Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.06.2020, RV/7100546/2020

Steuerpflicht des Ablebensversicherungsanspruches gem. § 38 Abs.1 lit b Satzung WFF beim Rechtsnachfolger

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb1***, ***Stb1-Adr1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer 2014, Steuernummer ,zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
    Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
    Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom verwiesen.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) wurde mit Bescheid vom zur Einkommensteuer für das Jahr 2014 veranlagt. Neben den nichtselbständigen Einkünften brachte das Finanzamt auch die vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer dem Bf. ausbezahlte Hinterbliebenenunterstützung und Bestattungsbeihilfe als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zum Ansatz.

Gegen den Einkommensteuerbescheid erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde und beantragte, die Bestattungsbeihilfe iHv € 4.000 lediglich mit einem Sechstel, sohin mit einem Betrag iHv € 666,67 festzusetzen und die vom Finanzamt mit einem Betrag iHv € 4.758,25 (1/6 von € 28.549,52) zum Ansatz gebrachte Hinterbliebenenunterstützung wegen Steuerfreiheit aus der Steuerbemessungsgrundlage auszuscheiden. Begründend wurde ausgeführt, dass die laut Satzung des Wohlfahrtsfonds gewährte Bestattungsbeihilfe - wie auch die Hinterbliebenenunterstützung - auf die sechs anspruchsberechtigten Erben aufzuteilen und dem Bf. sohin nur ein Betrag iHv € 667, 67 zugeflossen sei.
Hinsichtlich der Hinterbliebenenunterstützung sei auf den Bescheid der Ärztekammer zu verweisen, wonach der Betrag iHv € 28.549,52 auf einen persönlichen Ablebensversicherungsanspruch entfalle, der von der Ärztekammer als Versicherer ausbezahlt werde. Die Ablebensversicherung sei als Versicherungsleistung steuerfrei. Der Wohlfahrtsfonds zahle unter anderem die Kammerpensionen an die Mitglieder aus. Auch würden Witwen- und Waisenpensionen ausbezahlt.
Die § 22 Z 4 iVm 32 Z 2 EStG regeln die Steuerpflicht der vom Wohlfahrtsfonds ausbezahlten Pensionen. Nicht davon betroffen seien Versicherungsauszahlungen, die von der Steuerpflicht grundsätzlich ausgenommen seien.

Der Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung insoweit Folge gegeben, als dem Bf. lediglich ein Sechstel der ausbezahlten Bestattungsbeihilfe, somit ein Betrag iHv € 666,66 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zugerechnet wurde.
Hinsichtlich der Hinterbliebenenunterstützung wurde die Rechtsansicht des Bf. vom Finanzamt nicht geteilt. Gem. § 38 Abs. 1 lit. a und b der Satzung des Wohlfahrtsfonds handle es sich hierbei um eine Ablebensleistung. Dementsprechend seien die vom Rechtsvorgänger geleisteten Beträge für die Hinterbliebenenunterstützung als Betriebsausgaben abzugsfähig gewesen. Aktive Mitglieder des Wohlfahrtsfonds bzw. Bezieher einer Pensionsleistung nach § 12 der Beitragsordnung hätten verpflichtend Beiträge für die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung zu entrichten. Nach § 12 Abs. 6 der Beitragsordnung sei vom Betrag zur Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung ein Teil von 2/3 der Ablebensleistung gewidmet und im Rahmen der Betriebsausgaben absetzbar. Ein Drittel des Beitrages sei der Erlebensleistung gewidmet und gemäß § 18 EStG im Rahmen der Sonderausgaben geltend zu machen (vgl. ). Jene Teile, welche auf die Hinterbliebenenunterstützung fielen, wären somit jedenfalls als Betriebsausgaben abzugsfähig gewesen.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag beantragte der Bf. die steuerfreie Berücksichtigung eines Betrages iHv € 1.586,08. Als Begründung führte der Bf. aus, dass ihm 1/6 des Ablebensversicherungsanspruchs iHv € 28.549,42, sohin ein Betrag iHv € 4.758,25 zugeflossen sei. Im § 12 Abs. 6 der Beitragsordnung sei geregelt, dass vom Betrag zur Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung ein Teil von 2/3 gem. § 4 Abs. 4 bzw. 3 16 EStG der Ablebensleistung gewidmet und im Rahmen der Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten vom Beitragszahler steuerfrei unbegrenzt absetzbar sei. Im zweiten Satz werde ausgeführt, dass 1/3 des Beitrages der Erlebensleistung gewidmet und gemäß § 18 EStG im Rahmen der Sonderausgaben geltend zu machen sei. Somit seien die Beiträge zu 1/3 Sonderausgabe für Versicherungsleistungen. Die Auszahlung der Versicherungssumme sei daher steuerfrei. Daher sei 1/3 von € 4.758,25, sohin ein Betrag von € 1.586,08 steuerfrei, weil es sich dabei um eine Versicherungsleistung handle.
Auch das Finanzamt habe in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, dass 1/3 des Beitrages der Erlebensleistung gewidmet und gem. §18 EStG im Rahmen der sonderausgeben geltend zu machen sei. Damit müsse die Auszahlung korrespondierend zur Einzahlung als Versicherungsleistung beurteilt werden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom wurde dem Bf. und seinen fünf Geschwistern nach ihrer verstorbenen Mutter eine Hinterbliebenenunterstützung gem. § 38 Abs. 1 lit a Satzung WFF iHv € 5.516,61 und eine Ablebensversicherung gem. § 38 Abs. 1 lit b Satzung WFF iHv € 28.549,52 gewährt. Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom wurde dem Bf. eine Bestattungsbeihilfe gem. § 37 Abs. 1 und 2 Satzung WFF iHv € 4.000,00 gewährt.

Insgesamt sind dem Bf. im Jahr 2014 folgende Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich zugeflossen:

Hinterbliebenenunterstützung: € 919,41 (1/6 von € 5.516,51)
Ablebensversicherung: € 4.758,25 (1/6 von € 28.549,52)
Bestattungsbeihilfe: € 666,67 (1/6 von € 4.000)

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen sowie das Vorbringen des steuerlichen Vertreters und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Strittig ist nur mehr, ob die dem Bf. zugeflossene Ablebensversicherungsleistung zur Gänze der Besteuerung unterliegt.

Gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit. b EStG 1988 sind Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen Betriebsausgaben, soweit diese Einrichtungen der Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung dienen.

Gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit sie nicht unter § 25 fallen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Entsprechend der Bestimmung des § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 gehören auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG, und zwar jeweils auch beim Rechtsnachfolger.

§ 37 der Satzung des Wohlfahrtsfonds lautet auszugsweise:

"(1) Beim Tode eines WWF-Mitgliedes oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung gebührt über Antrag jener Person, welche die Kosten der Bestattung getragen hat, die Bestattungsbeihilfe.

(2) Die Bestattungsbeihilfe umfasst die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Bestattungskosten, wird jedoch höchstens im Ausmaß von € 4.000,00 einmalig ausbezahlt.

….."

§ 38 der Satzung des Wohlfahrtsfonds lautet auszugsweise:

"(1) Im Fall des Ablebens eines WFF-Mitglieds ….. wird bei Erfüllung der Voraussetzungen über Antrag den in Abs. 7 genannten Personen in der dort festgelegten Reihenfolge eine Hinterbliebenenunterstützung gewährt und insgesamt einmalig ausbezahlt. Die Hinterbliebenenunterstützung besteht aus

a) einer direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützungsleistung in der Höhe von € 5.516,51 sowie

b) einem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch in der Höhe von € 28.549,52.….."

Gemäß § 12 Abs. 6 der Beitragsordnung der Ärztekammer für Niederösterreich ist vom Beitrag zur Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung ein Teil von zwei Dritteln gemäß § 4 Abs. 4 bzw. § 16 EStG der Ablebensleistung gewidmet und im Rahmen der Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten steuerfrei unbegrenzt absetzbar. Ein Drittel des Beitrages ist der Erlebensleistung gewidmet und gemäß § 18 EStG im Rahmen der Sonderausgaben beim zuständigen Finanzamt geltend zu machen.

Unter Bezugnahme auf die vorgenannte Regelung vertritt der Bf. die Ansicht, dass 1/3 der ihm ausbezahlten Ablebensleistung, sohin ein Betrag von € 1.586,08 steuerfrei sei, weil es sich dabei um eine Versicherungsleistung handle. Dem ist entgegenzuhalten, dass zufolge der genannten Bestimmung der steuerlich als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten absetzbare 2/3-Anteil für die Ablebensleistung gemäß § 38 Abs. 1 Satzung Ärztekammer Niederösterreich geleistet wird. Der der Erlebensleistung gewidmet Teil von 1/3 des gesamten Beitrages wird bei der Ermittlung der Einkünfte nicht berücksichtigt und ist im Rahmen der Sonderausgaben geltend zu machen. Die Hinterbliebenenunterstützung, die aus der direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützungsleistung in Höhe von € 5.516,51 und aus dem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch in Höhe von € 28.549,52 besteht, beruht demnach zur Gänze auf dem 2/3-Anteil der geleisteten Beiträge.

Gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit. b EStG 1988 sind Pflichtbeiträge zu Kammern der selbständig Erwerbstätigen als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit sie ua der Hinterbliebenenversorgung dienen. Die Bestimmung des § 22 Z 4 EStG 1988 korrespondiert mit der Abzugsfähigkeit der Beiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen als Betriebsausgaben.

Da die von der Ärztekammer Niederösterreich ausbezahlten Beträge an Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung auf Pflichtbeiträgen des Rechtsvorgängers beruhen und der Hinterbliebenenversorgung dienen, sind diese Beträge gemäß § 22 Z 4 EStG iVm § 32 Z 2 EStG beim Rechtsnachfolger steuerpflichtig (vgl. ).

Hinsichtlich der Bestattungsbeihilfe war dem Beschwerdebegehren, lediglich ein Sechstel des ausbezahlten Betrages, sohin einen Betrag iHv € 666,66, zum Ansatz zu bringen, Folge zu geben

Die Beschwerde war daher teilweise stattzugeben

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Ablebensversicherungsleistung als Teil der Hinterbliebenenunterstützung zur Gänze beim Rechtsnachfolger gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen ist, liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100546.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at