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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.07.2020, RV/5101383/2019

Mehr-Weniger-Rechnung (MWR) als Inhalt der Steuerbilanz

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/15/0026. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/5100884/2021 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Marco Laudacher in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Mag. Manfred Frühwirth, Wirtschaftstreuhand - und Steuerberatung GmbH, Ferihumerstraße 29, Tür 12, 4040 Linz, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Körperschaftsteuer 2011

zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

2. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Im Beschwerdeverfahren dargestellter Sachverhalt:

1. a. Anlässlich einer Betriebsprüfung der Jahre 2011 bis 2015 (BP-Bericht und Niederschrift vom ) wurde in Punkt 1 "Firmenwert" folgendes festgestellt:

(1) In den Jahren 2005 bis 2007 sei die Zurechnung der Abschreibung des unternehmensrechtlich angesetzten Firmenwertes in der MWR durchgeführt (seit dem Wirtschaftsjahr 2008 bis zum Wirtschaftsjahr 2015 nicht mehr) und die AfA steuerlich als Aufwand berücksichtigt worden.

(2) Die Abschreibung von nach Unternehmensrecht auszuweisenden Firmenwerten sei steuerlich nicht abzugsfähig. Daher sei ab dem Jahr 2008 (wie schon 2005 bis 2007) eine Zurechnung der Abschreibung in der MWR durchzuführen.

Die zahlenmäßige Darstellung stelle sich in € wie folgt dar:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2011
2012
2013
2014
2015
Gesamtbetrag Einkünfte
16.673,47
133.062,76
22.871,54
-72.809,51
-13.005,55
Zurechnung Firmenwert
205.691,72
51.422,93
51.422,93
51.422,93
25.711,47
Kürzung AfA BK
0,00
0,00
1.071,65
1.071,65
1.805,95
Gesamtbetrag der Einkünfte laut AP
222.365,19
184.485,69
75.366,12
-20.314,93
14.511,87
Verlustvortrag laut AP
131.600,36
0,00
0,00
0,00
20.314,93
Verlustausgleich
-131.600,36
0,00
0,00
0,00
-10.883,90
Verlustvortrag nach AP
0,00
0,00
0,00
0,00
9.431,03
KÖSt bisher
1.750,00
1.750,00
1.234,00
1.437,50
1.750,00
KÖSt neu
22.691,21
46.121,42
18.841,53
1.437,50
1.750,00
Mindest-KÖSt
-6.053,64
0,00
0,00
0,00
0,00
Steuerliche Auswirkung
14.888,00
44.371,00
17.608,00
0,00
0,00

Die Jahre 2008 bis 2010 wurden im Veranlagungsjahr 2011 korrigiert.

b. Im wiederaufgenommenen Verfahren vom wurde der Körperschaftsteuerbescheid 2011 der Bf. GmbH mit folgender Begründung abgeändert:

Bei Einbringung des Einzelunternehmens des Alleingesellschafters in die Bf. zum wurde in der unternehmensrechtlichen Bilanz ein Firmenwert iHv 514.229,34 € aktiviert, der in weiterer Folge über 10 Jahre abgeschrieben wurde. In der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechung (MWR) war dies durch eine Zurechnung in Höhe von einem Zehntel jährlich zu kompensieren. In den Jahren 2005 bis 2007 erfolgte die jährliche Zurechnung ordnungsgemäß, im Jahr 2008 ist diese Zurechnung zur Gänze unterblieben.

c. Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Körperschaftsteuer 2011 bis 2015 wurde vom BFG mit Erkenntnis vom , RV/5101382/2019, als unbegründet abgewiesen.

2. Mit Schreiben vom wurde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom Beschwerde eingelegt:

a. Der Bescheid werde dahingehend angefochten, dass keine Bilanzberichtigung, die Zuschläge gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG rechtfertigen würde, vorliege. Beantragt werde die Zuschläge für 2008 bis 2010 in Höhe von jeweils 51.422,93 € zurückzunehmen.

b. Es stehe außer Streit, dass in den bezeichneten Veranlagungsjahren 2008 bis 2010 eine steuerliche Hinzurechnung hätte erfolgen müssen.

c. Der bloß unternehmensrechtliche Ansatz des beschwerdegegenständlichen Firmenwertes sei auf die Einbringung des Einzelunternehmens des Alleingesellschafters zum zurückzuführen. Ing. B. habe sein Einzelunternehmen unter Anwendung der Bestimmungen des Art III UmgrStG in die GmbH eingebracht. Mit Einschreiben vom habe die damalige steuerliche Vertreterin die Abgabenbehörde informiert und Unterlagen beigelegt:

- Einbringungsvertrag vom ,

- Schlussbilanz gemäß § 4 Abs 1 EStG zum ,

- Einbringungsbilanz zum gemäß § 15 UmgrStG sowie

- Gutachten über den positiven Verkehrswert des eingebrachten Vermögens.

Aus diesen Unterlagen sei ersichtlich, dass es sich bei dem Ansatz des "Firmenwertes aus Umgründung" ausschließlich um einen Bilanzposten im Sinne des UGB handle. Ein steuerlicher Ansatz eines Firmenwertes sei weder in der Einbringungsbilanz zum noch in den steuerlichen Vermögensübersichten der übernehmenden Körperschaft vorgenommen worden.

d. (1) Ziel des § 4 Abs 2 Z 2 EStG sei das Erreichen des richtigen Totalgewinnes. Dadurch könnten Fehler, die sich aus falschen Bilanzansätzen ergeben würden, durch Zu- und Abschläge in späteren, noch nicht verjährten Veranlagungszeiträumen, korrigiert werden.

Eine Berichtigung sei allerdings nur für solche Fehler möglich, die von einem "falschen Bilanzansatz" herrührten, wodurch die steuerliche Vermögensübersicht nicht den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den zwingenden Vorschriften des EStG entspräche. Dagegen könnten Fehler der Gewinnermittlung, die nicht auf "falschen" Bilanzansätzen basierten, nicht mit Zu- und Abschlägen berichtigt werden.

(2) Im handelsrechtlichen Jahresabschluss 2005 und Folgejahre sei aufgrund der Einbringung ein Firmenwert aus Umgründung nach § 205 Abs 5 UGB iHv 514.229,34 € angesetzt und verteilt auf 10 Jahre abgeschrieben worden.

Steuerlich seien dagegen die Buchwerte der Einbringungsbilanz gemäß § 15 UmgrStG zum von der übernehmenden Körperschaft fortgeführt worden. Gemäß der Einbringungsbilanz sei ein steuerlicher Bilanzansatz "Firmenwert aus Umgründung" nicht existent und sei folglich auch nicht in die steuerliche Vermögensübersicht der Bf. übernommen worden.

(3) Dies bedeute, dass die Bilanzansätze der steuerlichen Abschlüsse zum und Folgejahre "richtig" gewesen seien, da es zu keinem Ausweis eines steuerlichen "Firmenwertes" gekommen sei. Nachdem zu keiner Zeit ein "falscher" steuerlicher Bilanzansatz bestanden habe, der nunmehr zu korrigieren wäre, könne es auch zu keiner Bilanzberichtigung iSd § 4 Abs 2 Z 2 EStG kommen.

e. Im beschwerdegegenständlichen Fall handle es sich unzweifelhaft um Fehler in den Körperschaftsteuererklärungen der Jahre 2008, 2009 und 2010. Der Fehler liege beim Übertrag der Gewinn- und Verlustrechnung in die jeweilige Steuererklärung, aber es handle sich um keinen Fehler infolge eines "falschen Bilanzansatzes".

Aus diesem Grund sei die Fehlerkorrektur in Form von Zuschlägen gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG nicht rechtens.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom als unbegründet abgewiesen:

a. (1) Mit Einbringungsvertrag vom habe der Gesellschafter sein nicht protokolliertes Einzelunternehmen zum nach Art III UmgrStG in die GmbH eingebracht und den Firmenwert auf 10 Jahre verteilt abgeschrieben. Eine eigene Steuerbilanz habe man nicht erstellt, sondern diese aus der unternehmensrechtlichen Bilanz abgeleitet. Die Korrekturen hätten in der MWR stattgefunden.

(2) Für 2005 bis 2007 sei die Anpassung der Steuerbilanz durch Zurechnung der Abschreibung des Firmenwertes erfolgt. Von 2008 bis 2015 sei diese Anpassung nicht mehr vorgenommen worden.

(3) Im Anschluss an eine Außenprüfung für 2013 bis 2015 habe das Finanzamt auch für 2011 einen neuen Körperschaftsteuerbescheid erlassen. Über die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens sei mit BVE vom entschieden worden.

b. (1) Gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG sei die Vermögensübersicht, wenn sie den GoB oder den zwingenden Vorschriften des EStG nicht entspreche, zu berichtigen (Bilanzberichtigung). Sei eine Fehlerberichtigung aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam möglich, könne zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes von Amts wegen oder auf Antrag eine Fehlerberichtigung durch Ansatz von Zu- und Abschlägen vorgenommen werden. Die Fehlerberichtigung sei im ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben könne.

(2) § 4 Abs 2 EStG idF des AbgÄG 2012 sei mit in Kraft gesetzt worden und erstmals bei der Veranlagung 2004 auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 beträfen (§ 124b Z 225 EStG idF AbgÄG 2015).

(3) § 4 Abs 2 Z 2 EStG beziehe sich auf jene Bilanz, die der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde liege, die also die steuerlich relevanten Bilanzansätze ausweise (Steuerbilanz). Eine Bilanzberichtigung sei auch dann vorzunehmen, wenn die Steuerbilanz den GoB oder zwingenden Vorschriften des EStG widerspreche (Zorn in Hofstätter/Reichl, EStG, § 4 Abs 2 Rz 63 und 91; Marschner in Jakom/EStG, 2019, § 4 Rz 211).

Werde bei der Gewinnermittlung nach § 5 Abs 1 EStG keine eigene Steuerbilanz erstellt, sondern diese mit Hilfe der MWR von der Unternehmensbilanz abgeleitet, bilde die MWR gemeinsam mit der Unternehmensbilanz die Steuerbilanz (vgl. Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 4 Rz 108). Die Verpflichtung zur Bilanzberichtigung erfasse somit auch die MWR (so auch Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 4 Rz 164 - MWR).

(4) Die Berichtigungspflicht für die Steuerbilanz bestehe unabhängig davon, ob nach Unternehmensrecht auch die unternehmensrechtliche Bilanz zu berichtigen sei (Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG, § 4 Abs 2 Rz 63 und 92).

c. Im vorliegenden Fall sei von der Bf. keine eigene Steuerbilanz erstellt worden, sondern jeweils, ausgehend von der unternehmensrechtlichen Bilanz, die Steuerbilanz mittels MWR abgeleitet worden (EStR 432). Die abgeleitete Steuerbilanz, die der steuerlichen Gewinnermittlung von § 5 Abs 1 EStG zugrunde gelegt worden sei, habe sich aus der Gesamtheit von Unternehmensbilanz und MRW ergeben. Als Element der Steuerbilanz sei daher auch die MWR von einer Bilanzberichtigung erfasst.

Erfolge nämlich keine Änderung des in der Unternehmensbilanz geführten Bilanzansatzes im Wege der MWR, bedeute das, dieser Bilanzansatz werde unverändert auch in der Steuerbilanz angesetzt.

Durch die fehlende Zurechnung der Abschreibung des Firmenwertes in der MWR der Jahre 2008 bis 2015 sei somit der Bilanzansatz "Firmenwert aus Umgründung" der Unternehmensbilanz unverändert in die Steuerbilanz übernommen worden. Im Ergebnis sei daher der Bilanzzusammenhang der Steuerbilanz durchbrochen worden.

d. (1) Unter Bilanzberichtigung verstehe man

- die Berichtigung eines in der Bilanz vorhandenen, unrichtigen und daher unzulässigen Bilanzansatzes durch einen zulässigen Bilanzansatz,

- die Aufnahme eines fehlenden (zwingend aufzunehmenden) Bilanzansatzes oder

- das Ausscheiden eines unzulässigen Bilanzansatzes.

Da der Spruch eines Bescheides nicht über einzelne Bilanzpositionen abspreche, ergebe sich die Verpflichtung, stets von der richtigen Bilanz auszugehen. Die Berichtigung des Fehlers sei an der Wurzel vorzunehmen (). Grundsätzlich reiche die Berichtigung zeitlich unbeschränkt zurück () und sei auch vorzunehmen, wenn die steuerliche Erfassung der berichtigten Bilanzposition wegen des Eintritts der Bemessungsverjährung nicht mehr möglich sei (), solange sich eine steuerliche Auswirkung für ein anderes Jahr ergebe (Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG, § 4 Abs 2 Rz 78 und 79; Marschner in Jakom, EStG, 2019, § 4 Rz 213).

(2) Der Ansatz des Firmenwertes in der Steuerbilanz sei nicht zulässig gewesen, daher habe man eine Bilanzberichtigung vornehmen müssen (Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 4 Rz 164). Dies sei nicht nur ein Fehler beim Übertrag der Gewinn- und Verlustrechnung in der Steuererklärung. Es gehe vielmehr um die Abschreibung des in der Steuerbilanz angesetzten Firmenwertes, dessen Ansatz durch eine Bilanzberichtigung zu korrigieren sei. Die steuerliche Abschreibung eines Bilanzansatzes könne man nur geltend machen, wenn dieser Bilanzansatz auch steuerlich vorhanden sei.

e. (1) Bezüglich der Körperschaftsteuer 2008 bis 2010 sei bei Abschluss der Außenprüfung bereits Verjährung eingetreten, da die Jahresbescheide jeweils im Folgejahr erlassen und keine weiteren Verlängerungshandlungen gesetzt worden seien. Die Verjährungsfrist habe geendet

- für 2008 mit ,

- für 2009 mit und

- für 2020 mit .

Nur für die Körperschaftsteuer 2011 sei zum Zeitpunkt des Abschlusses der Außenprüfung die Verjährung noch nicht eingetreten gewesen. Der Jahresbescheid 2011 sei am erlassen worden. Durch Amtshandlungen innerhalb der Verjährungsfrist von fünf Jahren habe sich diese bis zum verlängert. Das Jahr 2011 sei daher der erste noch nicht verjährte Veranlagungszeitraum gewesen. Durch die Erlassung des neuen Bescheides vom habe sich die Verjährungsfrist bis verlängert.

(2) § 4 Abs 2 Z 2 EStG sei nur anwendbar, wenn ein Verfahrenstitel vorliege, um den fehlerhaften Bescheid zu korrigieren und dem Einsatz des Verfahrenstitels nur die eingetretene Verjährung entgegenstehe. Für die Jahre 2008 bis 2010 wäre eine Wiederaufnahme möglich gewesen, weil die entsprechenden Nachweise erst in Folge der Außenprüfung vorgelegt worden seien.

f. Der relevante Fehler sei in der steuerwirksamen Berücksichtigung eines Firmenwertes aus der Einbringung des Einzelunternehmens 2005 gewesen. Dieser sei in der unternehmensrechtlichen Bilanz anzusetzen, die Abschreibung desselben müsse aber in der Überleitung auf die Steuerbilanz (MWR) wieder hinzugerechnet werden, da steuerlich das übertragene Vermögen mit den steuerlichen Restbuchwerten angesetzt worden und damit der Ansatz eines Bilanzpostens "Firmenwert aus Umgründung" nicht zulässig gewesen sei. Durch das Fehlen der Hinzurechnung in der MWR der Jahre 2008 bis 2015 in der von der unternehmensrechtlichen Bilanz abgeleiteten Steuerbilanz, sei der Firmenwert als Bilanzansatz ausgewiesen worden.

g. Da für die Jahre 2008 bis 2011 bereits Verjährung eingetreten sei und der Fehler 2011, das noch nicht verjährt gewesen sei, Auswirkungen gehabt habe, seien insoweit die Voraussetzungen für eine Korrektur gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG vorgelegen.

h. Die Ermessensübung erfolge unter Bedachtnahme auf Billigkeit und Zweckmäßigkeit.

Besondere Umstände, die den Ansatz des Zuschlages unbillig erscheinen lasse würden, lägen nicht vor. Der Fehler liege nicht weit zurück, die Auswirkungen seien im Verhältnis zum Totalgewinn nicht geringfügig, noch stünden andere Gründe der Zurechnung entgegen (Billigkeit).

Ziel des Ansatzes sei die Erfassung des richtigen Totalgewinnes und insgesamt ein rechtmäßiges Ergebnis (). Da die Auswirkungen nicht als geringfügig angesehen werden konnten, sei die Korrektur auch zweckmäßig (Rechtsrichtigkeit).

4. Mit Schreiben vom wurde ein Vorlageantrag bezüglich der Beschwerde vom zur Körperschaftsteuer 2011 gestellt.

Der Antrag werde wegen des Hervorkommens neuer Beweismittel gestellt.

Beantragt werde eine mündliche Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

5. Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung übermittelt. Es handle sich um eine reine Rechtsfrage.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung betreffend die Beschwerde zur Körperschaftsteuer 2011 zurückgezogen.

B. Der Entscheidung zugrunde gelegter Sachverhalt

Unbestritten wurde in den Jahren 2008 bis 2015 der in der Steuerbilanz vorzunehmende Zuschlag für Abschreibungen eines Firmenwertes in der Unternehmensbilanz, infolge einer Umgründung, nicht vorgenommen. Das BFG geht davon aus, dass Unternehmensbilanz und MWR eine Einheit bilden, die nach § 4 Abs 2 Z 2 EStG zu einem Zuschlag führen kann.

C. Rechtslage

§ 4 Abs 2 Z 2 EStG idF 2015 lautet: Entspricht die Vermögensübersicht nicht den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den zwingenden Vorschriften dieses Bundesgesetzes, ist sie zu berichtigen (Bilanzberichtigung). Kann ein Fehler nur aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden, gilt Folgendes:

- Zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes kann von Amts wegen oder auf Antrag eine Fehlerberichtigung durch Ansatz von Zu- oder Abschlägen vorgenommen werden.

- Die Fehlerberichtigung ist im ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann.

D. Rechtliche Erwägungen zum festgestellten Sachverhalt:

1. Begriff der "Steuerbilanz":

a. Österreichische Rechtslage:

(1) Der Begriff "Steuerbilanz" findet sich weder im EStG, noch im UGB. Er entspringt der Rechtsprechung und Lehre. Nach Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4, Rz 108, ist die Steuerbilanz die den steuerlichen Vorschriften angepasste Unternehmensbilanz. Diese ist zusammen mit der Gewinn- und Verlustrechnung dem Finanzamt vorzulegen. Fehler in der Anpassung der Unternehmensbilanz an die Steuerbilanz (zB unterbliebene Kürzung der Anschaffungskosten eines Pkw) können dann zu Zuschlägen nach § 4 Abs 2 Z 2 EStG führen, wenn die (gedankliche) Steuerbilanz als Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung angesehen wird (Gewinndefinition nach § 4 Abs 1 EStG). Wird dagegen unzutreffend die Unternehmensbilanz als Grundlage für die Gewinnermittlung angesehen und die Anpassung als außerbilanzielle Korrektur, läge keine Möglichkeit der Bilanzberichtigung vor (kein Zuschlag).

(2) In § 44 Abs 2 EStG ist lediglich ausgeführt, dass "Beträge, die in den Übersichten nicht den steuerlichen Erfordernissen entsprechen", durch geeignete Zusätze oder Anmerkungen diesen anzupassen sind, wenn nicht eine besondere Übersicht mit dem Zusatz "für steuerliche Zwecke" beigefügt wird.

Jener Teil der Steuerpflichtigen, die zur Buchführung verpflichtet sind und eine Handelsbilanz erstellen, sind damit nicht verpflichtet, eine eigene Steuerbilanz zu erstellen. § 44 Abs 2 EStG fordert in einem solchen Fall nur die Anpassung an das Steuerrecht durch geeignete Zusätze und Anmerkungen ().

(3) Nach EStR 432 ist die Steuerbilanz die Bilanz, die den Vorschriften des Einkommensteuerrechtes entspricht. Sie ist die den abweichenden steuerlichen Vorschriften angepasste UGB-Bilanz. Die steuerlichen Abweichungen können auch in einer gesonderten Aufstellung zur UGB-Bilanz (Mehr-Weniger-Rechnung) dargestellt werden.

b. Deutsche Rechtslage:

In Deutschland wird der Begriff "Steuerbilanz" wie folgt interpretiert:

(1) Im einfachsten Fall bestehen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz keine Unterschiede, d. h., dass die Handelsbilanz nicht gegen steuerliche Vorschriften verstößt. Wurde die Handelsbilanz bereits unter Berücksichtigung der steuerlichen Normen erstellt, so ist es ausreichend, wenn der Steuererklärung die Handelsbilanz beigefügt wird (gemäß § 60 Abs. 1 EStDV). Aufgrund der vielen Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz ist diese sog. Einheitsbilanz in der Praxis unter Einhaltung aller Normen kaum noch bzw. nur bei sehr kleinen, einfachen Unternehmen realisierbar.

Der vom Gesetzgeber vorgesehene Regelfall ist die Ableitung der Steuerbilanz aus der Handelsbilanz in der Form einer MWR-Rechnung. Diese Überleitungsrechnung basiert auf der Handelsbilanz und stellt postenweise die Unterschiede zur Steuerbilanz dar (§ 60 Abs. 2 S. 1 EStDV). Letztlich wird damit eine Steuerbilanz erstellt, die häufig als eigenständige Bilanz der Steuererklärung beigefügt wird.

Anstelle von Handelsbilanz plus Mehr-Weniger-Rechnung darf auch eine eigenständige Steuerbilanz der Steuererklärung beigefügt werden. Bei einem starken Anfall von Korrekturposten betrifft dies regelmäßig Großunternehmen, die eine gesonderte Steuerbuchhaltung im Buchhaltungskreis einrichten, die unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften direkt zu einer Steuerbilanz gelangt. Diese wird dann Bestandteil der Steuererklärung. Sofern von Steuerbilanz gesprochen wird, sind hier immer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung gemeint. Sofern ein Anhang, ein Lagebericht oder ein Prüfungsbericht vorliegt, sind diese Unterlagen ebenfalls in Kopie der Steuererklärung beizufügen (Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz).

(2) Nach der deutschen Lehre (zB Prof. Mark Knüppel, Außerbilanzielle Korrekturen) erfolgt die steuerliche Gewinnermittlung bei Überleitung von der Handelsbilanz zweistufig:

- Auf der ersten Stufe ist die Handelsbilanz an die Regeln des Bilanzsteuerrechts anzupassen.

- Auf der zweiten Stufe ist das Ergebnis der Steuerbilanz durchaußerbilanzielle Hinzurechnungen und Kürzungen zu modifizieren, um zum steuerlichen Gewinn zu gelangen.

Das Körperschaftsteuer-Berechnungs-und Ermittlungsschema wird dann wie folgt konkretisiert:

- In Stufe 1 erfolgen bilanzielle Korrekturenzur Ermittlung der Steuerbilanz (dh. Bereinigung umrein steuerliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften; dazu zählt beispielsweise auchdie Anpassung infolge der Unterschiede in der Abschreibung eines Firmenwertes).

- In Stufe 2 erfolgen außerbilanzielle Korrekturen nach dem EStG und KStG (zB Hinzurechnung verdeckter Ausschüttungen, Abzug verdeckter Einlagen, Zurechnung nicht abzugsfähiger Aufwendungen usw.).

2. Zulässigkeit des Zuschlages gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG:

a. Voraussetzungen:

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für einen Zuschlag gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG liegen vor. Das BFG hat in RV/5101382/2019 jene Gründe angeführt, die eine Wiederaufnahme ab dem Jahr 2008 ermöglicht hätten. Die Jahre 2008 bis 2010 sind allerdings verjährt. Für den Beginn der Zuschläge (Jahre 2008 bis 2011) wurde auf das älteste, noch nicht verjährte Jahr - nämlich das Veranlagungsjahr 2011 - zurückgegriffen. Die Ermessensentscheidung wurde in der BVE ausreichend begründet.

b. Rechtliche Würdigung:

(1) Das Bundesfinanzgericht schließt sich der in der österreichischen und deutschen Lehre vertretenen Rechtsansicht an: Der erste Schritt von der Handelsbilanz zur Steuerbilanz besteht in einer innerbilanziellen Korrektur der Handelsbilanz: Nur Handelsbilanz und MWR gemeinsam führen zur (gedanklichen) Steuerbilanz.

Andernfalls wäre eine Ungleichbehandlung bezüglich der anderen Varianten der Überleitung gegeben: Im Fall der steuerlich adaptierten Handelsbilanz und der erstellten Steuerbilanz, würde der richtige steuerliche Gewinn bereits vorliegen und bedürfte keiner Korrektur. Schon zur Wahrung der Methodengleichheit müssen daher im (mittleren) Fall der Adaptierung mittels MWR Handelsbilanz und MWR als Einheit angesehen werden, die zu einer fiktiven Steuerbilanz führt und Korrekturen nach § 4 Abs 2 Z 2 EStG zulässt. Diese Rechtsansicht vertreten auch Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 4 Rz 108 iVm 164).

Als außerbilanzielle Korrekturen haben in der Folge alle zusätzlich aus den ertragsteuerlichen Vorschriften (EStG und KStG) resultierenden Korrekturen zu gelten.

(2) Damit resultiert auch aus der MWR eine Korrekturmöglichkeit nach § 4 Abs 2 Z 2 EStG.

Die Beschwerde war aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.

E. Zulassung zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsprechung zu dieser Frage fehlt bisher. Es liegt auch eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung vor: Die Feststellung welche Variablen zusammen (oder einzeln) die Steuerbilanz bilden, ist von allgemeinem Interesse.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Lachmayer in RdW 2022/52
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101383.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at