Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.06.2020, RV/7101479/2012

Kann durch Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB als Zahlung für einen Dritten die Darlehensgläubigerposition begründet und mit dem Darlehensnehmer ein Darlehensvertrag abgeschlossen werden? (§ 33 TP 8 GebG Rechtslage vor dem 1.1.2011)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.DDr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Erfassungsnummer ***1***, Steuernummer ***BF1StNr1*** Rechtsgebühren (Darlehensgebühr/Ersatzbeurkundung) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittige Punkte

Kann durch Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB als Zahlung für einen Dritten die Darlehensgläubigerposition begründet und mit dem Darlehensnehmer ein Darlehensvertrag abgeschlossen werden?

Verfahrensgang

1.1. Verfahren vor dem Finanzamt

Nach der Niederschrift vom über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung - Gesellschaftsteuer bei der Bf. stellte das Prüfungsorgan des Finanzamtes fest, dass der Bf. von der ***2*** während ihrer Zeit als Gesellschafterin ein Darlehen in Höhe von 31,800.669 Euro gewährt wurde. Die Bf. wies das Darlehen auf dem Konto Nr. 331010 als "Loan ***3*** Group" aus. Über das Gesellschafterdarlehen wurde keine Urkunde errichtet. Das Gesellschafterdarlehen wurde dem Finanzamt nicht angezeigt.

Mit E-Mail vom teilte die Bf. mit, dass keine erstmalige Aufnahme in die Bücher der Bf. vorliege, da diese Verbindlichkeiten bereits aus Sicht der Bf. vor dem Anteilserwerb durch die ***2*** bestanden hatten. Es liege keine Novation, sondern bei dem Neugläubiger ***2*** eine notwendige Zession gemäß § 1422 ABGB vor, weshalb keine Gebührenpflicht entstand.

Mit Gebührenbescheid vom setzte das Finanzamt die Gebühr "für das Gesellschafterdarlehen der ***2*** vom " gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 GebG gegenüber der Bf. als Darlehensnehmerin fest (Wert der dargeliehenen Sache 31,800.669,00 x 0,8% = 254.405,35 Euro). In der Begründung schrieb das Finanzamt, dass das Gesellschafterdarlehen der ***2*** in die Bücher und Aufzeichnungen der Bf. aufgenommen worden sei, womit die Gebührenschuld entstehe. Eine Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB liege nur vor, wenn jemand die Schuld eines Anderen, für die er nicht haftet, bezahlt, und vor oder bei der Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangt. Die Forderungseinlösung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Gläubigers.

Fristgerecht wurde dagegen Berufung/Beschwerde erhoben. Die Bf. beantragte die Aufhebung des Gebührenbescheides. Die ***2*** habe im Jahr 2007 Anteile an der Bf. erworben. Es sei jedoch zu keinem Abschluss von Darlehensverträgen zwischen der ***2*** und der Bf. gekommen. Im Zuge des Anteilserwerbsvorganges im Jahr 2007 habe die ***2*** Verbindlichkeiten der Bf. gegenüber der ***4*** in Höhe von 19,080.000 Euro und gegenüber der ***5*** in Höhe von 12,720.669 Euro, ds insgesamt 31,800.669,00 Euro, übernommen und diese Verbindlichkeiten für die Bf. bezahlt. Die ***2*** habe von den beiden Gläubigern (***4*** und ***5***) die Abtretung der Forderungen gegenüber der Bf. verlangt und sind deshalb diese Forderungen auf diese übergegangen. Zwischen der Bf. und der ***2*** sei eine Verzinsung und Tilgung bis 2008/2009 vereinbart worden. Dadurch habe die ***2*** diese Forderungen nicht aufgrund von Darlehensverträgen mit der Bf., sondern durch ex lege Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB erworben.

Weiters beantragte die Bf. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat.

Auf Grund eines Ersuchens des Finanzamtes vom übermittelte die Bf. eine deutsche Übersetzung des im Dezember 2006 geschlossenen "Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets", des "Anteilskaufvertrages".

Das Finanzamt legte die Berufung/Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung der Rechtsmittelinstanz (damals noch Unabhängiger Finanzsenat) vor, was nach der damaligen Rechtslage noch möglich war. Das Finanzamt beantragte, die Berufung/Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Das Finanzamt ging davon aus, dass die ***2*** die Verbindlichkeiten im Jahr 2007 im Zuge des Erwerbes der Anteile an der ***6*** übernommen habe und für die ***6*** diese Verbindlichkeiten bezahlt habe und durch die Aufnahme in die Bücher und die Erläuterungen klar und eindeutig beurkundet sei, dass es zu einer Überlassung der ursprünglichen Darlehensvaluta als neues Gesellschafterdarlehen gekommen sei.

1.2. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht

1.2.1. Stellungnahme der Bf. vom

In der Stellungnahme erklärte die Bf. unter Bezugnahme auf die auf Grund des Ersuchens des Finanzamtes vom von der Bf. vorgelegte deutsche Übersetzung des "Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets", des "Anteilskaufvertrages" vom Dezember 2006, und zwar dezidiert auf die Punkte 7.1.1. und 7.1.2., neben der Wiederholung des bisherigen Vorbringens Folgendes:

"Aufgrund des Wortlautes dieser Vereinbarung sowie der weiteren im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Kontoauszüge über die Rückführung der Verbindlichkeiten, ist unseres Erachtens zweifelsfrei dargelegt, dass es zu keinem Neuabschluss von Verträgen sondern zu einem Forderungsübergang kraft Gesetzes gekommen ist. Die einzige vertragliche Regelung ist der genannte Vertrag zwischen der ***7*** (Verkäufer) und der ***8*** sowie ***9*** (Käufer). Eine Vereinbarung, die die Annahme einer rechtsgeschäftlichen Forderungsabtretung rechtfertigen würde, besteht nicht."

Da die Berufung am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig war, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

1.2.2. Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom

Mit Vorhalt vom hielt das Bundesfinanzgericht der Bf. und dem Finanzamt den bisherigen Verfahrensgang und den erhobenen Sachverhalt vor und teilte unvorgreiflich der Entscheidung durch den Senat die vorläufige Ansicht des Berichterstatters mit (auszugsweise Wiedergabe):

"Vorweg ist zu bemerken, dass hier nach Ansicht des Berichterstatters ein Wechsel auf Seiten der Gläubiger der Rechtsvorgängerin der Bf., nämlich der ***6***, in Folge des Erwerbes sämtlicher Aktien an der ***10*** mit durch die ***11*** auf Grund eines Kaufvertrages vom Dezember 2006 zwischen ***12*** und ***13*** als Verkäuferinnen und der ***2*** als Verkäuferin gegenständlich ist. In diesem Zusammenhang wurde lt. Aktenlage ein verzinslicher Kredit der ***4*** in Höhe von € 19.080.000,00 mit und ein nachrangiges unverzinsliches Konzerndarlehen der ***14*** in Höhe von € 12.720.699,00 in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Erwerb der Aktien (lt. Kaufvertrag mit Abschlussdatum), jedenfalls vor dem Zeitpunkt der Aufstellung des geänderten Jahresabschlusses ***10*** für das 2006, also jedenfalls vor dem , durch die ***2*** getilgt.

Die Angaben der Bf. zum Sachverhalt scheinen daher nicht ohne Weiteres verständlich.

Wenn die Bf. nun behauptet es sei bei Bezahlung der Verbindlichkeiten die Abtretung der Forderungen verlangt worden, so stellt sich die Frage wie und in welcher Form ein solches Verlangen rechtswirksam erfolgt sein sollte. Aus Pkt. 7.1. des Kaufvertrages vom Dezember 2006 auf welchen sich die Bf. in diesem Zusammenhang beruft, erschließt sich jedenfalls das Gegenteil. Die Vereinbarung über die Freigabe der Sicherheiten spricht gegen eine Forderungseinlösung nach § 1422 ABGB . Weiters stellt sich die Frage nach der Umsetzung der Forderungseinlösung des unverzinslichen nachrangigen Darlehens, wozu um detaillierte Darstellung der Vertragsverhältnisse vor und nach der behaupteten Forderungseinlösung und der Vorlage der in diesem Zusammenhang errichteten Urkunden einschließlich des Schriftverkehrs und der Zahlungsbelege in Kopie sowie um Vorlage einer Kopie des vollständigen Jahresabschlusses der ***15*** des Jahres 2007 samt Beilagen etc. ersucht wird. Worauf ist der Unterschied zwischen der Höhe der Forderung zum Zeitpunkt der Umbuchung () und zum zurückzuführen? Lt. Jahresabschluss 2006 betrugen die nachrangigen Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen € 10.220.669,00. Wie wurde der Einlösungsbetrag im Hinblick auf den vom Nennwert wohl abweichenden Barwert des nachrangigen und unverzinslichen Konzerndarlehens bestimmt?

In der E-Mail der Bf. vom behauptete die Bf., dass die Verbindlichkeiten als solche nach der notwendigen Zession eine Verzinsungs- und Rückzahlungsvereinbarung wie vorher aufweisen würden. In der Berufung wie in der nachträglichen Stellungnahme erklärte die Bf., die ***16*** [gemeint wohl: die ***2***] und die ***10*** hätten eine Verzinsung dieser Forderung und eine Tilgung bis spätestens April 2008 bzw. April 2009 vereinbart, was jedenfalls für eine Darlehensvereinbarung spricht.

Letztlich spricht auch die Aufnahme in die Bücher als "Loan ***3*** Group" für eine Darlehensvereinbarung zwischen der ***2*** und der ***10***.

Ein Darlehen kann auch durch Zahlung einer Schuld des Darlehensnehmers an seine Gläubiger gewährt werden (vgl. 8 Ob A 84/11b; ; RIS-Justiz RS0019277; RS0119134) bzw. als Vereinbarungsdarlehen (vgl. ; RIS-Justiz RS0019381).

Bemerkt wird, dass die Bf. bzw. ihre steuerliche Vertretung in der Stellungnahme zum Vorlagebericht dem Vermerk des FAGVG, wonach die steuerliche Vertretung über keine Zustellvollmacht verfüge, nicht entgegengetreten ist, sodass vorbehaltlich einer gegenteiligen Erklärung von der Richtigkeit dieser Aussage auszugehen ist."

Das Finanzamt legte die angeforderten Unterlagen vor.

1.2.3. Stellungnahme der Bf. vom

Die Bf. legte dar, dass der Kreditvertrag als solcher unverändert blieb. Eine geänderte Tilgungsvereinbarung und die Anpassung an aktuelle Zinssätze bzw. das Vorsehen einer Verzinslichkeit gegenüber einem neuen Gläubiger können dem Vorliegen einer gesetzlichen Zession nicht entgegenstehen. Es könne nicht verlangt werden, dass der neue Gläubiger die Konditionen des Altgläubigers auch unter veränderten Bedingungen, was Zinsniveau, Restlaufzeit, Eingliederung in den Konzern mit unterschiedlicher Bonität unverändert fortführe. Eine Eingliederung in einen neuen Konzern stelle stets einen validen Grund dar, das unternehmens- sowie steuerrechtliche Stetigkeitsprinzip zu durchbrechen.

Die Zahlung der Zessionsvaluta als erste Voraussetzungen für das Vorliegen einer notwendigen Zession sei unstrittigerweise erfolgt. Die zweite Voraussetzung für das Vorliegen einer notwendigen Zession, das Einlösebegehren, könne auch schlüssig erfolgen, entsprechend der Verkehrssitte könne sich die Schlüssigkeit auch durch den Zahlungsakt selbst ergeben (unter Verweis auf ). In Punkt 7.1.1. und 7.1.2. der deutschen Übersetzung des Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets vom Dezember 2006 sei die Einlösung vereinbart und könne § 1422 ABGB nur konsequente Rechtsfolge sein.

Die Aufgabe der Pfandrechte und Sicherheiten des Bankkredites im Zusammenhang mit der Tilgung der Schuld durch die Aktienkäuferin sei weder im Widerspruch zu § 1422 ABGB , noch Indiz für den Abschluss eines Darlehensvertrages. Abgesehen davon handle es sich weder beim Bankkredit, noch beim "Großmutterdarlehen" um ein Darlehen, sondern um einen Kreditvertrag als Konsensualvertrag.

Weiters legte die Bf. einen unternehmensinternen Aktenvermerk über die Forderungen der ***2*** gegenüber der ***6*** vom vor, in welchem ein Zins- und Rückführungsszenario vereinbart wurde.

Übergang der Zuständigkeit auf die Gerichtsabteilung 1005: Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Rechtssache wegen Verhinderung gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der (unbesetzten) Gerichtsabteilung 1034 abgenommen und der Gerichtsabteilung 1005 zur Bearbeitung zugeteilt.

2. Beweiserhebungen durch das Bundesfinanzgericht

Beweis durch das Bundesfinanzgericht wurde erhoben,

- durch Einsicht in die im Papiermedium vorgelegten Teile der Finanzamtsakten und in die dort einliegenden Außenprüfungsunterlagen

- durch Einsicht in die vom Finanzamt und der Bf. weiteren vorgelegten Schriftstücke und Urkunden, insbesondere in das Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets vom Dezember 2006 in Englisch und in deutscher Übersetzung, einliegend im Finanzamtsakt

- durch Einsicht in das Firmenbuch der Bf. ***6***,

- durch Einsicht in den Jahresabschluss 2006 Beilagen III/5 und IV/1 und in den Umwandlungsvertrag vom der ***6***

- durch Einsicht in das Firmenbuch der ***17***

- durch Einsicht in den Jahresabschluss zum zum der ***17***

- durch Einsicht in das Firmenbuch der ***18***

- durch Einsicht in das Firmenbuch der ***19***.

- durch Vorbereitungsvorhalt/für den Fall der Zurückziehung der Anträge mündliche Verhandlung und Senat/ vom

Der Bf. und dem Finanzamt wurde der Vorbereitungsvorhalt zur mündlichen Verhandlung/für den Fall der Zurückziehung der Anträge mündliche Verhandlung und Senat Vorhalt der beabsichtigten Entscheidungvom mitgereicht, und beiden Parteien die Möglichkeit gegeben, dazu eine schriftliche Stellungnahme abzugeben oder weitere Beweismittel zu nennen.

Das Finanzamt teilte mit Schreiben vom dem Bundesfinanzgericht mit, keine weitere Stellungnahme abzugeben.

Die Bf. zog mit Schreiben vom , eingelangt am , die Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat zurück. Die Bf. gab keine Stellungnahme ab.

3. Sachverhalt

3.1. Zur Person der Bf.

Die Bf., die ***6***, wurde 1997 errichtet.

Mit Kaufvertrag vom Dezember 2006 erwarb die ***2*** 100% der Aktien an der Bf. von der ***12*** 85,3% und der ***20*** 14,7% (Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets). Am wurde dieser Erwerb von 100% Aktien an der Bf. durch die ***2*** bekanntgegeben, am erteilte die Bundeswettbewerbsbehörde dazu ihre Zustimmung (Jahresabschluss 2007 ***17***.

Mit Aktienkaufvertrag vom verkaufte die ***2*** an die ***21*** (ab ***22***, ab ***19***) als Käuferin 100% Aktien an der Bf.

Am wurde die ***23*** errichtet. Alleingesellschafterin war die ***24***. Die ***23*** war Komplementärin der ***17***, Kommanditistin war die ***24***.

Mit Umwandlungsvertrag vom übertrug die ***25*** AG (FN ***36***) über errichtende Umwandlung gemäß § 5 UmwG ihr Unternehmen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Ausschluss der Liquidation auf die errichtete Personengesellschaft, die ***17***. Die ***6*** wurde dadurch aufgelöst und gelöscht.

Mit Verschmelzungsvertrag vom wurde die ***23*** als übertragende Gesellschaft mit der ***24*** als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Damit fiel die ***23*** als vorletzte Gesellschafterin der ***17*** weg. Da die ***17*** nicht nur mit einem Gesellschafter bestehen kann, kam es zur automatischen Übertragung ihres Vermögens im Wege der Anwachsung gemäß § 142 UGB auf die ***24***. Die ***17*** erlosch ohne Liquidation.

In der außerordentlichen Hauptversammlung der ***24*** vom wurde beschlossen, ihren Firmenwortlaut in ***19*** umzuändern.

Rechtsnachfolgerin der ***6*** ist daher die ***19***, und damit Bf.

3.2. Zur Person der ***18***

Die Gesellschaft wurde 1996 errichtet.

Sie ist Alleingesellschafterin der ***21*** (ab ***22***, ab ***19***).

Mit Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets von Dezember 2006 kaufte sie unter anderem 100% Aktien der Bf. Sie war im Zeitraum Dezember 2006/ bis Alleingesellschafterin der Bf. (in Form der ***6***).

Mit Aktienkaufvertrag vom verkaufte die ***2*** 100% Aktien an der Bf. an die ***24***.

3.3. Forderungseinlösung/Gesellschafterdarlehen

Im Dezember 2006 wurde ein Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets (in Übersetzung: Vertrag über den Verkauf und Kauf bestimmter Vermögenswerte und Aktien) abgeschlossen. Darin verkauften - unter anderem - die ***12*** 85,3% und die ***20*** 14,7% ihrer Anteile, ds 50.000 Stückaktien, darunter auch an der Bf., an die ***2***. Die ***2*** verpflichtete sich in Punkt 3.1. ein Gesamtentgelt abzüglich der Finanzschulden zu leisten.

Pkt. 7.1. lautet in der von der Bf. vorgelegten deutschen Übersetzung auszugsweise wie folgt:

"7.1. Am Abschlussdatum:

7.1.1. wird der Käufer für ***10*** das ***4***-Darlehen zurückzahlen, wobei die Verkäufer schriftlich die Zustimmung von ***25*** zu dieser Rückzahlung und schriftlich eine Erklärung der ***4*** vorlegen werden, dass ***4*** gegen die Rückzahlung des ***26*** Darlehens in der von ***4*** bekannt gegebenen Höhe zugleich alle Pfandrechte und Sicherheiten des ***4*** Darlehens freigeben wird; und

7.1.2. wird der Käufer für die Gesellschaften alle konzerninternen Schulden der relevanten Gesellschaften zurückzahlen, wobei die Verkäufer schriftlich die Zustimmung durch die Gesellschaften zu diesen Rückzahlungen und eine Erklärung der Verkäufer vorgelegt werden, wonach mit dem Empfang der Zahlung alle diese konzerninternen Schulden vollständig zurückgezahlt und endgültig abgerechnet sind; ….."

Lt. den Definitionen des Vertrages bedeutet "Abschlussdatum" den Tag drei Geschäftstage nach jenem Tag (nicht später als das Long-Stop-Datum), an dem die Bedingungen erfüllt sind.

"Long-Stop-Datum" bedeutet den Tag sechs Monate und eine Woche nach dem Unterzeichnungsdatum.

Pkt. 11.1 "Freigabe von Sicherheiten" lautet wie folgt:

"11.1.1. Der Käufer stimmt zu, sich nach Kräften um die Sicherstellung oder Gewährleistung der Entlastung der Verkäufer von allen Verbindlichkeiten und Eventualverbindlichkeiten gemäß oder im Hinblick-auf alle Sicherungsrechte, Garantien, Entschädigungen, Obligationen, Zusicherungen, Akkreditive oder Patronatserklärungen eines Verkäufers oder mit verbindlicher Wirkung für einen Verkäufer im Zusammenhang mit einer Verbindlichkeit der Gesellschaften beim Abschluss oder sobald danach möglich, zu bemühen.

11.1.2. Die Verkäufer stimmen zu, sich nach Kräften um die Sicherstellung oder Gewährleistung der Entlastung jeder Gesellschaft von allen Sicherungsrechten, Garantien, Entschädigungen, Obligationen, Zusicherungen, Akkreditive oder Patronatserklärungen der Gesellschaft oder mit verbindlicher Wirkung für diese im Zusammenhang mit einer Verbindlichkeit eines Verkäufers zu bemühen."

Nach dem Jahresabschluss 2006, erstellt , der ***6***, Beilagen III/5 und IV/1 wurde unter dem Posten "Nachrangige Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen" ein nachrangiges und unverzinsliches Darlehen der Konzernmuttergesellschaft ***14*** ausgewiesen. Zum Zeitpunkt der Aufstellung des geänderten Jahresabschlusses, zum , wurden das nachrangige Darlehen gegenüber den "alten Eigentümern" und die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten bereits vollständig vom neuen Eigentümer, der ***2***, rückgeführt. Lt. der Bilanz zum betrugen die "Nachrangigen Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen" 10.220.669,00 Euro und die "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" 21.948.735,66 Euro.

Nach den dem Finanzamt übersendeten Zahlungsbelegen in Kopie dürften die genannten Positionen am von der ***2*** bezahlt worden sein.

Nach dem Jahresabschluss 2007 der ***17***, Seite 11 bis 12, wurden die nachrangigen Verbindlichkeiten, die gegenüber der "***27***" Gruppe bestanden, sowie die bei der ***4*** aufgenommenen Kredite, die unter Finanzverbindlichkeiten zum ausgewiesen wurden, im Zuge dieses Verkaufsprozesses von der Käuferin, der ***2*** rückgeführt, bzw. mit dem Kaufpreis verrechnet. "Die Aufnahme von Krediten bei der ***2*** führte zu einer Erhöhung der Finanzverbindlichkeiten."

Im Rahmen einer Schlussbesprechung am bei der Bf. wurde vom Finanzamt festgestellt, dass die ***6*** am von der ***2*** erworben worden sei und mit Schulden ***6*** in Höhe von 31.800.669,00 Euro (19.080.000,00 Euro aus einem Kredit der ***4*** ("***28***") und 12.720.699,00 Euro aus einem Großmutterdarlehen) auf ein Darlehen der ***2*** umgeschuldet worden sei, womit die ***2*** der ***6*** während ihrer Zeit als Gesellschafterin ein Darlehen gewährt habe, welches auf dem Konto Nr. 331010 als "Loan ***3*** Group" ausgewiesen wurde.

Dynamische Darstellung: Aus den vom Finanzamt nachgereichten Außenprüfungsunterlagen, sowie der E-Mailkorrespondenz zwischen dem Finanzamt und der Bf. (E-Mail der Bf. vom und vom ) geht hervor, dass in der Buchhaltung der Bf. vom Konto 331000 (***29***) der Betrag von 12,720.669,00 Euro am auf das Konto 331010, und vom Konto 333003 (***28***/Kredit Akq. ***30***) der Betrag von 19,080.000 Euro, ebenfalls am auf das Konto 331010 umgebucht wurde. Nach dem Umbuchungsbeleg wurden am 31,800.669,00 Euro auf das Konto 331010 "UB Loan ***31*** Group" gebucht.

Das Konzernverbindlichkeiten-Konto 331010 führte vor der Umstellung im Kontenplan die Bezeichnung "Loan ***3***". Die Umschuldung mit Datum wurde in den Büchern der ***6*** dergestalt erfasst, dass ein Betrag in Höhe von 12.720.669,00 Euro (Text: "UB Nachrangiges Darlehen ***27*** Group") vom Konto 331000 und ein Betrag von 19.080.000,00 Euro (Text: "UB Tilgung ***32*** Kredit") vom Konto 333003 zusammen in einem Betrag in Höhe von 31.800.669,00 Euro auf das Konto 331010 (Text: "UB Loan ***3*** Group") umgebucht worden ist. Dazu liegt neben einer Kopie des bezughabenden Umbuchungsbeleges "U80548" ein Auszug aus dem Konto 331010 über den Zeitraum bis mit der Bezeichnung "Loan ***3*** Group" mit folgenden Kontoständen ein:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
07/04/30
07/04/30
07/04/30
07/05/29
07/06/30
07/06/30
07/08/30
Habensaldo :
-- " --
-- " --
-- " --
-- " --
-- " --
-- " --
€ 31.800.699,00
€ 31.886.641,27
€ 31.884.153,91
€ 32.584.153,91
€ 31.884.153,91
€ 32.134.153,91
€ 25.836.221,82
Text :
-- " --
-- " --
-- " --
-- " --
-- " --
-- " --
UB Loan ***31*** Group
Zinsen ***32*** Kredit 04/07
Ausb. Zinsen ***32*** 04/07
Gutschrift ***33***
UB ***33*** Gesellschaft Loan
UB Rückzlg. an ***27*** Group
Rücküberw. Loan ***33***

Weiters liegt eine Kopie eines Beleges über eine Überweisung eines Betrages von € 19.163.905,41 vom von ***2*** an ***34***/***27*** mit dem Verwendungszweck "Rückzahlung des ***27*** Kredites"ein.

Die Bf. übersendete den Beleg vom über die Zahlung von 31,730.762,39 Euro an die ***12***. In der beigelegten Aufstellung über die Zusammensetzung dieser Zahlung entfallen davon 12,971,000 Euro auf die Bf.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

4. Gesetzliche Bestimmungen

4.1. Gebührengesetz 1957 in der maßgeblichen Fassung

§ 15 Abs. 1 GebG 1957 bestimmt, dass Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig sind, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.

Nach § 17 Abs. 1 GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

§ 17 Abs. 2 GebG 1957 bestimmt: Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 GebG 1957 idF vor dem unterliegen Darlehensverträge einer Gebühr von 0,8% vom Wert der dargeliehenen Sache.

Gemäß § 33 TP 8 Abs. 4 GebG 1957 idF vor dem gelten die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in welche das Darlehen aufgenommen wurde, als Urkunde, wenn über das Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft, die den Ort ihrer Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat, keine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise errichtet wurde. Der Darlehensschuldner hat die Gebühr selbst zu berechnen und innerhalb von drei Monaten nach dem Entstehen der Gebührenschuld bei dem Finanzamt, in dessen Amtsbereich sich die Geschäftsleitung des Darlehensschuldners befindet, zu entrichten. Ein Auszug aus den Büchern oder Aufzeichnungen ist innerhalb derselben Frist an dieses Finanzamt zu übersenden. Die Übersendung gilt als Gebührenanzeige gemäß § 31 GebG 1957.

4.2. Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch

§ 1422 ABGB lautet: Wer die Schuld eines anderen, für die er nicht haftet (§ 1358), bezahlt, kann vor oder bei der Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen; hat er dies getan, so wirkt die Zahlung als Einlösung der Forderung.

5. Erwägungen

Es geht im gegenständlichen Fall um Vorgänge aus dem Jahr 2007. Bis abgeschlossene Darlehensverträge sind mit 0,8% vom Wert der dargeliehenen Sache zu vergebühren (BudBG 2011, BGBl. I 2010/111). Mit dem Begriff "Darlehensverträge" rekurriert das Gebührengesetz auf das Zivilrecht. Der Darlehensvertrag war zum damaligen Zeitpunkt im ABGB noch als Realvertrag geregelt und kam wirksam mit der Übergabe der Darlehensvaluta zustande. Die Änderung in einen Konsensualvertrag erfolgte erst mit dem Darlehens- und Kreditrechtsänderungsgesetz BGBl. I 2010/28, Inkrafttretensdatum . Die Vereinbarung einer Laufzeit bzw. eines Rückzahlungstermines ist nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Darlehensvertrages. Die Urkunde muss gerade die Einräumung eines Darlehens enthalten. (Frotz/Hügel/Popp, Kommentar zum Gebührengesetz § 33 TP 8 B I 1).

Wurde über ein Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft keine Urkunde errichtet, sondern dieses nur in die Buchhaltung aufgenommen, so ordnete § 33 TP 8 Abs. 4 GebG 1957 an, dass die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in welche das Darlehen aufgenommen wurde, als Ersatzurkunde gelten sollten. (vgl. ; ). § 33 TP 8 Abs. 4 GebG 1957 stellt eine Spezialbestimmung zu § 15 Abs. 1 GebG 1957 dar, wonach Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig sind, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird.

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur GebG -Novelle 1976 (338 BlgNR 14. GP) gilt "der Ausweis eines Gesellschafterdarlehens in den nach abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Büchern und Aufzeichnungen der Gesellschaft […] als Beurkundung, da diese Bücher und Aufzeichnungen grundsätzlich geeignet sind, über die Zuzählung des Darlehens Beweis zu erbringen und daher häufig infolge des Naheverhältnisses des Gesellschafters zu seiner Gesellschaft von der Errichtung einer förmlichen Urkunde abgesehen wird".

Im Rahmen der Außenprüfung bei der Bf. beurteilte das Finanzamt den Buchungsbeleg mit dem Buchungsdatum 12,720.669,00, UB Nachrangiges Darlehen der ***27*** Group (Konto 331000) und 19,080.000,00 UB Tilgung ***32*** Kredit (Konto 333003) Betrag zusammen 31,800.669,00 UB "Loan ***3*** Group" (Konto 331010) als Ersatzurkunde über ein Gesellschafterdarlehen gemäß § 33 TP 8 Abs. 4 GebG idFv .

Der Ausweis des Gesellschafterdarlehens in den Büchern und Aufzeichnungen der Gesellschaft gilt grundsätzlich als Beweis über die Zuzählung des Darlehens, womit der Realvertrag "Darlehen" zwischen der Bf. und ***2*** grundsätzlich als zustande gekommen gelten könnte.

Die Bf. bestritt die Gebührenpflicht, da die damalige Alleingesellschafterin der Bf. kein Darlehen gewährt, sondern diese als Dritte ihre Schulden bezahlt habe. Diese Zahlung wirke als Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB . Nicht bestritten wird, dass es die Verbindlichkeiten seitens der Bf. gab, diese seien durch die ***2*** gezahlt worden, wodurch die Forderungen ex lege gemäß § 1422 ABGB auf die neue Gesellschafterin der Bf. übergegangen seien. In Bezug darauf, von wem die Forderungen auf die ***2*** übergegangen sind, sind die Stellungnahmen der Bf. teilweise widersprüchlich, wenn sie in der Berufungs/Beschwerdeschrift sagt, die ***2*** habe von den beiden Gläubigern (***4*** und ***27*** Group Ltd) die Abtretung der Forderungen gegenüber der Bf. verlangt und sind deshalb diese Forderungen auf diese übergegangen, und in den weiteren Stellungnahmen eine Forderungseinlösung gegenüber den beiden Aktienverkäufern aus dem Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets vom Dezember 2006, Punkte 7.1.1. und 7.1.2. moniert.

§ 1422 ABGB behandelt den Fall, dass ein Dritter eine fremde Verbindlichkeit im eigenen Namen erfüllt. Die §§ 1422 f ABGB widmen sich der Zahlung durch einen Dritten, der ursprünglich in das Schuldverhältnis nicht eingebunden war. Leistet ein Dritter, der selbst nicht für die Verbindlichkeiten haftet, die Zahlung mit Einwilligung des Schuldners oder des Gläubigers, - oder auch aufgrund einer speziellen gesetzlichen Befugnis wie § 462 ABGB - so kann er durch eine spätestens gleichzeitig mit der Leistung abgegebene Einlösungserklärung bewirken, dass seine Zahlung die Forderung nicht zum Erlöschen bringt, sondern diese ipso iure inklusive bestehender Sicherheiten auf ihn übergeht. (Beclin in Fenyves/Kerschner/Vonklich, ABGB3 (Klang) § 1422 Rz 2). Weitere Voraussetzung ist, dass der zahlende Dritte selbst für die Schuld nicht haftet. Es muss sich also aus seiner Sicht um eine nicht nur materiell, sondern auch formell fremde Schuld handeln. Keine fremde Schuld iSd § 1422 ff ABGB liegt daher vor, wenn der Dritte gegenüber dem Gläubiger für die Verpflichtung des Schuldners selbst - persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken - haftet. (Beclin in Fenyves/Kerschner/Vonklich, ABGB3 (Klang) § 1422 Rz 3).

Im gegenständlichen Fall erwarb die ***2*** im Dezember 2006 von zwei Verkäufern 100% Aktien der Bf. um einen bestimmten Kaufpreis. In Anrechnung auf den Kaufpreis wurden die Schulden der Bf. aus einem nachrangigen Gesellschafterdarlehen gegenüber den Verkäufern und aus einem Kredit gegenüber der ***4*** übernommen und nach den Unterlagen auch bezahlt. Verkäufer 100% Aktien der Bf. waren die ***12*** und die ***20*** Gläubiger der Verbindlichkeiten der Bf. waren die ***4*** und die ***27*** Group Ltd.

Die ***2*** verpflichtete sich im Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets vom Dezember 2006, Punkte 3.1., 7.1.1. und 7.1.2. zur Zahlung eines Gesamtkaufpreises, auf welchen die Zahlung der streitgegenständlichen Verbindlichkeiten angerechnet wurde.

Verhältnis ***12***/***20***- ***2***: Gegenüber den Verkäufern, ***12*** und ***20***, ist die Zahlung des Kaufpreises und die Übernahme der Schulden auf deren Anweisung keine fremde Schuld iSd § 1422 ABGB , sondern eine eigene Schuld. Hätte die ***2*** sich geweigert, in Anrechnung auf den "Barkaufpreis" nicht die Schulden der Bf. zu übernehmen, hätten ihr die Verkäufer die Aktien der Bf. nicht verkauft. In Bezug zu den Aktienverkäufern hat die ***2*** keine fremde Schuld bezahlt, sondern eine eigene Schuld aus dem Rechtsgeschäft Aktienkaufvertrag, im Verhältnis ***12***/***20*** - ***2*** ist das Tatbestandsmerkmal "fremde Schuld" des § 1422 ABGB nicht erfüllt.

Verhältnis ***4***/***27*** Group Ltd - ***2***: Über Anweisung der Aktienverkäufer der Bf. sollte die ***2*** in Anrechnung auf den Kaufpreis diese Schulden der Bf. bezahlen. Mit ***4***/***27*** Group Ltd hatte die ***2***, aus den vorgelegten Unterlagen ist jedenfalls nichts ersichtlich, keine rechtsgeschäftliche Vereinbarung. In Bezug zu ***4***/***27*** Group Ltd zahlte die ***2*** tatsächlich keine eigene, sondern eine "fremde Schuld", nämlich die der Bf.

Hier dürften die Beschwerdeeinwände ansetzen, es liege kein Neuabschluss eines Gesellschafterdarlehensvertrages zwischen ***2*** und Bf. vor, sondern es sei zu einem Forderungsübergang kraft Gesetzes von den Gläubigern ***4***/***27*** Group Ltd an die ***2*** gekommen.

Den Einwänden ist entgegenzuhalten:

Keine Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB : Aus den vorgelegten Zahlscheinen über die Zahlungen der ***2*** geht eine schlüssige Einlösungserklärung nicht hervor. (Beclin in Fenyves/Kerschner/Vonklich, ABGB3 (Klang) § 1422 Rz 23).

Weiters bleibt im Fall des § 1422 ABGB die Forderung inhaltlich unverändert, insbesondere steht dem Dritten für seinen Regress per eingelöster Forderung keine längere Verjährungsfrist zur Verfügung als dem ursprünglichen Gläubiger. Mit der eingelösten Forderung gehen gemäß § 1422 ABGB auch die Sicherungsrechte auf den Zahler über; Pfandrechte gehen im Augenblick der Zahlung ipso iure ohne zusätzlichen Modus ("automatisch") auf den Einlösenden über. (Beclin in Fenyves/Kerschner/Vonklich, ABGB3 (Klang) § 1422 Rz 30). Der Artikel Tanzer/Weilinger, Zur rechtlichen Konstruktion der österreichischen "Telecom"-Anleihe. Ein Anwendungsfall der Einlösung gem § 1422f ABGB , WBl 11/1995, 441-442, der sich mit gebührenrechtlichen Fragen befasst, führt Literatur an, wonach der Einlösende weiter etwa Zinsen zu jenem Zinssatz verlangen dürfte, der mit dem Altgläubiger vereinbart war.

Der Wortlaut des Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets vom Dezember 2006, Punkte 7.1.1. und 7.1.2., wenn auch nicht zwischen den eigentlichen Gläubigern der Verbindlichkeiten und der ***2*** abgeschlossen, steht einem "automatischen" Übergang der Sicherungsrechte auf die ***2*** eigentlich entgegen. Darin verpflichten sich nämlich die Aktienverkäufer, dass sie schriftlich eine Erklärung der ***4*** vorlegen werden, wonach diese gegen Zahlung durch die ***2*** zugleich alle Pfandrechte und Sicherheiten freigeben wird (Punkt 7.1.1.). Weiters verpflichten sich die Aktienverkäufer, eine schriftliche Erklärung vorzulegen, dass mit dem Empfang der Zahlung von der ***2*** alle diese konzerninternen Schulden vollständig zurückgezahlt und endgültig abgerechnet sind. (Punkt 7.1.2.). Diese Vereinbarungen weisen auf eine Tilgung und nicht auf eine Einlösung hin. Dementsprechend enthält auch der firmeninterne Aktenvermerk vom , der mit der Stellungnahme vom vorgelegt wurde, eine Verzinsungs- und Rückführungsvereinbarung der ***2*** mit der Bf. jeweils ab 25. bzw. , also eine neue Vereinbarung über Verzinsung und Rückführung der Verbindlichkeiten.

Aus der Buchhaltung der Bf. geht eine Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB ebenfalls nicht hervor, sondern eine Umbuchung.

Abschluss eines Darlehensvertrages: Bei Eintragung eines Darlehens in die Bücher (Ersatzbeurkundung) ist zu prüfen, ob zwischen den Vertragsteilen eine Willenseinigung stattgefunden hat, die ein taugliches Titelgeschäft darstellt. (). Bestritten wird im gegenständlichen Fall nicht, dass die Bf. der damaligen Alleingesellschafterin Geld in dieser Höhe schuldete. Bestritten wurde der Abschluss eines Darlehensvertrages. Der Bf. ist jedoch entgegenzuhalten, dass nicht nur die Kontenbezeichnung als "Darlehen" der "***35*** Gruppe", sondern auch ihre Jahresabschlüsse ein Indiz für die Willensübereinstimmung zwischen ihr und der damaligen neuen Alleingesellschafterin bilden. Nach dem Jahresabschluss 2007 ***17***, Seite 11 bis 12, wurden die nachrangigen Verbindlichkeiten, die gegenüber der "***27***" Gruppe bestanden, sowie die bei der ***4*** aufgenommenen Kredite, die unter Finanzverbindlichkeiten zum ausgewiesen wurden, im Zuge dieses Verkaufsprozesses von der Käuferin, der ***2*** rückgeführt, bzw. mit dem Kaufpreis verrechnet. Auf Seite 12 heißt es: "Die Aufnahme von Krediten bei der ***2*** führte zu einer Erhöhung der Finanzverbindlichkeiten." Ein Darlehen kann auch durch Zahlung einer Schuld des Darlehensnehmers an seine Gläubiger gewährt werden (vgl. 8 Ob A 84/11b; ; RIS-Justiz RS0019277; RS0119134) bzw. als Vereinbarungsdarlehen (vgl. ; RIS-Justiz RS0019381). Die für den Realkontrakt Darlehen wesentliche Übergabe der Darlehensvaluta kann auch "im Wege kurzer Hand" erfolgen ().

Weder aus dem Buchungsbeleg vom , noch aus dem Jahresabschluss 2007 samt Lagebericht der Bf. ist zu entnehmen, dass zwischen der Entrichtung des Aktienkaufpreises durch die ***2*** und der Aufnahme des Gesellschafterdarlehens durch die ***2*** an die Bf. in die Buchhaltung ein Automatismus iSd § 1422 ABGB stattfand. Vielmehr zeigt die textliche Gestaltung des Jahresabschlusses 2007 samt Buchhaltung, sowie des Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets vom Dezember 2006, Punkte 7.1.1. und 7.1.2., dass durch die ***2*** einerseits eine Kaufpreiserfüllung stattfand und andererseits sie als neue Gläubigerin der Bf. die Beträge "als Darlehen" überließ.

Der Sachverhalt weist auch nicht aus Sicht der Bf. auf eine Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB , wodurch die ***2*** infolge des § 1422 ABGB -Automatismus Gläubigerin der Bf. wurde, hin:

1. Schritt: Aus dem Agreement for Sale and Purchase of Certain Assets vom Dezember 2006, Punkte 3.1., 7.1.1. und 7.1.2 iVm den Jahresabschlüssen der Bf. geht vielmehr hervor, dass die ***2*** in einem ersten Schritt die Verbindlichkeiten der Bf. gegenüber früheren Gläubigern in Anrechnung auf den Kaufpreis für den Erwerb der Bf.-Aktien, sozusagen als Gegenleistung an beide Aktienverkäufer, beglich. Die Verbindlichkeiten der Bf. waren zwar gegenüber den früheren Gläubigern bereinigt und getilgt, aber für die Bf. waren die Schulden nicht "aus der Welt". Die Bf. schuldete die Zahlungen nun gegenüber ihrer neuen Alleingesellschafterin, aber aus einem neuen Rechtsgrund, dem Gesellschafterdarlehen. (Jahresabschluss 2007 ***17*** Seite 12).

2. Schritt: In einem zweiten Schritt wurde in die Buchhaltung der Bf. nicht die bloße Zahlungsverpflichtung der Bf. gegenüber der neuen Alleingesellschafterin sichtbar gemacht, sondern ausdrücklich ein Gesellschafterdarlehen ausgewiesen, "Loan ***3*** Group" (Konto 331010), in Höhe des bezahlten Nachrangdarlehens und in Höhe des Bankkredites. Die neue Alleingesellschafterin verlangte demnach nicht schlagartig die Zahlung von der Bf., sondern gewährte den Betrag von 31,800.669,00 Euro der Bf. als Darlehen.

Entgegen der Ansicht der Bf., die damalige Alleingesellschafterin habe kein Darlehen gewährt, sondern als Dritte Schulden der Bf., iSe Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB bezahlt, kam es zu einer Neubegründung eines Darlehensvertrages zwischen der Bf. als Darlehensnehmerin und ihrer damaligen neuen Alleingesellschafterin. Eine Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB fand nicht statt. Über das Darlehen wurde keine Urkunde errichtet, sodass der Ersatzbeurkundungstatbestand gemäß § 33 TP 8 Abs. 4 GebG , die Aufnahme in die Bücher und Aufzeichnungen der Darlehensschuldnerin, nach der damaligen Rechtslage zum Tragen kommt.

Aus all diesen Gründen war die Beschwerde abzuweisen.

6. Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 8 Abs. 4 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 8 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise
8 Ob A 84/11b





ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101479.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at