Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.07.2020, RV/3100042/2020

Auswärtige Berufsausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterName_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin, Adresse_A, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes_A vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2018 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin begehrte in der am elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 ua. die Pauschale für die auswärtige Berufsausbildung ihres Sohnes_A, geb. am Datum_1, als außergewöhnliche Belastung.

Das Finanzamt_A versagte im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 (mit Ausfertigungsdatum ) die steuerliche Anerkennung der beantragten Pauschale mit der Begründung, Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort würden jedenfalls als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen gelten, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum oder vom Studienort nach den Verordnungen gem. § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 zeitlich noch zumutbar sei. Im gegebenen Fall sei die Hin- und Rückfahrt zumutbar und somit die geltend gemachte auswärtige Berufsausbildung nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.

Die Steuerpflichtige erhob gegen obigen Bescheid mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde und führte hierin begründend aus, laut Verordnung des Studienförderungsgesetzes sei der Pauschalbetrag in Höhe von 110,00 € monatlich als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn die Fahrzeit (einfache Fahrt) vom Wohnort bis zur Ausbildungsstätte mehr als eine Stunde betragen würde, was für den Sohn_A zutreffe. Es werde deshalb um die Neuberechnung des Einkommensteuerbescheides ersucht.

Das Finanzamt_A wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, gemäß § 26 Studienförderungsgesetz 1992 werde für die Berechnung der Fahrzeit die Wegstrecke zwischen Wohnort und Studienort, nicht aber die tatsächliche Fahrzeit zwischen der eigenen Wohnung und der jeweiligen Ausbildungsstätte zugrunde gelegt. Es seien daher die Fahrzeiten mit innerörtlichen Verkehrsmitteln im Heimatort oder im Studienort (z.B. Straßenbahn, Bus, etc...) sowie Fußwege nicht in diese Fahrzeiten einzurechnen. Maßgebend sei die tatsächliche Fahrzeit zwischen den beiden Gemeinden (Ort_A und Ort_B). Hierbei sei die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen üblicherweise die Fahrt mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel angetreten bzw. beendet werde. Da die Fahrdauer mit dem öffentlichen Verkehrsmittel (Verkehrsmittel_A) zwischen dem Haltestelle_1 Ort_A und Ort_B weniger als eine Stunde betrage, sei die Beschwerde abzuweisen.

In dem hiergegen fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom brachte die Steuerpflichtige unter Beilage eines Auszuges aus dem Studienförderungsgesetz ergänzend vor, gemäß § 26 Studienförderungsgesetz 1992 sei sehr wohl geregelt, dass die Wegzeit auch die Gehzeit zwischen dem Elternwohnsitz und der nächstgelegenen Haltestelle des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels umfasse. Die Gehzeit betrage vom Elternwohnsitz in Anschrift_A zum Haltestelle_1 Ort_A gemäß beiliegendem Ausdruck Zahl_2 Gehminuten. Hinzuzurechnen sei dann die kürzeste Fahrzeit mit dem Verkehrsmittel_A vom Haltestelle_1 Ort_A nach Haltestelle_1 Ort_B mit Zahl_1 Minuten Fahrzeit (siehe den beiliegenden Ausdruck), so dass in Summe die gesamte Wegzeit vom Elternwohnsitz bis zum Haltestelle_1 Ort_B 65 Minuten ausmachen würde. Es werde daher die steuerliche Gewährung des Pauschalbetrages in Höhe von 110,00 € monatlich als außergewöhnliche Belastung beantragt, da die Fahrzeit (einfache Fahrt) vom Elternwohnsitz bis zur Ausbildungsstätte mehr als eine Stunde betragen würde, was für den Sohn_A zutreffe.

2.) Sachverhalt:
Sohn_A, geboren am Datum_1, ist mit seiner Mutter_A in Anschrift_A wohnhaft (siehe Auszüge aus dem Zentralen Melderegister vom ). Sohn_A besuchte im strittigen Jahr 2018 in Ort_B eine als auswärtige Berufsausbildung zu qualifizierende Schule (siehe das unstrittige, von der Abgabenbehörde unwidersprochene Vorbringen der Beschwerdeführerin). Ort_A ist von Ort_B weniger als 80 Kilometer entfernt (siehe unstrittige Aktenlage).

Die Wegstrecke vom Wohnsitz in Ort_A zum Schulort Ort_B ergibt sich aus einem Gehweg zum nächstgelegenen Haltestelle_1 Ort_A (Zahl_3 km, Wegzeit cirka Zahl_2 Minuten laut GoogleMaps), aus einer mit dem Verkehrsmittel Verkehrsmittel_A zurückzulegenden Wegstrecke zum Haltestelle_1 Ort_B (kürzeste Fahrzeit Zahl_1 Minuten; siehe ua. Schreiben der Beschwerdeführerin vom ) sowie einer mit dem Verkehrsmittel_B zurückzulegenden Wegstrecke vom Haltestelle_1 Ort_B zum Haltestelle_2 (siehe die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen sowie das unstrittige, von der Abgabenbehörde unwidersprochene Vorbringen der Beschwerdeführerin).

3.) Beweiswürdigung:
Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich im wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Unterlagen.

4.) Rechtslage:
4.a) Gemäß § 34 Abs. 8 EStG1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Nach § 1 der zu dieser Bestimmung erlassenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes (VO Berufsausbildung - Kinder), BGBl II 624/1995, liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsgebietes des Wohnortes.

Nach § 2 Abs. 1 Z 1 der Verordnung gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.

Nach Abs. 2 leg.cit. gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, als nicht mehr zumutbar.

Mit BGBl. II Nr. 37/2018 wurde obige Bestimmung des § 2 VO Berufsausbildung - Kinder dahingehend geändert, dass sämtliche Verweise auf "§ 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr 305," mit der Klarstellung "in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016" ergänzt wurde.

Die angesprochene Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz, StudFG, ist aufgrund einer Änderung des Studienförderungsgesetz (BGBl I 54/2016) zwar mit außer Kraft getreten; da in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes aber statisch auf die Fassung vor dieser Änderung verwiesen wird (idF BGBl I 50/2016), ist diese Verordnung weiterhin zur steuerlichen Beurteilung des Einzugsbereiches heranzuziehen (Verordnung BGBl 624/1995 idF BGBl II 37/2018; Jakom/Peyerl, EStG, 2019, § 34 Tz 78).

§ 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, StudFG, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, lautet:
"Von welchen Gemeinden diese tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch Verordnung festzulegen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar."

Nach § 3 der gemäß § 26 Abs. 3 StudFG 1992, BGBl. Nr. 305, ergangenen Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 609/1993, ist die tägliche Hin- und Rückfahrt von Ort_A zum und vom Studienort Ort_B zeitlich noch zumutbar.
Diese Regelung ist mit dem Wegfall der gesetzlichen Grundlage zum außer Kraft getreten, ist aber aufgrund des statischen Verweises weiterhin zur steuerlichen Beurteilung des Einzugsbereiches heranzuziehen.

4.b) Unter dem Einzugsbereich (des Wohnorts) ist jener Bereich zu verstehen, in dem die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Ausbildungsort zeitlich noch als zumutbar anzusehen ist (; Jakom/Peyerl, EStG, 2019, § 34 Tz 77).

§ 26 Abs. 3 StudFG, auf dessen Grundsätze in der Verordnung verwiesen wird, sieht vor, dass durch Verordnung des zuständigen Bundesministers festzulegen ist, "von welchen Gemeinden" eine tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch als zumutbar anzusehen ist. Dabei kommt es nur auf die Dauer der Fahrten zwischen zwei Orten an (eine Zumutbarkeitsprüfung, die vergröbernd auf Gemeinden abstellt, ist grundsätzlich zulässig; ; s zB auch ). Hiebei ist die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen die Fahrt mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel üblicherweise angetreten bzw. beendet wird (die Erreichbarkeit des Bahnhofs der Abfahrtsgemeinde ist bedeutungslos, ; Wanke UFSj 08, 38). Fußwege, Fahrten am Wohnort und am Studienort sowie Wartezeiten vor Beginn und nach Ende des Unterrichts werden nicht berücksichtigt (), wohl aber allfällige Wartezeiten bei Umsteigevorgängen außerhalb des Heimat- oder Studienorts. Auf individuelle Unterrichtszeiten wird nicht Rücksicht genommen; es kommt nicht auf die zeitliche Lagerung des Einzelfalls (der im Einzelfall besuchten Lehrveranstaltungen) an (; Jakom/Peyerl, EStG, 2019, § 34 Tz. 79).

5.) Erwägungen:
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist bei der Berechnung der Wegzeiten lediglich auf die Gemeinden abzustellen, an denen die Fahrten mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel üblicherweise angetreten bzw. beendet werden, ohne dass Fußwege, Fahrten am Wohnort und am Studienort sowie Wartezeiten vor Beginn und nach Ende des Unterrichts einbezogen werden. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Wegzeit umfasse laut Verordnung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. II Nr. 103/2017, auch die Gehzeiten zwischen dem Elternwohnsitz und der nächstgelegenen Haltestelle, kann der Beschwerde daher zu keinem Erfolg verhelfen, verweist doch die im vorliegenden Fall anzuwendende Regelung des § 2 Abs. 2 der Verordnung Berufsausbildung - Kinder, BGBl II 624/1995, auf die Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz, BGBl. 305, und nicht auf die Verordnung gemäß § 26 Abs. 4 Studienförderungsgesetz, BGBl 604/1993 idgF (Jakom/Peyerl, EStG, 2018, § 34 Tz 78). Wie aus der Präambel/Promulgationsklausel ausdrücklich ersichtlich erging die von der Beschwerdeführerin eingewendete Verordnung, BGBl. II Nr. 103/2017, auf rechtlicher Grundlage der Verordnungsermächtigung nach "§§ 26 Abs. 4 und 76 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992". Die von der Beschwerdeführerin angeführte Bestimmung findet somit im gegebenen Fall keine Anwendung.

Die für den vorliegenden Fall auf Grundlage der Verordnungsermächtigung nach § 26 Abs. 3 StudFG ergangene Verordnung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 609/1993, führt den Ort Ort_A an, von welchem die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Ort_B zeitlich noch zumutbar ist. Die Beschwerdeführerin erklärt in ihrem Schreiben vom selbst, dass die Fahrzeit vom Haltestelle_1 Ort_A bis Ort_B Zahl_1 Minuten beträgt. Da im vorliegenden Fall die tägliche Fahrzeit zum und vom Ausbildungsort unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels die Zeitdauer von 60 Minuten erheblich unterschreitet, gilt die Ausbildungsstätte des Sohn_A in Ort_B als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes Ort_A gelegen.

Der Beschwerdeführerin kommt damit der begehrte Pauschbetrag für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes nicht zu, weshalb der bekämpfte Bescheid mit keiner Rechtswidrigkeit behaftet ist. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

6.) Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Innsbruck, am

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