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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.06.2020, RV/2101081/2018

Bereicherungsverbot und Ermessensentscheidung: Die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO ist eine zu begründende Ermessensentscheidung

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2020/15/0025. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/2101081/2018-RS1
Die Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO ist eine zu begründende Ermessensentscheidung. Es ist unbillig in Fällen des § 11 Abs. 14 UStG 1994 das Gläubigerrisiko auf den Leistungsempfänger abzuwälzen, wenn die Abgabenbehörde die Berichtigung der Steuerschuld beim Leistenden unabhängig von einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges beim Leistungsempfänger durchführt. Im Falle der Berichtigung der Steuerschuld ist es aus Gründen des Bereicherungsverbotes für die Behörde geboten, auf die effektive Übermittlung des Steuerbetrages durch den Leistenden zu achten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterX in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Vertreter, Vertreter Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Aufhebung des Bescheides über die Umsatzsteuer 2010, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Organträgergesellschaft im Gesundheitsbereich. Der anlässlich einer Außenprüfung erlassene Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2010 vom wurde im angefochtenen Bescheid gemäß § 299 BAO wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben und ein neuer Sachbescheid erlassen. In diesem wurde der Vorsteuerabzug um 98.831 € berichtigt. In der Begründung führt dieser aus, aus den Jahren 2005 bis 2009 wurden vorsteuergerechte Rechnungen in der Weise berichtigt, weil die Leistungsbeziehung auf Grund von Feststellungen des Sozialversicherungsträgers als Dienstverhältnis eingestuft wurde, was letztendlich auch durch ein Erkenntnis des bestätigt wurde. Die Rechnungen wurden durch Gutschriften des Leistenden berichtigt. Der Leistende und der Leistungsempfänger (= Bf.) hätten die Umsatz- bzw. Vorsteuer gemäß § 16 Abs. 1 UStG 1994 zu berichtigen, was bisher unterblieb.

In der weiteren Folge wandte sich die Bf. gegen die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides, wobei sie ausführte, sie sei durch die Aufhebung von abgeprüften Zeiträumen im Recht auf ein faires Verfahren beeinträchtigt worden. Die belangte Behörde habe im seinerzeitigen BP-Bericht für die Jahre 2009-2011 zu den Honorarnoten gegenüber der Bf. zu keiner Beanstandung des Vorsteuerabzuges geführt. Die vermeintlichen Berichtigungen seien von der Prüferin und dem Gruppenleiter der belangten Behörde mit der Steuerberatung in epischer Breite erörtert worden. Der Leistende habe den Steuerbetrag nicht an die belangte Behörde überwiesen, weshalb die Bf. nicht für die Einbringlichmachung des Betrages aus dem Titel der Berichtigung nach § 16 UStG verantwortlich gemacht werden könne, weil sich dieser durch die Vorgehensweise der belangten Behörde ungerechtfertigt bereichert habe. Dazu komme noch, dass bereits im Rahmen der GPLA eine vermeintliche Vorsteuerberichtigung der Honorarnoten keinen Prüftatbestand bildete.

Die belangte Behörde habe es unterlassen zu prüfen, wem die durch die Berichtigung entstandene Steuerschuld vorgeschrieben werden müsse. Der Bescheid fuße auch darauf, dass die Behörde die Rechtsnorm des § 16 UStG 1994 falsch ausgelegt habe. Es liege ein rechtskräftiges, abgeprüftes Prüfungsverfahren vor, wobei nunmehr die belangte Behörde auf dem Standpunkt stehe, dass sie die vom Leistungserbringer konsumierten Steuern zu bezahlten habe.

Die Bf. sei ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen, weil sie die für den konkreten Fall bedeutsamen Umstände insbesondere die Thematik der Vorsteuerberichtigung bereits mit dem zuständigen Sachbearbeiter und Gruppenleiter erörterte. Auch im Rahmen der GPLA sei zugesichert worden, dass keine Vorsteuerberichtigung auf Grund der Tätigkeit des Werkvertragsnehmers folgen werde.
Bereits im Zeitpunkt des abgeführten Verfahrens seien die wesentlichen Umstände darzutun, weshalb die nunmehrigen Ansicht der belangten Behörde diametral zu jener im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides stehe. Dies sei ein klarer Verstoß gegen die Rechtseinheit und Rechtssicherheit.

In ihrer Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Die Aufhebung des letztwirksamen Umsatzsteuerbescheides erfolgte gemäß § 299 BAO, weil sich der Spruch als nicht richtig erwies. Die Korrektur der Vorsteuer auf Grund der Rechnungsberichtigung im Jahr 2010 sei bis zur Erlassung des Aufhebungsbescheides unterblieben. Dem gegenständlichen Verfahren ging auch eine abgabenbehördliche Prüfung voraus, in der dieses Faktum nicht berücksichtigt wurde, hindere nicht die Korrektur des Sachbescheides im Wege der Aufhebung. Dies setze weder ein Verschulden der Abgabenbehörde noch ein Verschulden des Bescheidadressaten, jedoch die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus. Die im Jahr 2010 vorgenommene Rechnungsberichtigung sei zu Recht erfolgt und wurde im Zeitpunkt der Entscheidung des VwGH am gewiss. Das Ermessen wurde im Sinne der Rechtsrichtigkeit vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Rechtssicherheit) geübt, weil die Rechtswidrigkeit nicht als bloß geringfügig zu beurteilen sei. Der Bf. hätte auf Grund des zum damaligen Zeitpunkt noch anhängigen Verfahrens vor dem VwGH mit einer Berichtigung der Vorsteuern rechnen müssen. Auch von der Bf. ausgesprochene Grundsatz von Treu und Glauben hindere nicht, fehlerhafte Bescheide zu ersetzen, wie ein unrechtes Verhalten der Behörde, auf das sie vertraut habe, eindeutig und unzweifelhaft für zum Ausdruck gekommen sei und dass sie ihre Dispositionen danach eingerichtet habe, nicht vorliege. Angesichts des offenen VwGH-Verfahrens konnte die Bf. keinesfalls darauf vertrauen, es habe keine Berichtigung der Vorsteuern auf Grundlage des § 16 UStG zu erfolgen.

Materiell-rechtlich verwies die belangte Behörde auf die Bestimmungen des § 11 Abs. 12 iVm. § 16 Abs. 1 UStG 1994. § 11 Abs. 12 UStG 1994 eröffne dem Unternehmer die Möglichkeit, im Fall des überhöhten Steuerausweises die Rechnung zu berichtigen. Mit dem Zugang beim Leistungsempfänger entfalte die Berichtigung ihre Rechtswirkungen. Der Verweis auf § 16 Abs. 1 UStG 1994 bedeute aber auch, dass der Leistungsempfänger die Vorsteuern zu korrigieren hätte und die Rechtsfolgen ex-nunc eintreten.

Zum Einwand gerechtfertigter Bereicherung verwies die belangte Behörde unter Anführung entsprechender Kommentarstellen die Bf. auf den Zivilrechtsweg sowie darauf, die systematische Verknüpfung zwischen Berichtigung von Steuerschuld und Vorsteuerabzug sei keine verfahrensmäßig konditionale. Daher reiche dies nicht so weit, die Verpflichtung zur Vorsteuerkorrektur in die Sphäre des Leistenden zu verlagern und von der Berichtigung der Steuerschuld bzw. Weiterleitung der an ihn zurückgezahlten Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger abhängig zu machen.

In ihrem Vorlageantrag beantragte die Bf., über die erhobene Beschwerde möge das Bundesfinanzgericht entscheiden. Weitere Ausführungen wurden nicht erstattet.

Mit Auskunftsersuchen wurde der Leistende (Rechnungsaussteller) um Mitteilung darüber ersucht, ob die von ihm gegenüber der Bf. und dem Finanzamt erklärte berichtigte Umsatzsteuer an die Bf. zurückerstattet und ob seitens der Bf. über diesen Betrag rechtliche Schritte eingeleitet worden seien.
In seinem Antwortschreiben teilte der Rechnungsaussteller mit, die Bf. habe bis zum heutigen Tage keine rechtlichen Schritte unternommen und allfällige weitere Unterlagen könnte sein seinerzeitiger steuerlicher Vertreter u.U. noch haben, wenn er sie nach sieben Jahren nicht vernichtet habe.

Die Bf. wurde dieses Ermittlungsergebnis zur Kenntnis gebracht und diese führte im Anschluss daran Folgendes aus:

"Im Rahmen eines Gespräches am teilte Herr K. mit, dass er finanzielle Schwierigkeiten hat, zumal er Steuerschulden zu begleichen habe und ihm ein Insolvenzverfahren drohen würde.

Herr K. war im Jahr 2013 im 57. Lebensjahr und hat eine Rente aus Deutschland in Höhe von € 800 bezogen.
Aufgrund der eigenen Angaben von Herrn K. und seiner rechtsfreundlichen Vertretung in der Vergangenheit sowie im Hinblick auf den Inhalt der durch ihn abgegebenen Stellungnahme bestanden keine Zweifel an den Angaben.
Es wird beantragt eine ergänzende Einvernahme von Herrn K., um rückwirkend seit dem Zeitraum 2011 seine monetäre Ebene zu erheben. Es wird weiters beantragt, Herrn K. dahingehend einzuvernehmen, ob seine Angaben, wonach er monatlich lediglich eine Rente in Höhe von € 800 bezog, richtig sind."
Weiters wurde von der Bf. ein Schriftsatz vom ihrer rechtsfreundlichen Vertretung an den Rechtsanwalt des Herrn K., wo dieser aufgefordert wurde, die Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge von ca. € 183.000 entsprechend dem abgeschlossenen Werkvertrag in sein Zahlungsversprechen aufzunehmen, vorgelegt. Die Bf. hat in der weiteren Folge auf Grund der angespannten finanziellen Verhältnisse von einer Anspruchsverfolgung Abstand genommen."

Der belangten Behörde wurden die Ermittlungsergebnisse des finanzgerichtlichen Vorhalteverfahrens mitgeteilt und allfällige Bedenken gegen die mangelnde Solvenz des Leistenden (K.) durch eigene Erhebungen unter Beweis zu stellen, ansonsten würde dem Vorbringen der Bf. in dieser Hinsicht Glauben geschenkt.

Diese führte in ihrer Antwort Folgendes aus:

"Über das Vermögen des Leistungserbringers Herrn K. wurde kein Insolvenzverfahren eingeleitet, somit auch nicht im Jahr 2014 (im Zeitpunkt bzw. Jahr der Erlassung des angefochtenen Bescheides).
Zudem gibt es - nicht zuletzt auch deshalb, weil eine Insolvenz bis heute nicht vorliegt - auch keine Anhaltspunkte dafür, dass im Jahr 2014 eine drohende Insolvenz erkennbar gewesen wäre.
Angemerkt wird, dass das Unterbleiben der Korrektur des Vorsteuerabzuges bei der Bf. infolge der Rechnungsberichtigungen durch Herrn K. und der daraus resultierenden Gutschrift der Umsatzsteuer nach Bestätigung der Qualifizierung des Dienstleistungsverhältnisses durch den VwGH im Jahr 2013 einen Schaden in Höhe von EUR 98.831 für die Steuerverwaltung nach sich ziehen würde, was nach der (im Erkenntnis des angeführten) Rechtsprechung des EuGH nicht eintreten darf."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. beanspruchte in den Jahren 2005-2009 Vorsteuern aus einem Werkvertrag. Der Leistende stellte die entsprechenden Steuerbeträge in Rechnung. Im Zuge einer Prüfung der Sozialversicherungsabgaben wurde der Werkvertrag als Dienstverhältnis umqualifiziert und dies auch vom Höchstgericht bestätigt. Daher wurde die Umsatzsteuer zu Unrecht in Rechnung gestellt. In der weiteren Folge berichtigte der Leistende die Rechnungen und teilte dies der Bf. mit, die die Annahme des eingeschriebenen Briefes verweigerte. Eine Rückzahlung bzw. Erstattung des vereinnahmten Steuerbetrages an die Bf. als (ehemalige) Leistungsempfängerin erfolgte nicht. Auf Grund der finanziellen Situation des Leistenden erfolgte keine weitere rechtliche Verfolgung des Rückzahlungsanspruchs.

Rechtliche Beurteilung

Strittig ist, ob die Bf. verpflichtet war, den ursprünglich geltend gemachten Vorsteuerabzug zu berichtigen.

Maßgebliche gesetzliche Bestimmungen:

§ 299 BAO
(1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.
(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.
(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

UStG 1994

§ 11
(12) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt. Im Falle der Berichtigung gilt § 16 Abs. 1 sinngemäß.

(14) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet diesen Betrag.

§ 16 UStG
Änderung der Bemessungsgrundlage
(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.

Entsprechend der oa. Gesetzesbestimmung kann die Abgabenbehörde von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit setzt daher grundsätzlich die (vorherige) Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus (; , 2012/13/0059). Sie setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht (zB BMF, AÖF 2003/65, Abschn 3; ). Daher ist die Rechtswidrigkeit eine Bedingung zur Erlassung eines Aufhebungsbescheides, was eine materielle Vorprüfung der zugrundeliegenden Rechtsfrage bereits in diesem Verfahren voraussetzt.

Obwohl gegenständlich ein Fall des § 11 Abs. 14, 2.Fall UStG 1994 vorliegt, wurde bei derartigen Fallgestaltungen schon in der Vergangenheit der Anwendungsbereich nur auf Fälle missbräuchlicher Rechnungslegung beschränkt. Das Recht zur Rechnungsberichtigung steht dem Rechnungsaussteller auch dann zu, wenn er Nichtunternehmer ist (Wisiak: in Achatz/Tumpel, Missbrauch, 64f). Daher sind die Regelungen des § 11 Abs. 12 UStG 1994 anwendbar. Ebenso lässt der EuGH in seinem Urteil , C-78/03 "Maria Karageorgou" Rechnungsberichtigungen einer Nichtunternehmerin, weil Dienstnehmerin zu. Für die Berichtigung komme es einerseits auf den guten Glauben nicht an und spricht andererseits von "irrtümlich in Rechnung gestellter Mehrwertsteuer". Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, warum der EuGH in dem Umstand, dass der Unternehmer in einem solchen Fall eine Rechnung erhält, die formell Basis eines - unberechtigten - Vorsteuerabzuges sein kann, keine Gefährdung des Steueraufkommens sieht (kritisch auch: Stadie, UR 2003, 600 und Nieskens, UR 2004, 441, 451; Ruppe/Achatz, UStG5, § 11 Rz. 142 letzter Absatz). Dies dürfte wohl aus Gründen des entschiedenen Einzelfalls erfolgt sein, zumal die Nichtunternehmerin an eine nicht vorsteuerabzugsberechtigte Körperschaft öffentlichen Rechts Übersetzungsleistungen in Rechnung stellte. Auf die von der Bf. erfolgten Hinweise auf das , Schmeink & Cofreth, braucht in diesem Zusammenhang nicht weiter eingegangen werden, zumal dieses primär die Seite des Leistenden und nicht des Leistungsempfängers betrifft und sich daher keine weiteren Aufschlüsse ergaben.

Der Verweis in § 11 Abs. 12 auf § 16 Abs. 1 UStG 1994 deutet das wechselseitige Verhältnis an. Wird in einer Rechnung über eine Leistung eine Steuer ausgewiesen, die nach den allgemeinen Vorschriften des UStG 1994 nicht geschuldet wird, so schuldet der Unternehmer den Mehrbetrag auf Grund der Rechnung, sofern er sie nicht berichtigt. Für diese Berichtigung verweist er auf § 16 Abs. 1, also bezieht er nicht nur Änderungen der Bemessungsgrundlage, sondern auch Änderung des Steuerausweises mit ein. Art. 184 MwStRL normiert lediglich allgemein, dass der ursprüngliche Vorsteuerabzug berichtigt wird, wenn er höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war.

Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang eher die Problematik der Rechnungsberichtigung gemäß § 16 Abs. 1 UStG 1994 auf Seiten des Leistungsempfängers, wenn der Leistungsempfänger den vollen Rechnungsbetrag inkl. Umsatzsteuer bereits bezahlt hat. Der Unternehmer kann in diesem Fall seine Umsatzsteuerschuld vermindern, obwohl er den entsprechenden Betrag noch nicht zurückgezahlt hat und der Leistungsempfänger muss die Vorsteuer an das Finanzamt zurückzahlen, auch wenn der Unternehmer sie ihm noch nicht erstattet hat. Der Berichtigungsanspruch steht grundsätzlich uneingeschränkt dem Leistungserbringer zu. Der Leistungsempfänger hat seine Ansprüche auf Rückzahlung der zu viel bezahlten Umsatzsteuer im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Ein direkter Berichtigungsanspruch des Leistungsempfängers gegenüber der Steuerbehörde besteht nicht; ein solcher Anspruch muss aber nach dem Grundsatz der Effektivität für den Fall gewährt werden, wenn die Erstattung durch den Leistenden unmöglich oder übermäßig erschwert ist (wie zB bei Insolvenz des Leistenden; vgl "Reemtsma", Rn 41; , C-564/15 "Tibor Farkas", Rn 53). Ob hieraus folgt, dass eine direkte Anspruchsberechtigung des Leistungsempfängers schon dann besteht, wenn der Leistende den Betrag nicht zurückzahlt (so Stadie, UR 2007, 430), ist zweifelhaft (Ruppe/Achatz, UStG5, § 11 Rz. 137).

Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wurde in Folge der Rechnungsberichtigung des Leistenden zu Unrecht vorgenommen und war nach § 16 Abs. 1 UStG 1994 vom Leistungsempfänger zu berichtigen. Daher liegt zumindest eine formale Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheides vor.

Die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufhebung auf Antrag der Partei oder von Amts wegen erfolgt oder ob sich die Maßnahme zu Gunsten oder zu Ungunsten des Abgabepflichtigen auswirkt (zB BMF, AÖF 2003/65, Abschn. 6; Althuber in: Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 299, 813; Beiser, Steuern 1 4, Tz 824; vgl zB zu § 299 aF ; ; BMF, AÖF 1987/61).
Ermessensentscheidungen erfordern eine Abwägung der ermessensrelevanten Umstände. Diese Abwägung ist nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Aufhebungsbescheides darzustellen ().

Bei der Ermessensübung kommt dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine zentrale Bedeutung zu (; , 96/15/0174). Grundsätzlich kommt dem Prinzip der Rechtmäßigkeit (Rechtsrichtigkeit) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit (Rechtsbeständigkeit) zu.
Die nach § 20 BAO zu beachtende Zweckmäßigkeit spricht gegen eine Aufhebung, wenn die die Einhebung der aus ihr resultierenden Nachforderung iSd § 236 BAO unbillig wäre.

Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung liegt vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt (; , 98/15/0176; , 98/13/0091; , 2001/14/0022; , 2005/17/0245, AW 2005/17/0061), "sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung ist grundsätzlich in Fällen anzunehmen, in denen das ungewöhnliche Entstehen einer Abgabenschuld zu einem unproportionalen Vermögenseingriff beim Steuerpflichtigen führt. Der in der anormalen Belastungswirkung und verglichen mit ähnlichen Fällen, im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist" ().

In der deutschen Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Umsatzsteuerberichtigung beim Leistenden erst dann zuzulassen sei, wenn (soweit) die Gegenleistung tatsächlich zurückgewährt wurde (so Stadie: in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, § 14 Anm. 556). Auch nach EuGH-Rsp ist es zulässig, die Erstattung dem Leistenden nur dann zu gewähren, wenn sie zu keiner ungerechtfertigten Bereicherung des Leistenden führt (, Marks & Spencer plc; , C-566/07, Stadeco BV). Dies findet im nationalen UStG keine gesetzliche Stütze. Allerdings sieht § 239a BAO ein Bereicherungsverbot vor. Berichtigt der Rechnungsaussteller die Rechnung, sodass es zum Wegfall der Steuerschuld kraft Rechnungslegung kommt, so hat gem. § 239a BAO die durch den nachträglichen Wegfall der Steuerschuld entstandene Gutschrift auf dem Abgabenkonto zu unterbleiben, sofern der Rechnungsaussteller die korrigierte Umsatzsteuer dem Kunden nicht rückerstattet (Kollmann/Schuchter in: Melhardt/Tumpel, UStG2 § 11 Tz 234b und Ruppe/Achatz, UStG5 § 11 Rz 137/1). Ein Anspruch des Abnehmers (z.B. aus einer Rückzahlungsvereinbarung mit dem Leistenden) müsste nach Ansicht von Ruppe/Achatz genügen, um das Vorliegen einer ungerechtfertigten Bereicherung zu verneinen und die ustliche Berichtigung zuzulassen (Ruppe/Achatz, UStG5 § 11 Rz 137/1 mit Verweis auf weitere Lit. und Rsp.).
Dass der EuGH an seiner Rechtsmeinung festhält, nur die geschuldete Mehrwertsteuer dürfe "erstattet" werden, überrascht nicht. Gleiches gilt für die Aussage, dass eine nationale Regelung, wonach der leistende Unternehmer, welche die fälschlich berechnete Steuer an das Finanzamt abgeführt hatte, deren Erstattung verlangen könne, den Grundsatz der Neutralität und Effektivität beachte, da der Leistungsempfänger dann mittels zivilrechtlicher Klage vom leistenden Unternehmer Rückzahlung verlangen könne (, Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH).
Einzig bedeutsam ist die Aussage, wenn die Erstattung der Steuer unmöglich oder übermäßig erschwert werde, insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Leistungserbringers, könne der Leistungsempfänger seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richten. Der EuGH begründet, wie so häufig, seine vom Ansatz her richtige Aussage nicht. Ihr könne nur der Gedanke zugrunde liegen, dass der leistende Unternehmer "Steuereinnehmer für Rechnung des Staates" ist, so dass der Staat sich die Zahlungsunfähigkeit seines Gehilfen zurechnen lassen müsse. Auch wenn der EuGH nicht deutlich macht, in welcher Reihenfolge er in dem Dreiecksverhältnis Finanzamt - Leistender Unternehmer - Leistungsempfänger die beiden Erstattungsvorgänge zu vollziehen sind, so ist es doch zwingend, dass die Erstattung an den leistenden Unternehmer erst erfolgen darf, wenn dieser dem Finanzamt nachgewiesen habe, dass er den Betrag zuvor an seinen Vertragspartner zurückgezahlt hat. Andernfalls könnte die Situation eintreten, dass der leistende Unternehmer nach Erlangung der Steuerrückzahlung insolvent werde und damit auf Kosten seines Vertragspartners bereichert wäre. Diffus ist auch die Formulierung "Erstattung unmöglich oder übermäßig erschwert". Konsequent zu Ende gedacht, hat dem Leistungsempfänger der Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt bereits dann zuzustehen, wenn der leistende Unternehmer den Betrag nach entsprechender Aufforderung nicht zurückzahlt. Der Erstattungsanspruch steht grundsätzlich demjenigen zu, der die Steuer als formaler Schuldner (leistender Unternehmer) an das Finanzamt entrichtet hat. Da dieser den Erstattungsanspruch nicht verwirklichen könne, solange er den Betrag nicht zuvor seinem Vertragspartner (Leistungsempfänger) erstattet hat, bliebe der Betrag beim Finanzamt. Zur Vermeidung dieser ungerechtfertigten Bereicherung des Steuergläubiger müsse bei der Umsatzsteuer als indirekter Steuer der Erstattungsanspruch dem Steuerträger zustehen, wenn der formale Steuerschuldner als Gehilfe des Steuergläubigers zur Rückabwicklung nicht in der Lage sei (Stadie, UR 2007, 431). Dieser Ansicht widersprechen zwar Achatz/Ruppe aaO verweisen jedoch darauf, dass sich der Leistende am erstatteten Umsatzsteuerbetrag nicht bereichern darf. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wären zwar derartige Gutschriften zwar im Abgabenbescheid auszuweisen, sie seien jedoch auf dem Abgabekonto nicht zu verbuchen, wenn dies zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Abgabepflichtigen führen würde, somit im Wesentlichen dann, wenn feststeht, dass eine Weitergabe der Beträge an den Leistungsempfänger (Kunden) de facto nicht möglich ist (wegen der Anonymität des Marktes kennt der Unternehmer seine Kunden nicht) oder dass aus anderen Gründen eine solche Weitergabe tatsächlich nicht erfolgen wird. Über eine solche "Nichtverbuchung" ist mit gesondertem Bescheid abzusprechen (Ritz, BAO6, § 239a, Rz. 14). In ähnlicher Weise wiederholt der EuGH in einem weiteren Urteil (, Tibor Farkas) unter Bezugnahme auf (), dass ein System nach dem zu einen der Verkäufer eines Gegenstands, der die Mehrwertsteuer irrtümlich an die Steuerbehörden entrichtet hat, deren Erstattung verlangen kann, und zum anderen der Erwerber dieses Gegenstands eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung einer nicht geschuldeten Leistung erheben kann, die Grundsätze der Neutralität und der Effektivität beachtet. Denn ein solches System ermögliche es dem Erwerber, der mit der irrtümlich in Rechnung gestellten Steuer belastet war, die rechtsgrundlos gezahlten Beträge erstattet zu bekommen (, Tibor Farkas, Rz. 51). Wenn allerdings die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig schwierig wird, insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Verkäufers, kann der Grundsatz der Effektivität gebieten, dass der Erwerber des betreffenden Gegenstands seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richten kann. Damit der Grundsatz der Effektivität gewahrt wird, müssen deshalb die Mitgliedstaaten die erforderlichen Mittel und Verfahrensmodalitäten vorsehen, die es dem Erwerber ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen (Rz. 53). (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH, C-35/05, Rn. 41). Es sei Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob der Leistungsempfänger die Möglichkeit hat, vom Verkäufer die Rückzahlung der nicht geschuldeten Steuer zu erlangen. Unter diesen Umständen muss es dem Leistungsempfänger möglich sein, seinen Anspruch auf Rückzahlung der zu Unrecht in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer unmittelbar gegen die Steuerverwaltung geltend zu machen, soweit die Rückzahlung durch den Verkäufer unmöglich oder übermäßig schwierig wird (Rz. 54, 56).
Burgmaier folgt in UR 2007, 348f im Wesentlichen der Ansicht Stadie und bemerkt dazu, die Problematik, dass der Leistungsempfänger im Fall der Insolvenz des Leistenden regelmäßig nur im Zivilrechtswege aus ungerechtfertigter Bereicherung einen Teil der bereits bezahlten Umsatzsteuer zurückholen konnte oder die Rückforderung ganz misslang, damit der Vergangenheit angehöre, denn auf Grund dieser Rechtsprechung dem Leistungsempfänger im Fall der Insolvenz ein Direktanspruch gegenüber dem Finanzamt des Leistenden auf Rückzahlung der irrtümlich an das Finanzamt bezahlten Umsatzsteuer zustünde. Der Anspruch des Leistungsempfängers könne nicht damit zurückgewiesen werden, dass nur der Leistende Steuerschuldner sei und daher nur in diesem Verhältnis die Steuer berichtigt werden könnte. Um den Leistungsempfänger und das Finanzamt zu schützen, sei insoweit der Auffassung von Stadie zu folgen, dass dem Leistenden ein Erstattungsanspruch nur zusteht, wenn er die (unrichtig ausgewiesene) Umsatzsteuer dem Rechnungsempfänger zurückbezahlt hat.

Das Finanzamt muss daher im eigenen Interesse diese Voraussetzung (Rückzahlung der unrichtig ausgewiesenen Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger) prüfen, da sonst das Risiko besteht, dass der Leistungsempfänger seinen Direktanspruch geltend macht, wenn die Rückforderung vom Leistenden unmöglich oder übermäßig erschwert wird. Nur durch den Direktanspruch könne in diesen Fällen das Risiko für den Leistungsempfänger, der grundsätzlich verpflichtet ist, die Umsatzsteuer an den Leistenden zu zahlen, interessengerecht verteilt und der Grundsatz der Effektivität gewahrt werden. Er leitet dies daraus ab, da die Kosten der Erhebung der Umsatzsteuer durch die Selbstveranlagung (Selbsterklärung) für den Staat ohnehin reduziert werden und der Leistende als "Steuereinsammler" für den Fiskus fungiere, das Ausfallrisiko nicht der vom "Steuereinsammler" nicht abgeführten Steuer auf den Leistungsempfänger abgewälzt werden. Abgesehen davon hat die belangte Behörde möglicherweise die zu Unrecht abgeführte Leistungsumsatzsteuer im Wege der Umsatzsteuerberichtigung dem Leistenden wieder gutgeschrieben, verrechnet oder ausbezahlt, ohne sich dabei zu vergewissern, ob diese auch an den Leistungsempfänger, der den Vorsteuerabzug zu berichtigen hat, auch weitergeleitet wurde. Daran ändert sich auch nichts, wenn sie nunmehr bekannt gibt, dass im Jahr 2014 keine drohende Insolvenz erkennbar gewesen wäre. Die bloße Tatsache, dass bei einem Abgabepflichtigen mit relativ bescheidenen Einkünften in der Vergangenheit noch keine Insolvenz bekannt war, sagt über seine Zahlungsfähigkeit von zurückzuzahlenden bereits vor Jahren vereinnahmten Steuerbeträgen nichts aus. Das von der belangten Behörde ins Treffen geführte VwGH-Erkenntnis ist gegenständlich nicht vergleichbar. Die Übertragung des Ausfallsrisikos an der Vorsteuerberichtigung an die Bf. erscheint nicht sachgerecht, zumal die belangte Behörde sich nicht um die Sicherstellung bzw. Arrestierung der gutgeschriebenen Umsatzsteuer aus der Umsatzsteuerberichtigung beim Leistenden nicht ausreichend gekümmert hat, sondern nunmehr lediglich auf den möglicherweise resultierenden Steuerschaden verweist.

Im Ergebnis wird mit dieser Entscheidung der Anspruch der Berichtigung des objektiv zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuerabzuges mit dem Anspruch des Bf. auf Rückerstattung der an den Leistungsempfänger tatsächlich bezahlten Umsatzsteuer aufgerechnet, sodass im Ergebnis der unter dem Rechtstitel des § 299 BAO aufgehobene Umsatzsteuerbescheid wieder in den Rechtsbestand zu setzen sein wird.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die arbeitsrechtliche Judikatur des OGH zu verweisen, die grundsätzlich davon ausgeht, der klagende Dienstgeber sei hinsichtlich der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer idR als nicht schutzwürdig zu betrachten, zumal einem Bauarbeiter in untergeordneter Funktion den Unterschied zwischen Dienst- und Werkvertrag mit allen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen zu kennen, nicht zugemutet werden könne (). In der vorhin referierten OGH-Entscheidung nahm der OGH auf seine frühere Entscheidung vom , 8 ObA 226/98p betreffend einen auf Werkvertragsbasis tätigen Journalisten Bezug. Hierbei wird lediglich ausgeführt, unabhängig von der damaligen unrichtigen, Vorstellung der beklagten Partei (Dienstgeber), dass kein abhängiges Dienstverhältnis vorliege, ein Betrag unter dem Titel Umsatzsteuer und damit dem Dienstnehmer ein Bruttobetrag zugesagt wurde. Auch wenn damals davon ausgegangen wurde, dass der Kläger (Dienstnehmer) diesen Teilbetrag als Umsatzsteuer abführen werde, handelte es sich doch um einen Teil des vereinbarten Entgeltes. Alles, was aber unter dem Titel des Entgeltes vereinbart wurde, habe als Bezug im Rahmen des tatsächlich bestehenden abhängigen Arbeitsverhältnisses zu gelten.
Aus all dem ist abzuleiten, im beschwerdegegenständlichen Fall würde sich die zivilrechtliche Rückforderung der geleisteten Umsatzsteuerbeträge, die vom Finanzamt unter dem Titel Vorsteuerberichtigung vorgeschrieben wurde, als nahezu unmöglich und übermäßig schwierig erweisen, zumal zum Nachweis einer eventuellen Schlechtgläubigkeit erst eine erfolgreiche Präzedenzentscheidung herbeigeführt werden müsste. Ebenso müsse auf die schlechte Bonität des Rückforderungsschuldners Bedacht genommen werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ausdrückliche VwGH-Judikatur zur Frage der verpflichtenden Vorsteuerberichtigung des Leistungsempfängers im Falle fehlender Rückzahlung des vereinnahmten Steuerbetrages durch den Leistenden liegt nicht vor.

Graz, am

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Steuer
betroffene Normen
§ 11 Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 16 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2101081.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at