Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2020, RV/7100041/2018

Verdeckte Ausschüttung und Deckungsrechnungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Dr. Mag. Silvia Gredenberg, Hagenberggasse 29, 1130 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Kapitalertragsteuer 2014 und 2015 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) und seine Ehegattin sind Gesellschafter der X und Partner BauGmbH. Anlässlich einer bei dieser GmbH durchgeführten, die Jahre 2014 und 2015 betreffenden Außenprüfung wurden Betriebsausgaben nicht anerkannt und in der Folge dem Gewinn hinzugerechnet. Dies mit der Begründung, dass die Rechnungen diverser Subfirmen als Deckungsrechnungen eingestuft würden. Vom Unternehmen seien keine UID-Nummernüberprüfung über FinanzOnline gemacht worden bzw. hätte bei Firmen keine unternehmerische Tätigkeit festgestellt werden können, weshalb diese als Betrugsfirmen oder Scheinfirmen wegen Nichtvorhandensein von Betriebsvermögen und Verwendung falscher Urkunden eingestuft worden seien. Da jedoch nicht der gesamte Umsatz mit eigenem Personal erwirtschaftet werden konnte und somit Schwarzarbeiter bezahlt werden hätten müssen, würden im Schätzungswege 50% des ausgeschiedenen Aufwandes an die Betrugsfirmen als fiktiver Lohnaufwand und somit als Betriebsausgaben gewinnmindernd anerkannt.

Unter Tz 5 des Berichtes vom über das Ergebnis der Außenprüfung wurde nachstehende Feststellung getroffen:

"Tz. 5 Verdeckte Ausschüttung

Die gekürzten Betriebsausgaben werden als verdeckte Ausschüttung dem Gesellschafter/ Machthaber zugerechnet und mit 25 % KESt versteuert. Die bereits am Abgabenkonto festgesetzte KESt für das Kalenderjahr 2014 von € 38.267,58 wird, um eine doppelte Versteuerung zu vermeiden, gutzuschreiben."

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung in den in der Folge für die Streitjahre ergangenen Bescheiden über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer den Bf betreffend und setzte die Kapitalertragsteuer in Höhe von 9.926,88 € (2014) und 7.766,25 € (2015) fest. Die Direktvorschreibung beim Bf als Empfänger der Kapitalerträge stützte das Finanzamt auf § 95 Abs. 4 EStG 1988.

Dagegen wandte sich der Bf mit dem Rechtmittel der Beschwerde und führte aus:

Seit der Öffnung des sog. "freien Marktes" auch nach Osten, könnten Arbeiter aus Polen, Ungarn, etc. im übrigen EU-Raum ihre Leistung als selbständiger Unternehmer anbieten, was auch häufig geschehe. Grundsätzlich sei dagegen nichts einzuwenden. Wohl aber dann, wenn es kein europaeinheitliches Lohn - bzw. Honorarniveau sowie keine Anpassung der Lebenshaltungskosten gebe. Dadurch würden diese Dienstleister ihre Leistung so eklatant billig anbieten (z.B. Umzug 10€/Stunde inkl. LKW), dass österreichische Unternehmer, vor allem die Bauwirtschaft gezwungen seien, um zumindest minimal konkurrenzfähig zu bleiben, entweder niedrige Löhne zu bezahlen (was verboten sei), oder Schwarzarbeiter zu beschäftigen, die ohnehin hauptsächlich von AMS-Geldern leben und nur geringfügig dazu verdienen dürften.

Nun würden die Unternehmer ein Problem bekommen: Schwarzarbeit koste zwar etwas, könne jedoch nicht in der Ergebnisrechnung Berücksichtigung finden. Daher ließen sich viele Unternehmer, was allgemein bekannt sei, über die tatsächlich entstandenen inoffiziell bezahlten (weil infolge der unverändert hohen Lohnnebenkosten anders nicht leistbaren) Aufwändungen Rechnungen von anderen Subfirmen ausstellen, damit die Ergebnisrechnung einigermaßen mit den tatsächlich erwirtschafteten Profiten übereinstimme.

Irgendwann kämen Finanzamt und Krankenkasse die Rechnungen der Subfirmen überprüfen, was auch vollkommen richtig sei, und würden feststellen, es handle sich ausschließlich um Scheinfirmen bzw. Scheinrechnungen. Der Unternehmer, der Subfirmen beschäftige, müsse nämlich, ehe er den Auftrag vergebe, Steuernummer der Subfirma, UID-Nummer, Firmenbuchauszug, Eintragung in die HFU-Liste der WGKK, Wohnadresse des Geschäftsführers und die Tatsache, ob er dort auch gemeldet sei, wo er angeblich wohne, kontrollieren. Erst nach dieser detektivischen Kleinarbeit dürfe er einen Auftrag vergeben, dessen Rechnung von der Behörde anerkannt werde.

Habe er, weil zu beschäftigt, keine Zeit für all diese Dinge, werde ihm automatisch die Hälfte des Aufwandes gestrichen, was zur Folge habe, dass er den eigentlich gar nicht verdienten, jedoch als verdeckte Gewinnausschüttung postulierten Betrag, versteuern müsse.

Dies führe zu einer grotesken Verzerrung der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation und habe in den meisten Fällen, da üblicherweise ein Zeitraum von 3 Jahren geprüft werde (Beträge läppern sich), die Vernichtung des Unternehmens sowie von Einzelpersonen zur Folge. Leider sehe sogar die unternehmerische Interessensvertretung seit Jahren untätig zu, wie dadurch wirtschaftliches Potential vernichtet werde. Fast nie handle es sich bei kleinen oder mittleren Baubetrieben um Steuerhinterzieher oder Betrüger. Dennoch würden sie durch diesen Sachverhalt kriminalisiert, denn nicht nur die Steuern für nicht verdiente Gewinne fielen an, sondern auch noch ein Finanzstrafverfahren stehe ins Haus. Mit Gleichmäßigkeit der Besteuerung habe dies alles nichts zu tun. Und die freien osteuropäischen Kleinunternehmer würden nach wie vor konkurrenzlos billig ihre Leistungen anbieten. Von den Großbetrieben und supranationalen Konzernen gar nicht zu sprechen.
Dieses Thema gehöre endlich einmal behandelt und zwar, solang es in Österreich noch Klein -und Mittelbetriebe gebe!
Da weder 2014 noch 2015 der Bf und seine Gattin (Pensionisten) oder die Firma - weder offen, noch verdeckt - Gewinne i.H.v. insgesamt € 283.090,00 erzielt hätten, werde gegen die KESt Bescheide 2014 und 2015 Beschwerde erhoben. Man sollte die in der BAO zitierten Forderungen wie Billigkeit und Zweckmäßigkeit beherzigen und nicht in einem Rundumschlag zur zugegebenermaßen legalen existentiellen Vernichtung von Pensionisten ausholen.

In der in der Folge ergangenen Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt darauf hin, dass der Bf nichts vorgebracht hätte, das eine Rechtswidrigkeit des Bescheides zur Folge hätte. Er habe sich weder zu den Feststellungen der Außenprüfung geäußert, noch eine Gegendarstellung verfasst. Auf die geltende Rechtslage und den Sachverhalt wurde nicht genauer eingegangen, stattdessen sei die Problematik von Scheinfirmen bzw. der ausländischen Konkurrenz erläutert und eine Gesetzesänderung angeregt worden.
Darüberhinaus sei angeführt worden, dass laut Bundesabgabenordnung Billigkeit und Zweckmäßigkeit anzuwenden seien. Hierbei handle es sich jedoch um Maßstäbe für die Ermessensübung. Sei wie bei der Frage, ob für verdeckte Ausschüttungen Kapitalertragsteuer anfalle, gar keine Ermessensübung vorgesehen, seien diese nicht relevant.
Habe eine GmbH als Abzugsverpflichtete Kapitalerträge gemäß § 93 Abs. 2 EStG 1988 nicht vorschriftsgemäß gekürzt, wovon bei verdeckten Ausschüttungen grundsätzlich auszugehen sei, seien die Voraussetzungen des § 95 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 für eine ausnahmsweise direkte Inanspruchnahme des Gesellschafters als Empfänger erfüllt. Nach der Judikatur () seien verdeckte Ausschüttungen "ein klassischer Anwendungsfall dieser Gesetzesbestimmung, bestehe das Wesen verdeckter Ausschüttungen doch gerade darin, die Zuwendung von Vorteilen an die Gesellschafter nicht nach außen in Erscheinung treten zu lassen und auch keine vorschriftsmäßige Kürzung der Kapitalerträge vorzunehmen. Angesichts des eindeutigen und unzweifelhaften Wortlauts des § 95 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 sei die vorrangige Vorschreibung der KESt an den Empfänger der Kapitalerträge eine zwingende Rechtsfolge und erübrige sich somit eine Ermessensprüfung für dessen unmittelbare Inanspruchnahme (vgl. Achatz, ÖStZ 1989, 255).

Dagegen brachte die steuerliche Vertretung im Vorlageantrag vor, dass der Bf zu Recht darauf vertrauen konnte, dass der Geschäftsführer das Unternehmen rechtlich einwandfrei geführt habe, weshalb eine Belastung mit Kapitalertragsteuer für einen nie entstandenen Gewinn in zusätzlicher Höhe von € 283.090,00 jeder Grundlage entbehre.

Begründend wurde nochmals wiederholt, dass sämtliche Unterlagen der Firmen vorgelegt worden seien. Es sei einem Durchschnittsstaatsbürger unzumutbar festzustellen, ob Ausweise echt oder gefälscht seien (GSTX-GF M.). Weiters stehe es keinem Auftraggeber zu, sich Einblick in die Bücher der leistungserbringenden Firmen zu verschaffen. Die Firma X & Partner GmbH könne nicht Verantwortung für mangelhafte Aufzeichnungen der Auftragnehmer übernehmen. Auch nicht die Gesellschafter. Leider seien diese Argumente stets ignoriert und 50 Prozent der tatsächlich geleisteten Aufwendungen einfach gestrichen worden. Es möge schon sein, dass manche Baufirmen sich sogenannter Scheinfirmen bedienten, von denen keine Leistungen erbracht, sondern nur Rechnungen ausgestellt worden seien. Diese Tatsache allein werfe bereits viele von Politik und Interessensvertretungen bislang ignorierte Fragen auf. Im gegenständlichen Fall könne jedoch belegt werden, wie der Geschäftsführer der GmbH alles in seiner Macht Stehende unternommen habe, um sich über die Auftragnehmer entsprechend zu informieren.

Im Vorlagebericht vom , dem nach der Rechtsprechung Vorhaltscharakter zukommt, nahm das Finanzamt nach Wiedergabe des Sachverhaltes dazu Stellung und brachte vor:


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"Die Argumentation des Bf geht dahin, dass die Firma X GmbH nichts von der Unredlichkeit ihrer Geschäftspartner wusste und auch nicht wissen musste, sohin dass sie alle ihr zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um nicht in Geschäftsbeziehung mit Scheinfirmen bzw. Schwarzarbeitstrupps zu treten.
Es ist zu beachten, dass die Prävalenz von Schwarzarbeit im Bausektor nicht nur Bauunternehmern sondern aufgrund regelmäßiger Medienberichte über die Jahre sogar dem Durchschnittsbürger bekannt ist. Daraus und aus den mit Bauaufträgen regelmäßig verbundenen großen Auftragsvolumina folgt, dass bei Bauaufträgen besondere Vorsicht geübt werden muss. Es ist nicht ausreichend, sich lediglich Firmenbuchauszüge und UID-Abfragen zu beschaffen, welche auch bei Scheinfirmen durchwegs vorhanden sind. Vor allem vor erstmaliger Auftragserteilung an eine bis dato unbekannte Baufirma kann die Richtigkeit der im Firmenbuch angegebenen Firmenadresse nur durch einen persönlichen Besuch vor Ort festgestellt werden.
Wenn man der Argumentation des Bf folgt, hätten sich hinter fünf verschiedenen Firmen, mit denen die X GmbH in den zwei Streitjahren Geschäftsbeziehungen gepflegt hat, Schwarzarbeitstrupps versteckt, die die X GmbH trotz aller Vorsichtsmaßnahmen erfolgreich getäuscht hatten. Diese Firmen stehen nominell nicht miteinander in Verbindung, schon die Anzahl an Scheinfirmen erweckt Zweifel an der Sachverhaltsdarstellung der X GmbH.
Wie aus den vorhandenen Unterlagen ersichtlich, erfolgte eine ernsthafte Überprüfung der Geschäftspartner und auch der Arbeitnehmer auf den Baustellen nicht. Im Streitzeitraum war im Bausektor die Barzahlung von Rechnungen über mehr als € 500,-- noch zulässig, aber wenn sich Baufirmen derart große Beträge wie im Streitfall bar auf den Baustellen übergeben lassen, ist dies für um Seriosität bemühte Firmen zumindest ein Anlass, den Geschäftspartner noch einmal eingehend zu überprüfen. Dass dies nicht erfolgt ist, lässt darauf schließen, dass die X GmbH - so sie nicht sogar wissentlich mit Scheinfirmen zusammengearbeitet hat - zumindest einen bedingten Vorsatz für die Beauftragung von Scheinfirmen hatte. Unzweifelhaft muss davon ausgegangen werden, dass die Rechnungsaussteller die betreffenden Leistungen nicht erbracht haben.
Die bloße Namhaftmachung einer beliebigen Firma als Empfänger der abgesetzten Beträge genügt nicht. Rechtfertigen maßgebliche Gründe die Vermutung, dass ein angegebener Empfänger die Leistung nicht erbracht hat, ist der Betriebsausgabenabzug zu versagen ()."Dazu wurde von der steuerlichen Vertretung keine weitere Stellungnahme abgegeben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen

  • im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder

  • entnommen oder

  • in anderer Weise verwendet wird.

Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 52/2009 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).

Die Kapitalertragsteuer beträgt gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 25%.

Schuldner der Kapitalertragsteuer ist gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Gemäß § 95 Abs 5 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum gültigen Fassung ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

Z 1: der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder

Z 2: der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Soweit gemäß § 184 Abs. 1 BAO die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist nach Abs. 2 leg.cit. insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 3 BAO ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formellen Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Im Übrigen hat die Abgabenbehörde nach § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, ob es sich hinsichtlich der an den Bf in den Jahren 2014 und 2015 gelegten und als Fremdleistungsaufwand verbuchten Rechnungen der nachstehenden Firmen jeweils um Scheinrechnungen bzw. sogenannte Deckungs-Rechnungen handelt:


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2014
2015
***2*** GmbH (in der Folge 1 GmbH)
229.600 €
***3*** GmbH (in der Folge 2 GmbH)
4.620 €
***4*** (in der Folge 3 GmbH)
83.440 €
136.250 €
***5*** Company SK (in der Folge 4 Company)
16.000 €
***6*** GmbH (in der Folge 4 GmbH)
96.270 €
gesamt
317.660 €
248.520 €

Bezüglich der in den Jahren 2014 und 2015 als Aufwand für Fremdleistungen abgesetzten und von den nachstehenden Gesellschaften fakturierten Leistungen wurden jeweils folgende Feststellungen getroffen:

1 GmbH:
Der Bf hat folgende Unterlagen vorgelegt:

Firmenbuchauszüge vom und , die zu Beginn bzw. nach Ende der Arbeiten nicht aktuell waren.
Abfrage der Richtigkeit der UID-Nummern vom und .
Dienstnehmeranmeldungen von drei Dienstnehmern. Dabei handelt es sich um gefälschte Dokumente, da zwei dieser DN zu diesem Zeitpunkt bei einer anderen amtsbekannten Betrugsfirma angemeldet waren und die dritte Sozialversicherungsnummer zu einer anderen Person gehört, die nie bei der 1 GmbH angemeldet war.
Die auf der Einladung zur Angebotsabgabe und auf der Angebotsabgabe bzw. auf einem Werkvertrag aufscheinende Unterschrift stammt nicht vom Gesellschafter-Geschäftsführer.

Dazu wurde der Geschäftsführer der 1 GmbH als Zeuge vernommen und hat angegeben, dass er 1 bis 2 Tage pro Woche in Österreich sei und sich die restlichen Tage in Serbien aufhalte. Er sei für Zahlungsempfänge und das Schreiben von Rechnungen zuständig und auch der einzig Zeichnungsberechtigte für das Firmenkonto. Er habe derzeit umfangreiche Probleme mit von ihm nicht ausgestellten Rechnungen, weshalb er bereits eine Anzeige bei der Wirtschaftspolizei gemacht habe. Der Unterschied zu den gefälschten Rechnungen sei, dass er immer in Kyrillisch und nicht in Latein unterschreibe. Im Zuge der Niederschrift wurde vereinbart, dass der Buchhalter der 1 GmbH eine Liste mit Firmen zusammenstelle, für die diese gearbeitet habe.

Vom Buchhalter wurde in der Folge ein Kontoauszug vorgelegt, der ersichtlich machte, dass die 1 GmbHnie für die X GmbH tätig war.

Der Geschäftsführer der X GmbH wurde ebenfalls befragt und gab an, dass er mit der 1 GmbH direkt an der Baustelle mit dem Geschäftsführer in Kontakt gekommen sei. Er habe einen Firmenbuchauszug und einen Reisepass abverlangt. Auf die Frage, in welcher Form die Angaben des Subunternehmers überprüft worden seien, antwortete der GF, dass er keine Kontrollmaßnahmen gesetzt und im Firmenbuch nicht nachgeschaut habe. Die in Rechnung gestellten Arbeitsstunden seien nicht kontrolliert worden, da ein Pauschale vereinbart worden sei. Auch wurden keine Arbeitsbewilligungen kontrolliert. Die Zahlungen seien direkt an der Baustelle in bar erfolgt.

Über die folgenden Subfirmen 2-5 hat der Bf keine UID-Nummernüberprüfungen über Finanzonline gemacht und alle Rechnungen bar bezahlt.

2 GmbH
Eine Prüfung bei der 2 GmbH hat ergeben, dass für das Kalenderjahr 2014 keine unternehmerische Tätigkeit festgestellt werden konnte und die Firma als Betrugsfirma eingestuft wurde.

3 GmbH
Eine Überprüfung der 3 GmbH hat ergeben, dass die X-GmbH nicht als Kunde aufscheint.

4 Company
Bezüglich der 4 company wurde festgestellt, dass eine Leistungsbeschreibung fehlt; es handelt sich lediglich um eine Leistungsbeschreibung, das Rechnungsnummernsystem ist nicht einheitlich. Es wurden keine Entsendungsmeldungen ausländischer Arbeiter oder sonstige Unterlagen vorgelegt.

5 GmbH
Die 5 GmbH wurde von der Finanzpolizei als Scheinunternehmen (Unauffindbarkeit von für das Unternehmen tätiger Personen, Nichtvorhandensein von angemessenen Betriebsmittel oder Betriebsvermögen, Verwendung falscher Urkunden) eingestuft.

Wie aus der Stellungnahme vom ersichtlich ist, geht das Finanzamt davon aus, dass die X GmbH einen bedingten Vorsatz für die Beauftragung von Scheinfirmen hatte. Dagegen vertritt der Bf die Auffassung, dass die X GmbH nichts von der Unredlichkeit ihrer Geschäftspartner wusste und auch nicht wissen musste, da sie alle ihr zumutbaren Vorkehrungen getroffen habe, um nicht in Geschäftsbeziehung mit Scheinfirmen zu treten


§ 162 BAO normiert:

§ 162 Abs. 1 Wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet.

Abs. 2 Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen.

§ 162 BAO dient nach hA vornehmlich dem Ziel, Besteuerungskomponenten, die sich bei einem Abgabepflichtigen steuermindernd auswirken, beim Empfänger steuerlich zu erfassen (vgl. Ritz, BAO6, § 162 Rn 5 mwN). § 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu versteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat (vgl. , Rn 33).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist mit der Nennung von Personen, die als Empfänger bezeichnet werden, der Aufforderung nach § 162 BAO dann nicht entsprochen, wenn maßgebliche Gründe die Vermutung rechtfertigen, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind. Hat die namhaft gemachte Person eine Leistung nicht erbracht, sei es, dass es sich dabei um eine "Briefkastenfirma", d. h. um ein Unternehmen handelt, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und deswegen keine Leistung erbringen kann, sei es aus anderen Gründen, so kann diese Person auch nicht als Empfänger im Sinne des § 162 BAO angesehen werden (vgl. , ; , Rn 15).

Es dürfen allerdings dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. "Offenbar unerfüllbar" sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden sein, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden (vgl. , Rn 32 mit Verweis auf ).

Im Lichte der Rechtsprechung des VwGH (vgl. , Rn 38 mwN) ist für die Sorgfaltswidrigkeit im Zusammenhang mit der Empfängerbenennung nach § 162 BAO darzulegen, inwieweit bestimmte Überprüfungen in der Baubranche üblich sind.

Die diesbezüglichen Prüfkriterien, die die Wirtschaftskammer Österreich, Bundesinnung Bauwesen vorrangig für Bauherren herausgegeben hat, um die Suche nach seriösen Anbietern zu erleichtern, sind im Internet abrufbar (vgl. https://www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/bau/checkliste-baufirmen-auswahl.pdf). Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass die dort umschriebenen Prüfkriterien auch im zwischenunternehmerischen Bereich des Bauwesens branchenüblich für die Beurteilung heranzuziehen sind, ob der Auftraggeber die ihm auferlegte Sorgfalt walten hat lassen. So dient doch die von der Wirtschaftskammer publizierte Checkliste dazu, "seriöse Firmen vor Wettbewerbsnachteilen gegenüber unseriösen Anbietern zu bewahren". Weiters soll die Checkliste helfen, Qualitätsmängeln vorzubeugen und Bauherren vor finanziellen Risiken zu schützen.

Wie das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/7104405/2015, ausführt, umfasst die übliche Sorgfalt im Bereich der Baubranche unter anderem, dass die Geschäftslokalitäten des Geschäftspartners aufgesucht werden, dass Gewerbeberechtigungen überprüft werden und allenfalls weitere Nachforschungen betrieben werden, wenn ein branchenfremdes Geschäft vorliegt. Ebenso entspricht es der üblichen Sorgfalt im Bereich der Baubranche, dass sich Auftraggeber vom Auftragnehmer Bestätigungen über Steuerrückstände geben lassen (Unbedenklichkeitsbescheinigung) und sich bei der Sozialversicherung über Rückstände erkundigen. Auch die Feststellung der Identität der Geschäftsführer bzw. der handelnden Personen entspricht der branchenüblichen Sorgfalt. Allenfalls entspricht es der branchenüblichen Sorgfalt festzustellen, ob die Person, mit der der Auftraggeber in Kontakt tritt, tatsächlich eine Funktion in der auftragnehmenden Gesellschaft inne hat bzw. zum Abschluss von Geschäften befugt ist. Ebenso entspricht es der branchenüblichen Sorgfalt, die Anmeldung von Dienstnehmern zu überprüfen und festzuhalten.

Die Kenntnis dieser Prüfkriterien kann gegenständlichenfalls vorausgesetzt werden, zumal die steuerliche Vertretung selbst eine Vielzahl dieser Verpflichtungen in der Beschwerde vom aufzählt. Diese werden aber als detektivische Kleinarbeit vor Auftragsvergabe abgetan, der aufgrund von Zeitmangel nicht nachgekommen werden hätte können. Dabei wird offensichtlich bewusst in Kauf genommen, dass diese von Subfirmen ausgestellten Rechnungen, die einzig den Zweck haben, "die Ergebnisrechnungen einigermaßen mit den tatsächlich erwirtschafteten Profiten übereinzustimmen", da die Schwarzarbeiter - so die Beschwerde weiter - auch etwas kosten, in der Folge von der Behörde nicht anerkannt werden können. Im Vorlageantrag wird nachträglich behauptet, dass der Geschäftsführer alles in seiner Macht Stehende unternommen habe, um sich über die Auftragnehmer zu informieren. Darunter wird ganz offensichtlich die bloße Kontrolle des Firmenbuchauszuges und des Reisepasses verstanden (Niederschrift vom ).
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kann jedoch bei Verlangen auf Vorlage des Reisepasses und des Firmenbuchauszuges nicht von der Einhaltung der branchenüblichen Verpflichtungen ausgegangen werden. Wie das Finanzamt im Vorlagebericht dazu unwidersprochen feststellt hat, ist in Anbetracht einer Barzahlung im Gesamtbetrag von 229.600 € (1 GmbH) die Sorgfaltspflichtverletzung eklatant. Dazu vertritt der Bf im Vorlageantrag die Auffassung, dass es einem "Durchschnittsstaatsbürger unzumutbar sei festzustellen, ob Ausweise echt seien. Das mag für einen Durchschnittsstaatsbürger grundsätzlich gelten, jedoch nicht für jemanden, der in der Baubranche tätig ist, die - wie allgemein bekannt - als Hochrisikobranche einzustufen ist und für die besondere Maßstäbe anzulegen sind, was die Einhaltung der Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes betrifft.

Zum Vorwurf in der Beschwerde, dass die Hälfte des Aufwandes (Schwarzarbeit) gestrichen werde, wenn ein Unternehmer für all die Dinge (offensichtlich ist damit die Einhaltung der branchenüblichen Verpflichtungen gemeint) zu beschäftigt sei, kann nur nochmals auf die eingangs getätigten Ausführungen zum Ziel des § 162 BAO hingewiesen werden.

Wie das Finanzamt unwidersprochen festgestellt hat, handelt es sich bei den Subfirmen um Scheinfirmen. Diese Problematik war, wie in der Beschwerde zum Ausdruck gebracht, zwar bewusst, wurde aber in Kauf genommen, da - wie bereits ausgeführt - die Vertreter der X GmbH die Ansicht vertreten, dass alles unternommen wurde, um sich zu "informieren". Unbestritten ist aber, dass im vorliegenden Fall keine Überprüfungen durchgeführt wurden, die laut den oben angeführten Prüfkriterien der WKO branchenüblich sind. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die X GmbH den branchenüblichen Sorgfaltsmaßstab sowie die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns außer Acht gelassen hat.

Die Folge der Beschäftigung von Schwarzarbeitern ist - wie in der Beschwerde richtig erkannt - ein Mehrgewinn.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Nichtnachweisbarkeit von Auftragsverhältnissen und dem Einsatz von Schwarzarbeitern durch den Unternehmer ein geschätzter Lohnaufwand als Betriebsausgabe anzuerkennen, wobei von den Rechnungssummen der angeblichen Vertragsfirmen, gekürzt um 50% (wegen fehlender Lohnabgaben, Lohnnebenkosten, Gewinnmargen, Regiekosten, usw.) ausgegangen werden kann. Dies insbesondere, als Arbeitnehmer mangels Abfuhr von Lohn- und Sozialabgaben ungleich kostengünstiger beschäftigt werden können (vgl. Zl. 2003/13/0115). In diesem Sinne folgt das Bundesfinanzgericht den Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht, das ausführt, dass mangels anderer Anhaltspunkte als Schätzungsbasis die Rechnungen der angeführten Beträge herangezogen werden können.

Im Zuge der Betriebsprüfung wurden gegenständlichenfalls Mehrgewinne festgestellt, die im Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft keinen Niederschlag gefunden haben (zB ein überhöhter Fremdleistungsaufwand aufgrund von Scheinrechnungen), folglich ist im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/14/0118, davon auszugehen, dass sie den Gesellschaftern als verdeckte Ausschüttung im Verhältnis ihrer Beteiligung zugeflossen sind. Ein Nachweis, der diese Annahme widerlegen könnte, wurde nicht vorgelegt.

Wie das Finanzamt zu Recht weiter ausgeführt hat, sind die Voraussetzungen des § 95 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 für eine ausnahmsweise direkte Inanspruchnahme der Gesellschafter als Empfänger erfüllt, wenn eine GmbH als Abzugsverpflichtete Kapitalerträge gemäß § 93 Abs. 2 EStG 1988 nicht vorschriftsgemäß gekürzt hat, wovon bei verdeckten Ausschüttungen grundsätzlich auszugehen ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art.133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorliegende Erkenntnis folgt der Rechtsprechung des VwGH hinsichtlich der branchenüblichen Verpflichtungen im sorgfältigen Umgang mit Subunternehmern (, ).

Es war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 95 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 162 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100041.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at