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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.04.2020, RV/2100811/2019

Erfassung eines unrichtigen Auszahlungsbetrages am Lohnkonto - Hochrechnung auf Bruttolohn

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., G, vertreten durch Kanzlei Kiffmann KG, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Mariatroster Straße 36, 8043 Graz, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016 sowie Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016 und vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017,

1. zu Recht erkannt:

a) Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

b) Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtbetrag der Einkünfte
36.382,70
Einkommen
36.142,70
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
8.459,93
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
8.059,93
Einkommensteuer
8.208,63
Anrechenbare Lohnsteuer
-1,763,66
Festgesetzte Einkommensteuer
6.445,00

2. beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 wird als gegenstandslos erklärt.

Gegen dieses Erkenntnis bzw. diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 bzw. Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Das Finanzamt hat die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 1 BAO hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016 wie folgt begründet:

"Das Verfahren war gemäß § 303 (1) BAO wiederaufzunehmen, weil dem Finanzamt auf Grund eines berichtigten oder neuen Lohnzettels oder einer (geänderten) Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe etc.) erst nachträglich Umstände bekannt wurden, die im betreffenden Veranlagungszeitraum bereits existent waren und aus denen sich eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung ergibt. Zur näheren Begründung wird auf die Begründung des im wiederaufgenommenen Verfahren neu erlassenen Einkommensteuerbescheides verwiesen."

Auf Seite 5 der nach Wiederaufnahme der Verfahren ergangenen Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 sowie des im Wege der Erstveranlagung ergangenen Einkommensteuerbescheides 2017 finden sich ua. die Lohnzetteldaten [Bruttobezüge (210), SV-Beiträge für laufende Bezüge (230) und Steuerpflichtige Bezüge (245)] der in diesen Jahren vom Beschwerdeführer (Bf.) von der Fa. XXXX Transport GmbH bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Weiters enthalten die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 nachstehenden Hinweis:

"Sie haben während des Jahres gleichzeitig von mehreren auszahlenden Stellen Bezüge erhalten. Die Lohnsteuer wurde von jedem Arbeitgeber getrennt ermittelt. Bei der Veranlagung werden Ihre Bezüge zusammengerechnet und so besteuert, als wären sie von einer Stelle ausgezahlt worden. Sie zahlen damit genau so viel Steuer wie jeder andere Steuerpflichtige, der dasselbe Einkommen nur von einer auszahlenden Stelle bezogen hat."

Gegen die Wiederaufnahmebescheide 2015 und 2016 sowie gegen die ergangenen Sachbescheide hat die bevollmächtigte Steuerberatungsgesellschaft mit Schriftsatz vom wie folgt Beschwerde erhoben:

"Gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2016 vom zugestellt am und gegen den Bescheid über Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015 erheben wir innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

BESCHWERDE

Weiters erheben wir gegen die wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 vom zugestellt am ebenfalls innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

BESCHWERDE

Wir begehren die Nichtwiederaufnahme der oben angeführten Bescheide und Beibehaltung der ursprünglichen rechtskräftigen Bescheide.

Begründung:

Unsere Beschwerde richtet sich dagegen, dass eine Wiederaufnahme gegen die obigen Bescheide verfügt wurde und diesen Bescheiden jegliche verständliche Begründung fehlt. Es gibt einen Standardtext aus dem nicht zu erkennen ist, aus welchem Grund die Wiederaufnahme verfügt wurde. Es wurde zwar auf die Begründung zu den Einkommensteuerbescheiden verwiesen, aber auch aus diesen Begründungen ist nicht zu erkennen warum eine Wiederaufnahme verfügt wurde bzw. warum es zu einer Veränderung der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit gekommen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass ein Wiederaufnahmebescheid so begründet sein muss, dass genau dargelegt wird, welche Gründe zu der Wiederaufnahme des Verfahrens geführt haben. Diese Begründung fehlt dem Wiederaufnahmebescheid vollkommen, deshalb wäre der verfügte Wiederaufnahmebescheid ersatzlos aufzuheben.

Betreffend die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 haben wir zwar erkannt, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geändert wurden, aber für uns ist nicht erkennbar aus welchem Grunde sich diese Änderung ergeben hat. Wir haben zwar im FinanzOnline nachgeschaut welche Lohnzettel gemeldet wurden und haben feststellen müssen, dass nun plötzlich neue Lohnzettel aufscheinen, die vom Dienstgeber niemals gemeldet wurden. Warum es zu dieser Änderung gekommen ist, ist für uns völlig unklar. Nicht einmal das können wir aus der Begründung zum Einkommensteuerbescheid erkennen. Es kann wohl nicht sein, dass von irgendjemandem im FinanzOnline ein Lohnzettel abgeändert wird, ohne dass erkennbar ist, wer den Lohnzettel geändert hat und warum der Lohnzettel geändert wurde. Jedenfalls wurde der nunmehr verarbeitete Lohnzettel nicht vom Dienstgeber unseres Klienten erstellt.

Aus diesen Gründen sind sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch die daraus resultierenden Einkommensteuerbescheide rechtswidrig und wir stellen den Antrag die Bescheide ersatzlos aufzuheben."

Die gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom erhobene Beschwerde vom wird folgendermaßen begründet:

"Wir begehren die Festsetzung der Einkünfte laut ursprünglichem Lohnzettel mit € 9.185,00.

Unsere Beschwerde richtet sich gegen die Höhe der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Bruttobezüge aus dem Dienstverhältnis mit der XXXX GmbH wurden mit € 12.843,44 angesetzt. Laut Lohnzettel des Arbeitgebers wurden Bezüge von € 9.185,00 gemeldet. Den entsprechenden Lohnzettel legen wir bei. Warum die Bezüge nunmehr um € 3.658,44 erhöht wurden ist für uns nicht erkennbar. Der Lohnzettel der jetzt in FinanzOnline aufliegt, ist jedenfalls nicht vom Arbeitgeber abgegeben worden. Es ist deshalb unklar warum die Einkünfte plötzlich höher geworden sind. Gegen die höher gewordenen Einkünfte richtet sich nunmehr unsere Beschwerde und wir stellen den Antrag die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wieder mit dem Betrag von € 8.751,56 anzusetzen."

Das Finanzamt hat die Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung mit nachstehender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"In der Begründung zum Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015 als auch Einkommensteuer 2016 wurde eindeutig und klar dargelegt, dass das jeweilige Verfahren gemäß § 303 (1) BAO wiederaufzunehmen war, weil dem Finanzamt auf Grund eines berichtigten oder neuen Lohnzettels erst nachträglich Umstände bekannt wurden, die im betreffenden Veranlagungszeitraum bereits existent waren und aus denen sich eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung ergibt.

Der Beschwerdeführer stellt selbst in der gegenständlichen Beschwerde betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens für 2015 und 2016 fest, dass es erkennbar ist, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geändert wurden, es aber für den Beschwerdeführer nicht erkennbar sei, aus welchem Grunde sich diese Änderung ergeben hat.

Eindeutig und klar erkennbar jedoch sind aus den bekämpften bzw. wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheiden 2015 und 2016 jedenfalls die geänderten Lohnzettel der Firma XXXX Transport GmbH der Jahre 2015 und 2016.

Hinsichtlich des in gegenständlicher Beschwerde bekämpften Einkommensteuerbescheides 2017 verhält es sich gleichermaßen, lediglich mit dem Unterschied, dass der geänderte Lohnzettel betreffend die Firma XXXX Transport GmbH für das Jahr 2017 wie vom Beschwerdeführer richtig bezeichnet mit brutto EUR 12.843,44 bereits bei der Erstveranlagung zur Berechnung der Einkommensteuer zum Ansatz gebracht werden konnte (Erstbescheid vom ).

Die Gründe für die Berichtigungen der Lohnzettel betreffend die Firma XXXX Transport GmbH für die Jahre 2015, 2016 sowie 2017 liegen offensichtlich in geänderten Bemessungsgrundlagen dortselbst."

Dagegen hat die bevollmächtigte Vertreterin im Wesentlichen mit nachstehender Begründung den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Bundesfinanzgericht gestellt:

Die Begehren würden sich dagegen richten, dass unzureichend begründete Wiederaufnahmebescheide erlassen worden seien.

Ein Wiederaufnahmebescheid habe folgende Begründung zu enthalten:

  • Darstellung des Sachverhaltes, auf den die Behörde die Wiederaufnahme stützt.

  • Welcher konkrete Wiederaufnahmegrund durch den vorliegenden Sachverhalt nach Ansicht der Behörde verwirklicht wurde und

  • auch eine eventuelle Ermessensentscheidung im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme.

Der Wiederaufnahmebescheid habe eine Begründung über einen berichtigten oder neuen Lohnzettel enthalten, der erst nachträglich dem Finanzamt bekannt geworden sei.

Im FinanzOnline scheine tatsächlich ein neuer Lohnzettel auf, der aber höher als der vom Arbeitgeber seinerzeit eingebrachte Lohnzettel sei; die Berichtigung sei aber nicht durch den Arbeitgeber selbst erfolgt.

Im Zuge von Recherchen habe die bevollmächtigte Vertreterin festgestellt, dass offenbar vom Finanzamt einfach ein neuer Lohnzettel ausgestellt worden sei. Dieser neue Lohnzettel allein - ohne Begründung, warum und wie es zu diesem neuen Lohnzettel gekommen ist - könne wohl kein ausreichend begründeter Wiederaufnahmegrund sein.

Möglicherweise dürfte beim Arbeitgeber eine Prüfung stattgefunden haben und es könnte dort zu einer Schätzung gekommen sein und jemand könnte angenommen haben, dass der Arbeitnehmer ebenfalls von dieser Schätzung partizipiert habe.

Diese vielen Annahmen gehörten wohl dem Steuerpflichtigen dargestellt und ausreichend begründet.

Darüber hinaus fehle auch den neuen Lohnzetteln jeder Hinweis, dass diese von der Fa. XXXX ausgestellt seien. Auf Rückfrage habe die Firma jedenfalls mitgeteilt, dass von ihr keine neuen Lohnzettel ausgestellt worden seien. Es fehle also nicht nur an jeglicher Darstellung der Wiederaufnahmegründe, noch sei dem Parteiengehör in irgendeiner Weise Rechnung getragen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 2004/13/0108, gerade aus dem Grund, dass eine Wiederaufnahme nicht begründet und der Wiederaufnahmegrund nicht genannt gewesen sei, die Entscheidung als rechtswidrig aufgehoben.

Aus dem gleichen Grund seien wohl auch die nachfolgenden Einkommensteuerbescheide rechtswidrig. Auch diese Bescheide ließen nicht erkennen, aus welchen Gründen neue Lohnzettel zur Besteuerung herangezogen worden seien. Ebenso sei auch hier wiederum das Parteiengehör missachtet worden. Diese Bescheide seien bei aufrechter Erledigung der Beschwerde und der fehlenden Wiederaufnahme automatisch ungültig.

Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 sei nur aus Vorsichtsgründen eingebracht worden, denn im Falle einer Abweisung der Aufhebung der Wiederaufnahme wolle er hinsichtlich der Sachbescheide im Verfahren bleiben. Auch hier müsste die Behörde eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung über die abweichenden Lohnzettel erbringen.

Hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2017, der in Abweichung von der Einkommensteuererklärung ergangen sei, bestünde natürlich auch wieder das Problem, dass der Bescheid so begründet sei, dass nicht erkennbar sei, wodurch die Abweichung entstanden sei.

Nur der Hinweis auf einen anderen Lohnzettel sei nicht ausreichend, um beurteilen zu können, wodurch diese Abänderung zustande gekommen sei.

Es könnte deshalb auch die Beschwerde nicht weiter begründet werden, weil nicht bekannt sei, worauf die Abweichung beruhe.

Es bestünde zumindest wiederum ein massiver Begründungsmangel, denn der Lohnzettel, den der Arbeitgeber im FinanzOnline eingereicht habe, zeige andere Beträge als der, der zuletzt im FinanzOnline aufscheine; von diesem wisse man nicht, von wem und warum er geändert worden sei.

Es sei zumindest sonderbar, dass ein Lohnzettel von irgendjemandem geändert werde und der Steuerpflichtige nichts davon erfahre. Das stelle wohl wieder eine gewaltige Verletzung des Parteiengehörs dar.

Mit der Eingabe vom hat der Bf. den Artikel "Rechtsschutz bei Begründungsmängeln" von Ritz in SWK 12/2019, 602ff. dem Finanzamt übermittelt.

Das Finanzamt hat im Vorlagebericht vom - der bevollmächtigten Vertreterin des Bf. mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht - einerseits ausführlich den Sachverhalt unter Hinweis auf die beim ehemaligen Arbeitgeber des Bf. (XXXX Transport GmbH) stattgefundene Außenprüfung und Lohnsteuerprüfung der Jahre 2015 bis 2018 dargestellt und bezüglich des Vollmachtsverhältnisses die Rechtsansicht vertreten, dass die bevollmächtigte Vertreterin aus den näher dargestellten Gründen die Beschwerden nicht rechtswirksam für den Bf. eingebracht habe, weshalb diese gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen wären und andererseits als Eventualantrag mit ausführlicher Begründung beantragt, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

Die bevollmächtigte Vertreterin hat mit dem an das Bundesfinanzgericht gerichteten Schriftsatz vom zum Vorlagebericht des Finanzamtes an das Bundesfinanzgericht unter Vorlage einer Kopie der vom Vollmachtgeber und der Vollmachtnehmerin am unterfertigten Vollmachtsurkunde, wie folgt Stellung genommen:

"Im Namen und Auftrag unseres o.a. Klienten und der uns erteilten Vollmacht nehmen wir zur Beschwerdevorlage des Finanzamtes wie folgt Stellung:

Das Finanzamt beanstandet, dass der Beschwerde ein Hinweis auf den Auftrag unseres Klienten in unserer Eingabe fehlt. Das Finanzamt weist dabei auf verschiedene ältere Entscheidungen der Gerichtshöfe hin. In diesem Zusammenhang möchten wir auf die letzte Entscheidung des hinweisen, mit der von der bisherigen Rechtsprechung abgewichen wurde und das BFG aus dem Wortzusammenhang eindeutig erkennen konnte, dass die Eingabe für den Klienten erbracht wurde und die Vertretungsbefugnis des steuerlichen Vertreters unbestritten war.

Unsere Kanzlei ist im FinanzOnline als steuerlicher Vertreter ausgewiesen und wir haben auch eine Zustellungsvollmacht für unseren Klienten. Ohne Auftrag dürften wir für unseren Klienten nach unserem Berufsgesetz gar nicht einschreiten. Damit meinen wir, dass wir die Eingabe wohl für unseren Klienten eingebracht haben.

In der Sache selbst möchten wir darauf hinweisen, dass wir die Wiederaufnahmebescheide des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2016 und 2015 vom erhalten haben, in dem zwar ganz allgemein auf einen neuen Lohnzettel hingewiesen wurde, aber es gab in keinerlei Hinsicht Hinweise, warum ein neuer Lohnzettel erstellt wurde. Es wurde auch nicht dargelegt, wer diesen Lohnzettel eingebracht hat und welche Unterschiede beim neuen Lohnzettel zum ursprünglichen Lohnzettel gegeben waren.

Ein Wiederaufnahmebescheid verlangt einen genauen Hinweis auf die Gründe, die für die Wiederaufnahme maßgebend waren. Ein bloßer Hinweis auf einen neuen Lohnzettel kann wohl kein geeigneter Hinweis für eine Wiederaufnahme sein.

Die Wiederaufnahmegründe sind jedenfalls genau darzustellen.

Wir haben uns auch beim früheren Arbeitgeber erkundigt, ob von ihm ein neuer Lohnzettel ausgestellt wurde. Der Arbeitgeber hat uns versichert, dass er keinen neuen Lohnzettel erstellt hat. Für uns war also in keiner Weise erkennbar, wie ein neuer Lohnzettel zustande gekommen ist.

Und hier sehen wir den Mangel in den Wiederaufnahmebescheiden des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2016 und 2015 vom , die unserer Meinung nach aufgehoben werden müssten. Es kann nicht sein, dass wir recherchieren müssen, wann es einen neuen Lohnzettel gibt.

Des Weiteren sind wir auch der Meinung, dass unserer Klient seinem Arbeitgeber die richtigen Umsätze bekannt gegeben hat. Unser Klient hat darüber auch Aufzeichnungen und aus diesen Aufzeichnungen ergibt sich, dass der von ihm erzielte Kilometersatz dem entspricht, was grundsätzlich von einem Taxi erwartet wird.

Unser Klient konnte bisher in keiner Weise zu diesen Vorwürfen, die hier im Raum stehen, Stellung nehmen.

Ohne eine Begründung in den Wiederaufnahmebescheiden des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2016 und 2015 vom können wir auch in der Sache keine Einwendungen erheben, da uns nicht bekannt gegeben wurde, welche Gründe zu diesen neuen Bescheiden geführt haben.

Aus steuerberaterlicher Vorsicht haben wir aber gleichzeitig beim Finanzamt Graz-Stadt die Bescheidaufhebungen der Wiederaufnahmebescheide des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2016 und 2015 vom gemäß § 299 BAO innerhalb der Jahresfrist gestellt, um im Falle der vom Finanzamt vorgeschlagenen Zurückweisung keine Fristen zu versäumen.

Dadurch würde sich aber das Verfahren nur unnötig verlängern."

Im Erörterungstermin am wurde vom Bf. dem Richter und den Finanzamtsvertretern ein Berechnungsblatt (handschriftlich) für das Jahr 2017 übergeben. Die darin aufscheinende Berechnung wird vom Bf. erläutert, wobei er am Ende zum Ergebnis kommt, dass der Umsatz in Höhe von 27.757,30 € den von ihm erzielten Bruttoumsatz des Jahres 2017 definitiv darstellt. Zu dem daraus resultierenden SV-Beitrag in Höhe von 1.471,13 € sei zu bemerken, dass dieser Betrag jeweils in entsprechenden Monatsbeträgen in bar an die Firma bezahlt worden sei, sodass dem Bf. das Bruttoentgelt in Höhe von 9.739,56 € "in der Tasche" verbleibe. Der Umstand, dass dieser Betrag vom Arbeitgeber offenkundig nicht zur Gänze abgeführt worden ist, könne ihm wohl nicht angelastet werden.
Dem BFG werden die privaten Aufzeichnungen des Bf. betreffend die geleisteten SV-Beiträge an den Arbeitgeber für das Jahr 2016 und 2017 vorgelegt, sowie eine Bestätigung des Arbeitgebers über den Erhalt dieser Beträge.

Der Vertreter der Amtspartei nimmt dazu wie folgt Stellung:
Die Bestätigung wurde von der YYYY Transport GmbH ausgestellt, Arbeitgeberin sei aber die XXXX-Transport GmbH gewesen. Dazu wird von Seiten des Bf. ausgeführt, dass es sich dabei um das Nachfolgeunternehmen handelt. Die XXXX-Transport GmbH sei in Konkurs gegangen.


Zu dem vom Bf. vorgelegten Berechnungsblatt wird von Seiten des Finanzamtes der 40%ige Fahreranteil mit 10.093,56 € anerkannt, nach Abzug des pauschal anzuerkennenden, vom Bf. zu tragenden Selbstbehaltes in Höhe von 354,00 € für einen allfälligen Unfall, ergibt sich ein maßgeblicher Nettobetrag von 9.739,56 €, der gemäß § 62a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 mit einem Beitragssatz von 15,12 % auf 11.474,51 € (= Bruttobetrag Kennzahl 210) hochzurechnen ist.

Von Seiten des Bf. wird dagegen eingewendet, dass der Betrag von 9.739,56 € bereits einen Bruttolohn darstelle, von dem SV-Beiträge abzuführen seien, sodass sich eine weitere Hochrechnung auf einen "weiteren Bruttolohn" erübrige. Es wird irrtümlich eine Nettolohnvereinbarung unterstellt.

Von Seiten des Bf. wird schlussendlich Folgendes ausgeführt:
Die 9.739,56 € stellen bereits ein Bruttoentgelt dar, von dem er die SV-Beiträge in Höhe von 1.471,13 € geleistet habe; somit erübrige sich eine Hochrechnung auf ein Bruttoentgelt.

Von Seitens des Finanzamtsvertreters wird die Zurückweisung der Beschwerden wegen mangelnder Aktivlegitimation, in eventu die Abänderung lt. obiger Ausführungen beantragt.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Zufolge Abs. 2 leg. cit. richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.

Bei Rechtsanwälten, Wirtschaftstreuhändern, Notaren und Bilanzbuchhaltern ersetzt nach § 8 Abs. 1 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung (idF BGBl 1990/474), nach § 77 Abs. 11 WTBG 2017, nach § 5 Abs. 4a Notariatsordnung (idF BGBl 1993/692) bzw. § 36 Abs. 5 BibuG 2014 die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Bei diesen Parteienvertretern reicht es somit, wenn sie sich schriftlich oder mündlich (nicht telefonisch) auf eine ihnen erteilte Bevollmächtigung berufen (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 83, Tz 10).

Bestehen - etwa aus der Aktenlage - konkrete Zweifel, ob der betreffende Parteienvertreter tatsächlich bevollmächtigt ist, so hat die Abgabenbehörde von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vorzunehmen (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 83, Tz 12).

Soweit die belangte Behörde erstmals im Rahmen der Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht Zweifel hegt, ob die von der bevollmächtigten Vertreterin abgefassten Beschwerden und der Vorlageantrag überhaupt im Namen des Bf. beim Finanzamt eingebracht worden sind, ist ihr Folgendes zu entgegnen:

Die Beschwerde vom gegen die Bescheide vom betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016 sowie gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 vom und die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom enthalten im Betreff den Namen des Bf. und seine Steuernummer. Dies trifft auch auf den Vorlageantrag vom zu.

Damit kommt auch unter Bedachtnahme auf die inhaltlichen Ausführungen unzweifelhaft und unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Steuerberatungskanzlei, die im Übrigen seit zur Vertretung bevollmächtigt ist (vgl. aktenkundige Vollmachtsurkunde) und auch im Abgabeninformationssystem als zustellungsbevollmächtigte steuerliche Vertreterin aufscheint, die in Rede stehenden Eingaben nicht im eigenen Namen, sondern in Vertretung des Bf. beim Finanzamt eingebracht hat. Es kann doch einem berufsmäßigen Parteienvertreter wohl nicht ernsthaft unterstellt werden, dass er im Rahmen eines aufrechten, unbestrittenen Vollmachtsverhältnisses eine Beschwerde gegen einen, an seinen Mandanten gerichteten Bescheid, nicht für diesen als Vertretenen, sondern im eigenen Namen einbringen möchte.

In diesem Zusammenhang ist auch auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/6101074/2015, zu verweisen, in dem sich der Senat auch mit der Frage beschäftigt hat, ob die steuerliche Vertreterin die Beschwerde für den Beschwerdeführer oder im eigenen Namen eingebracht hat, da diese nicht "namens und Auftrags" des Beschwerdeführers von der steuerlichen Vertreterin eingebracht wurde. Dabei ist der Senat unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/13/0175, zum Ergebnis gelangt, dass die Beurteilung im Wortzusammenhang und unter Berücksichtigung der im gegenständlichen Verfahren von der Vertreterin gesetzten Verfahrenshandlungen zu erfolgen hat. Dabei ist auch maßgeblich, dass die Beschwerde sehr wohl den Namen des Beschwerdeführers, seine Steuernummer und eine eindeutige Konkretisierung des angefochtenen, an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheides enthält.

Im Erkenntnis vom , 86/13/0175, hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. Folgendes ausgeführt:

"Der Betreff eines Schreibens kann auch Aufschluss darüber geben, wem das Schreiben zuzurechnen ist. Dies vor allem dann, wenn das Schreiben von einem Parteienvertreter stammt, der es namens der von ihm vertretenen Partei einbringt ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen, in wessen Namen er dabei handelt. Eine solche Zurechnungsfunktion kommt jedoch dem Betreff eines Schreibens nur dann zu, wenn das Schreiben auch seinem Inhalt nach keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass im Betreff der Name des Einschreiters bzw. jener Person aufscheint, für die eingeschritten wird."

Somit liegen auch im vorliegenden Fall zulässige Beschwerden der steuerlichen Vertreterin für den Bf. vor, über die vom Bundesfinanzgericht inhaltlich zu entscheiden ist. Dasselbe gilt auch für die Zulässigkeit des Vorlageantrages.

1) Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2015 und 2016

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Wiederaufnahmegründe sind in der Begründung anzuführen. Dies ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sich die Rechtsmittelbehörde bei der Erledigung des gegen die Verfügung der Wiederaufnahme gerichteten Rechtsmittels auf keine neuen Wiederaufnahmegründe stützen kann. Sie habe lediglich zu beurteilen, ob die von der Abgabenbehörde angeführten Gründe eine Wiederaufnahme rechtfertigen.

Die fehlende Angabe der Wiederaufnahmegründe in der Begründung des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides ist auch in der Beschwerdevorentscheidung nicht "nachholbar". Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die für Beschwerdevorentscheidungen bestehende Änderungsbefugnis (§ 263 Abs. 1) ident ist mit jener für Erkenntnisse (§ 279 Abs. 3). Weiters ist im Beschwerdeverfahren über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (und nicht über jene der Beschwerdevorentscheidung) zu entscheiden (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 307, Tz 3 und die dort zitierte Judikatur und Literatur).

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage war der Beschwerde aus nachstehenden Erwägungen ein Erfolg beschieden:

In beiden Bescheiden vom findet sich, völlig gleichlautend, folgender Text als Begründung:

"Das Verfahren war gemäß § 303 (1) BAO wiederaufzunehmen, weil dem Finanzamt auf Grund eines berichtigten oder neuen Lohnzettels oder einer (geänderten) Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe etc.) erst nachträglich Umstände bekannt wurden, die im betreffenden Veranlagungszeitraum bereits existent waren und aus denen sich eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung ergibt. Zur näheren Begründung wird auf die Begründung des im wiederaufgenommenen Verfahren neu erlassenen Einkommensteuerbescheides verwiesen."

In den diesbezüglichen Einkommensteuerbescheiden 2015 und 2016 vom findet sich, ebenfalls gleichlautend, als Begründung folgender "Hinweis":

"Sie haben während des Jahres gleichzeitig von mehreren auszahlenden Stellen Bezüge erhalten. Die Lohnsteuer wurde von jedem Arbeitgeber getrennt ermittelt. Bei der Veranlagung werden Ihre Bezüge zusammengerechnet und so besteuert, als wären sie von einer Stelle ausgezahlt worden. Sie zahlen damit genau so viel Steuer wie jeder andere Steuerpflichtige, der dasselbe Einkommen nur von einer auszahlenden Stelle bezogen hat."

Des Weiteren findet sich, jeweils auf Seite 5, die Textierung:

"Lohnzettel und Meldungen:

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit enthalten die steuerpflichtigen Bezüge (245) nachfolgend angeführter Lohnzettel:

Bezugsauszahlende Stelle:

...

...

XXXX Transport GmbH

Beträge in EUR

Bruttobezüge (210)
SV-Beiträge für laufende Bezüge (230)
Steuerpflichtige Bezüge (245)

Die Bezüge waren gemäß §§ 84 bzw. 3 Abs. 2 EStG 1988 von den bezugs-, pensionsauszahlenden Stellen dem Finanzamt zu melden."

Es besteht für das Bundesfinanzgericht wohl kein Zweifel, dass das Finanzamt mit der in den Wiederaufnahmebescheiden angeführten "Begründung" keinesfalls dem zwingenden Erfordernis der Angabe des konkreten Wiederaufnahmegrundes nachgekommen ist. Denn durch die Wortfolge "auf Grund eines berichtigten oder neuen Lohnzettels" ist für den Bf. als Bescheidadressaten nicht erkennbar, ob ein berichtigter oder ein neuer Lohnzettel Grund für die Wiederaufnahme war. Überdies ist nicht erkennbar, welche bezugsauszahlende Stelle - der Bf. bezieht nach den aktenkundigen Lohnzetteln in beiden Streitjahren von drei bezugsauszahlenden Stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit - gemeint ist. Außerdem führt die "Begründung" als weitere Möglichkeit eines Wiederaufnahmegrundes eine geänderte Mitteilung über progressionswirksame Transferleistungen an. Auch damit lässt die "Begründung" die für die Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme notwendige Bestimmtheit des Wiederaufnahmegrundes vermissen.

Auch wenn im letzten Satz der "Begründung" zur näheren Begründung auf die Begründung des im wiederaufgenommenen Verfahrens neu erlassenen Einkommensteuerbescheides verwiesen wird, kann die Mangelhaftigkeit der Begründung nicht beseitigt werden. Denn dort findet sich unter "Hinweis" nur die Feststellung, dass der Bf. während des Jahres gleichzeitig von mehreren auszahlenden Stellen Bezüge erhalten hat und die Lohnsteuer von jedem Arbeitgeber getrennt ermittelt wurde und die Bezüge im Wege der Veranlagung zusammengerechnet und so besteuert werden, als hätte er sie von einer einzigen Stelle ausbezahlt erhalten. Dass auch mit diesen Ausführungen für den Bf. nicht erkennbar ist, welchen konkreten Wiederaufnahmegrund das Finanzamt den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegt hat, bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen.

Ebenso ist aus den auf Seite 5 der Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 im Einzelnen dargestellten Lohnzetteldaten der drei bezugsauszahlenden Stellen ohne näheren Hinweis nicht nachvollziehbar, welche gegenüber den Erstbescheiden geänderten Lohnzetteldaten als Wiederaufnahmegrund herangezogen wurden. Darüber hinaus mangelt es auch an einer Begründung für die Änderung der Lohnzetteldaten. Die dazu vom Finanzamt im Vorlagebericht im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung gemachten näheren Ausführungen zu Feststellungen im Rahmen einer Betriebsprüfung sowie Prüfung lohnabhängiger Abgaben bei der Fa. XXXX Transport GmbH vermögen den vorliegenden Begründungsmangel nicht zu heilen, da die in den angefochtenen Bescheiden fehlende Angabe des Wiederaufnahmegrundes im Rechtsmittelverfahren nicht nachholbar ist (vgl. auch das völlig einschlägige Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2101157/2019)..

In diesem Zusammenhang ist auch auf Ritz, Rechtsschutz bei Begründungsmängeln - Welche Mängel sind nicht sanierbar? in SWK 12/2019, 602 zu verweisen.

Darin bringt der Autor als Beispiel aus der Praxis der Finanzämter als "Begründung" einer Wiederaufnahme eines Einkommensteuerverfahrens von Amts wegen den wortwörtlich gleichlautenden Text, wie er sich in den angefochtenen Bescheiden findet und führt dazu aus:

"Wann welche Umstände im betreffenden Abgabenverfahren dem Finanzamt erst nachträglich bekannt wurden, verschweigt die Begründung. Sie ist überdies irreführend, wenn dort von "war […] wiederaufzunehmen" die Rede ist. Die Verfügung von Wiederaufnahmen liegt nämlich im Ermessen; die Ermessensübung ist zu begründen.

Der Bescheidadressat erfährt somit nicht,

  • ob ein neuer oder ein berichtigter Lohnzettel Grund für die Wiederaufnahme ist,

  • welcher Arbeitgeber gemeint ist,

  • ob Transferleistungen (und wenn ja, welche) oder deren Änderung nachträglich bekannt wurden,

  • wann die maßgebenden Umstände dem Finanzamt bekannt wurden, oder

  • die für die Ermessensübung bedeutsamen Umstände und Überlegungen.

3. Rechtsschutz gegen solche "Begründungen"

Dass eine solche Standardbegründung (Multiple Choice) keine Begründung iSd. § 93 Abs. 3 lit. a BAO ist, steht außer Zweifel."

Unter 4.1. Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 303 BAO) führt Ritz weiter aus:

"In der Begründung der Verfügung der Wiederaufnahme eines Verfahrens sind die Wiederaufnahmegründe anzuführen. Die fehlende Angabe der Wiederaufnahmegründe ist im Rechtsmittelverfahren nicht "nachholbar", dies auch nicht in einer Beschwerdevorentscheidung.

Bei einer amtswegigen Wiederaufnahme wird die Identität der "Sache" iSd. § 263 Abs. 1 und § 279 Abs. 1 BAO, über die im angefochtenen Bescheid abgesprochen wurde, durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde.

Die Rechtsmittelbehörde kann sich bei der Erledigung gegen die Wiederaufnahme gerichteter Rechtsmittel auf keine neuen Wiederaufnahmegründe stützen. Sie hat lediglich zu beurteilen, ob die von der Abgabenbehörde angeführten Wiederaufnahmegründe eine Wiederaufnahme rechtfertigen, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme aus anderen Gründen zulässig gewesen wäre.

Hat das Finanzamt die Wiederaufnahme auf Umstände gestützt, die keinen Wiederaufnahmegrund darstellen, so ist der angefochtene Bescheid im Beschwerdeverfahren ersatzlos aufzuheben, was auch bereits durch Beschwerdevorentscheidung erfolgen kann.

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die "Sache", über die das BFG gemäß § 279 Abs. 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltselemente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, so muss das BFG den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben."

In diesem Zusammenhang ist auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2101157/2019, zu verweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat dort u.a. Nachstehendes ausgeführt:

"Ein zum Zeitpunkt des Ergehens des jeweiligen Erstbescheides noch nicht existenter (sondern erst später ausgefertigter) Lohnzettel ist kein neu hervorgekommenes Beweismittel im Sinne des § 303 BAO (nova reperta), sondern ein nachträglich entstandenes Beweismittel (nova producta), das für sich allein eine Wiederaufnahme nicht rechtfertigt (vgl. , , , , u.v.m.).

Nicht die Übermittlung neuer Lohnzettel als solche, sondern gegebenenfalls erst eine diesen Lohnzetteln zugrundeliegende Tatsache könnte eine Wiederaufnahme der Verfahren rechtfertigen.

Die Wiederaufnahmebescheide enthalten im Beschwerdefall aufgrund des alleinigen Verweises auf die berichtigten Lohnzettel (auch in Zusammenschau mit den Sachbescheiden) keine hinreichenden Wiederaufnahmegründe.

Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, muss das Bundesfinanzgericht den vor ihm bekämpften Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben (vgl. zB oder ).

Die Wiederaufnahmebescheide sind daher ersatzlos aufzuheben."

Somit waren die angefochtenen Wiederaufnahmebescheide ersatzlos aufzuheben.

2) Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016

Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt gemäß § 307 Abs. 3 BAO das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

§ 261 Abs. 2 BAO lautet:

"Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären."

Wird der Wiederaufnahmsbescheid aufgehoben (insbesondere im Bescheidbeschwerdeverfahren), so tritt nach § 307 Abs. 3 das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmsbescheides scheidet somit ex lege der neue Sachbescheid aus dem Rechtsbestand aus, der alte Sachbescheid lebt wieder auf (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 307, Tz 8 und die dort zitierte Judikatur).

§ 261 Abs. 2 normiert die Gegenstandsloserklärung auch für Fälle, in denen nach bisheriger Rechtsauffassung Rechtsmittel als unzulässig geworden zurückzuweisen waren. Dies galt nach Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz (BAO3, § 299 Anm 25 idF vor 15. Ergänzungslieferung) für Berufungen gegen neue Sachbescheide, wenn der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid stattgegeben wird, wodurch der neue Sachbescheid als Folge des § 307 Abs. 3 BAO aufgehoben ist.

Die Gegenstandsloserklärung der Bescheidbeschwerde liegt nicht im Ermessen. Sie hat (durch die Abgabenbehörde) mit Beschwerdevorentscheidung bzw. (durch das Verwaltungsgericht) mit Beschluss zu erfolgen. Solche Gegenstandsloserklärungen sind mit Vorlageantrag (§ 264) bzw. mit Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder mit Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof anfechtbar (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 261, Tz 4 und 6 und die dort zitierte Literatur).

Somit war die gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 gerichtete Bescheidbeschwerde vom mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären.

3) Einkommensteuerbescheid 2017

Gemäß § 62a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 in der Fassung des AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 117/2016 (ab Veranlagung 2017), gilt ein Nettoarbeitslohn als vereinbart, wenn der Arbeitgeber den gezahlten Arbeitslohn (einschließlich sonstiger Bezüge und Vorteile im Sinne des § 25) nicht im Lohnkonto (§ 76) erfasst hat, die Lohnsteuer nicht oder nicht vollständig einbehalten und abgeführt hat, obwohl er weiß oder wissen musste, dass dies zu Unrecht unterblieben ist, und er eine Bruttolohnvereinbarung nicht nachweisen kann.

"Abs. 1 Z 2 betrifft jene Fälle, in denen der AG den AN zwar bei der Gebietskrankenkasse anmeldet, aber den tatsächlich gezahlten Arbeitslohn nicht im Lohnkonto erfasst und die LSt nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend einbehält und abführt, also etwa einen AN bspw mit 20 Wochenstunden anmeldet und "offiziell" bezahlt, den AN aber tatsächlich 38 Wochenstunden beschäftigt und diesem die Differenz zum "offiziellen" Lohn "schwarz" bezahlt wird ("unechte Schwarzarbeit"). Die Bestimmung greift daher sowohl, wenn der Auszahlungsbetrag unrichtig ("nicht" ist im Sinne von "unrichtig" zu verstehen, da eben nicht der ausbezahlte Betrag angegeben wurde) am Lohnkonto erfasst wurde, als auch wenn die hierauf entfallende LSt nicht oder zu niedrig einbehalten und abgeführt wurde.

Das ausbezahlte Arbeitsentgelt ist daher auf einen Bruttolohn hochzurechnen."

[Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 62a, Rz 4a) und 6), (Stand , rdb.at) und Jakom/Lenneis EStG 2019, § 62a Rz 2].

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage konnte dem Beschwerdebegehren, von der Hochrechnung auf einen Bruttolohn Abstand zu nehmen, aus folgenden Erwägungen nicht entsprochen werden:

Das Finanzamt hat im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht vom - dem Bf. mit Schreiben vom zur Kenntnis gebracht - festgestellt, dass im Rahmen einer Betriebsprüfung und einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben bei der Fa. XXXX Transport GmbH festgestellt worden ist, dass im Prüfungszeitraum 2015 bis 2018 Zahlungen an die Arbeitnehmer erfolgt sind, die keine Berücksichtigung in der Buchhaltung und in den Lohnabrechnungen gefunden haben. Die Bezahlung erfolgte dabei anhand einer Umsatzbeteiligung von 40%, wobei dieser Betrag nicht zur Gänze Eingang in die Lohnverrechnung und Abfuhr der Lohnabgaben sowie in den Lohnzettel gefunden hat.

Dieser Anteil (= Fahreranteil) wird vom Bf. an Hand seiner Aufzeichnungen für das Jahr 2017 mit € 9.739,56 ermittelt (vgl. das im Zuge des Erörterungstermines am vom Bf. vorgelegte handschriftliche Berechnungsblatt).

Hingegen betragen nach dem aktenkundigen, von der Fa. XXXX Transport GmbH am für den Zeitraum 1. Jänner bis ausgestellten Lohnzettel die Bruttobezüge € 9.185.

Da demnach nicht der tatsächlich ausbezahlte Arbeitslohn, sondern ein um € 554,56 verminderter Betrag am Lohnkonto erfasst wurde, ist im Sinne des § 62a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 daher das ausbezahlte Arbeitsentgelt in Höhe von € 9.739,56 mit einem Beitragssatz von 15,12% auf € 11.474,51 (= Bruttobetrag Kennzahl 210) hochzurechnen.

An dieser Beurteilung vermögen auch die Ausführungen des Bf. in der Stellungnahme vom , wonach eine Umrechnung vom Nettolohn auf einen Bruttolohn nach § 62a EStG 1988 nur dann zu erfolgen habe, wenn weder die Verpflichtung nach § 33 ASVG erfüllt worden noch die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten und abgeführt worden sei, nichts zu ändern.

Denn der Gesetzgeber hat neben der vom Bf. zitierten Bestimmung des § 62a Z 1 EStG 1988 eine weitere Umrechnungsverpflichtung in § 62a Z 2 EStG 1988 normiert. Nach dieser Bestimmung ist - wie oben ausgeführt - entscheidend, dass am Lohnkonto nicht der tatsächlich ausbezahlte Arbeitslohn erfasst wurde.

Dass der Arbeitgeber bei Aufnahme eines unrichtigen Auszahlungsbetrages am Lohnkonto wusste oder hätte wissen müssen, dass die Lohnverrechnung unrichtig ist, bedarf wohl keiner näheren Ausführungen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die nach der GPLA-Prüfung ergangenen Bescheide in Rechtskraft erwachsen sind.

Auch bezüglich der Berücksichtigung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in Höhe von € 1.471,13 als Werbungskosten im Zuge der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit konnte dem Beschwerdebegehren aus nachstehenden Erwägungen nicht zur Gänze gefolgt werden:

Auch wenn der Bf. behauptet, dass er diesen Jahresbetrag in entsprechenden monatlichen Teilbeträgen an den Arbeitgeber "in bar" bezahlt hat, kann aus diesem Umstand allein kein Rechtsanspruch auf Werbungskostenabzug der Pflichtversicherungsbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung abgeleitet werden. Denn dieser setzt wohl voraus, dass die Beiträge vom Arbeitgeber auch tatsächlich an die Sozialversicherungsanstalt abgeführt worden sind. Vom Arbeitgeber veruntreute Beiträge stellen jedenfalls keine Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 dar.

Somit konnte nur der auch im Lohnzettel ausgewiesene Betrag in Höhe von € 433,44 als Werbungskosten in Abzug gebracht werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In den Beschwerden werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Da die Entscheidung betreffend die Zulässigkeit der Wiederaufnahme der Verfahren im Zusammenhang mit der Eignung des vom Finanzamt angenommenen Wiederaufnahmegrundes der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht (vgl. insbesondere ) und sich die Verpflichtung, das ausbezahlte Arbeitsentgelt auf einen Bruttolohn hochzurechnen, unmittelbar aus § 62a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 ergibt, ist die Revision nicht zulässig.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 62a Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 83 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 261 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100811.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at