Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2020, RV/7103152/2017

Hausbesorger-Vertreterentschädigungen an die Tochter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Diese bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses:


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Einkommensteuer 2014
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Bezugsauszahlende Stelle
Steuerpflichtige Bezüge (245)
Stadt ***14*** - ***11***
55.667,29 €
Land ***14***
4.882,80 €
***13***
369,77 €
***13***
2.327,30 €
***13***
1.726,56 €
***13***
71,61 €
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte
-25.123,00 €
39.922,33 €


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Gesamtbetrag der Einkünfte
39.922,33 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung (Topf-Sonderausgaben)
-117,86 €
Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988)
-78,30 €
Selbstbehalt
78,30 €
Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 (3) EStG 1988
-99,00 €
Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung
-504,00 €
Einkommen
39.201,47 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs.1 EStG 1988 beträgt:
(39.201,47 - 25.000) x 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,00
11.247,06 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
11.247,06 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
10.902,06 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0 % für die ersten 620,00
0,00 €
6 % für die restlichen 7.000,95
420,06 €
Einkommensteuer
11.322,12 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-19.657,41 €
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988
0,29 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-8.335,00 €
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
Festgesetzte Einkommensteuer
-8.335,00 €
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (Abgabengutschrift)
3.565,00 €
Abgabengutschrift
-4.770,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

In der am elektronisch beim zuständigen Finanzamt eingelangten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2014 machte der Beschwerdeführer (Bf), der seine berufliche Tätigkeit mit "Hausbesorger, Parteimitglied" bezeichnete, nachstehende Beträge als Werbungskosten geltend: Arbeitsmittel (155,00 €), Reisekosten (1.500,00 €) sowie sonstige Werbungskosten (24.963,50 €). Daneben beantragte er - nicht mehr strittige - Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sowie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 % und Diätkosten auf Grund einer Magenerkrankung oder anderen inneren Erkrankung.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt die steuerliche Vertreterin des Bf, Unterlagen zu den erklärten Werbungskosten nachzureichen. Bei mehreren Belegen sei eine Kostenaufstellung (je Aufwandsgruppe) beizulegen. Diese habe neben Datum und Höhe des Aufwandes zusätzlich die Warenbezeichnung bzw. den Verwendungszweck zu enthalten. Um den beruflichen Zusammenhang der Aufwendungen erkennen zu können, werde der Bf außerdem um Bekanntgabe seines Tätigkeitsbereiches laut Arbeitsvertrag ersucht. Vergütungen vom Arbeitgeber oder von Einrichtungen wie z.B. Arbeiterkammer, Land (Bildungskonto) seien anzuführen.

Die steuerliche Vertretung des Bf beantwortete dieses Ergänzungsersuchen elektronisch am .

In der Beilage werde die Kostenaufstellung übersandt. Auf Grund der Klärung vom letzten Jahr sei nur ein Teil der Kosten angesetzt worden, da der Bf für seine Parteitätigkeit kein Fahrtenbuch führe. Im Jahr 2014 hätten die Gesamtkosten seiner Tätigkeit ohne Diäten 4.018,00 € betragen. Davon sei lediglich ein Betrag von 1.500,00 € angesetzt worden; dies halte der Bf für angemessen. Zum Nachweis seiner Tätigkeit werde auch ein Auszug aus dem Internet beigelegt. Die sonstigen Werbungskosten würden Vertretungsentschädigungen im Zusammenhang mit den Hausmeistereinkünften betreffen.

Der Einkommensteuerbescheid 2014 erging am und führte zu einer Nachforderung von 2.778,00 €. Den Ansatz lediglich des Werbungskostenpauschbetrages von 132,00 € begründete das Finanzamt damit, dass der Bf trotz Aufforderung die noch benötigten Unterlagen (Nachweis der Ausgaben betreffend Werbungskosten) nicht beigebracht habe und der Sachverhalt nicht eindeutig habe überprüft werden können.

Nachdem das Finanzamt einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stattgegeben hatte, erging am ein neuer Einkommensteuerbescheid, in welchem Werbungskosten in Höhe von 7.655,00 € (Arbeitsmittel: 155,00 €; Reisekosten: 1.500,00 €; sonstige Werbungskosten: 6.000,00 €) berücksichtigt wurden. Zur Begründung verwies das Finanzamt auf das mit der Vertreterin des Bf geführte Telefonat.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde beanstandete der Bf die nicht mögliche Nachvollziehbarkeit der Berechnungen. Die Werbungskosten und die eigene Behinderung seien nicht bzw. nur teilweise anerkannt worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Sei der Hausbesorger verhindert, seinen Obliegenheiten nachzukommen, habe er gemäß § 17 Abs. 1 Hausbesorgergesetz grundsätzlich auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen. In den Fällen der Dienstverhinderung wegen Krankheit, Unfall oder Urlaub habe der Hauseigentümer dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung zu ersetzen (§ 17 Abs. 2 leg. cit.).

Erfolge die Überweisung des Entgelts an den Vertreter nicht direkt durch den Hauseigentümer, sondern an den Hausbesorger, so stellten die zugeflossenen Gelder beim Hausbesorger steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. In der weitergegebenen Höhe könnten Werbungskosten im Wege der Veranlagung geltend gemacht werden.

Im Zuge des Wiederaufnahmeverfahrens seien unter Vorlage der Vertretungsbestätigungen weitergegebene Vertretungsentgelte in Höhe von 23.513,00 € steuerlich geltend gemacht worden. Zum Nachweis des Geldflusses seien die Kontoauszüge des Kalenderjahres 2014 vorgelegt worden. Bei Überprüfung der Unterlagen habe sich folgender Sachverhalt ergeben:

Für den Vertretungszeitraum Jänner und Februar 2014 hätten die Vertreter erhaltene Entgelte in Höhe von 6.292,00 € bestätigt. Dem stünden im selben Zeitraum Abhebungen vom Gehaltskonto des Bf von insgesamt 2.800,00 € gegenüber. Da anzunehmen sei, dass von den abgehobenen Beträgen zum Teil auch seine persönlichen Bedürfnisse abgedeckt worden seien, habe die Weitergabe der Vertretungsentgelte für diesen Zeitraum nicht als nachgewiesen angesehen werden können.

Für den Vertretungszeitraum März und April 2014 hätten die Vertreter erhaltene Entgelte in Höhe von 7.376,00 € bestätigt. Dem stünden im selben Zeitraum Abhebungen vom Gehaltskonto des Bf von insgesamt 7.000,00 € gegenüber. Da für einen Zeitraum von zwei Monaten zumindest ein Betrag von 1.000,00 € zur Abdeckung seiner persönlichen Bedürfnisse angenommen worden sei, hätten im Zuge des Wiederaufnahmeverfahrens 6.000,00 € an Vertretungsentgelten Berücksichtigung gefunden.

Für den Zeitraum Juli, August und September 2014 hätten die Vertreter erhaltene Entgelte in Höhe von 9.845,00 € bestätigt. Dem stünden im selben Zeitraum Abhebungen vom Gehaltskonto des Bf von insgesamt 4.350,00 € gegenüber. Da auch in diesem Zeitraum die bestätigten Entgelte in keiner Relation zu den Abhebungen vom Gehaltskonto stünden, habe die Weitergabe der Vertretungsentgelte für die Monate Juli, August und September 2014 ebenfalls als nicht nachgewiesen angesehen werden können.

Die im Zuge der Wiederaufnahme vorgelegten Unterlagen seien im Beschwerdeverfahren nicht durch die Vorlage weiterer Belege ergänzt worden.

Die pauschale Abgeltung bei einer Erwerbsminderung von 40 % sowie die Magendiät seien bereits im Erstbescheid berücksichtigt worden.

Die geltend gemachten Krankheitskosten von 78,30 € hätten den Selbstbehalt nicht überstiegen.

In einem als "Einspruch zur Beschwerdevorentscheidung" bezeichneten Vorlageantrag wandte der Bf ein, dass der angeführte Sachverhalt in keiner Weise stimme. Die behaupteten Kontobehebungen - 2.800,00 € für Jänner und Februar 2014 und 4.350,00 € für Juli bis September 2014 entsprächen nicht den Tatsachen. Fakt sei, dass im Zeitraum Jänner und Februar 2014 6.477,00 € und im Zeitraum Juli bis September 2014 inklusive Visa-Konto 7.320,00 € abgehoben worden seien. Gegenständliche Kontoauszüge lägen bei der betreffenden Sachbearbeiterin auf. Die gesamten Abhebungen für das Jahr 2014 (inkl. Visa-Konto) setzten sich wie folgt zusammen: Bank Austria: 34.947,00 €; Visa-Konto: 3.100,00 €.

Die Vertreter hätten bestätigt, dass sie in den angegebenen Zeiträumen gearbeitet hätten, nicht jedoch, dass sie auch in dieser Zeit bezahlt worden seien. Dies wäre schwer möglich, da er das Geld manchmal ein bis zwei Monate nach Ende des Urlaubes bzw. Krankenstandes überwiesen bekommen habe. Aus diesem Grund habe er immer Teilzahlungen geleistet.

Am Telefon habe ihm die Sachbearbeiterin erklärt, dass für seine persönlichen Bedürfnisse 1.200,00 € angenommen würden; bei der Ablehnung seien es dann auch noch 1.000,00 € für zwei Monate gewesen). Sie habe ihm aber nicht erklären können, wofür dieser Betrag verwendet worden sein bzw. wie er sich zusammensetzen solle.

Tatsächlich habe er eine Dienstwohnung, für die keine Miet- und Betriebskosten anfielen. Sämtliche Energiekosten, Versicherungen (mehrere Leben, Unfall, Rechtschutz, Haushalt, ÖAMTC, etc.) und Parkplatzgebühren seien vom Konto abgebucht worden. Seine Frau, mit der er seit 35 Jahren verheiratet sei, komme für die Kost auf. Benzinkosten würden mit Visa bezahlt. Laut seiner Steuerberaterin seien dem Finanzamt alle Auszüge übermittelt worden. Er sei 62 Jahre und gehe höchstens ein- bis zweimal privat auf einen Kaffee. Sei er politisch im Gastgewerbe, lägen dazu auch die Rechnungen vor.

Er wolle hinzufügen, dass er schon am Telefon erklärt habe, privat immer einige tausend Euro in seinem Safe zu verwahren, doch habe die betreffende Sachbearbeiterin ihm nicht geglaubt.

Am habe er eine seiner Lebensversicherungen ausbezahlt bekommen (25.667,73 €). Eine weitere Lebensversicherung sei am ausbezahlt worden (23.638,15 €). Bestätigungen lägen bei. In seinem Alter sei es nicht unüblich, sich ein wenig Geld zu sparen und auf die Seite zu legen.

Im Zuge einer schriftlichen Zeugenbefragung eines Vertreters von ***11*** teilte dieser am zur Frage, ob der Bf die von ihm eingesetzten Vertreter gegenüber ***11*** namhaft zu machen habe, schriftlich mit, dass ein Hausbesorger bei Meldung seiner Abwesenheit die von ihm eingesetzten Vertreter gegenüber ***11*** als erste Ansprechpartner namhaft zu machen habe. Bei längerfristigen Abwesenheiten, vor allem bei Krankenständen, könnten sich die namhaft gemachten Vertreter ändern. Für ***11*** sei daher jene Liste maßgeblich, auf der die Vertretungen den erhaltenen Betrag für ihre Arbeitsleistung bestätigten.

Zur weiteren Frage, ob es üblich sei, den gesamten angewiesenen Betrag an die Vertreter auszubezahlen, verwies der Vertreter auf § 17 Abs. 2 HBG. Es könne sein, dass ein Hausbesorger entweder eine Person oder auch mehrere Personen als Vertreter für den gleichen Zeitraum nenne und der gesamte angewiesene Betrag aufgeteilt werde.

Auf die Frage, ob es üblich sei, vorwiegend Familienmitglieder mit der Vertretung zu betrauen, antwortete der Bf, dass dies sehr wohl üblich sei. Diese Personen seien mit den Obliegenheiten des Hausbesorgers vertraut und könnten auch oftmals die notwendige Aufzugswärterprüfung vorweisen.

Die schriftliche Zeugenbefragung der Tochter ***1*** verlief ergebnislos, weil diese das Schriftstück des Bundesfinanzgerichtes nicht behob, obwohl sie nach Auskunft des Zentralen Melderegisters nach wie vor an der betreffenden Adresse gemeldet war.

Ein Ergänzungsersuchen der Richterin vom beantwortete der Bf am dahingehend, dass er die Vertreterentschädigungen nicht nur an seine Tochter in Teilzahlungen geleistet habe. Solche habe er immer wieder vorgenommen, teilweise habe er auch Material bzw. Reinigungsmittel abgegolten. Aufzeichnungen der Zahlungen habe er nur von seiner Tochter ***2***, die damals bei ihm wohnhaft gewesen sei und Zugang zu seinem Safe gehabt habe, wo er immer Bargeld von 5.000,00 € bis 10.000,00 € gehabt habe bzw. auch heute teilweise noch habe. Der Beweis der Auszahlung sei durch die Unterschrift des Empfängers erbracht. Ohne diese Bestätigung habe er keine Zahlung getätigt. Er sowie auch alle anderen Hausbesorger seien von ***11*** kontrolliert worden, ob sie tatsächlich gearbeitet hätten.

***3*** sei sein Bruder, ***4*** sei eine Tochter von ihm. Die übrigen Personen seien zum Teil flüchtige Bekannte bzw. deren Bekannte. Sie hätten bei der Übergabe des Gesamtbetrages unterschreiben und die Adresse anführen müssen. Die geforderten vollständigen Adressen der Bekannten habe er nicht. Er sei rechtlich auch nicht ermächtigt gewesen, einen Ausweis zu verlangen.

Die Hausbesorger hätten sich generell Sorgen um ihre Vertretung machen müssen und keine Hilfe von ***11*** erhalten, gleichgültig, ob sie im Krankenhaus gewesen seien oder nicht. Man sei mit hohem Fieber im Bett gelegen, und wenn es um 3:00 Uhr früh geschneit habe, habe man trotzdem den Gehsteig räumen müssen, weil man sonst gekündigt worden wäre. Aus diesem Grund seien Verwandte die erste Ansprechperson für eine sofortige Vertretung. Laut dem Arbeitsrechtsexperten ***5***, bei dem er vorstellig gewesen sei, sei alles rechtlich gedeckt.

Seine Tochter ***2*** habe 2014 bis 2015 in der Universität in ***14*** studiert; Studienbestätigungen lägen bei.

Die Aufgaben eines Hausbesorgers seien vielfältig. Aus diesem Grund könnten an einem Tag auch sechs Personen arbeiten.

Die Höhe der Entlohnung gebe ***11*** vor. Auf jedem monatlichen Gehaltszettel stünden links unten die Tagessätze für Urlaubsvertretungen (UVE) und Krankenstandsvertretungen (KVE), nach denen man sich richtet müsse.

Die Aufteilung der Bezahlung obliege den Hausbesorgern; diese erfolge nach Art der Tätigkeit, Reinlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Arbeitszeit, die wiederum ein Vertreter kontrolliere. Nur so sei man arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite. Zum Beweis lege der Bf einen Lohnzettel aus 2007 bei, den er noch gefunden habe.

Würden mehrere Arbeiten an einem Tag erledigt, seien die Tagessätze dementsprechend zusammen auszuzahlen.

Der Bf demonstrierte an einem Beispiel, weshalb er immer einen größeren Geldbetrag zu Hause im Safe gehabt habe und die Entschädigungen habe vorschießen müssen:

Sei beispielsweise die Krankmeldung am 30.3. erfolgt und habe der Krankenstand bis 16.5. gedauert, habe er nun die Vertreterentschädigung sämtlicher Aushilfen unterschreiben lassen und dies am 23.5. im Lohnbüro abgegeben. Mit dem Gehalt im Juni sei die Auszahlung der Vertreterentschädigung Anfang Juli erfolgt, wobei er jetzt höhere Steuern habe zahlen müssen.

Sein längster Krankenstand habe länger als ein Jahr gedauert, und da er vorfinanzieren musste, habe er einen Kredit aufgenommen.

Der Bf verwies darauf, seit 2015 kein Hausbesorger mehr zu sein.

Dem Finanzamt wurden die bisherigen Verfahrensergebnisse zur Kenntnis gebracht. Gegen die beabsichtigte Stattgabe der Beschwerde erhob es keine Einwendungen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergab sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten Akten, dem Vorbringen der steuerlichen Vertretung des Bf, der Auskunft von ***11***, dem Abgabeninformationssystem und dem Zentralen Melderegister.

Rechtslage

Nach § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Ist der Hausbesorger verhindert, seinen Obliegenheiten nachzukommen, hat er gemäß § 17 Abs. 1 Hausbesorgergesetz grundsätzlich auf seine Kosten für eine Vertretung durch eine andere geeignete Person zu sorgen.

In den Fällen der Dienstverhinderung wegen Krankheit, Unfall oder Urlaub hat der Hauseigentümer dem Hausbesorger die Kosten für die Vertretung zu ersetzen (§ 17 Abs. 2 leg.cit.).

Erfolgt die Überweisung des Entgelts an den Vertreter nicht direkt durch den Hauseigentümer, sondern an den Hausbesorger, so stellen die zugeflossenen Gelder beim Hausbesorger steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. In der weitergegebenen Höhe können Werbungskosten geltend gemacht werden.

Werden zwischen nahen Angehörigen Vereinbarungen getroffen, so müssen derartige Abmachungen insbesondere von vornherein ausreichend klar sein und einem Fremdvergleich standhalten. Diese Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Verträgen haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen. Die Beweiswürdigung hat stets auf die besonderen Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen ().

Die zur Angehörigenjudikatur entwickelten Kriterien betreffen ausschließlich Fragen der Beweiswürdigung und dürfen nicht - was in der Praxis oft der Fall ist - als eigene Tatbestandsanforderungen gesehen werden. Die bloße Möglichkeit, ein Rechtsverhältnis leicht vorzutäuschen, genügt nicht, um ihm die Anerkennung zu versagen (Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, § 2 Rz 158/2, Kommentar, 20. Lfg., Mai 2018).

Selbst bei fehlender Fremdüblichkeit einer Vereinbarung ist daher in weiterer Folge zu untersuchen, ob ein wirtschaftlicher Vorgang stattgefunden hat bzw. wie dieser Vorgang zu qualifizieren ist.

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt.

Ist ein Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt die Glaubhaftmachung. Sie hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt der freien Beweiswürdigung.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Erwägungen

Der Bf war im Beschwerdejahr bei ***11*** als Hausmeister beschäftigt und machte u.a. Urlaubs- und Krankenstandsvertretungskosten als Werbungskosten geltend. Er legte der Abgabenbehörde die Empfangsbestätigungen der ihn vertretenden Personen vor, denen der Zeitraum der Vertretung sowie der erhaltene Betrag zu entnehmen war, nicht jedoch der Zeitpunkt der Zahlung. Demzufolge konnte das Finanzamt die durch die Vorlage von Kontoauszügen belegten Barabhebungen den jeweiligen Zahlungen nicht zuordnen und konnte der Bf den Zahlungsfluss nicht nachweisen.

Im Beschwerdeverfahren verblieb als einziger Streitpunkt zwischen den Verfahrensparteien, ob die vom Bf geleisteten Hausbesorger-Vertreterentschädigungen als Werbungskosten abzugsfähig waren, soweit die Vertretung durch seine Tochter ***2*** erfolgte.

***11*** bestätigte in einem an das Wohnsitzfinanzamt gerichteten Schreiben vom , dem Bf im Jahr 2014 im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Hausbesorger eine Urlaubsvertreterentschädigung von 8.424,54 € und eine Krankenvertreterentschädigung von 16.538,96 €, insgesamt daher 24.963,50 €, angewiesen zu haben.

Auf Vordrucken mit der Bezeichnung "Übernahme einer Urlaubsvertreterentschädigung" bzw. "Übernahme einer Krankenstandsvertreterentschädigung" bestätigten nachstehende Personen den Empfang von Zahlungen:

***6*** 3.500,00 €, ***7*** 2.000,00 €, ***8*** 2.982,00 €, ***9*** 1.000,00 €, der Bruder des Bf 605,00 € und die Töchter ***10*** 473,00 € und 12.908,00 €, in Summe 23.468,00 €.

Um Überzahlungen an die Vertreter zu vermeiden, gab ***11*** dem Bf die gesetzlichen Obergrenzen je Urlaub und Krankenstand bekannt, an welchen sich der Bf bei Entlohnung seiner Vertreter orientierte.

Auf den Vordrucken war vorgesehen, das Objekt, für welches die Vertretung übernommen wurde, den Zeitraum der Vertretung, Name und Anschrift des Vertreters sowie den vom Hausbesorger erhaltenen Betrag, nicht jedoch das Datum der Zahlung einzutragen und diese Angaben durch die Unterschrift des jeweiligen Vertreters zu bestätigen.

Sämtliche Vertreter quittierten den Erhalt der Vertreterentschädigung unter Verwendung der o.a. Vordrucke. Da auch die übrigen Vertreterbestätigungen keine detaillierteren Angaben enthielten, lag eine Fremdunüblichkeit im Hinblick auf die Tochter nicht vor.

Zur Untermauerung seines Vorbringens, dass die Leistungen der Tochter des Bf einem Fremdvergleich nicht standhielten, verwies das Finanzamt im Vorlagebericht darauf, dass die Tochter im Zeitraum bis nur 1.576,00 € erhalten habe, zwei weitere Vertreter dagegen jeweils 2.000,00 €.

Dem war zu entgegnen, dass die Tochter im Zeitraum bis den Erhalt eines deutlich höheren Entgelts bestätigte als ein mit dem Bf nicht verwandter Vertreter und der Bf in seiner Eingabe vom darauf verwies, dass die Bezahlung nach Art der Tätigkeit und aufgewendeter Arbeitszeit variierte, also ein bloß identer Leistungszeitraum keine Rückschlüsse auf die Höhe des Entgelts zuließ.

Auch die vom Finanzamt beanstandete Fremdunüblichkeit von Teilzahlungen über mehrere Monate an die Tochter war für sich alleine nicht geeignet, die tatsächliche Leistungserbringung durch die Tochter und deren Entlohnung im Rahmen der dem Bf zugeflossenen Vertreterentschädigungen in Zweifel zu ziehen.

Sowohl im Vorlageantrag als auch in seinem Schreiben vom verwies der Bf darauf, immer wieder - nicht nur seiner Tochter ***2*** - Teilzahlungen geleistet zu haben. Den Grund für diese Teilzahlungen erläuterte er nachvollziehbar an Hand eines Beispiels. Er selbst habe das Geld manchmal erst ein bis zwei Monate nach Ende des Urlaubs bzw. Krankenstandes überwiesen bekommen.

Laut Auskunft von ***11*** hatte der Bf seine Vertreter gegenüber ***11*** namhaft zu machen. Demnach war es üblich, Familienmitglieder mit der Vertretung zu betrauen, da diese Personen mit den Obliegenheiten des Hausbesorgers vertraut waren.

Die Tochter ***2*** absolvierte im Beschwerdejahr ein Studium und wohnte laut einer Abfrage des Zentralen Melderegisters im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Vater. Sie war daher nicht nur vor Ort, sondern hatte neben ihrem Studium offenbar auch ausreichende zeitliche Ressourcen, um die Vertretung ihres Vaters im Urlaubs- und Krankheitsfall zu übernehmen.

Im Hinblick darauf, dass eine fremdunübliche Vergütung im Vergleich zu den anderen Vertretern nicht festgestellt werden konnte, sämtliche Vordrucke für die Bestätigungen ident waren, die Vertretung der Tochter gegenüber ***11*** angezeigt werden musste, laut ***11*** eine Vertretung durch Familienangehörige üblich war und ***11*** laut Angaben des Bf kontrollierte, ob tatsächlich gearbeitet wurde, war kein Grund ersichtlich, weshalb die Vereinbarung des Bf mit seiner Tochter ***2*** betreffend Übernahme einer Krankenstands- bzw. Urlaubsvertretung nicht anzuerkennen gewesen wäre. Hätte die Tochter die ihr übertragenen Aufgaben nicht erfüllt, wäre das ***11*** insbesondere wegen der oftmals mehrere Wochen andauernden Krankenstände wohl nicht verborgen geblieben.

Auf Grund der umfangreichen Vertretungen (insbesondere Krankenstandsvertretungen von 1.1. bis , 31.1. bis , 1.3. bis , 1.7. bis , 1.8. bis und 1.9. bis ) konnte nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch nicht unterstellt werden, dass die Hilfeleistungen, wovon die Abgabenbehörde im Vorlagebericht ausging, aus familiärer Solidarität, Dankbarkeit und Anstand erfolgt wären.

Wenngleich die Abgabenbehörde auf Grund des Legalitätsprinzips nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist, von einer gesetzwidrigen Verwaltungsübung, einer gesetzlich nicht gedeckten Rechtsauffassung oder einer unrichtigen Tatsachenwürdigung abzugehen, sobald sie ihr Fehlverhalten erkennt, war dennoch anzumerken, dass in einem aus den Finanzamtsdatenbanken nachvollziehbaren, für das Kalenderjahr 2013 abgeführten Beschwerdeverfahren, das mit Beschwerdevorentscheidung beendet worden war, der Bf 2013 die gleichen Bestätigungsvordrucke wie 2014 vorlegte, wobei auch seine Tochter ***2*** den Erhalt von Vertreterentschädigungen mit ihrer Unterschrift bestätigt hatte. Im Zuge jenes Beschwerdeverfahrens hegte das Finanzamt offenbar keine Zweifel an der Leistungserbringung und Entlohnung der Tochter, beanstandete die ausgefüllten Bestätigungsvordrucke nicht und anerkannte die gesamten geltend gemachten Vertreterentschädigungen von 28.881,00 € als Werbungskosten.

Der Umstand, dass es sich um die Tochter des Bf handelte, war nicht ausreichend, deren Bestätigungen keinen Glauben zu schenken, zumal, wie o.a., die bloße Möglichkeit, ein Rechtsverhältnis leicht vorzutäuschen, nicht genügte, um diesem die Anerkennung zu versagen.

Da sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergaben, die Verantwortung des Bf für unglaubwürdig zu halten, waren sämtliche Vertreterentgelte von 23.468,00 € als Werbungskosten zu berücksichtigen und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob die vom Bf geleisteten Hausbesorger-Vertreterentschädigungen als Werbungskosten abzugsfähig sind, soweit die Vertretung durch seine Tochter erfolgt ist, ist eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103152.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at