Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.06.2020, RV/2100359/2020

Schätzung von Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Bernhart Steuerberatungs GmbH, Alser Straße 23 Tür 27, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt ***2*** vom betreffend Einkommensteuer für 2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe betragen:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
16.782,62 Euro
Gesamtbetrag der Einkünfte
16.782,62 Euro
Sonderausgaben
-108,07 Euro
Einkommen
16.674,55 Euro


Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
1.418,64 Euro
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00 Euro

Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
1.018,64 Euro
Steuer sonstige Bezüge
20,58 Euro
Einkommensteuer
1.039,22 Euro
Anrechenbare Lohnsteuer
-29,19 Euro
Festgesetzte Einkommensteuer (gerundet)

1.010,00 Euro

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Pensionist und erzielt zusätzlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einer Beschäftigung bei der Gemeinde ***3*** [Gemeinde].

Der hier angefochtene Bescheid vom erging erklärungsgemäß (keine beantragten Werbungskosten).

In der Beschwerde vom wurden erstmals diverse Aufwendungen im Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit des Bf. bei der Gemeinde geltend gemacht. Laut Bf. umfasse sein dortiges Aufgabengebiet folgende Tätigkeiten: Schnee schaufeln, Reinigung des Müllplatzes, Rasenmähen und Baumschnitt etc., Müllentsorgung, Entleerung der Müllkörbe und Straßenreinigung. Konkret beantragte der Bf. die Berücksichtigung folgender Werbungskosten: Fahrtkosten mit dem privaten PKW für 120 km: 50,40 Euro; Traktorkosten für 119 Stunden zu einem Stundensatz von 25 Euro: 2.975 Euro, Telefonkosten unter Ansatz eines Privatanteiles von 50%: 102 Euro.

Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde den Bf. unter Hinweis auf die Nichtanwendbarkeit der ÖKL-Richtsätze, die beantragten Werbungskosten nachzuweisen.

Laut Vorhaltsbeantwortung vom gibt es keinen schriftlichen Dienstvertrag mit der Gemeinde. Es seien keine Kostenersätze für die Traktorstunden geleistet worden. Händische Aufzeichnungen über die geleisteten Traktorstunden wurden vorgelegt. Die Anwendbarkeit der ÖKL-Richtsätze ergäbe sich aus . In einer Kalkulation des Bf. wurden die Traktorkosten aufgegliedert, wobei für den Treibstoff 6,06 Euro pro Stunde in Ansatz gebracht wurden. Zusätzlich wurde der fast unleserliche Zulassungsschein des Traktors vorgelegt. Dieser ist auf die Gattin des Bf. zugelassen.

In weiterer Folge richtete die belangte Behörde an die Gemeinde ein Auskunftsersuchen vom . Darin wurde die Gemeinde als Arbeitgeberin gebeten, die Angaben des Bf. zu bestätigen, wonach keine Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden und der Traktor ohne Kostenersatz vom Bf. für die nichtselbständige Tätigkeit zu verwenden sei.

In der Antwort vom bestätigte die Gemeinde, dass der Bf. die Ortsbildpflege im Ortsteil ***4*** [Ortsteil] der Gemeinde durchführt. Die Vergabe sei auf Grund der freiwilligen Zurverfügungstellung des Traktors durch den Bf. für seine Tätigkeit erfolgt. Die aufgezeichneten Arbeitsstunden würden von der Gemeinde kontrolliert.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurden die geltend gemachten Fahrtkosten mit dem PKW nicht anerkannt, weil es sich dabei um Fahrten: Wohnung-Arbeitsstätte handle. Hinsichtlich des im vorliegenden Fall verwendeten Traktors wurde, da es sich um den Traktor der Gattin handelt, lediglich der Dieselaufwand in geschätzter Höhe von 6,06 Euro * 119 Betriebsstunden = 721,14 Euro berücksichtigt. Von den Telefonkosten wurden 20% anerkannt.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in welchem ergänzend vorgebracht wurde, dass es sich bei den Fahrten mit dem privaten PKW keinesfalls um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sondern um notwendige Fahrten für die Gemeinde handle, um Arbeitsmittel und Müll zu transportieren. Dem Argument der belangten Behörde, dass der Traktor der Gattin gehöre und deshalb im Zusammenhang mit dem Traktor nur die Treibstoffkosten absetzbar wären, werde entgegnet, dass sämtliche Aufwendungen vom Gemeinschaftskonto des Bf. mit der Gattin abfließen würden. Der Bf. vertritt daher die Auffassung, dass er steuerlich wie ein wirtschaftlicher Eigentümer des Traktors zu behandeln sei. Was die von der belangten Behörde berücksichtigte Treibstoffkomponente in Höhe von 6,06 Euro anlangt, so sei dieser Betrag ein Nettobetrag, weshalb hier also noch die Umsatzsteuer hinzugerechnet werden müsse. Was die Telefonkosten betrifft, so werde die Entscheidung der belangten Behörde akzeptiert.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor. Die belangte Behörde gehe auf Grund der zurückgelegten Kilometer weiterhin davon aus, dass es sich bei den strittigen PKW-Fahrten um Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte handle. Was die strittigen Traktorkosten anlangt, so werde festgestellt, dass der Bf. kein Landwirt sei und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erziele (vgl. Lohnzettel). Die Gattin des Bf. sei Landwirtin. Im vorliegenden Fall habe man mangels eines Nachweises konkreter Werbungskosten im Schätzungswege die Dieselkosten anerkannt. Eine AfA für den Traktor komme nicht in Betracht, weil der Bf. nicht der Eigentümer des Traktors sei. Die ÖKL-Sätze seien nicht anwendbar, weil die ÖKL-Richtlinien nur bei Land- und Forstwirten zur Anwendung kommen (zB bäuerliche Nachbarschaftshilfe). Weiters sei der Abzug der ÖKL-Sätze im Rahmen des landwirtschaftlichen Nebenerwerbs gegenüber Nichtlandwirten unzulässig. Die Behörde beantrage daher die Beschwerdeerledigung im Sinne der Beschwerdevorentscheidung.

In der beim Bundesfinanzgericht am eingegangenen Vorhaltsbeantwortung wiederholte der Bf. im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Händische Aufzeichnungen zum Beweise dafür vor, dass es sich bei den strittigen PKW-Fahrten nicht um Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte handelt, sowie diverse ÖKL-Unterlagen wurden beigelegt.

Über die Beschwerde wurde Folgendes erwogen:

Im vorliegenden Fall sind - nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung - nur mehr folgende Beschwerdepunkte strittig:

  1. "1. Fahrtkosten mit dem privaten PKW …" und

  2. "2. Fahrtkosten mit dem Traktor …".

zu Punkt 1.:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Auf Grund der vom Bf. nachgereichten Unterlagen wird dem Beschwerdevorbringen, wonach die verfahrensgegenständlichen PKW-Fahrten auf Grund der nichtselbständigen Tätigkeit des Bf. für die Gemeinde erfolgt sind und es sich dabei nicht um Fahrten: Wohnung-Arbeitsstätte handelt, Glauben geschenkt.

Die Werbungskosten sind gegenüber der Beschwerdevorentscheidung daher um 50,40 Euro zu erhöhen.

zu Punkt 2:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Da der Bf. die Kosten nicht nachweisen konnte, waren diese von der belangten Behörde zu schätzen. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde die Treibstoffkosten berücksichtigt und ist dem Bf. auch insofern entgegengekommen, als sie sowohl die angenommenen Treibstoffkosten pro Betriebsstunde (6,06 Euro) als auch die Anzahl der Betriebsstunden (119) aus den Angaben des Bf. übernommen hat.

Gegen diese Schätzung hat das Bundesfinanzgericht grundsätzlich keine Bedenken, allerdings hat die belangte Behörde dabei offenbar übersehen - worauf auch der Bf. zu Recht hingewiesen hat -, dass es sich beim o.a. Treibstoffkostenbetrag um einen Nettobetrag handelt und hier richtigerweise daher auch noch die Umsatzsteuer zu berücksichtigen wäre.

Daher sind die Werbungskosten gegenüber der Beschwerdevorentscheidung um zusätzliche 144,23 Euro zu erhöhen.

Weiters zu berücksichtigende Kosten bzgl. dieses Punktes hat die belangte Behörde zu Recht nicht in Betracht gezogen, ist doch der Bf. nicht Eigentümer des Traktors, vielmehr handelt es sich beim hier verwendeten Traktor um den der Gattin des Bf. (= Landwirtin; vgl. Vorlagebericht).

In diesem Zusammenhang wird der Vollständigkeit noch darauf hingewiesen, dass auch der vom Bf. relevierte Umstand des gemeinsamen Kontos mit der Gattin den Bf. nicht zum (wirtschaftlichen) Eigentümer des Traktors macht.

Schließlich ist der belangten Behörde aber auch noch darin beizupflichten, dass für eine umfassende Anwendung der ÖKL-Richtsätze (der Bf. ist kein Land- und Forstwirt und er erzielt lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) im vorliegenden Fall keine rechtliche Grundlage besteht. Die vom Bf. angeführte UFS-Entscheidung betraf einen anders gelagerten Fall (vgl. Begründung zur Beschwerdevorentscheidung).

Im Ergebnis (Punkt 1. und Punkt 2.) verringern sich die Einkünfte und das Einkommen gegenüber der Beschwerdevorentscheidung daher um 194,63 Euro.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.

Somit war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100359.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at