Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.08.2020, RV/2100729/2018

Aussetzungszinsen bei erfolgreicher Erledigung der Beschwerde gegen den Sachbescheid sind abzuschreiben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Alois Pichler in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Achmed Ghazal Aswad, Heinrichstraße 22, 8010 Graz, und Rabel & Partner GmbH Wirtschafts- prüfungs- und Steuerberatungsge- sellschaft, Hallerschloßstraße 1, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Aussetzungszinsen 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** uRecht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit gemäß § 295 Abs. 1 BAO geändertem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 wurde eine Einkommensteuernachzahlung mit € 31.725,35 und entsprechende Anspruchszinsen mit € 5.046,11 (zusammen: € 36.771,46) festgesetzt. Die Änderung erfolgte aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Graz-Stadt zu Steuernummer xxx/yyyy vom . Gegen diese Feststellungsbescheide wurde am Berufung eingebracht. Betreffend die auf Grund des abgeänderten Einkommensteuerbescheides 2005 wurde die Aussetzung der Einhebung beantragt und bewilligt. Mit Beschluss vom hat das Bundesfinanzgericht die Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid als unzulässig zurückgewiesen, weil die Bescheide nicht ordnungsgemäß adressiert waren. Daraufhin ist am ein neuer Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO erlassen worden, der mit Beschwerde bekämpft wurde.

Da der streitgegenständliche Einkommensteuerbescheid 2005 vom auf einem sogenannten Nichtbescheid basiert wurde von der Bf. der Antrag auf Aufhebung dieses Einkommensteuerbescheides gestellt, der allerdings mit Bescheid vom abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde im angefochtenen Bescheid Aussetzungszinsen ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 36.771,46 in Höhe von € 1.686,42 festgesetzt, die ebenfalls mit Beschwerde beeinsprucht wurden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Aussetzungszinsen als unbegründet abgewiesen und auf die Beschwerdevorentscheidung vom gleichen Tag verwiesen, womit die Aufhebungsanträge gemäß § 295 Abs. 4 BAO abgewiesen worden seien.

In ihrem Vorlageantrag erstattete die Bf. vorwiegend Ausführungen zu dem von Finanzamt abgewiesenen Aufhebungsantrag. Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/2100723/2018 wurde die finanzamtliche Entscheidung vollinhaltlich bestätigt. Letzteres Erkenntnis wurde durch mit Revision angerufenen VwGH mit Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0121 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Das fortgesetzte Verfahren wurde mit Erkenntnis vom , RV/2100630/2020 stattgebend erledigt, womit der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2005 vom letztendlich behoben wurde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 212a Abs. 1 BAOist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden
a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.


Gemäß
§ 212a Abs. 9 BAO sind für Abgabenschuldigkeiten
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,
Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen.

Eine nachträgliche Herabsetzung der Abgabenschuld (z.B. durch Beschwerdevorentscheidung, Erkenntnis, Änderung gem. § 295 Abs. 1) ist zu berücksichtigen. Daher fallen grundsätzlich keine Aussetzungszinsen an, soweit der Bescheidbeschwerde stattgegeben wird. Entscheidend ist jedoch nicht, ob die Beschwerdeerledigung zu einer Gutschrift oder einer Nachforderung führt, sondern ob sich der strittige Betrag letztlich als rechtswidrig oder rechtmäßig erweist (Ritz, RdW 1997, 361). Die rückwirkende Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages (iSd § 212a Abs. 9 drittletzter Satz) hat von Amts wegen zu erfolgen (Ritz, BAO 6, § 212a, Rz. 34).

Daher war der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100729.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at