Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.06.2020, RV/7500846/2019

Parkometerabgabe; Kurzparkzone wird durch ein Halte- und Parkverbot nicht unterbrochen; Abstellung eines Jeep (kein Baufahrzeug) wegen durchzuführender Arbeiten in einem Halte- und Parkverbotsbereich ohne Entrichtung der Parkometerabgabe.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Judith Leodolter in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom , MA67/196700810522/2019, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben als gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der beschwerdeführenden Partei unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

IV. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer (Bf.) wurde vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, nach einer bei der Zulassungsbesitzerin (Fa. Fa., Fa-Adr), durchgeführten Lenkererhebung (§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006) und unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans A460 der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***** am um 09:22 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Str nächst ONr. 42, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabe iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde vom Bf. mit Schreiben vom Einspruch erhoben und vorgebracht, dass er die ihm in der Strafverfügung vorgeworfene Verwaltungsübertretung (fahrlässige Verkürzung der Parkometerabgabe) nicht begangen habe, da sein Fahrzeug innerhalb einer amtlich genehmigten Park- und Halteverbotszone gestanden sei (Verweis auf Bescheid der MA 46). Daher habe sich sein Fahrzeug nicht innerhalb der Gültigkeit der StVO (§ 1 Abs. 1 StVO) befunden. Gemäß § 1 Abs. 1 und 2 Parkometerabgabeverordnung sei für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten, wobei der Begriff "Abstellen" sowohl das Halten als auch das Parken iSd Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 1 Z 27f StVO umfasse.

Kurzparkzonen würden sich gemäß § 25 StVO auf Straßen beziehen. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 handle es sich dabei um eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienlichen baulichen Anlagen. Gemäß § 1 Abs. 1 StVO gelte die Straßenverkehrsordnung für Straßen mit öffentlichen Verkehr, wobei als solche Straßen gelten, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden könnten. Dies sei im Halte- und Parkverbot nicht der Fall. Daher könne die Parkometerabgabeverordnung nur innerhalb der Gültigkeit der StVO verletzt werden. Dies habe hier daher nicht wie in der Strafverfügung vorgeworfen passieren können (Verweis auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes RV/7500047/2015).

Dem Bf. wurden laut dem von ihm vorgelegten Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 46, vom , MA46/***1***, gemäß § 90 Abs. 1 und 3 StVO die Bewilligung erteilt, die öffentlichen Verkehrsflächen im ausgewiesenen Umfang unter nachstehenden Bedingungen und Auflagen benützen zu dürfen:

"Beschreibung der Arbeit, Antragsteller
Halteverbot durch die Firma
***Bf1*** - Fa./Fa-Adr...
Rahmenzeitraum bis
Baustellenorte/Art der Arbeit/Beginn - Ende
A) Str ggü Gasse
Art der Arbeit: Halteverbot
Beginn , Ende
Zu A.) Str ggü Gasse
Parkstreifen
Halteverbot, , auf 7 Tage im Zeitraum bis
Bedingungen und Auflagen:
1. Die Arbeiten sind in der Zeit von 07.00 bis 18.00 Uhr durchzuführen.
2. Außerhalb der Arbeitszeit sind Behinderungen jeglicher Art zu vermeiden.
3. Es ist eine mindestens 5,00m breite Restfahrbahn freizuhalten.
4. Der Fußgängerverkehr ist nicht zu behindern.
5. Die Arbeiten sind im Einvernehmen mit der MA 42 … durchzuführen.

Verkehrszeichen:

1. VZ gemäß § 50/9 StVO sinngemäß jeweils unmittelbar vor, sowie den Erfordernissen entsprechend ausreichend oft im Zuge der Baustelle bzw. der Baustelleneinrichtungsfläche.

2. Das Halten und Parken ist während der Arbeitszeit in Wien, Str ggü. Gasse auf eine Länge von 15,00m verboten (VZ gemäß § 52/13b StVO mit den Zusätzen "Anfang", "Ende" und "gilt ab … von … bis …"). Baufahrzeuge sind auszunehmen (mit Zusatztafel "ausgenommen Baufahrzeuge").

3. Richtungsgebot sinngemäß schräg nach unten in den freien Fahrstreifen einwesend, jeweils unmittelbar von der Behinderung (VZ gemäß § 52/15 StVO). Wiederholung im Zuge der Baustelle bzw. Baustelleneinrichtungsfläche den Erfordernissen entsprechend ausreichend oft). …"

Der Magistrat der Stadt Wien erkannte den Bf. mit Straferkenntnis vom wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig und verhängte über ihn wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabe iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden. Zudem wurde dem Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Sie haben das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug an der im Spruch bezeichneten
Örtlichkeit abgestellt, sodass es dort zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen
Kurzparkzone ohne gültige Parkschein gestanden ist.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung vom samt Fotos, welche von einem Parkraumübenzvachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien, aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung gelegt wurde, in die von der Zulassungsbesitzerin Fa. erteilte Lenkerauskunft sowie in den Bescheid der Magistratsabteilung 46 zur Zahl MA 46/***1*** vom .

Diesem Bescheid ist zu entnehmen, dass für den Rahmenzeitraum von bis
in der Zeit von 07:00 Uhr bis 18:00 Uhr die Errichtung der transportablen Halte- und Parkverbotstafeln auf eine Länge von 15,00m in Wien Str, ggü. Gasse, bewilligt wurde, wovon Baufahrzeuge mittels Zusatztafel "ausgenommen Baufahrzeuge" auszunehmen sind.

Die Verwaltungsübertretung wurde Ihnen mittels Strafverfügung angelastet.

Dagegen erhoben Sie Einspruch und wendeten im Wesentlichen ein, dass die Abgabe nicht verkürzt worden wäre, da Ihr Fahrzeug innerhalb einer amtlich genehmigten Park- und Halteverbotszone gestanden wäre und sich Ihr Fahrzeug daher nicht innerhalb der Gültigkeit der StVO befunden hätte. Hierzu führten Sie auch die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes zur GZ RV/7500047/2015 an und ersuchten um Einstellung des Verfahrens.

Unbestritten blieb, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit an der
Tatörtlichkeit abgestellt war.

Zu Ihrem Vorbringen wird Folgendes festgestellt:

Der Abstellort befand sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches.

Innerhalb von Kurzparkzonen können auch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- und Parkverbote erlassen werden, ohne dass die Kurzparkzone deshalb unterbrochen wird. Es ist daher für die Abgabepflicht nach der Parkometerabgabeverordnung ohne rechtliche Bedeutung, ob nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung das Halten oder Parken innerhalb einer Kurzparkzone erlaubt ist oder nicht.

Die Kurzparkzone gilt nur gegenüber jenen Fahrzeugen nicht, die innerhalb von
Verkehrsbeschränkungen und deren Gültigkeitszeiten mit dem für diese Zone vorgesehenen Fahrzeug ausschließlich für die erlaubte Tätigkeit abgestellt werden.

Wie von Ihnen vorgebracht, befand sich zum Tatzeitpunkt an gegenständlicher Örtlichkeit ein transportables Halte- und Parkverbot in der Zeit von 7-18 Uhr, von welchem laut Bescheid der Magistratsabteilung 46 Baufahrzeuge auszunehmen gewesen wären. Bemerkt wird jedoch, dass den Anzeigefotos entnommen werden kann, dass die Halte- und Parkverbotszone nicht ordnungsgemäß kundgemacht war, da die Zusatztafel "ausgenommen Baufahrzeuge" fehlte.

Weites ist unter einem Baufahrzeug ein Fahrzeug, welches speziell zur Durchführung von
Bauarbeiten konstruiert wurde, zu verstehen (2.8. Muldenkipper, Autokran,
Betonlieferfahrzeuge u.ä.). Bei dem beanstandeten Fahrzeug handelt es sich laut Anzeigefotos um einen auf das Unternehmen "Fa." zugelassenen Jeep, welches nicht als Baufahrzeug im Sinne oben genannter Definition angesehen werden kann.

Selbst bei ordnungsgemäß kundgemachter Ausnahme des verordneten Halten- und
Parkverbotes ("ausgenommen Baufahrzeuge") würde die Ausnahme auf das von Ihnen
benutzte Fahrzeug nicht zutreffen und hätte auch deshalb die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe bestanden. Der von Ihnen erwähnte Bescheid des Bundesfinanzgerichtes zur GZ RV/7500047/2015 kann daher nicht zur Anwendung kommen.

Ihre Einwendungen waren sohin nicht geeignet Sie vom angelasteten Tatvorhalt zu entlasten.

Es sind somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen
Einstellung führen könnten. Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall somit nicht vor.

Es wird daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung, sowie aus der Tatumschreibung in der Strafverfügung ersichtlich ist.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone
abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der
Parkometerabgabeverordnung).

Die Abgabe ist mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs.1 Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Nach der Aktenlage war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Somit sind sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Sie haben die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt. …"

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: kein geringes Verschulden, keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz, Zugrundelegung durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse).

Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde und führt zunächst aus, dass er Ort, Zeitpunkt und Fahrzeug außer Streit stelle. Auch bestreite er nicht, dass das Fahrzeug an diesem Ort zu diesem Zeitpunkt abgestellt gewesen sei. Er bestreite die Rechtswidrigkeit dieses Vorganges, da das Auto in einem von der MA 46 bewilligtem Halte- und Parkverbot, welches ihm mit Bescheid MA46/***1***/KRU/SCJ eingeräumt worden sei, gestanden sei. Dieses Halte- und Parkverbot sei auch der örtlichen Polizei ordnungsgemäß gemeldet worden. Mittels Halte- und Parkverbotstafeln sei das Halte- und Parkverbot für die restlichen Verkehrsteilnehmer erkennbar markiert gewesen. Das Halte- und Parkverbot sei ihm zur Durchführung von Baumaßnahmen in der angrenzenden Schrebergartensiedlung gewährt worden. Er habe seinen Jeep zu diesem Zeitpunkt benutzt, um sein Werkzeug an den Ort der Baustelle zu befördern. Die MA 67 werfe ihm vor durch dieses Abstellen seines Jeeps die obig erwähnten Vorschriften verletzt und den Tatbestand der Parkometerabgabeverkürzung zumindest fahrlässig verwirklicht zu haben.

Weiters verwies der Bf. erneut auf auf § 1 Abs. 1 und 2 Parkometerabgabeverordnung und § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO.

Der Abstellort sei auf beiden Seiten mit Halte- und Parkverbotstafeln in ihrer Nutzung für jedermann ausgeschlossen gewesen. Die Benutzung von Tafeln für den bezeichneten Zweck sei in der StVO auch vorgesehen.

Damit gelte innerhalb dieser Tafeln die StVO für den relevanten Sachverhalt nicht. Dadurch könne an diesem Ort zu dieser Zeit auch keine Kurzparkzone nach § 25 StVO existieren. Folglich könne er auch nicht fahrlässig § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Parkometergesetz verletzt haben.

Weiters werfe ihm die MA 67 vor, dass sein Jeep kein Baufahrzeug sei, da ein Baufahrzeug durch seine baulichen Eigenarten zu definieren wäre. Die Behörde nenne auch folglich einige Fahrzeuge (ausschließlich LKWs), die nach deren Meinung Baufahrzeuge wären. Dies seien aber ausschließlich Fahrzeuge, die sich erst für Firmen ab einer gewissen Größe und Spezialisierungsgrad eignen würden. Für Firmen, die unter 1 Million Umsatz hätten und die im Privatkundenbereich tätig seien, könne man nicht fordern, dass sie sich Muldenkippern, Autokränen oder Betonlieferfahrzeugen bedienen müssen.

Die Eingrenzung von Baufahrzeugen auf große LKW-Umbauten stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung von Kleinbetrieben dar. Gerade in der kleinbetrieblichen Landschaftsgärtnerei würden SUVs und Pritschen die Norm darstellen, da sie sich bestens zum Transport von Werkzeugen und Schnitt- sowie Baumaterial eignen. Daher und so habe das Bundesfinanzgericht in RV/7500047/2015 geurteilt, sei es nicht zwangsläufig die Art des Gefährts, sondern seine Verwendung, die das Baufahrzeug ausmache. Es sei auch während der Amtshandlung von den Mitarbeitern der Firma auf die baumäßige Benutzung des Fahrzeuges hingewiesen worden.

Auch der Hinweis der Behörde, dass die Ausnahme für Baufahrzeuge nicht ordnungsgemäß auf den Halte- und Parkverbotstafeln angebracht gewesen sei (obwohl bei der örtlichen Polizeistation ordnungsgemäß angegeben) ändere an der Beurteilung nichts. Dies daher, dass der Ort innerhalb des Halte- und Parkverbots in jedem Fall nicht innerhalb des Anwendungsbereiches der Parkometerabgabeverordnung und des Parkometergesetzes gelegen seien. Die Beanstandung solch fehlender Angaben regle wiederum nicht das Parkometergesetz oder die Parkometerabgabeverordnung und sei, wenn dann nicht im vorliegenden Straferkenntnis beurteilt worden.

Er stelle daher folgende Anträge: Das Gericht möge eine mündliche Verhandlung abhalten. Das Gericht möge das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einstellen. Das Gericht möge das Straferkenntnis ersatzlos aufheben.

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***** (Jeep) war am um 09:22 Uhr in der zum Beanstandungszeitpunkt gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Str nächst ONr. 42, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt.

Dem Bf. wurde mit Bescheid der MA 46 vom , MA46/***1***/KRU/SCJ, gemäß § 90 Abs. 1 und 3 StVO idgF für den Rahmenzeitraum bis auf Grund der von der Firma durchzuführenden Arbeiten auf öffentlichen Verkehrsflächen am Baustellenort Str ggü. Gasse die Bewilligung eines Halte- und Parkverbotes durch die Firma erteilt.

Unter Punkt "Verkehrszeichen" 2. wurde festgehalten, dass das Halten und Parken während der Arbeitszeit in Wien, Str ggü. Gasse auf eine Länge von 15,00 m verboten ist (VZ gemäß § 52/13b StVO mit den Zusätzen "Anfang", "Ende" und "gilt ab … von … bis …") und dass Baufahrzeuge auszunehmen sind (Zusatztafel "ausgenommen Baufahrzeuge")."

Zum Beanstandungszeitpunkt durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung hat sich an der gegenständlicher Örtlichkeit ein transportables Halte- und Parkverbot für die Zeit von 7 bis 18 Uhr befunden. Die Zusatztafel "ausgenommen Baufahrzeuge" fehlte.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans, dessen Anzeigedaten, den vom Kontrollorgan zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos, und dem Bescheid der Magistratsabteilung 46 vom , MA46/***1***/KRU/SCJ ("Bewilligung gemäß § 90 StVO") und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen
Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der
ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der
Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe
der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das
eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des
Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten
Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung
der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für
das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer
Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem
Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

Gemäß § 3 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung haben Abgabepflichtige,
die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, dafür zu sorgen,
dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig
entwerteten Parkschein gekennzeichnet ist.

Gemäß § 4 Abs. 1 VStG sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Der Bf. bringt vor, dass das Fahrzeug in einem von der MA 46 mit Bescheid MA46/***1***/KRU/SCJ bewilligtem Halte- und Parkverbot gestanden sei. Mittels Halte- und Parkverbotstafeln sei das Halte- und Parkverbot für die restlichen Verkehrsteilnehmer erkennbar markiert gewesen. Damit gelte innerhalb dieser Tafeln die StVO für den relevanten Sachverhalt nicht. Dadurch könne an diesem Ort zu dieser Zeit auch keine Kurzparkzone nach § 25 StVO existieren. Folglich könne er auch nicht fahrlässig § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Parkometergesetz verletzt haben.

Wie im Sachverhalt festgehalten, wurde der Fa. Fa., Fa-Adr, mit Bescheid der Magistratsabteilung 46 vom , MA46/***1***/KRU/SCJ, eine Bewilligung gemäß § 90 StVO" erteilt.

Bewilligung nach § 90 StVO

Gemäß § 90 Abs. 1 StVO ist für Arbeiten auf oder neben der Straße, durch welche der Straßenverkehr beeinträchtigt wird, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung der Behörde erforderlich. Die Bewilligung ist auf Antrag des Bauführers zu erteilen, wenn die Beeinträchtigung nicht wesentlich ist oder wenn es möglich ist, für die Aufrechterhaltung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs in anderer Weise zu sorgen.

Gemäß § 90 Abs. 3 StVO ist die Bewilligung unter Berücksichtigung der Art und des Umfanges der Bauführung und der Verkehrsbedeutung der Straße zur Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs bedingt, befristet oder mit Auflagen (z. B. Absperrung mit rot-weiß gestreiften Schranken) zu erteilen. Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Anlass von Arbeiten auf oder neben der Straße dürfen nur von der Behörde und nur im unbedingt notwendigen Ausmaß und nur für die unbedingt notwendige Strecke angeordnet werden.

Zum Beanstandungszeitpunkt durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung war die Fläche, an der das Fahrzeug der Baufirma abgestellt war, mit einem transportablen Halte- und Parkverbot, jedoch ohne Zusatztafel "ausgenommen Baufahrzeuge" gekennzeichnet.

Straßen mit öffentlichem Verkehr

§ 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960 ) normiert:

(1) Dieses Bundesgesetz gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

(2) Für Straßen ohne öffentlichen Verkehr gilt dieses Bundesgesetz insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO 1960 ist Straße eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.

Der Gehsteig (§ 8 Abs. 4 StVO 1960) ist Teil der öffentlichen Straße.

Judikatur des OGH und des VwGH

  • Straße mit bzw. ohne öffentlichen Verkehr

Der Oberste Gerichtshof stellte im Urteil vom , 6 Ob 503/82 (LG Linz 13 R 321/81; BG Linz 5 C 1367/78), fest, dass grundsätzlich zwischen öffentlichen Straßen, Straßen mit öffentlichem Verkehr und Straßen ohne öffentlichen Verkehr zu unterscheiden ist.

Der Begriff der öffentlichen Straße ist dabei nicht mit jenem der Straße mit öffentlichem Verkehr identisch (Verweis auf Kammerhofer - Benes, StVO [6], FN 6 zu § 1 StVO; ZVR 1971/92).

Für die Wertung einer Straße als solche mit öffentlichem Verkehr kommt es nach dem OGH nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern auf ihre Benützung an (22 BlgNR, IX. GP, 50) an. Es kommt dabei darauf an, ob die Verkehrsfläche zum allgemeinen Gebrauch gewidmet ist (ZVR 1963/111; VfSlg 5.743/1968; 7Ob78/76) oder zumindest nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht (ZVR 1978/225; ZVR 1975/233; ZfV 1977/1485; 7 Ob 78/76).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in zahlreichen Erkenntnissen aus, dass als Straße mit öffentlichem Verkehr gemäß § 1 Abs. 1 StVO solche Straßen gelten, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Unter Benützung für jedermann unter den gleichen Bedingungen sei zu verstehen, dass irgendeine denkbare Benützung im Rahmen des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs jedermann offen stehen müsse ().

In den Erkenntnissen vom , 89/03/0192, , 2003/02/0098 und vom , 2006/02/0009, erkannte der Gerichtshof, dass eine Straße dann gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden könne, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehe.

In zahlreichen weiteren Erkenntnissen stellte der VwGH fest, dass der Begriff der Benützung unter den gleichen Bedingungen nicht so ausgelegt werden könne, dass die Einschränkung einer Benützungsart auf einen bestimmten Personenkreis allein der Straße den Charakter einer öffentlichen Verkehrsfläche entzöge (vgl. , , , , , , , VwGH Ra 2014/02/0058, vgl. auch Kammerhofer - Benes aaO, FN 3 zu § 1 StVO; Hermann, Straßen mit öffentlichem Verkehr, ZVR 1971, 113 f).

In den Erkenntnissen vom , 2001/03/0308, und vom , 2006/02/0015, stellte der VwGH fest, dass es sich grundsätzlich dann um eine Straße mit öffentlichen Verkehr handelt, wenn eine Straße weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet noch auf dieser auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind (vgl. , ).

Schließlich stellte der Gerichtshof in einem Fall, in dem die Abstellfläche mit dem Verkehrszeichen "Halten und Parken verboten" sowie der Zusatztafel "Ausgenommen Hausbewohner …" gekennzeichnet war, fest (), dass diese Kennzeichnung nicht ausreiche, um ein Befahren auszuschließen. Auch der Umstand, dass auf dieser Fläche nur Bewohner des Hauses … halten und parken durften, könne die Möglichkeit des Begehens oder Befahrens durch jedermann weder einschränken noch hindern (vgl. zu einer Beschränkung, die das Halten und Parken Mitarbeitern eines bestimmten Unternehmens vorbehielt, auch das Erkenntnis des ).

Im Fall einer Abschrankung oder Beschränkung des öffentlichen Verkehrs mit Tafeln würde in rechtlicher Beurteilung der gekennzeichnete Bereich keine öffentliche Straße darstellen, damit außerhalb des Anwendungsbereiches von StVO, Wiener Parkometerabgabeverordnung und Parkometergesetz stehen und daraus folgend die Vorschreibung einer Parkometerstrafe rechtswidrig sein.

Im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht jedoch die Kennzeichnung einer Straße mit öffentlichem Verkehr als Halte- und Parkverbotszone nicht aus, um ein Befahren auszuschließen. Auch die Tatsache, dass das Halte- und Parkverbot für die restlichen Verkehrsteilnehmer erkennbar markiert war, kann die Möglichkeit des Begehens oder Befahrens durch jedermann ebenso wenig einschränken oder hindern wie der Umstand, dass auf dieser Fläche nur Baufahrzeuge halten und parken durften.

Eine "Halte- und Parkverbotstafel" stellt keine Zugangs- oder Zufahrtsbeschränkung dar. Die Ansicht des Bf., dass eine Straße im Bereich eines amtlich genehmigten Halte- und Parkverbotes nicht von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden könnte und daher nicht (mehr) als Straße mit öffentlichem Verkehr gelte, ist daher unzutreffend.

Wenn sich der Bf. zur Untermauerung seiner Rechtsansicht auf das Erkenntnis des , stützt, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt der Abstellbereich durch eine faktische Absperrung mit Baugittern dem öffentlichen Verkehr entzogen war und es sich dadurch rechtlich nicht (mehr) um eine Straße handelte, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden konnte. Dies trifft jedoch auf den Beschwerdefall nicht zu. Im vorliegenden Fall war die Straße im gegenständlichen Bereich nicht für den Fahrzeugverkehr gesperrt, etwa durch Abschrankung auf Grund einer Baustelle (die Bauarbeiten wurden in der angrenzenden Schrebergartensiedlung ausgeführt) oder ein Fahrverbotsschild, sondern als Halte- und Parkverbotszone gekennzeichnet.

Nach den vorstehenden Ausführungen steht fest, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Abstellplatz objektiv gesehen um eine "Straße mit öffentlichem Verkehr" iSd § 1 Abs. 1 StVO handelt.

  • Weitere Beschränkungen in einer Kurzparkzone

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfen innerhalb einer Kurzparkzone weitergehende Verkehrsbeschränkungen, wie Halteverbote oder Parkverbote erlassen werden, ohne dass das Gebiet der Kurzparkzone dadurch unterbrochen wird (, ). Es besteht daher auch für Bereiche von Halteverbots- und Parkverbotszonen innerhalb von Kurzparkzonen Abgabepflicht (vgl. , ).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom , B644/01, ausgesprochen, dass er keine Bedenken gegen die gleichzeitige Erlassung einer Halte- und Parkverbotsverordnung und einer Kurzparkzonenverordnung für denselben Straßenzug hat, weil der Straßenverkehrsordnung keine Bestimmung zu entnehmen sei, die es verbieten würde, für denselben Straßenzug eine Halte- und Parkverbotsverordnung und eine Kurzparkzonenverordnung zu erlassen, die sich teilweise zeitlich überschneiden, sodass sie in ihrer Verbotswirkung kumulieren.

Das Abstellen eines Fahrzeuges im Bereich eines Halte- und Parkverbotes nach der StVO in einer Kurzparkzone kann demzufolge sowohl eine Bestrafung nach den Bestimmungen der StVO wegen Falschparkens als auch eine Bestrafung nach dem Parkometergesetz wegen Nichtentrichtung der Parkometerabgabe nach sich ziehen (, , vgl. auch Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 22 [Stand , rdb.at]).

Der Bf. hätte daher gemäß den Bestimmungen des § 5 Abs. 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung das Fahrzeug mit Beginn der Abstellung ordnungsgemäß mit einem gültigen Parkschein (Papierparkschein oder elektronische Aktivierung eines Parkscheines) kennzeichnen müssen.

Dieser Verpflichtung ist der Bf. nicht nachgekommen. Er hat damit die objektive Tatseite erfüllt.

Zur subjektiven Tatseite wird auf § 5 Abs. 1 VStG verwiesen, wonach, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähig ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

§ 5 Abs 2 VStG definiert den sog. "Verbotsirrtum" (Rechtsirrtum) und bestimmt die Straflosigkeit des unverschuldeten Verbotsirrtums.

Ein Rechtsirrtum (Verbotsirrtum) liegt dann vor, wenn der Täter darüber irrt, dass ein bestimmtes Verhalten, das er in seiner objektiven Beschaffenheit richtig erkannt hat, rechtlich verboten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof erstellte zu seinem Straferkenntnis vom , Ro 2018/03/0047, folgenden Rechtssatz:

"Ein entschuldbarer Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs 2 VStG setzt voraus, dass dem Betroffenen das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Auch eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Um sich darauf berufen zu können, bedarf es (zur Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht) einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen (vgl , mwH). Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht dar, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde nachzufragen (vgl etwa , mwH)."

Im vorliegenden Fall vertritt der Bf. die Rechtsauffassung, dass sich sein Fahrzeug auf Grund des Bescheides der MA 46 (Bescheid gemäß § 90 StVO - genehmigtes Halte- und Parkverbot für die hier in Rede stehende Firma auf Grund von durchzuführenden baulichen Arbeiten) außerhalb des Gültigkeitsbereiches der StVO (§ 1 Abs. 1 StVO) befunden habe und er dieses demzufolge in der als Halte- und Parkverbot gekennzeichneten Zone ohne Parkschein abstellen durfte.

Wie sich aus den vorstehenden rechtlichen Ausführungen ergibt, unterliegt der Bf. damit einer irrigen Rechtsauffassung, welche nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen Schuldausschießungsgrund darstellt.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG idgF normiert, dass die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens absehen und die Einstellung verfügen kann, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind (siehe hierzu auch die zu § 21 Abs. 1 VStG 1991 (außer Kraft getreten mit ) ergangene Rechtsprechung des VwGH, zB , ).

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Führt man sich vor Augen, dass der Bf. subjektiv davon ausgegangen ist, rechtmäßig zu handeln, weil er sein Fahrzeug im Bereich einer genehmigten Halte- und Parkverbotszone zum Zwecke der Durchführung von Baumaßnahmen in der angrenzenden Schrebergartensiedlung bzw. zur Beförderung seines Werkzeuges an den Ort der Baustelle abgestellt hat, er somit von der Rechtmäßigkeit seines Handelns im Tatzeitpunkt aufgrund des genannten Bewilligungsbescheides überzeugt war und deswegen keine näheren Überlegungen hinsichtlich Entrichtung der Parkometerabgabe angestellt hat, so kann das Verschulden des Bf. zweifelsfrei als gering angesehen werden.

Es wird daher von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen

Aus spezialpräventiven Gründen, insbesondere um den Bf. von der Begehung einer weiteren gleichartigen strafbaren Handlung abzuhalten, war jedoch eine Ermahnung auszusprechen.

Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

In seinem Urteil EGMR , Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle-Liechtenstein) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt, dass es Verfahren gibt, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellung nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist, und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. ; , 2013/05/0022).

Im gegenständlichen Beschwerdefall ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt unstrittig. Das Verfahren betrifft ausschließlich rechtliche Fragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Daher nahm das Gericht zweckmäßigerweise, unter Berücksichtigung der gebotenen Verfahrensökonomie, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 4 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 45 Abs. 4 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 21 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 45 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 5 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 2 Abs. 1 Z 27 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 52 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 2 Abs. 1 Z 28 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 26 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 26a StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 27 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 24 Abs. 5 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 24 Abs. 5a StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 2 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 52 Abs. 6 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 54b Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 25 Abs. 2 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013
§ 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Verweise
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 3 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 4 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 5 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991

§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 45 Abs. 4 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 21 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991


§ 52 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 45 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991



Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930








VwGH, Ra 2014/02/0058















§ 90 Abs. 1 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960




§ 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500846.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at