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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.06.2020, RV/2100980/2017

auswärtige Berufsausbildung: Ausbildungsort und Internat außerhalb 25 km vom Wohnort

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte in seiner elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 unter anderem die Berücksichtigung des Pauschbetrages nach § 34 Abs. 8 EStG für die auswärtige Berufsausbildung seiner Tochter Name, geb. Datum, in Ort1 für die Monate 09 bis 12/2016.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 vom wurde das Pauschale für die auswärtige Berufsausbildung der Tochter nicht gewährt. Hierzu führte das Finanzamt begründend aus, dass eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes nicht als außergewöhnliche Belastung gelte, wenn im Einzugsgebiet des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Eine solche Ausbildungsmöglichkeit sei in diesem Falle gegeben, deshalb könne das Pauschale nicht berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die Beschwerde und führte in der Begründung aus, dass hinsichtlich des Pauschalbetrages für die auswärtige Berufsausbildung der Punkt "bei SchülerInnen sowie Lehrlingen stellt bereits der Besuch eines mehr als 25 km vom Wohnort entfernten Internats eine auswärtige Berufsausbildung dar, wenn es keine nähergelegene Ausbildungsstätte gibt", zu berücksichtigen sei. Die Tochter des Bf. besuche die BAKIP in Ort1 und wohne im dortigen Mädchenwohnheim. Die wohnortnächste BAKIP-Ausbildungsstätte liege in Ort2 und sei ebenfalls mehr als 25 Kilometer vom Wohnort entfernt. Diese sei aufgrund der Lage des Wohnortes mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer erreichbar. Aus diesem Grund würde die Tochter auch dann in einem Internat wohnen, wenn sie die BAKIP in Ort2 besuchen würde. Der Beschwerde legte der Bf. die Schulnachricht der Tochter des Schuljahres 2016/2017 (erste Klasse; neunte Schulstufe) vom sowie die Reservierungs- und Einzahlungsbestätigung für das Zimmer im Mädchenwohnheim an der Ausbildungsstätte bei.

Mittels Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Hierzu führte das Finanzamt aus, dass die Tochter des Bf. die BAKIP in Ort1 besuche und dort im Internat wohne. Eine derartige Ausbildungsmöglichkeit bestehe aber auch in Ort2. Da die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen der Wohnsitzgemeinde Wohnort und der Ausbildungsgemeinde Ort2 in jede Richtung weniger als eine Stunde betrage, gelte der Ausbildungsort Ort2 als im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen. Für Schüler, die innerhalb von 25 Kilometer keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben und für Zwecke der Ausbildung tatsächlich außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen, bestehe ein Anspruch auf ein Pauschale für auswärtige Berufsausbildung. Eine fiktive Annahme, dass bei einer Ausbildung in Ort2 ebenso ein Internat bewohnt werden würde, reiche nicht aus. Die Aufwendungen für die Ausbildung der Tochter in Ort1 könnten, da eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsbereich bestehe, nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Innerhalb offener Rechtsmittelfrist stellte der Bf. einen Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag), mit der Begründung, dass in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt worden sei, dass der Anspruch nur für Schüler bestehe, die innerhalb von 25 Kilometer keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit hätten und tatsächlich ein Internat bewohnen würden. Dazu gab der Bf. an, dass es innerhalb von 25 Kilometer rund um den Familienwohnsitz keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit gebe und die Tochter ein Internat am Ausbildungsort bewohne.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 8 Einkommensteuergesetz 1988 ( EStG 1988 ) idgF gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Nach § 1 der zu dieser Bestimmung erlassenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes (Verordnung), BGBl. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001 , liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 , BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 , BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 , BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnsitzes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).

Finden Schüler oder Lehrlinge innerhalb einer Entfernung von 25 km zum Wohnort keine gleichwertige Ausbildungsmöglichkeit und bewohnen sie für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Unterkunft am Ausbildungsort (zB Internat), ist nach § 2 Abs. 3 der VO nicht mehr vom Einzugsbereich auszugehen; dies auch dann, wenn die Ausbildungsstätte innerhalb der 80 km-Grenze liegt (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar § 34 EStG Anhang II - ABC der außergewöhnlichen Belastungen Rz 7).

Mit der Regelung des § 2 Abs. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001 , wonach "Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km ... als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen (gelten), wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).", wird lediglich für Schüler oder Lehrlinge mit einer Zweitunterkunft am Ausbildungsort eine begünstigende Sonderregelung getroffen, wonach diesfalls ab Überschreiten einer solchen Entfernung ein Pauschbetrag auch ungeachtet einer zumutbaren Erreichbarkeit ihres Hauptwohnortes mit öffentlichen Verkehrsverbindungen zustehen kann ().

Im gegenständlichen Fall besucht die Tochter des Bf. im Schuljahr 2016/2017 die erste Klasse (neunte Schulstufe) der Bundesbildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAKIP, nunmehr BAFEP) Ort1. Die Tochter des Bf. bewohnt im genannten Schuljahr das Kolping Österreich Mädchen-Wohnheim (Internat) in der Ausbildungsgemeinde. Die Gemeinde des Familienwohnsitzes ist Wohnort und liegt von der Ausbildungsgemeinde Ort1 rund 55 km entfernt (Google Maps). Die Fahrzeit zwischen den beiden Gemeinden, mit Einstiegshaltestelle Bahnhof Wohnort und Ausstiegshaltestelle Bahnhof Ort1, beträgt unter Verwendung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels eine Stunde und 38 Minuten (busbahnbim.at).

Am Ausbildungsort Ort2 befindet sich eine vergleichbare Ausbildungsmöglichkeit, die Bildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAKIP, nunmehr BAFEP, siehe www.bafep- Ort2.at). Die Entfernung zwischen der Wohnortgemeinde Wohnort und der Gemeinde des Ausbildungsortes Ort2 beträgt gerundet 40 km (Google Maps) und die Fahrzeit unter Verwendung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt 40 Minuten.

Wie das Finanzamt ausgeführt hat, bestehe für Schüler, die innerhalb von 25 Kilometer keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben und für Zwecke der Ausbildung tatsächlich außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen, ein Anspruch auf ein Pauschale für auswärtige Berufsausbildung. Eine fiktive Annahme, dass bei einer Ausbildung in der im Einzugsbereich des Wohnortes gelegenen Bildungsstätte ( Ort2) ohnedies auch ein Internat bewohnt werden würde, reiche dafür nicht aus.

Nach § 2 Abs. 3 der Verordnung gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnsitzes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat).

Dass bei der Anwendung der begünstigenden Sonderbestimmung für Schüler und Lehrlinge, welche am Ausbildungsort eine Zweitunterkunft bewohnen das Internat an der nächstgelegenen Ausbildungsstätte zum Wohnort bewohnt werden müsse, ist dem Verordnungstext nicht zu entnehmen.

Vielmehr befindet sich im hier zu beurteilenden Fall keine adäquate Ausbildungsstätte innerhalb von 25 km des Wohnortes Wohnort und die Tochter des Beschwerdeführers wohnt im Mädchen-Wohnheim (Internat) an der Ausbildungsstätte BAKIP Ort1. Damit gilt die Ausbildungsstätte als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen, auch ungeachtet einer zumutbaren Erreichbarkeit ihres Hauptwohnortes mit öffentlichen Verkehrsverbindungen zur vergleichbaren Ausbildungsstätte in Ort2.

Die Voraussetzungen für die Gewährung des Pauschbetrages nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die auswärtige Berufsausbildung liegen daher für die Monate September bis Dezember 2016 vor.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100980.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at