1. Zurechnung der Prostitutionserlöse an die Bordellbetreiberin 2. Besteuerung der Umsätze der Bordellbetreiberin mit 20% (keine Miete)
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2814/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kulmburg & Partner Wirtschaftsprüfung & Steuerberatung GmbH, Harrachgasse 26, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2011 bis 2015 sowie Umsatzsteuerfestsetzung für 2-12/2016 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
(1) Bei der Beschwerdeführerin (Bf.) fand im Jahr 2017 eine die Streitjahre umfassende Außenprüfung statt. Die Art ihrer Tätigkeit wird im Prüfungsbericht vom mit "Barbetrieb" angegeben. Der Prüfer traf ua. folgende Feststellungen (Punkt 3. der Niederschrift vom ):
"Erlöse Prostitution:
Es wurden Einnahmen aus der Bereitstellung von Zimmern zur Ausübung der Prostitution als Beherbergungserlöse erfasst und mit dem ermäßigten Steuersatz von 10% bzw. ab Mai 2016 13% Umsatzsteuer versteuert.
Nach der Rechtsprechung ist bei Barbetrieben mit Zimmern (Separees) zur Ausübung der Prostitution der Umsatz für die Sexdienstleistungen dem Betreiber der Bar zuzurechnen, da nach der Kundenerwartung die Leistung des Barbetreibers nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch darin liegt, dass Prostituierte angeboten werden.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass z.B. auf der Getränkekarte oder einem Aushang darauf hingewiesen wird, dass die anwesenden Damen auf eigene Rechnung tätig sind (z.B. VwGH 2003/15/0147; 2002/13/0104; UFS RV/1419-L/09 ).
Es liegt somit eine einheitliche Leistung zusammen mit der Bereitstellung der Zimmer vor, die dem Normalsteuersatz unterliegt. (…)"
Auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen ergingen die beschwerdegegenständlichen Bescheide.
(2) Die Beschwerde wird im Wesentlichen wie folgt begründet (auszugsweise wörtlich wieder gegeben):
"[Die Bf.] betreibt… eine Bar mit im ersten Stock befindlichen 4 Zimmern. (…)
Umsätze Prostitution: (…)
Zu diesem Thema gibt es bereits einige höchstgerichtliche Entscheidungen, nach denen diese Leistungen vorwiegend aufgrund der "Kundenerwartung" und der "allgemeinen Lebenserfahrung" (VwGH, , 2003/15/0047) bzw. der "Verkehrsauffassung" (VwGH, , 2002/13/0104) dem Barbetreiber zuzurechnen waren. Die Subsumption unter diese unbestimmten Rechtsbegriffe kann aber wohl nur dann vorgenommen werden, wenn für den betreffenden Sachverhalt im Einzelfall keine klaren vertraglichen Regelungen zwischen den betroffenen Personen getroffen werden. Da aber in unserem Fall solche klaren Vertragsverhältnisse vorhanden sind, unterscheidet sich dieser offensichtlich von den früher entschiedenen Sachverhalten. Es kann in einem Rechtsstaat nicht möglich sein, einen klaren Vertragsinhalt zu negieren und den Sachverhalt einem rechtlich nicht geregelten Begriff unterzuzuordnen.
Jeder Österreicher ist aufgrund des die österreichische Privatrechtsordnung beherrschenden Prinzips der Privatautonomie grundsätzlich (mit wenigen hier irrelevanten Ausnahmen) berechtigt, frei zu entscheiden, ob und mit wem er Vertrage abschließt, und den Vertragsinhalt frei zu gestalten. (…)
[Die Bf.] hat schon seit vielen Jahren… sowohl in ihrem Betrieb im Eingangsbereich auf einem großen Schild als auch auf jeder Getränkekarte (4-seitig Format C5/6, einfache Karte mit Falz, daher nicht unübersichtlich) folgenden Hinweis für die Gäste angebracht: "Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Lokalbetreiber lediglich die üblichen Gastgewerbekonsumationen anbieten und die anwesenden Damen ihre Dienstleistungen selbständig in eigenem Namen erbringen!". Das Schild im Eingangsbereich ist auffällig und für jeden Gast sofort sichtbar. Es ist daher für jeden Kunden bei Betreten des Lokals klar erkennbar, welches Geschäft bzw. welchen Vertrag die Inhaberin mit dem Kunden abschließen will und welches Geschäft eben nicht. Dabei handelt es sich keineswegs um ein "auf den äußeren Schein gerichtetes Dokument wie ein Informationsblatt" (wie behauptet in -G/09), noch kann dem VwGH (, 2010/15/0059) gefolgt werden, wenn festgestellt wird, dass "vorhandene leicht wahrnehmbare Aushange keine andere Zuordnung erlauben, weil derartige Aushänge in Animierlokalen üblicherweise von Kunden keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird".
Erstens ist dieser Hinweis nicht "zum Schein" angebracht (dazu weiter unten), noch kann es eine rechtliche Auswirkung haben, falls ein Kunde tatsächlich den Hinweis nicht liest. Er KANN mit der Barbetreiberin gar kein Rechtsgeschäft darüber abschließen (nicht einmal konkludent), da sie ihm für dieses zweiseitige Rechtsgeschäft einfach nicht zur Verfügung steht und diesen Willen klar geäußert hat. Es kann der Inhaberin unter den unbestimmten Rechtsbegriffen "Kundenerwartung" bzw. "allgemeine Lebenserfahrung" nicht ein Vertrag zugerechnet werden, den sie nicht will und der rechtlich nicht vorhanden ist. Eine solche Zurechnung wurde das grundlegende Prinzip der Privatautonomie untergraben und ad absurdum führen. (…)
Wenn der Kunde den Hinweis tatsächlich nicht lesen sollte ist das wohl sein Problem und kann dies nicht der Barbetreiberin angerechnet werden. (…) In die gleiche Richtung weist die OGH-Entscheidung vom , 1 Ob 30/04 z, über die Geltung von AGBs in einem Vertragsverhältnis. Demnach setzt ihre Anwendung "voraus, dass sie durch einen entsprechenden Hinweis oder zumindest stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht wurden. Ob der andere Vertragsteil einen solchen Hinweis ausdrücklich zur Kenntnis nahm oder ihm die AGB vor Vertragsabschluss ausgehändigt wurden, ist nicht entscheidend. Maßgebend ist nur, dass der Vertragspartner die Möglichkeit hatte, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu erlangen (…)
Auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet ist es also nach ständiger Rechtsprechung des OGH völlig ausreichend, dass der Kunden die Möglichkeit hat, vom Hinweis Kenntnis zu erlangen und vice versa ihm die Kenntnisnahme nicht unmöglich gemacht wird. Beides ist im Betrieb [der Bf.] erfüllt. Nachdem das Vertragsrecht als Rechtsgrundlage in gleicher Weise auf das Steuerecht anzuwenden ist, ist hier eine abweichende Rechtsansicht nicht denkbar.
Ein weiterer Hinweis auf die Frage der Zuordnung dieses Vertragsverhältnisses ist die Überlegung, wer gegen wen Anspruche für den Fall von Leistungsstörungen aus dem Vertrag über die Sexdienstleistung stellen kann. Es ist uE völlig undenkbar, dass in diesem Fall die Barbetreiberin zur Verantwortung gezogen werden kann, was wiederum eindeutig für einen Vertrag direkt zwischen Kunden und Prostituierter spricht.
(…) Auch andere Punkte, die in diversen Urteilen (zB ) über die Zurechnung der Umsätze angeführt sind, treffen in unserem Fall nicht zu:
- Die Preise für die Sexdienstleitungen werden ausschließlich von den ausführenden Damen festgelegt und mit den Kunden vereinbart. Die Inhaberin hat weder bestimmte Preise noch Preisrahmen vorgeschrieben. Sie weiß auch tatsächlich nicht, welche Preise vereinbart wurden (zum Inkasso weiter unter). (…)
[Die Bf.] wählt keine Mädchen aus! Die Damen, welche kommen, sind hier, und wenn sie nicht kommen (zB weil sie an manchen Tagen nicht oder wo anders arbeiten), dann sind sie eben nicht hier. Sie werden auch nicht gebeten, zu bestimmten Zeiten oder an bestimmten Tagen zu kommen, so wie es keine Arbeitseinteilung von Seiten der Inhaberin gibt. Das reden sich die Damen unter sich aus. Es kommt sogar bisweilen vor, dass überhaupt keine Damen anwesend sind. Sie wissen wann der Betrieb geöffnet ist, und haben dazwischen ihre Arbeitsmöglichkeit, aber keine -pflicht.
Auch ein weiterer Punkt, der in diversen Urteilen über die Zurechnung der Umsätze angeführt ist, trifft in unserem Fall nicht zu: das Inkasso der Sexdienstleistungen wird durch die ausführenden Damen selbst, und nicht durch die Barbetreiberin oder eine ihrer Dienstnehmerinnen, vorgenommen. Dabei gibt es zwei Konstellationen:
Bei Barumsätzen geht das problemlos, da der Kunde bei der Inhaberin lediglich die Getränkekonsumation bezahlt. Den Preis für die Sexdienstleistung, über deren Höhe die Betreiberin keine Information hat, wird vom Kunden direkt an die Dame bezahlt. Die Dame wiederum bezahlt für die Benutzung des Zimmers einen Zimmerpreis an die Inhaberin, die diesen als Bareinnahme aufzeichnet und der Besteuerung unterwirft.
Bei Bankomat- bzw. Kreditkartenzahlungen, die ausschließlich auf Wunsch des Kunden durchgeführt werden, ist der Ablauf wie folgt, (…)
Die Barbetreiberin stellt ihre Getränkekonsumation in Rechnung, der Kunde bezahlt über den Terminal jedoch einen höheren Betrag und erhält den übersteigenden Betrag als Wechselgeld zurückbezahlt. Daran ist weder etwas Verwerfliches noch werden an diesen Ablauf besondere Anforderungen im Rechnungswesen gestellt. Die Getränkekonsumation ist als normale Einnahme erfasst. Bei dem Ruckzahlungsbetrag handelt es sich um gewöhnliches Retourgeld, das im Rechnungswesen nicht besonders aufzeichnungspflichtig ist. Es ist jedenfalls nicht gesetzlich vorgeschrieben, den gesamten Einzahlungsbetrag als Einnahme und den Auszahlungsbetrag als Ausgabe im Kassensystem aufzuzeichnen (…)
Das Retourgeld wurde bis Mai 2015 dem Kunden formlos übergeben, seit Juni 2015 bestätigt der Kunde auf dem Zahlungsbeleg den Erhalt des Wechselgeldes. Dazu wurde Betrieb ein Stempel angefertigt, der vom auf der Ruckseite des Belegs angebracht wird, auf dem das Wechselgeld ausgewiesen und der Erhalt vom Kunden bestätigt wird (2 Beispiele vgl. Beilage). Es ist dem Kunden schließlich auch jetzt klar, dass er mit der Barbetreiberin keinen Vertrag über die Sexdienstleistung abgeschlossen hat.
Das Wechselgeld verwendet der Kunde nach seinem Belieben. Es ist [der Bf.] nicht bekannt, ob der Kunde weniger als das Retourgeld, exakt diesen Betrag oder mehr an die Dame für ihre Leistung bezahlt. Es ist daher auch nicht möglich, aufgrund des Retourgelds den Damenumsatz zu eruieren. Dieser Umsatz wurde in der BP daher auf anderem Weg geschätzt. Von dem Leistungsentgelt, dass die Dame einnimmt, bezahlt sie das Benutzungsentgelt für das Zimmer an die Betriebsinhaberin.
Überdies sind zwei weitere Geschäftsabläufe, die im Betrieb regelmäßig vorkommen, darzustellen:
- Einerseits kommen Kunden bereits mit einer Dame ins Lokal, konsumieren dort meist keine Getränke und gehen gleich auf ein Zimmer. In diesem Fall ist weder die Barinhaberin noch das "Lokal" an einer Anbahnung involviert, sodass sie gar nicht an einem Vertrag über die Sexdienstleistung mit dem Kunden mitwirken können. Die Barbetreiberin bekommt lediglich die Zimmermiete von der Dame. Sie hat diesfalls keine Information über einen Leistungspreis noch ist sie in dessen Inkasso involviert.
- Andererseits knüpfen Kunden im Lokal Kontakte mit Damen, verlassen dann aber gemeinsam die Bar und die Sexdienstleistung wird an einem anderen Ort, meist die Wohnung des Kunden, ausgeführt. Hier hat die Barbetreiberin höchstens einen vorangegangenen Getränkeumsatz. Wie oben hat sie keine Information über einen Leistungspreis noch ist sie in dessen Inkasso involviert.
Aus all diesen Sachverhaltspunkten geht hervor, dass
- die Barbetreiberin nie einen Vertrag mit dem Kunden über Sexdienstleistungen abschließt, da sie ihm dafür gar nicht zur Verfügung steht und das auch wirksam kommuniziert hat
- der Kunde den Vertrag über diese Leistungen direkt mit der Dame vereinbart
- der Kunde diese Leistung selbst direkt an die Dame bezahlt, es also bei der Barinhaberin weder zu einem aufzeichnungspflichtigen Zahlungszufluss (Retourgeld!) noch einem Zahlungsabfluss kommt und der Barbetreiberin daher diese Umsätze nicht zugerechnet werden können. Eine Zurechnung, die diese klaren Vertragsverhältnisse negiert und aufgrund unbestimmter Rechtsbegriffe "Kundenerwartung" oder "allgemeiner Lebenserfahrung" vorgenommen wird, ist unserer Ansicht nach rechtswidrig. (…)
Alternativ dazu ist noch ein weiterer Punkt beachtlich: Wenn tatsachlich entgegen der tatsachlichen Gegebenheiten und gelebten Abläufe in uE unrichtiger Weise ein Geldzu- und -abfluss der Umsätze aus Sexdienstleistungen bei der Barbetreiberin angenommen werden sollte, wären die Regelungen über die durchlaufenden Posten anzuwenden. Nach § 4 Abs. 3 UStG zählen Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt, nicht zum Entgelt. Wir haben ausführlich dargelegt, dass die Inhaberin in keinem Vertragsverhältnis mit den Kunden über die Sexdienstleistung steht und daher in diesen Leistungsaustausch nicht eingeschaltet ist.(…).
Nach VwGH … ist (nur) "bei Geschäften des täglichen Lebens nicht erforderlich, dass der Unternehmer nach außen erkennbar im fremden Namen auftritt. Wie im Zivilrecht sind solche Geschäfte auch ustl dem zuzurechnen, "den sie angehen" (Ruppe/Achatz, UStG4, § 4 Rz 129). Diese Einschränkung (nur) hatte jedoch hier keine Auswirkung, da durch die Vertragsgestaltung ohnehin klar nach außen für sämtliche Beteiligten erkennbar ist, dass die Inhaberin keinen Vertrag über die Sexdienstleistung, mit wem auch immer, abschließt und abschließen will, sondern der Vertrag ausschließlich direkt zwischen den Kunden und den Damen geschlossen wird (…)
Zimmervermietung:
Hier geht es um die Frage des anzuwendenden USt-satzes bei der Zimmervermietung. Bisher wurde für die gesamten Mieterlose der ermäßigte Steuersatz für Wohnraumvermietung angewendet, was die Finanzbehörde nicht akzeptiert und den Normalsteuersatz vorschreibt.
(…) Dass es sich bei der vorliegenden Zimmervermietung um eine steuerpflichtige Leistung handelt, steht für uns außer Zweifel, es stellt sich aber die Frage des Steuersatzes. (…)
Wir gehen, wie im vorigen Punkt dargestellt, davon aus, dass die Barinhaberin aufgrund der eindeutigen Vertragsgestaltung und Willensverhältnisse nicht in die Leistungsbeziehung Kunde - Prostituierte eingebunden ist und an die Damen lediglich die Zimmerüberlassung erbringt.
Zur Aufteilung des Überlassungsentgelts auf Wohnraummiete und Duldungsleistung (s.o. Ruppe/Achatz) ist vorerst der "übliche Zimmerpreis" zu ermitteln (alle folgenden Preisangaben sind brutto inkl. USt). Dieser besteht nicht nur aus der eigentlichen Miete, sondern auch den damit zusammenhangenden und vom Gesamtpreis zu deckenden Nebenkosten, wie sie hier gleich wie in jedem Hotel anfallen (va. Zimmerreinigung, Austausch und Reinigung Bettwäsche). Die Zimmervermietung ist in diesem Fall natürlich nicht mit einem üblichen Beherbergungsbetrieb und den dort erzielbaren Zimmerpreisen zu vergleichen. Es gibt aber in und um Graz vereinzelt sog. Stundenhotels, in denen man für ein Zimmer mieten kann. (…) Der Preis wird dabei regelmäßig als Fixpreis (42 bis 50 EUR für 4 h) und Verlängerungspreis (5 EUR für jede weitere Stunde) angeboten (in der Folge gerechnet mit dem Durchschnitt bei drei Anbietern von 47,33 EUR). Da die Nebenkosten unabhängig von der Vermietungsdauer immer gleich anfallen, egal ob das Zimmer eine oder vier (oder 24) Stunden benützt wird, müssen diese aus dem Gesamtpreis errechnet werden. Der Verlängerungspreis von durchwegs 5 EUR kann dabei als reines Benutzungsentgelt für eine Stunde angesehen werden, was bei vier Stunden einen Mietanteil von 20 EUR und einen Nebenkostenanteil von 27,33 EUR ergibt. Diese Rechnung ist nicht unplausibel, da bei einem "normalen" Hotel bei einem üblichen Eincheck-/Auscheck-Rahmen von 15h bis 11h/Folgetag ein Zimmerpreis von 20h x 5 EUR = 100 EUR plus Nebenkosten 27,33 EUR, in Summe daher 127,33 EUR realistisch ist. Ebenso realistisch ist die Kostenannahme für die gesamte Zimmerreinigung samt Wäschereinigung, die alle zu Lasten der Inhaberin gehen.
Da Stundenhotels keine Duldungsleistung erbringen, muss sich der Preis von 42 bzw. 50 zur Ganze auf Zimmer und Nebenkosten aufteilen lassen. Wenn man annehmen sollte, dass die Nebenkosten billiger sein mussten, dann würde sich der reine Mietanteil pro Stunde erhöhen, um auf den gleichen Gesamtbetrag zu kommen, der tatsächlich bezahlt wird. Das würde sich aber nur marginal auf die folgenden Berechnungen auswirken.
Diese Kosten, angewendet auf die Sachlage bei [der Bf.], führen bei einer Stunde Mietzeit zu einem Mietpreis von 32,33 EUR (5 EUR plus 27,33 EUR Nebenkosten). Da der Gesamtpreis für eine Stunde Benutzung im Betrieb [der Bf.] bei 60 EUR liegt, stellt der Restbetrag in Höhe von 27,67 EUR den Preis für die Duldung der sonstigen Leistung dar. Es zeigt sich somit, dass die Aufteilung "üblicher Zimmerpreis : Duldungsentgelt" bei einer ganzen Vermietungsstunde bei rd. 50 : 50 liegt und … der Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten hier kein unwesentlicher Anteil zukommt.
Es ist sogar das Gegenteil der Fall, da bei kürzerer Vermietung die notwendigen Nebenkosten gleichbleiben und die reine Miete (5 EUR/h) nur minimal sinkt. Da die Zimmer tatsächlich durchschnittlich 40 min vermietet werden (Durchschnitt 2016), ist der übliche Zimmerpreis regelmäßig höher als der verbleibende Preis für die Duldung. Er ergibt sich konkret aus dem anteiligen Mietpreis von 3,33 EUR (5 EUR / 60 min * 40 min) plus Nebenkostenanteil 27,33 EUR, gesamt daher 30,66 EUR im Verhältnis zum Gesamtpreis 40 EUR. Die tatsächliche Aufteilung "üblicher Zimmerpreis : Duldungsentgelt" bei den Verhältnissen im Betrieb [der Bf.] beträgt somit 75 : 25.
Wenn es daher einen unselbständigen Teil im Sinn der o.a. UFS-Entscheidung gibt, dann betrifft das bei [der Bf.] jedenfalls den Duldungsanteil und nicht den Anteil für die Zurverfügungstellung des Zimmers. Dann ist aber der gesamte Zimmerpreis als Beherbergungsentgelt dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen.
Wir beantragen daher, wie bisher auf den gesamten Zimmerpreis den ermäßigten Steuersatz anzuwenden. (...) In eventu wird beantragt, nach Ruppe/Achatz, UStG4, § 6 Rz 382, bzw. dem o.a. VwGH-Erkenntnis , 86/15/0084, eine angemessene Aufteilung des Gesamtpreises im Verhältnis der tatsachlichen Umstände 75% Wohnraumentgelt (ermäßigter Steuersatz) : 25% Duldungsentgelt (Normalsteuersatz) vorzunehmen. (…)"
(3) In seiner Stellungnahme zur Beschwerde führt der Prüfer ua. aus:
"(…) 3) Auftritt als Bordell/Auswahl der Prostituierten:
Es wird regelmäßig in der Zeitschrift "Sexmagazin " geworben. Weiters wird auch eine Internetseite betrieben, auf welcher Fotos von "unseren Girls " eingestellt werden sowie auch um Prostituierte geworben wird (mehrsprachig). Es ist auch darin von "unserem Team " die Rede, (siehe Beilage).
4)Abrechnung:
Die Bezahlung erfolgt in weitaus überwiegendem Teil mittels Bankomat-oder Kreditkarte. Es trifft zu, dass seit Mitte 2015 auf der Rückseite der Belege ein Stempel aufscheint mit dem Text "Ich bestätige, den Betrag von xxx in bar erhalten zu haben ". Der Name des Kunden ist nicht vermerkt, sodass die Echtheit nicht verifiziert werden kann.
Bezüglich Abrechnung wird auf die beiliegende Hausordnung hingewiesen. Der Pkt.10, in welchem festgehalten ist, dass das Inkasso der vom Betrieb festgesetzten Preise nur von der Betriebsleitung durchgeführt werden darf, wurde in der vorgelegten Fassung händisch gestrichen. In der bei der Behörde aufliegenden Fassung ist dieser Punkt nicht gestrichen.
5)Entgelt für Zimmer:
Die Leistung besteht in der Ermöglichung der Ausübung der Prostitution in einem behördlich bewilligten Bordellbetrieb."
(4) Mit Ergänzungsersuchen vom brachte das BFG der Bf. die Stellungnahme des Prüfers zur Kenntnis und ersuchte um Übermittlung der behördlichen Bewilligung nach den §§ 4 des Stmk. Prostitutionsgesetzes.
In ihrer Antwort vom führt die Bf. ua. aus:
"(…) [Die Bf.] war nicht während der gesamten Öffnungszeit selbst im Betrieb anwesend, aber auch in ihrer Abwesenheit wurden Leistungen von den Damen erbracht. Über deren Preise wurde [die Bf.] nicht informiert, es gab auch keine Veranlassung dazu. Es ist daher unmöglich und widerspricht den Tatsachen, dass [die Bf.] über jeden einzelnen Preis Bescheid wusste. Lediglich über die Zimmerbenutzung und die dafür anfallenden Mietpreise wurden Aufzeichnungen geführt.
zu Punkt 3: Wie jedes Unternehmen, das Kunden anziehen möchte, betrieb auch [die Bf.] Werbung für ihr Lokal. Schon aufgrund der Konkurrenz, die auch Werbung machte, war dies notwendig. Das bedeutet aber nicht und ist keine rechtliche Grundlage dafür, dass die beworbenen Leistungen durch eigenes Personal oder auch in Ihrem Auftrag erfolgt, sondern nur dass diese Leistungen in ihrem Lokal angeboten werden. (Ähnlich wie eine Apotheke, die ihre eingemietete selbständige Kosmetikerin auf ihrer Homepage vorstellt und damit wirbt.)
Was die Suche von Damen für das Lokal angeht, wird natürlich mit bestimmten Bezeichnungen gearbeitet ("unser Team", "unsere Girls"). Das bedeutet aber nicht, dass die Damen zur Arbeitsleistung verpflichtet werden (das ist in dieser Branche rechtlich gar nicht möglich) oder dass diese zu bestimmten Zeiten anwesend sind oder dass diese exklusiv in diesem Lokal arbeiten. Das alles ist nämlich nicht der Fall.
zu Punkt 4: Da damals bei Kreditkartenzahlungen noch die Unterschrift des Karteninhabers notwendig war, ist die Unterschrift auf der Rückseite des Belegs dieselbe wie bei der Bezahlung des Betrags mit der Kreditkarte. Das heißt es gibt eine Verbindung zwischen dem Beleg, der Karte und der Unterschrift auf der Rückseite. Wie schon in der Beschwerde ausgeführt gibt es grundsätzlich keine Aufzeichnungspflicht bzw. Empfangsbestätigung für Wechselgeld.
[Die Bf.] wollte ursprünglich eine zweite Bankomatkassa für diese ihr nicht zustehenden Gelder einführen, das wäre von der Betreiberin der Bankomatkassa aus aber nur möglich gewesen, wenn der Zahlungsterminal auf eine der Damen mit einem eigenen Bankkonto registriert worden wäre. Das wollte aber keine der Damen, auch deshalb, weil sie zusätzlich in anderen Lokalen tätig waren und meist unangekündigt im Lokal [der Bf.] erschienen oder auch ferngeblieben sind. Außerdem war gar nicht klar, wie lange diese Damen überhaupt in Graz sind. Ein Zugriff auf die Kasse und das Bankkonto wären im Fall der plötzlichen Heimreise (was tatsächlich immer wieder vorgekommen ist) oder bei sonstiger Abwesenheit der Damen nicht mehr möglich gewesen. Aus diesem Grund wurde die dann praktizierte Methode von einem anderen Lokal übernommen, indem der Gast die Ausfolgung des Wechselgelds auf der Rückseite des Belegs bestätigt.
Der Punkt 10. auf der Hausordnung wurde nach Aussage [der Bf.] schon vor vielen Jahren nach persönlicher Vorsprache und mit Einverständnis der Behörde gestrichen, da die Einhaltung dieser Bestimmung nicht möglich war. Die Betriebsleitung war [die Bf.], die aber nicht immer selbst anwesend war. Ihre damalige Vertreterin war teilweise selbst in diesem Lokal als Prostituierte tätig, sodass nun niemand mehr die Beträge hätte einheben können.
Bei routinemäßigen Prüfungen der Bewilligung und der Hausordnung durch die Behörde wurde der gestrichene Punkt 10. nie bemängelt. (…)"
Unter Einem wurde ein Bescheid des Magistrat Graz vom vorgelegt, mit welchem der Bf. die Bewilligung zur Fortführung eines Bordells in ihrem Lokal (unter näher genannten Auflagen) erteilt wurde. Darin wurden ua. folgende Auflagen festgehalten:
"(…) 2.) Die allgemeinen sanitätspolizeilichen Vorschreibungen für die Ausstattung eines Bordells sind strikte einzuhalten und bilden einen Bestandteil dieses Bescheides.
3. Die Räume des Bordells dürfen zur Ausübung der Prostitution nur Personen überlassen werden, die einen gemäß § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 314/1974 idgF ausgestellten, mit einem Lichtbild versehenen Ausweis besitzen, der während des Aufenthaltes im Bordell bereitzuhalten und den Organen der Behörden iSd. § 12 leg. cit. auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen ist, und dem zu entnehmen ist, dass a) sie auf Grund des wöchentlichen Untersuchungsvermerkes frei von Geschlechtskrankheiten befunden worden sind und b) bei ihnen nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 4 AIDS-Gesetz 1993 eine HIV-Infektion nicht vorliegt.
4. Die Inhaberin ist verpflichtet, (…) b) sich von der Identität der im Bordell die Prostitution ausübenden Personen sowie von der Gültigkeit des gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 der BGBl. Nr. 314/1974 idgF geforderten Ausweises zu überzeugen, c) der Behörde (…) hinsichtlich der die Prostitution ausübenden Personen sowie hinsichtlich der im Bordell beschäftigten Dienstnehmer schriftlich bekanntzugeben:
aa) längstens binnen 3 Tagen nach der Aufnahme der Prostitution sowie Aufnahme des Dienstverhältnisses Vor- und Familienname, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnanschrift und bei Fremden Angabe über die bestehende Aufenthaltsberechtigung in Österreich,
bb) unverzüglich bei Eintritt jede Änderung des Namens und der Wohnanschrift. (…)
7. In den Räumen, in denen die Prostitution ausgeübt wird, müssen Alarmanlagen installiert sein. (…)"
(5) Am fand vor dem Bundesfinanzgericht die beantragte mündliche Verhandlung statt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Die Bf. betrieb in den Streitjahren eine Bar in der A-Gasse 8 in G mit vier (im Obergeschoß befindlichen) Zimmern. Mit Bescheid vom wurde ihr vom zuständigen Magistrat gemäß den maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Prostitutionsgesetzes (LGBl. Nr. 16 vom ) die Bewilligung zum Betrieb bzw. zur Fortführung eines Bordells (einer bordellähnlichen Einrichtung) unter den auszugsweise oben wörtlich wieder gegebenen Auflagen erteilt. In der behördlich aufliegenden Hausordnung heißt es unter Punkt 10.: "Der vom Betrieb für die Leistung der Prostituierten festgesetzte Preis darf nur von der Betriebsleitung, nicht aber von der Prostituierten selbst, eingehoben werden." In der von der Bf. vorgelegten Ausfertigung der Hausordnung ist dieser Punkt händisch gestrichen. In einschlägigen Magazinen sowie im Internet wurden von der Bf. regelmäßig Werbeinserate geschalten, in denen zB mit "unseren Girls" geworben wird (s. Ausdruck des Prüfers im Anhang zu seiner Stellungnahme zur Beschwerde sowie die Eingabe der Bf. vom , Punkt 3.). Weiters wurde im Internet - in mehreren verschiedenen Sprachen - nach "Girls & Transsexuellen" gesucht: "Bar [der Bf.] sucht Girls. Dieses Lokal hat für jeden was zu bieten! Wenn Du ein außergewöhnliches Girl bist, super verdienen möchtest und für vieles offen bist, dann ruf einfach an. Wir sind auch die beste Adresse für Transsexuelle! (…)" (s. zB den vom Prüfer seiner Stellungnahme zur Beschwerde beigelegten Ausdruck aus dem Sexmagazin vom , welcher der Bf. vom BFG zur Stellungnahme übermittelt wurde).
Die Beschwerde richtet sich primär dagegen, dass die Umsätze für die Sexdienstleistungen vom Finanzamt der Bf. zugerechnet werden. Die Prostituierten hätten ihre Leistungen gegenüber den Kunden selbständig in eigenem Namen erbracht, worauf die Bf. sowohl im Eingangsbereich auf einem großen Schild als auch auf der Getränkekarte - sohin leicht wahrnehmbar - hingewiesen habe. Eine Zurechnung der Prostitutionserlöse an sie würde dem Grundsatz der Privatautonomie widersprechen, da zwischen ihr und den Kunden bezüglich Sexdienstleistung kein Vertrag zustande gekommen sei (s. ausführlich dazu oben).
Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, dass bei einem Barbetrieb mit angeschlossenen Separees (bzw. Zimmern) die Leistung des Barbetreibers nach der Kundenerwartung nicht nur im Getränkeausschank, sondern entscheidend auch in der Gelegenheit zum Separee-Besuch besteht. Vom Betreiber eines solchen Lokals wird allgemein angenommen, dass er zu diesem Zweck "Mädchen offeriert", welche mit den Barbesuchern die Separees aufsuchen, um dort die sexuellen Wünsche der Gäste zu erfüllen. In einer solchen Fallkonstellation kann nicht gesagt werden, dass der Lokalbetreiber außerhalb eines nur zwischen den Mädchen und den Gästen stattfindenden Leistungsaustausches stünde, was aber Voraussetzung wäre, um das Vorliegen durchlaufender Posten bejahen zu können (vgl. zB. ; ; ; ; ; ; ). Ob die "Mädchen" ihre Leistungen als Dienstnehmerinnen des Lokalbetreibers oder als selbständig Tätige erbringen, macht bei der steuerlichen Beurteilung keinen entscheidenden Unterschied (vgl. ).
Die Beschwerde vermag nun nicht aufzuzeigen, dass ihm vorliegenden Fall eine andere rechtliche Beurteilung Platz greifen würde. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist zweifelsohne davon auszugehen, dass die Bf. den Bordellbetrieb und den damit verbundenen Geschäftsablauf bestimmend beherrscht hat und ihr daher die Umsätze aus Prostitution und Getränkeverkauf zuzurechnen sind.
Entscheidend ist vor allem der Umstand, dass der Bf. für den Standort, an dem sie ihre Bar betrieben hat, eine Bewilligung zum Betrieb eines Bordells erteilt wurde und dieser Bewilligung entsprechend Räumlichkeiten an Prostituierte überlassen wurden (). Sie war auf Grund dieser Bewilligung auch zur Einhaltung zahlreicher Auflagen nach dem Stmk. Prostitutionsgesetz verpflichtet (s. oben). Ob die Bf. nun als Bewilligungsinhaberin allen behördlichen oder gesetzlichen Auflagen, etwa der persönlichen Anwesenheitspflicht oder den Melde- und Überwachungspflichten im Einzelnen tatsächlich nachgekommen ist oder nicht, ist für die steuerliche Behandlung der in Streit stehenden Umsätze nicht entscheidend. Die Bf. hat auf Grund der Bewilligung jedenfalls eine Organisation geschaffen und unterhalten, durch welche die gewerbsmäßige Unzucht der Prostituierten dadurch gefördert wurde, dass diesen im Rahmen des Bordellbetriebes Zimmer überlassen wurden. Das Vorhandensein einer entsprechenden "Organisation" ergibt sich allein schon aus der Bewilligung zum Betrieb eines Bordells am Standort der von der Bf. betriebenen Bar. Ihre Leistung bestand maßgeblich in der Ermöglichung legaler Zimmerprostitution (s. nochmals ).
Auch der Umstand, dass von der Bf. in einschlägigen Medien (zB Sexmagazin) einerseits mit "unseren Girls" geworben wurde, sowie andererseits "Girls" für eine Tätigkeit in ihrer Bar gesucht wurden, spricht klar dafür, dass ihre Leistung nach der Kundenerwartung entscheidend in der Gelegenheit zum Zimmer-Besuch mit Prostituierten bestand. Die Bf. führt dazu aus, diese Werbung sei auf Grund der Konkurrenz notwendig gewesen (s. Eingabe vom ). Damit wird aber gerade die Erwartung potenzieller Kunden genährt, dass in der Bar der Bf. eben "Mädchen offeriert" werden, welche mit den Barbesuchern die Zimmer aufsuchen, um dort die sexuellen Wünsche der Gäste zu erfüllen.
Auf den in der Beschwerde umfassend dargelegten Inkasso-Vorgang kommt es bei der gegebenen Sachlage nicht (mehr) entscheidend an. Dennoch sei angemerkt, dass dieses Prozedere (zB Bezahlung eines Getränkes im Wert von € 10,-- via Karte mittels Abbuchung von € 100,-- und Aushändigung des "Wechselgeldes" durch die Bf. an den Kunden in bar zu dessen freier Verfügung, primär zur Bezahlung der Sexdienstleistungen; s. Beschwerde S. 5f. sowie Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom ) nach Meinung des BFG jedenfalls ein weiteres - hier jedoch letztlich nicht mehr entscheidungsrelevantes - Indiz dafür darstellt, dass die Prostitutionserlöse der Bf. zuzurechnen sind. Denn diese ungewöhnliche Vorgangsweise, welche im Übrigen bis Mai 2015 in keiner Weise dokumentiert wurde, lässt nur den Schluss zu, dass auch das Inkasso für die im Lokal angebotenen Sexdienstleistungen maßgeblichen in den Händen der Bf. gelegen ist. In diesem Zusammenhang ist zudem auf die behördlich aufliegende Hausordnung und den darin enthaltenen (in der behördlichen Version nicht gestrichenen) Punkt 10. zu verweisen, welchem zufolge das Inkasso von der Betriebsleitung - und nicht von den Prostituierten - vorzunehmen ist. Wenn dieser Modus in der Beschwerde mit dem bei Einkäufen in Supermärkten herausgegebenen Wechselgeld verglichen wird, so überzeugt dies nicht: Denn die Ausgabe von Retourgeld (zB) in Supermärkten erfolgt regelmäßig nur in Fällen der Barzahlung (wenn der Kunde den Kaufpreis bar nicht in exakter Höhe entrichten kann). Die Aushändigung von Retourgeld, das noch dazu der Höhe nach ein Vielfaches des Gesamtpreises der erworbenen Waren beträgt, ist im Falle von Kartenzahlungen in Supermärkten nach der Lebenserfahrung absolut unüblich. Letztlich ändert aber auch ein Inkasso durch die Prostituierten bei Vorliegen eines Bordellbetriebes an der Zurechnung des Gesamtentgeltes an die Bordellbetreiberin nichts (zB ; in diesem Sinne auch etwa , uva.).
Die Beschwerde konnte im Ergebnis nicht darlegen, dass und aus welchen Gründen eine der oa. Rechtsprechung vergleichbare Fallkonstellation in ihrem Fall nicht vorgelegen wäre. Das Vorbringen der Bf. enthält lediglich Argumente, mit denen sich der VwGH in den angeführten Erkenntnissen bereits auseinandergesetzt hat und die insgesamt als nicht tauglich beurteilt wurden, von einer Trennung der im Bar- und im Bordellbetrieb erbrachten Leistungen ausgehen zu können. Insbesondere erlauben auch der Aushang sowie der Hinweis in der Getränkekarte, wonach Leistungen der Prostituierten auf deren Rechnung stattfänden, keine andere Zuordnung der Umsätze. Derartigen Aushängen pflegt nach Ansicht des VwGH im Ambiente von Animier- oder Bordellbetrieben üblicherweise von den Kunden keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und Bedeutung beigemessen zu werden (zB ; ). Der Hinweis der Bf. auf diesbezüglich "klare Vertragsverhältnisse" in ihrer Bar gehen daher ins Leere.
An obiger Beurteilung vermag auch das Beschwerdevorbringen, wonach für Kunden im Lokal der Bf. weder eine Konsumationspflicht noch eine Pflicht zur Inanspruchnahme von Sexdienstleistungen bestünde, nichts zu ändern (s. zB ). Schließlich führt auch das Argument, es lägen durchlaufende Posten iSd. § 4 Abs. 3 UStG vor, die Beschwerde nicht zum Erfolg: Einem derartigen Vorbringen hält der VwGH regelmäßig seine eingangs bereits dargestellte ständige Judikatur entgegen, wonach vom Betreiber eines Bordells allgemein angenommen werde, dass er zu diesem Zweck "Mädchen offeriert", welche mit den Kunden die Separees bzw. Zimmer aufsuchen, um dort die (sexuellen) Wünsche der Gäste zu erfüllen. Eine solche Fallkonstellation liegt - wie bereits dargelegt - auch im Streitfall vor, weshalb laut VwGH unbedenklich davon auszugehen ist, dass die Bf. als Betreiberin des Bordells hinsichtlich sämtlicher in ihrem Betrieb (Bar) erbrachten Leistungen wirtschaftlich deren Erbringerin ist und dass sie das Entgelt für sämtliche im Betrieb angebotenen Leistungen vereinnahmt hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Prostituierten ihre Leistungen der Bf. gegenüber als Dienstnehmerinnen oder als selbständig Tätige erbracht haben (s. zB ; ).
Die Prostitutionserlöse waren daher vom Finanzamt zu Recht der Bf. zuzurechnen, da sie zum Betrieb eines Bordells (mit den entsprechenden Auflagen) berechtigt war und sie in einschlägigen Medien einerseits Werbung für "ihre Girls" geschalten sowie andererseits - mehrsprachig - Prostituierte für ihre Bar angeworben hat. Bei der gegebenen Sachlage sind die Bordellleistungen insgesamt im Namen und auf Rechnung der Bf. den Kunden gegenüber erbracht worden.
Im Weiteren macht die Beschwerde geltend, die Bf. erbringe an die Damen nur die Leistung der Zimmerüberlassung, weshalb diese Umsätze (zur Gänze) dem ermäßigten Steuersatz von 10% unterliegen würden. In eventu sei eine Aufteilung des Gesamtpreises im Verhältnis der Wohnraummiete (75%) zur Duldungsleistung (25%) vorzunehmen.
Nach § 10 Abs. 2 Z 4 UStG (in der hier maßgeblichen Fassung) ermäßigt sich die Umsatzsteuer auf 10% ua. für die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Grundstücken für Wohnzwecke, ausgenommen eine als Nebenleistung erbrachte Lieferung von Wärme (lit. a) sowie für die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen und die regelmäßig damit verbundenen Nebenleistungen (einschließlich Beheizung), wobei als Nebenleistung auch die Verabreichung eines ortsüblichen Frühstücks anzusehen ist, wenn der Preis hiefür im Beherbergungsentgelt enthalten ist (lit. b).
Entscheidend für die Frage, ob (bloße) Vermietung oder ein Gewerbebetrieb (Bordell) vorliegt, ist, ob die Bf. den Prostituierten die Wohnungen - im Wesentlichen - lediglich "passiv" überlassen oder ob sie für diese etwa durch Maßnahmen oder Einrichtungen eine Organisation geschaffen oder unterhalten hat, die die gewerbsmäßige Unzucht der Bewohnerinnen gefördert hat (vgl. zuletzt ).
In diesem Zusammenhang ist nochmals auf die bereits angeführte Rechtsprechung zu verweisen: Der VwGH hat zB in seinen Erkenntnissen vom , 2009/15/0199, sowie vom , 2009/15/0135, ausgesprochen, dass keine (im do. Erkenntnisfall: steuerfreie) Grundstücksvermietung vorliegt, wenn der Vermieter eine Organisation schafft und unterhält, durch die die gewerbsmäßige Unzucht der Bewohnerinnen gefördert wird. Eine Grundstücksvermietung liegt nicht vor, wenn - wie im Beschwerdefall - ein Vermieter im Rahmen eines Bordellbetriebes Zimmer an Prostituierte überlässt (vgl. in diesem Sinne auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom , XI S 23/10). Diesfalls ergibt sich das Vorhandensein einer entsprechenden Organisation allein aus der Bewilligung zum Betrieb eines "Zimmerbordells" an dem in der Bewilligung genannten Standort. Die Leistung des Vermieters erfährt damit ihr Gepräge in der Ermöglichung legaler Zimmerprostitution, während im Falle bloßer Miete der Mieter selbst für das Vorliegen entsprechender Bewilligungen oder Befähigungsnachweise zur Ausübung eines bestimmten Gewerbes verantwortlich ist (s. dazu nochmals auch ).
Im vorliegenden Fall wurde der Bf. unstrittig die Bewilligung zum Betrieb eines Bordells erteilt. Sie hat Kundenwerbung für ihren Betrieb gemacht und selbst (neue) Prostituierte für ihre Bar angeworben. Leistungsinhalt der Bf. (als Bordellbetreiberin) war folglich - ihrer behördlichen Bewilligung entsprechend - die Schaffung und Unterhaltung einer Organisation zur Förderung der gewerbsmäßigen Unzucht durch die in ihrem Lokal tätigen Prostituierten. Dies begründet notwendig eine funktionelle Verknüpfung zwischen dem Bordellbetrieb und den Sexualdienstleistungen und geht zugleich hinsichtlich jener (dem Bordell zugeordneten) Räumlichkeiten, in welchen die Sexualdienstleistungen erbracht werden, weit über den Rahmen einer bloßen "Wohnraummiete" hinaus (so zB ).
Das Zur-Verfügung-Stellen der Räumlichkeiten für die Erbringung von Sexdienstleistungen stellt im Rahmen der Gesamtleistung des Bordellbetriebes eine unselbständige Nebenleistung dar und ist mit dem Normalsteuersatz zu versteuern (; , 2009/15/0199).
Demgegenüber lässt die von der Bf. zu dieser Frage herangezogene Judikatur für ihren Standpunkt nichts gewinnen: Im Erkenntnis 86/15/0084 vom hatte der VwGH nicht die von der dort belangten Behörde vorgenommene Aufteilung des Entgeltes für die Überlassung von Zimmern an Prostituierte im Rahmen eines Bordellbetriebes dem Grunde nach zu prüfen, sondern nur noch den im Schätzungswege ermittelten Aufteilungsschlüssel. Die Frage, ob es sich dem Grunde nach etwa um reine Mietverträge oder gemischte Verträge handelt bzw. ob eine Aufteilung überhaupt zum Tragen kommen kann, hatte der VwGH in dieser Entscheidung jedoch nicht mehr zu erörtern. Ebenso wenig ist dem Erkenntnis vom (in der Beschwerde fälschlich: ""), 2009/15/0199, zu entnehmen, bei der Überlassung von Wohnungen an Prostituierte im Rahmen eines Bordellbetriebes sei eine Aufteilung des Entgeltes vorzunehmen. Der Gerichtshof sprach vielmehr aus, entscheidend für die Frage, ob (bloße) Vermietung von Grundstücken oder ein Gewerbebetrieb (Bordell) vorliegt, sei, ob den Prostituierten die Wohnungen - im Wesentlichen - lediglich "passiv" überlassen oder ob etwa durch Maßnahmen oder Einrichtungen eine Organisation geschaffen oder unterhalten werde, die die gewerbsmäßige Unzucht der Bewohnerinnen gefördert hat. Da im do. Streitfall seitens der belangten Behörde für einige der strittigen Jahre keine entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen wurden, hob der VwGH die diese Jahre betreffenden Bescheide letztlich auf.
Was jene Literaturstelle betrifft, auf die im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung verwiesen wurde, ist festzuhalten, dass aus dieser die zugrunde liegenden maßgeblichen Sachverhaltselemente - wie insbesondere zB der Umstand , ob die Zimmerüberlassung im Rahmen eines Bordellbetriebes erfolgt oder nicht - nicht hervorgehen.
Im hier zu beurteilenden Fall steht jedoch außer Streit, dass der Bf. am Standort ihres Lokales in der A-Gasse 8 in G die Bewilligung zum Betrieb eines Bordells erteilt wurde. Damit bestand ihre Leistung auf Grund der angeführten Rechtsprechung ganz maßgeblich in der Ermöglichung legaler Zimmerprostitution; eine bloße Wohnraummiete oder Beherbergung liegt bei dieser Sachlage nicht vor, eine Aufteilung kann auf Grund der Einheitlichkeit der Leistung nicht erfolgen.
Aus den dargestellten Gründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das BFG konnte sich im vorliegenden Fall auf zahlreiche - oben zitierte - Erkenntnisse des VwGH stützen, und zwar sowohl hinsichtlich der Zurechnung der Umsätze an die Bf. (als Bordellbetreiberin) als auch der Besteuerung der Umsätze mit 20%. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 10 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 4 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100674.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at