Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.07.2020, RV/5100665/2020

Kein Freibetrag nach § 3 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen bei Fehlen eines eigenen Fahrzeuges

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi.in in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Einkommensteuer 2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 vom wurde kein Freibetrag von 190,00 € monatlich gemäß § 3 Abs. 1 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen angesetzt mit der Begründung, dass dieser nicht berücksichtigt werden hätte können, da die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 nicht über ein eigenes Fahrzeug verfügt hätte.

Mit Schreiben vom wurde gegen oben angeführten Bescheid Beschwerde erhoben unter anderem wie folgt:
Beantragte Änderungen:
1. Pendlerpauschale und Pendlereuro
2. Freibetrag für das KFZ wegen Körperbehinderung
Begründung:
Ad 2. Freibetrag wegen Körperbehinderung
Der beantragte Freibetrag für das KFZ wegen Körperbehinderung sei im Einkommensteuerbescheid 2018 nicht berücksichtigt worden, da sie 2018 über kein eigenes Fahrzeug verfügt hätte.
Dazu sei festzuhalten, dass sie seit Oktober 2016 Eigentümerin eines Fahrzeuges sei.
Dabei handle es sich um den BMW 116d.
Dieses Auto sei genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten (insbesondere Automatikgetriebe und Startknopf). Das Fahrzeug wäre seit Oktober 2016 bis zum Verkauf im März 2019 auf ihre Mutter zugelassen gewesen. Diese Vorgangsweise wäre deshalb notwendig gewesen, weil die Versicherungsprämie für eine Fahranfängerin wesentlich höher gewesen sein würde. Weiters würde eine Kaskoversicherung fast nicht finanzierbar gewesen sein.
Somit sei - nach Beratung mit dem Versicherungsvertreter - eine Anmeldung ihres Autos auf ihre Mutter vorgenommen worden. Anzumerken sei noch, dass ihre Mutter ständig über ein eigenes Auto (Mercedes C Klasse) verfügen würde.
Die Versicherungsprämie sei immer von ihr bezahlt worden. Dazu würde ein Auszug ihres Kontos vorgelegt werden, aus dem ersehen werden könne, dass die Versicherung am von ihrem Konto abgebucht worden wäre.
Auch der Verkaufserlös 2019 sei ihr zugeflossen.
Sie sei seit Oktober 2016 (bis zum Verkauf 2019) Eigentümerin des BMW 116 d gewesen.
Somit erfülle sie die Anspruchsvoraussetzung für die Berücksichtigung des Freibetrages für das KFZ wegen Körperbehinderung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben im Hinblick auf das Pendlerpauschale und den Pendlereuro, jedoch nicht in Bezug auf den Freibetrag gemäß § 3 Abs. 1 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen. Begründet wurde auch wie folgt:
Die Beschwerdeführerin hätte beantragt, den Pauschbetrag gemäß § 3 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen betreffend Abgeltung von Aufwendungen für ein Kraftfahrzeug zu gewähren.
Das Kraftfahrzeug sei nach den Angaben der Beschwerdeführerin auf ihre Mutter zugelassen gewesen.
Gemäß § 3 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen BGBl. 303/1996 sei für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benutzen würden zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel aufgrund der Behinderung nicht benutzt werden könne, ein Freibetrag von monatlich 190,00 € zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall könne der Pauschbetrag nicht gewährt werden, da sie über kein eigenes Kraftfahrzeug verfüge, dies jedoch von der Verordnung gefordert sei (vergleiche auch -K/09). Da das Kraftfahrzeug im Eigentum der Mutter stehe, könne der Pauschbetrag nicht gewährt werden, auch wenn die Beschwerdeführerin die laufenden Kosten des Fahrzeuges übernommen hätte.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage der obigen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt und wie folgt begründet:
Beantragte Änderung
Berücksichtigung des Freibetrages für das KFZ wegen Körperbehinderung für das Veranlagungsjahr 2018 im vorgesehenen Höchstausmaß von 2.280,00 €
Begründung
Die Behörde hätte sich mit dem in der Beschwerde vorgetragenen Umstand, dass sie sehr wohl seit Oktober 2016 Eigentümerin ihres Fahrzeuges gewesen sei, in keinster Weise auseinandergesetzt. Der Eigentumsbegriff sei erst gar nicht einmal ansatzweise einer Klärung zugeführt worden.
Daher erscheine es notwendig, zuerst noch einmal den Sachverhalt und danach die richtige rechtliche Würdigung im Zusammenhang mit ihrem Fahrzeug aufzuzeigen.
Sachverhalt
Sie sei seit Oktober 2016 Eigentümerin gemäß ABGB ihres BMW 116d. Dieses Auto sei genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten (insbesondere Automatikgetriebe und Startknopf, welche ihr - auf Grund ihrer Beeinträchtigung an ihrer rechten Hand - das Autofahren wesentlich erleichtern bzw. ermöglichen).
Das Fahrzeug wäre seit Oktober 2016 bis zum Verkauf im März 2019 auf ihre Mutter zugelassen gewesen.
Diese Vorgangsweise wäre deshalb notwendig gewesen, weil die Versicherungsprämie für eine Fahranfängerin wesentlich höher gewesen sein würde. Weiters würde eine Kaskoversicherung fast nicht finanzierbar gewesen sein.
Somit sei - nach Beratung mit dem Versicherungsvertreter - eine Anmeldung ihres Autos auf ihre Mutter vorgenommen worden. Dies sei eine durchaus gängige Praxis iZm der Anmeldung von Fahrzeugen von Fahranfängern.
Um jegliche (eventuell negativen) Bedenken schon im Kern zu entkräften sei festzuhalten, dass ihre Mutter im Jahr 2018 über ein eigenes Auto (Mercedes) verfügt hätte und somit ihr Auto nicht gebraucht hätte. Diese Anmerkung erscheine auch deshalb notwendig, weil man eventuell die Ausführungen des Finanzamtes so interpretieren könnte, dass vermutet werde, dass ihre Mutter über kein eigenes Auto verfügen würde. Auch sei von ihrer Mutter niemals ihre Eigentümerfunktion an ihrem Auto angezweifelt worden.
Sämtliche Aufwendungen iZm ihrem BMW seien immer von ihr bezahlt worden. Dazu hätte sie beispielsweise einen Auszug von ihrem Konto vorgelegt, aus dem man ersehen könne, dass die Versicherung am von ihrem Konto abgebucht worden wäre.
Zur Vervollständigung werde nochmals bekannt gegeben, dass auch der Verkaufserlös ihres BMW im Jahr 2019 ihr - in ihrer Funktion als Eigentümerin - zugeflossen sein würde.
Rechtliche Würdigung
Offenkundig würde die entscheidende Frage des Eigentums zu klären sein.
In der Beschwerde sei schon auf die LStR Rz 849 verwiesen worden, in der vermerkt sei, dass wenn eine körperbehinderte Person ein Leasingfahrzeug als Leasingnehmer verwende, sie als wirtschaftliche Eigentümerin angesehen werden könne und es stehe daher auch der Freibetrag für dieses Fahrzeug bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen zu.
Hier werde gar nicht einmal das tatsächliche Eigentum (welches in ihrem Fall zweifelsohne zu bejahen sei) am Fahrzeug als notwendig erachtet. Dies würde bei Leasingfahrzeugen gar nicht gehen, weil während der Leasinglaufzeit (bis zur Verwertung des Leasingfahrzeuges durch die Leasinggesellschaft) ja die Leasinggesellschaft Eigentümerin des Fahrzeuges sei (EStR Rz 135ff).
Betreffend wirtschaftliches Eigentum iSd § 24 Abs. 1 lit. a BAO werde schon in den EStR Rz 122 wie folgt ausgeführt:
"IdR ist dem zivilrechtlichen Eigentümer dieses Wirtschaftsgut auch steuerlich zuzurechnen. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, nämlich Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem Eigentümer, auf Dauer, dh. auf die Dauer der voraussichtlichen wirtschaftlichen Nutzung, geltend machen kann (VWGH , 81/13/0021)."
Daraus lasse sich auch ableiten, dass der Verordnungsgeber sehr wohl schon im wirtschaftlichen Eigentum die Anspruchsvoraussetzungen als erfüllt ansehe.
Das Finanzamt hätte sich erst gar nicht mit dem Eigentumsbegriff rechtlich auseinander gesetzt, sondern vielmehr sehr lapidar auf das nicht wirklich passende Erkenntnis -K/09, verwiesen. Dazu sei auch noch anzumerken, dass gegen dieses Erkenntnis grundsätzlich eine Revision zulässig gewesen sein würde, vom Beschwerdeführer jedoch keine Revision ergriffen worden wäre.
Die Behörde leite aus der Tatsache, dass ihr BMW auf ihre Mutter zugelassen sei ab, dass sie nicht Eigentümerin sei.
Im ABGB sei der Eigentumsbegriff in den §§ 353 und 354 ABGB geregelt.
Die §§ 353 und 354 ABGAB würden unterscheiden zwischen:
- Eigentum im objektiven (§ 353 ABGB : allgemeine Umschreibung des Eigentumsinhalts) und
- Eigentum im subjektiven Sinn - § 354 ABGB : Vom Eigentum im objektiven Sinn abgeleitete rechtliche Befugnis des einzelnen Eigentümers.
Im ersten Fall werde das Rechtsinstitut vom Gesetzgeber abstrakt (inhaltlich) umschrieben, im zweiten konkret-individuell, als das einem Rechtssubjekt (durch Rechtserwerb) zugeordnete subjektive dingliche (Voll)Recht verstanden.
§ 354 ABGB gewähre dem Eigentümer:
- das subjektive Recht/die Befugnis "mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten"; sog. positive Seite des Eigentums (§ 362 ABGB führe die "Rechte des Eigentümers" dann näher aus) und zusätzlich
- "jeden anderen davon auszuschließen"; so genannte negative Seite des Eigentums iSd absoluten Wirkung des Eigentums als Konsequenz seines dinglichen Charakters.
Das das Finanzamt offenkundig den "Eigentumsbegriff" aus einer Zulassung herzuleiten versuche, sei unter Verweis auf die Entscheidung , festzustellen, dass der Zulassungsschein keinerlei Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse gebe und somit die Schlussforderung des Finanzamtes als rechtlich verfehlt zu klassifizieren sei.
Rechtssatz
"Es gibt keine rechtlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Zweck des Verwaltungsverfahrens wegen Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr - auch nur als Nebenzweck - darin bestehen könnte, Dritten Auskunft über die Eigentums- und Besitzverhältnisse an Kraftfahrzeugen zu geben und den Geschäftsverkehr gegen die Gefahren eines allfälligen Erwerbs von nicht Berechtigten zu sichern."
Somit sei festzuhalten, dass aus einem Zulassungsschein (dem Verwaltungsverfahren wegen Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr) keinerlei Aussagen über das Eigentum (wie hier vom Finanzamt) rechtsrichtig getätigt werden könnten.
Sie sei somit seit Oktober 2016 (bis zum Verkauf 2019) Eigentümerin des BMW und erfülle somit die Anspruchsvoraussetzungen zur Berücksichtigung des Freibetrages für das KFZ wegen Körperbehinderung durchgehend das ganze Jahr 2018.
Beigelegt wurde eine Zahlungsbestätigung über 1.934,21 €, wonach von der Beschwerdeführerin eine Prämie betreffend "Bündel Kraftfahrzeug" für das Jahr 2018 überwiesen worden wäre.

Mit Vorlagebericht vom wurde die oben angeführte Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hätte im Rahmen der Erklärung zur Arbeitnehmer*innenveranlagung vom unter anderem einen Freibetrag von 190,00 € monatlich gemäß § 3 Abs. 1 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Dieser sei der Beschwerdeführerin im Rahmen der Veranlagung nicht gewährt und dies im Erstbescheid vom mit dem Fehlen eines eigenen KFZ der Beschwerdeführerin begründet worden. Am hätte die Beschwerdeführerin Beschwerde erhoben und die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales beantragt sowie die Berücksichtigung des Freibetrages gemäß § 3 Abs. 1 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen. Das beantragte Pendlerpauschale sei im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung gewährt worden, der Freibetrag für ein KFZ gemäß § 3 Abs. 1 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen sei mangels eigenem KFZ der Beschwerdeführerin abgewiesen worden.
Stellungnahme:
Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, sei zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel aufgrund der Behinderung nicht benützt werden könne, ein Freibetrag von 190,00 € monatlich zu berücksichtigen (§ 3 Abs. 1 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl.Nr. 303/1996 idgF).
Stehe das Kraftfahrzeug im Eigentum eines Familienangehörigen, komme der Freibetrag des § 3 Abs. 1 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen nicht zur Anwendung. Das das Kraftfahrzeug im gegenständlichen Fall im Jahr 2018 im Eigentum der Mutter gestanden sei (Zulassung lautend auf Mutter der Beschwerdeführerin), könne der Pauschbetrag nicht gewährt werden, auch wenn die Beschwerdeführerin die laufenden Kosten des Fahrzeuges übernommen hätte.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurden folgende Fragen an die Beschwerdeführerin gerichtet:
"1.
Legen Sie den Kaufvertrag aus dem Jahr 2016 und den Verkaufsvertrag aus dem Jahr 2019 das gegenständliche Kraftfahrzeug betreffend vor.
2.
Reichen Sie sämtliche Vereinbarungen des gegenständliche Kraftfahrzeug betreffend, die Sie mit Ihrer Mutter abgeschlossen haben, vor.
Sollten keine schriftlichen Vereinbarungen vorliegen, legen Sie die wesentlichen Vertragspunkte detailliert dar."

Mit Schreiben vom wurde wie folgt geantwortet:
Ad 2. Vereinbarungen
Betreffend ihr (ehemaliges) Auto gebe es - wie in derartigen Angelegenheiten im Familienverband üblich - eine mündliche Vereinbarung zwischen ihrer Mutter und der Beschwerdeführerin.
Detaillierte Vertragspunkte bzw. Sachverhaltsdarstellung
Nachdem sie im September 2016 erfolgreich die Führerscheinprüfung abgelegt hätte, hätte sie sich mit der Suche nach einem passenden Auto beschäftigt. Aufgrund ihrer Beeinträchtigung an der rechten Hand komme für sie nur ein Auto mit Startknopf (da sich das Starten mittels Startschlüssel für sie sehr schwierig gestalte) und mit Automatikgetriebe in Frage. Unter Berücksichtigung dieser Ausstattungsvorgaben und dem ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Rahmen sei ein 1er BMW als ideales Auto erachtet worden und nach einem dementsprechenden Auto gesucht worden.
Gleichzeitig seien Informationen betreffend voraussichtlicher Versicherungskosten (Haftpflicht und Kasko) eingeholt worden (der Unterhalt des Autos hätte für sie finanzierbar gewesen sein müssen).

Dabei hätte sich rasch herausgestellt, dass Vertragskonditionen für einen Fahranfänger sehr schlecht seien, manche Versicherungen gar keine Fahranfänger nehmen würden, bzw. gar keine Kaskoversicherung angeboten werde.

Daher sei es in derartigen Fällen sinnvoll bzw. üblich, das Auto nicht auf einen Fahranfänger anzumelden, sondern auf eine andere Person. Somit wäre es als logische Konsequenz naheliegend, dass ihr Auto aus diesen Überlegungen auf ihre Mutter angemeldet werden müsse. Außerdem sei es ja so, dass nach einigen Jahren die Bonus-Malus-Stufe zwischen Familienangehörigen übertragen werden könne und sich somit auch in dieser Hinsicht keine Nachteile ergeben würden.
Es sei ein passender BMW gekauft worden.
Die Kaufsabwicklung sei - unter Berücksichtigung der Versicherungsmathematik - in der Art und Weise erfolgt, dass ihre Mutter im Kaufvertrag (also nach außen hin) als Käuferin (stellvertretend für sie) aufgetreten wäre. Würde sie als Käuferin aufgetreten sein, dann hätte wiederum für die Möglichkeit einer kostengünstigen Versicherung ein "interner Kaufvertrag" zwischen ihr und ihrer Mutter geschlossen werden müssen. Ein derartiges Vorgehen würde alles nur unnötig verkompliziert haben.
Zwischen ihrer Mutter und ihr wäre immer klar gewesen, dass der BMW ihr Auto sei. Dazu lege sie eine Erklärung bei, in der ihre Mutter bestätige, dass der BMW immer ihr Eigentum gewesen wäre und die gewählte Vorgangsweise iZm der Anmeldung nur aus den oben angeführten Überlegungen betreffend Versicherung gewählt worden wäre.
Sämtliche Aufwendungen für den BMW seien von ihr bezahlt worden.
Im Kaufvertrag 2019 scheine - analog zur Zulassung - ihre Mutter als Verkäuferin auf. Der Verkaufserlös wäre natürlich ihr zugeflossen.
Aus dem Teilauszug des Zulassungsscheines des BMW sei ersichtlich, dass im Zulassungsschein vermerkt sei, dass der Antragsteller für die Zulassung Besitzer sei, aber der Zulassungsschein keinen Eigentumsnachweis darstelle.
Rechtlich sei die Vorgangsweise iZm ihrem BMW als Treuhandschaft iSd § 24 Abs. 1 lit. c BAO zu beurteilen, welche im Zuge der Beschwerde offen gelegt worden wäre.
Beigelegt wurde eine Erklärung der Mutter der Beschwerdeführerin vom wie folgt:
"Hiermit erkläre ich, dass das gegenständliche Auto seit der Anschaffung im Oktober 2016 im Eigentum meiner Tochter gestanden ist.
Einzig aus Kostenüberlegungen bezüglich der Versicherung wurde der BMW auf mich zugelassen. Hierbei habe ich meiner Tochter einzig eine Hilfestellung geleistet.
Auch der Verkaufserlös 2019 ist selbstverständlich meiner Tochter (da es ihr Auto war bzw. ist) zugeflossen.
Ich habe zu keiner Zeit am Eigentum der Beschwerdeführerin gezweifelt bzw. mich niemals als Eigentümerin des BMW gefühlt. Ganz im Gegenteil, der BMW war immer das Auto der Beschwerdeführerin und wurde auch als solches bezeichnet."
Beigelegt wurde zudem die Rechnung vom das gegenständliche Fahrzeug betreffend, lautend auf die Mutter der Beschwerdeführerin, sowie der Verkaufsvertrag vom , wonach die Mutter der Beschwerdeführerin als Verkäuferin aufscheint.

Mit Schreiben vom wurden obige Ermittlungsergebnisse der Amtspartei zur Stellungnahme übermittelt.

Mit Schreiben vom wurde unter anderem wie folgt geantwortet:
Die bisherige Rechtsansicht iSd LStR 2002 , Rz 849, bleibe unverändert aufrecht. Anhand der vorgelegten bzw. nachgereichten Unterlagen könne das Vorliegen eines Eigentums der Mutter der Beschwerdeführerin am gegenständlichen PKW nicht ausgeschlossen werden. Folglich könne der Freibetrag des § 3 Abs. 1 der VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl.Nr. 303/1996, nicht zur Anwendung gelangen.

Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt

Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 Eigentümerin iSd § 3 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 des von ihr benutzten Kraftfahrzeuges gewesen ist.
Das Fahrzeug wurde im Jahr 2016 von der Mutter der Beschwerdeführerin erworben und auf diese zugelassen. Im Jahr 2019 wurde es ebenfalls von der Mutter der Beschwerdeführerin verkauft.
Die Aufwendungen für den Betrieb des Fahrzeuges wurden von der Beschwerdeführerin getragen.
Schriftliche Vereinbarungen über die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Fahrzeug wurden nicht abgeschlossen.
Mündlich wurde vereinbart, dass die Mutter nach außen hin als Käuferin auftreten und auch die Zulassung auf ihren Namen erfolgen soll, um eine günstigere Versicherungsprämie zu lukrieren. Detaillierte Vereinbarungen die Nutzung, den Verbrauch, die Belastung oder auch die Veräußerung betreffend wurden nicht abgeschlossen.
Dass die Beschwerdeführerin die Befugnis gehabt hätte, ihre Mutter oder Dritte von der Nutzung des Fahrzeuges auszuschließen, wurde nicht einmal behauptet. Dass die Beschwerdeführerin das Risiko von Wertsteigerungen oder Wertminderungen getragen hätte, ist dem Vorbringen nicht zu entnehmen.
Das behauptete Treuhandverhältnis konnte werde durch schriftliche, noch mündliche Vereinbarungen belegt werden. Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass es sich dabei um eine reine Schutzbehauptung handelt.

Rechtliche Begründung

Nach § 3 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 ist für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel aufgrund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen.

Unstrittig ist die Beschwerdeführerin nicht zivilrechtliche Eigentümerin des Fahrzeuges. Eingewendet wird das Vorliegen von wirtschaftlichem Eigentum.

Nach Jakom12, § 35, Rz 24, genügt wirtschaftliches Eigentum. Steht das Fahrzeug jedoch im Eigentum eines Familienangehörigen, kann der Pauschbetrag nicht angewendet werden, auch nicht bei ausschließlicher Nutzung und voller Kostentragung (siehe auch die dort angeführte Judikatur).

Gemäß § 24 Abs. 1 lit d BAO werden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet.

Wirtschaftlicher Eigentümer ist idR der zivilrechtliche Eigentümer. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen auseinander, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, wie insbesondere Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, geltend machen kann (Ritz, BAO6, § 24, Rz 3). Das Vorliegen der Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen (; ).
Wie auch der VwGH (, 89/13/0098) ausgeführt hat, übt die Herrschaft gleich einem Eigentümer derjenige aus, der auf Dauer die tatsächliche Herrschaft auszuüben in der Lage und imstande ist, andere von der Verfügungsgewalt und der Nutzung auszuschließen.
Von Bedeutung ist insbesondere auch, wer die Chance von Wertsteigerungen und das Risiko von Wertminderungen trägt ().

Die Tragung sämtlicher Kosten führt nicht zum wirtschaftlichen Eigentum der Beschwerdeführerin (). Weder eine Veräußerung, noch eine Belastung des Fahrzeuges ist möglich, da sie nicht über die notwendigen Papiere verfügt. Dass die Beschwerdeführerin Dritte von der Nutzung ausschließen kann, wurde weder behauptet, noch findet sich darüber eine Vereinbarung.
Auch betreffend Gebrauch, Verbrauch, Wertrisiko, Veränderung, Belastungs- oder Veräußerungsmöglichkeit fehlen - schriftliche und mündliche - Vereinbarungen.
Es gibt keine Anhaltspunkte für ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum.

Auch vom wirtschaftlichen Eigentum der Beschwerdeführerin am gegenständlichen Fahrzeug kann daher nicht ausgegangen werden.

Es liegt kein eigenes Kraftfahrzeug iSd § 3 Abs. 1 der VO über außergewöhnliche Belastungen BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 vor, weshalb der beantragte Freibetrag nicht zusteht.
Der Beschwerde war folglich im Sinne der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob wirtschaftliches Eigentum der Beschwerdeführerin am gegenständlichen Fahrzeug vorliegt, ist eine auf Ebene der Sachverhaltsermittlung zu lösende Tatfrage, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 24 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100665.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at