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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.05.2020, RV/2101231/2018

Erhöhungsbetrag zur FB wegen erheblicher Behinderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Umgebung vom , betreffend Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für Kind Vorname, geb. xx.xx..1999, für den Zeitraum Februar 2013 bis Dezember 2016 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte für ihren am xx.xx..1999 geborenen Sohn Kind Vorname die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung.

In dem daraufhin über Ersuchen des Finanzamtes und im Auftrag des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (kurz: "Sozialministeriumservice") erstellten ärztlichen Sachverständigengutachten vom wurde unter Hinweis auf Anamnese, angeführter vorgelegter Befunde und Untersuchungsbefund eine "Autismusspektrumstörung mit Dysthymie und Ängsten; unterer Rahmensatzwert entspricht der sozioemotionalen Störung mit Stereotypien im Rahmen einer milden Autismusspektrumstörung, der Dysthymie und Angststörung, Therapieerfordernis gegeben" diagnostiziert und dafür nach der Richtsatzposition der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) ein Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 50 v. H. seit 01/2017, voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauernd, festgestellt.
Dieses Gutachten vidierte der leitende Arzt am .

Daraufhin änderte die Beschwerdeführerin am ihren Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe für ihren Sohn Kind Vorname und begehrte den Erhöhungsbetrag ab Dezember 1999, somit ab Geburt des Sohnes.

Sodann wurde ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen am erstellt und es wurde unter Hinweis auf Anamnese, angeführter vorgelegter Befunde und Untersuchungsbefund wiederum eine "Autismusspektrumstörung mit Dysthymie und Ängsten; Richtsatzposition mit Rahmensatzhöhe am unteren Rahmensatzwert leichter Ausprägung (einige Teilbereiche unter dem Cut off Bereich) sowie den Stimmungstiefs und Ängsten" diagnostiziert und dafür nach der Richtsatzposition der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) wieder ein Gesamtgrad der Behinderung (GdB) von 50 v. H. seit 01/2017, voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauernd, festgestellt. Im Gutachten wurde begründend ausgeführt:
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Der Gesamtgrad der Behinderung wird durch Gesundheitsstörung 1 alleine gestellt, in der alle Teilsymptome enthalten sind.
Stellungnahme zu Vorgutachten:
gleichbleibend"
Diesem Gutachten erteilte der leitende Arzt am seine Zustimmung.

Im Bescheid vom wurde unter Verweis auf die Bestimmung des § 8 Abs. 5 ff Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) der Antrag der Bf. für den Zeitraum Februar 2013 bis Dezember 2016 abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass eine rückwirkende Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe für maximal fünf Jahre ab Antragstellung möglich sei bzw. ab dem Monat ab dem das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung festgestellt hat. Lt. Bescheinigung des Sozialministeriumservice vom sei ein Grad der Behinderung von 50 vH rückwirkend ab festgestellt worden.

Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin die Beschwerde mit der Begründung ein, dass lt. des beiliegenden Arztbriefes des Dr. AB, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, vom eine Autismusspektrumstörung eine angeborene genetische hochkomplexe Erkrankung sei und immer von Geburt an bestehe. Es sei daher unmöglich die erhöhte Familienbeihilfe nur für ein Jahr rückwirkend zu gewähren, da diese Diagnose nicht erst am entstehen habe können. Nachdem bereits zweimal eine ärztliche Begutachtung von ihrem Sohn am Bundessozialamt erfolgt sei, gehe die Beschwerdeführerin davon aus, dass sämtliche Befunde belegt seien.

Vom Finanzamt wurde unter Vorlage der Beschwerde (mit beiliegendem Schreiben) ein weiteres Gutachten beim Sozialministeriumservice beantragt. Dieses übermittelte ohne weitere Bescheinigung folgende Stellungnahme vom :
"Eine Autismusspektrumstörung ist nach heutigem Wissen eine genetisch bedingte Störung. Die Störung zeigt sich aber nicht gleich nach der Geburt (Experten erkennen bis zum 6. Lebensmonat keinen Unterschied zwischen autistischen und nichtautistischen Kindern), sondern erst im Laufe der Entwicklung und nimmt unterschiedliche Schweregrade an, die je nach Schweregrad dann auch einer Therapie bedürfen. Bei Herrn Kind besteht eine milde Form einer Autismusspektrumstörung, die erst durch das zusätzliche Auftreten einer Depression einen Behinderungsgrad von 50 v.H. erreicht hat. Davor hatte die Autismusspektrumstörung keinen Grad der Behinderung von 50 v.H.
Die rückwirkende Anerkennung erfolgt daher ab dem Nachweis einer Depression 1/2017. Es sind vor diesem Zeitpunkt auch keine therapeutischen Maßnahmen nachgewiesen."
Dieser Stellungnahme erteilte der leitende Arzt am seine Zustimmung.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung unter Verweis auf die Bestimmung des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ab und führte aus:
"Aufgrund Ihrer Beschwerde vom wurde vom Sozialministeriumservice ein neuerliches Gutachten vom Finanzamt Graz-Umgebung angefordert.
Das Sozialministeriumservice konnte aufgrund Ihrer Beschwerde kein neuerliches Gutachten erstellen, da sich der Sachverhalt seit dem letzten Gutachten nicht geändert hat.
Die rückwirkende Anerkennung erfolgt daher ab dem Nachweis einer Depression Jänner 2017. Es sind vor diesem Zeitpunkt auch keine therapeutischen Maßnahmen nachgewiesen worden.
Ihre Beschwerde von Februar 2013 bis Dezember 2016 ist somit abzuweisen."

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag), wiederholte das Beschwerdevorbringen und führte weiters aus:
"Vorname ist am xx.xx..1999 als Frühchen in der 32. SSW mit nur 1020 Gramm nach einer Komplikationsschwangerschaft geboren. Nach massiven Problemen in seiner Entwicklung habe ich ihn dann 2010 sowohl vom Schulpsychologen Herrn Dr. X, wie auch von Frau Dr. X / Psychologin, aufgrund seines massiv auffälligen Verhaltens, testen lassen. Die Testung bei Frau Dr. X, die schriftlich wiedergibt, dass ich ihn damals schon auf Autismus testen ließ und Anzeichen auflistet die typisch autismusspezifisch sind, habe ich schon 2x beim Bundessozialamt vorgelegt. Das beiliegende Dokument entstand weit vor unserer Anspruchsforderung. Damaliger psychologischer Standard war es, dass man einem Kind vermitteln versuchte es sei nicht behindert, um eine bessere Integration in die soziale Umgebung zu ermöglichen. Dies wurde mir zweimal von autismusspezifischen Psychologen bestätigt. Also hat Vorname bereits 2010 bei Frau Dr. X 10 Therapiestunden konsumiert. Nachdem diese Lösung, wie man es heute weiß, leider ein großes Problem in sich birgt, da der Autist seine Umgebung kaum verstehen kann und dringend autismusspezifische Therapien benötigt, um seine Umgebung zu verstehen, wurde das für Vorname ein echter Spießrutenlauf. Die Spirale durch sein Missverstehen in der Gesellschaft ging steil bergab und endete in einer schweren Depression mit psychotischen Zügen und massiven Selbstzweifeln.
Dies war der Grund für unsere wiederholte Testung, welche klar eine Autismusspektrumstörung ergab, wie ich es auch schon 2010 als Mutter wahrgenommen habe und versuchte zu helfen!
In diesen Jahren hatten wir unglaublich schwere Zeiten und harte finanzielle Probleme, da Vorname rund um die Uhr wesentlich mehr Betreuung und Förderung erforderte, um sich entwickeln zu können als gesunde Kinder. Ich habe Unmengen an Geld in alternativmedizinische Maßnahmen investiert, da ich nicht wusste, dass ich diese einmal belegen muss, gibt es dafür leider keine Nachweise mehr. Was ich allerdings erneut hier beilegen möchte, ist der Schrieb vom Psychiater bezüglich der ANGEBORENEN genetischen, hochkomplexen Erkrankung der Autismusspektrumsstörung, welches das Bundessozialamt noch nicht kennt und unser Beweis, dass wir bereits 2010/2011 versuchten mit dieser Diagnoseformulierung Hilfe zu bekommen, durch eine Klinisch-Psychologische Befundung!
Wir können die Zeit für Vorname nicht zurückdrehen und vieles konnte ich durch massive Eigeninitiative und in großer Ohnmacht als Mutter für ihn erlernen, um ihn bestmöglich zu fördern.
Was allerdings eine große Entschädigung für diese sehr spät kommende Hilfeleistung wäre und ihm Ruhe vermitteln würde, wäre diese rückwirkenden Zahlung. Dies so meint Vorname, würde zeigen, dass er endlich von der Gesellschaft in irgendeiner Form Anerkennung bekommt als Autist und sich selbst mit dieser wirklich schweren Aufgabe seinen Lebensweg besser akzeptieren und beschreiten könnte. Es würde ihn ein Stück aussöhnen mit all den Ungerechtigkeiten, die er durch dieses Missverständnis der Umgebung bezüglich seines Leidens und seiner Person ertragen musste und muss!
Um unseren Sachverhalt so genau wie möglich zu schildern und Vorname, meinem Sohn den ich über alles liebe und dem ich endlich ein Gefühl von Akzeptanz der Gesellschaft ihm gegenüber vermitteln möchte, ist diese Schreiben leider etwas länger ausgefallen. Ich bedanke mich daher für Ihre Geduld dieses bis zu Ende gelesen zu haben und bitte Sie inständig sich gut zu überlegen, bevor sie ihr Urteil über unser Anliegen fällen, da es hier nicht einfach nur um eine Summe von Zahlen geht, sondern um einen inneren Frieden in Vorname, dass ihm die Umwelt, in dem Fall Sie, endlich mit Fairness und Gerechtigkeit begegnet!"
Beigelegt wurde nochmals der Arztbrief des Dr. AB vom , der klinisch-psychologische Befundbericht vom und die erste Seite des klinisch-psychologischen Befundberichts vom der Dr. VN X, Klinische Psychologin und Psychotherapeutin.

Auf Nachfrage konnte die Beschwerdeführerin den vollständigen Befundbericht vom der Dr. VN X nicht nachreichen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der gemäß § 8 Abs. 2 und 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF zustehende Betrag an Familienbeihilfe erhöht sich gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 für jedes Kind, das erheblich behindert ist.

Gemäß § 8 Abs. 5 FLAG 1967 gilt als erheblich behindert ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v. H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Der Behinderungsgrad hängt bei gleichbleibendem Krankheitsbild auch vom Alter des Kindes ab. Das Ausmaß eines Entwicklungsrückstandes etwa stellt sich je nach Alter des Kindes unterschiedlich dar, da die Fertigkeiten, die ein Kind im Kindergartenalter beherrschen sollte, sich wesentlich von jenen, die von einem Schulkind erwartet werden, unterscheiden. Das Ausmaß eines Entwicklungsrückstandes ist daher immer im Vergleich zum Entwicklungsstand gleichaltriger gesunder Kinder zu sehen. So kann schon im Kindergartenalter ein gewisser Entwicklungsrückstand vorliegen, der sich aber bis zum Schulalter weiter vergrößern und einen höheren Behinderungsgrad herbeiführen kann (vgl. und Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2, § 8 Rz 11).

Nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Auf die Notwendigkeit der Vorlage entsprechender Beweismittel ("sämtlicher Behandlungsunterlagen") wird im Vordruck Beih 3 (Antragsformular für den Erhöhungsbetrag) deutlich hingewiesen.

Ein Gutachten zu einer solchen Sachfrage ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhaltes durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen, verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen, stützen. Alleine die Möglichkeit, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmter Sachverhalt vorgelegen sein könnte, reicht dabei keinesfalls aus, diesen Sachverhalt gutachterlich als gegeben anzusehen und zu bestätigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrundeliegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und im Falle mehrerer Gutachten nicht einander widersprechend waren (vgl. etwa und mwN).

Im Erkenntnis vom (VwGH 2013/16/0170) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf VwGH Ra 2014/16/0010 vom auszugsweise wörtlich ausgeführt:
"Eine Behinderung im Sinn des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 mit einem Grad von mindestens 50 v.H. kann durchaus die Folge einer Krankheit sein, die schon seit längerem vorliegt (bei angeborenen Krankheiten oder genetischen Anomalien etwa seit Geburt), sich jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt manifestiert. Erst wenn diese Krankheit zu einer derart erheblichen Behinderung führt, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. aufweist, ist der Tatbestand des § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erfüllt. Mithin kommt es weder auf den Zeitpunkt an, zu dem sich eine Krankheit als solche äußert, noch auf den Zeitpunkt, zu welchem diese Krankheit zu (irgend) einer Behinderung führt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem diejenige Behinderung (als Folge der allenfalls schon länger bestehenden Krankheit) eintritt, welche einen Grad von mindestens 50 v.H. erreicht."

Nach § 10 Abs. 3 FLAG 1967 werden die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt.

Die Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Abs. 4 FLAG 1967 ist als materielle Voraussetzung des Anspruchs auf Familienbeihilfe in dem Monat zu erfüllen, für den Familienbeihilfe beantragt wird, nicht in dem Monat, in welchem der Antrag (rückwirkend) gestellt wird (vgl. und ). Denn die Bestimmung des § 10 Abs. 3 FLAG, wonach die Familienbeihilfe höchstens für fünf Jahre rückwirkend von Beginn des Monats der Antragstellung gewährt wird, betrifft ausschließlich das Recht zur Geltendmachung eines bereits entstandenen Anspruches, legt sohin lediglich eine Frist zur Geltendmachung bereits entstandener Ansprüche auf Familienbeihilfe fest und ermöglicht nicht eine rückwirkende Erfüllung von Voraussetzungen zur Entstehung des Anspruches.

Die Bf. bemängelt, dass die Sachverständigen des Sozialministeriumservice in ihren Gutachten nicht einen Grad der Behinderung von zumindest 50% für fünf Jahre rückwirkend festgestellt haben, da eine Autismusspektrumstörung eine angeborene Erkrankung sei und immer von Geburt an bestehe; ein Grad der Behinderung von 50% erst ab Jänner 2017 sei nicht nachvollziehbar.

Der klinisch-psychologische Befundbericht der Dr. X vom wurde in den Sachverständigen-Gutachten des Sozialministeriumsservice vom und berücksichtigt. Zum damaligen Zeitpunkt wurde von der Psychologin in ihrer Stellungnahme das Vorliegen eines Autismus ausgeschlossen.

Nach Vorlage der Beschwerde und des beiliegenden Arztbriefes des Dr. AB vom nahm das Sozialministeriumservice davon Abstand, ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten zu erstellen, da sämtliche von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunde bereits in den vorliegenden Sachverständigengutachten Niederschlag gefunden haben.

Zum Vorbringen in der Beschwerde, dass lt. des Arztbriefes des Dr. AB, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, vom eine Autismusspektrumstörung eine angeborene genetische hochkomplexe Erkrankung sei und immer von Geburt an bestehe, es unmöglich sei, die erhöhte Familienbeihilfe nur für ein Jahr rückwirkend zu gewähren, da diese Diagnose nicht erst am entstehen habe können, wurde dann aber in einer Stellungnahme des Sozialministeriumservice vom zur Verdeutlichung ausgeführt:
"Eine Autismusspektrumstörung ist nach heutigem Wissen eine genetisch bedingte Störung. Die Störung zeigt sich aber nicht gleich nach der Geburt (Experten erkennen bis zum 6. Lebensmonat keinen Unterschied zwischen autistischen und nichtautistischen Kindern), sondern erst im Laufe der Entwicklung und nimmt unterschiedliche Schweregrade an, die je nach Schweregrad dann auch einer Therapie bedürfen. Bei Herrn Kind besteht eine milde Form einer Autismusspektrumstörung, die erst durch das zusätzliche Auftreten einer Depression einen Behinderungsgrad von 50 v.H. erreicht hat. Davor hatte die Autismusspektrumstörung keinen Grad der Behinderung von 50 v.H.
Die rückwirkende Anerkennung erfolgt daher ab dem Nachweis einer Depression 1/2017. Es sind vor diesem Zeitpunkt auch keine therapeutischen Maßnahmen nachgewiesen."

Auf der ersten Seite des klinisch-psychologischen Befundberichts vom der Dr. VN X wird Bezug genommen auf Probleme bei der Gewöhnung in ein neues Schulsystem beider Söhne der Beschwerdeführerin, ein Nachweis über therapeutische Maßnahmen liegt nicht vor.

Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag wurden vor Jänner 2017 keine therapeutischen Maßnahmen nachgewiesen.

Die vorliegenden Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice berücksichtigen die vorgelegten Unterlagen und tragen der nach diesen Unterlagen zu erfolgenden Einstufung nach der Einschätzungsverordnung, auch was die Rückwirkung betrifft, Rechnung. Die Gutachten sind schlüssig, vollständig und widersprechen einander nicht. Es wurde in den beiden Gutachten übereinstimmend festgestellt, dass ein Grad der Behinderung von 50% ab Jänner 2017 vorliegt. Das Finanzamt hat sich rechtlich zutreffend an diesen in den Gutachten enthaltenen Zeitpunkt gehalten, zu dem die bestehende Erkrankung des Sohnes der Bf. einen Grad der Behinderung von 50 v.H. erreicht hat. sodass ab diesem Zeitpunkt, und nicht rückwirkend 5 Jahre ab Antragstellung, die erhöhte Familienbeihilfe zu gewähren ist.

Somit liegen die Voraussetzungen für die Gewährung des Erhöhungsbetrages der Familienbeihilfe nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 für den Zeitraum Februar 2013 bis Dezember 2016 nicht vor (ab Jänner 2017 wird die erhöhte Familienbeihilfe gewährt).

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass es die Absicht des Gesetzgebers war, durch die Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe, Familien mit behinderten Kindern finanziell zu unterstützen. Es handelt sich daher nicht um eine Abgeltung für die subjektiv empfundene Nichtanerkennung des Sohnes in der Gesellschaft oder eine Aussöhnung für derartig empfundene Ungerechtigkeiten. Die Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe erfolgt ausschließlich bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im Beschwerdefall kein Rechtsproblem strittig ist, sondern der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde, ist gegen dieses Erkenntnis eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at