die geltend gemachten Aufwendungen für den Unterricht in den beiden Musikschulen genutzt werden und in unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Bf stehen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Konkurrenzkampf im Musikschulwesen steigend sei, weil viele externe Privatlehrer Unterricht erteilen und dadurch die Schülerzahlen an öffentlichen Musikschulen sinken. Um die Schülerzahlen halten zu können (und damit den eigenen Arbeitsplatz abzusichern), müssten Musikschullehrkräfte nicht nur ausgezeichneten Unterricht anbieten, sondern auch die Ausstattung betreffend am letzten Stand sein. Um an allen Standorten eine Grundausstattung zur Verfügung zu haben, würden von motivierten Lehrkräften diverse Musikalien angeschafft. Dadurch sei es möglich, einem Kind Blockflötenunterricht zu erteilen, selbst wenn das Kind mal seine Flöte oder Noten zu Hause vergessen habe. Deshalb sei es wichtig, die gängigste Literatur am Standort zur Verfügung zu haben (im Original, denn Noten kopieren sei verboten). Zudem müsse sich jede Lehrkraft mit neu erscheinenden Notenmaterialien vertraut machen, um damit auch unterrichten zu können (Unterrichtsvorbereitung). Dafür müssten Lehrerhandexemplare angeschafft werden. Mit diesen Schülernoten könne übrigens kein studierter Musiker ein öffentliches Kulturleben mitgestalten. Das Material sei nur für den Unterricht geeignet.
Es sei heutzutage auch notwendig, geringfügige Wartungsarbeiten an Instrumenten durchführen zu können (schmieren der Korkverbindungen von Flöten (La Tromba Korkfett), Schabezungen für Oboenrohre, Blockflötenwischer, Powderpaper zum Verhindern klebriger Pölster).
Die Bf unterrichte 4 Hauptinstrumente an drei Zweigstellen bzw. vier Hauptinstrumente an zwei Zweigstellen in den jeweiligen Bezirken. Die mit Notenmaterial abzudeckende Altersklasse würden eine Spanne von vier bis über 50-Jährige betragen. Diese divergenten und sichtlich unterschiedlichen pädagogischen Bedürfnisse im Unterricht decke das angeführten Notenmaterial so gut wie möglich ab und stelle kein Material dar, wofür eine Leihgebühr seitens der Musikschule eingehoben werde. Der Verzicht auf Kostenersatz sei somit ersichtlich und eindeutig begründet.
Die angeführten Querflöten und Blockflöten seien günstige Schülerinstrumente, die NICHT dauerhaft an Schüler verliehen werden. Sie würden verwendet, um kontinuierlichen Unterricht erteilen zu können, wenn wie bereits erwähnt Schüler ihr Instrument vergessen, oder wenn Schüler ihr Instrument für ein bis zwei Wochen zur Reparatur zum Instrumentenbauer geben müssten. Für diese kurzen Zeiten wird in der Regel keine Leihgebühr verrechnet.

Die Musikschulen selbst verliehen KEINE Blockflöten an Schüler. Diese Instrumente seien für jeden leistbar und würden von den Eltern selbst angeschafft.
Die Anschaffung der Instrumente, Doppelrohrblätter, Noten und des Zubehörs in der angeführten Excel-Tabelle entsprechen dem Privatbesitz der Bf und stellen somit keine Leihinstrumente oder Posten dar, für die Kostenersätze geleistet würden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies ausdrücklich zugelassen ist.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Zu den Kosten der Lebensführung gehören z.B. auch Ausbildungskosten, die daher im Gegensatz zu den Fortbildungskosten grundsätzlich weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abzugsfähig sind ().

Die berufliche Veranlassung von Aufwendungen als Werbungskosten ist dann anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufes, nämlich zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen im Rahmen der Einkunftsart gemacht werden (vgl. BFH , BStBl 1981 II 368). Weiters dürfen die Ausgaben nicht als Kosten der Lebensführung iSd § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 zu qualifizieren sein, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Bei dieser Abgrenzung ist eine typisierende Betrachtungsweise derart anzuwenden, dass nicht die konkret tatsächliche Nutzung als allein erheblich angesehen werden muss ( und , 94/13/0253).

Strittig vor dem Bundesfinanzgericht ist die Frage, ob die in der nachgereichte Excel Tabelle aufgelisteten Aufwendungen für Arbeitsmittel in Höhe von 2.082,05 Euro als Werbungskosten Berücksichtigung finden können.

Ein Arbeitsmittel ist dann gegeben, wenn sein Einsatz nach dem Urteil gerecht und billig denkender Menschen für eine bestimmte Tätigkeit unzweifelhaft sinnvoll ist. Der Begriff Arbeitsmittel ist nicht eng auszulegen. In diesem Sinn sind darunter nicht nur Arbeitsgeräte für die Verrichtung körperlicher Arbeiten zu verstehen, sondern alle Hilfsmittel, die zur Erbringung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeit erforderlich sind und nicht vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Aufwendungen für die Beschaffung von Arbeitsmitteln sind jedoch nur dann Werbungskosten, wenn die Arbeit ohne diese Hilfsmittel nicht ausgeübt werden kann, wenn also die betreffenden Aufwendungen für die Sicherung und Erhaltung der Einnahmen unvermeidlich sind (vgl Jakom, EStG 2020, § 16, Rz 33).

Die Bf unterrichtet an zwei Musikschulen und deren Zweigstellen die Instrumente Blockflöte (Sopranino, Sopran, Alt, Tenor, Bass), Querflöte (Piccolo und Altquerflöte), Oboe sowie Englischhorn. Die von ihr in einer Excel Tabelle aufgelisteten Ausgaben betreffen keine Ausgaben für Instrumente für den eigenen Bedarf, sondern typische Ersatzinstrumente für Schüler (Blockflöte mit Kunststoffkopf), Unterrichtsmaterial oder Klein- bzw. Verschleißteile für die diversen Blasinstrumente. Wie von den jeweiligen Musikschulen bestätigt, werden diese Materialien benötigt, um einen ausgezeichneten Unterricht zu gewährleisten und um sich somit von externen Privatlehrern abzugrenzen. Aber auch um einen kontinuierlichen Unterricht zu ermöglichen, indem kleine Reparaturen oder rasche Wartungsarbeiten gleich vor Ort durchgeführt werden können. Dabei handelt es sich um Arbeitsmittel, deren Einsatz für die Unterrichtstätigkeit der Bf unzweifelhaft sinnvoll sind.
An der beruflichen Veranlassung der beantragten Kosten besteht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kein Zweifel, weshalb ihre Anerkennung nicht zu versagen ist.

Die Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, erhöhen sich somit von 2.358,34 Euro laut Beschwerdevorentscheidung auf 4.440,39 Euro.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100738.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at