TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.06.2020, RV/6100399/2017

Umfang der Haftung eines Geschäftsführers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den SenatsvorsitzendenA, den RichterB sowie die fachkundigen Laienrichter C und D in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch WP_GmbH, WP_GmbH-Adr, vertreten durch Mag. WP über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des FA, vertreten durch AB, vom betreffend Haftung gemäß §§ 9, 80 BAO für Abgaben der GmbH, Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

II. Der angefochtene Haftungsbescheid wird abgeändert. Der Beschwerdeführer wird zur Haftung für Abgaben der GmbH in Höhe von € 19.924,78 herangezogen. Der Haftungsbetrag umfasst folgende Abgaben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Höhe in EUR
Umsatzsteuer
10/2010
4.014,46
Lohnsteuer
11/2010
385,82
Lohnsteuer
12/2010
552,12
Lohnsteuer
01/2011
252,19
Körperschaftsteuer
01-03/2011
874,00
Dienstgeberbeitrag
11/2010
359,70
Dienstgeberbeitrag
12/2010
238,84
Dienstgeberbeitrag
01/2011
174,26
Dienstgeberbeitrag
02/2011
70,08
Dienstgeberbeitrag
03/2011
70,08
Zuschlag z. Dienstgeberbeitrag
11/2010
33,57
Zuschlag z. Dienstgeberbeitrag
12/2010
22,29
Zuschlag z. Dienstgeberbeitrag
01/2011
16,26
Zuschlag z. Dienstgeberbeitrag
02/2011
6,54
Zuschlag z. Dienstgeberbeitrag
03/2011
6,54
Anspruchszinsen
2009
390,87
Aussetzungszinsen
2011
1.958,83
Exekutionsgebühren
2010
120,46
Exekutionsgebühren
2011
4.666,74
Barauslagenersatz
2010
0,55
Barauslagenersatz
2011
0,55
Stundungszinsen
2010
60,16
Stundungszinsen
2011
5.649,87
Summe:
19.924,78

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Ergänzungsersuchen von wurde der BF als ehemaliger Geschäftsführer einer zwischenzeitig insolventen GmbH aufgefordert darzulegen, welche Zahlungsmittel ihm für die Entrichtung von detailiert aufgelisteten Abgaben in Höhe von ca. € 1,9 Mio zur Verfügung gestanden seien. Deren Fälligkeit sei zwischen und gelegen, diese Abgaben seien nicht entrichtet worden.

Dieses Ersuchen beantwortete der BF durch seine ausgewiesene Vertreterin im Wesentlichen damit, dass er in diesem Unternehmen als Lkw Fahrer tätig gewesen sei, er über Betreiben anderer Gesellschafter am zum Geschäftsführer gemacht worden sei. Ende April 2011 sei er als Dienstnehmer ausgeschieden und könne mangels Kenntnis keine genauen Angaben zum Sachverhalt machen.

Mit Bescheid vom zog das FA den BF zur Haftung gemäß §§ 9, 80 BAO in Höhe von € 139.802,70 heran. Dabei erfasste das FA Umsatzsteuern, Lohnabgaben, Verspätungszuschläge, Anspruchszinsen, Aussetzungszinsen, Exekutionsgebühren und Barauslagenersatz, Stundungszinsen, Verspätungszuschläge und Körperschaftsteuern, die im Zeitraum zwischen Dezember 2010 und Mai 2011 vorgeschrieben bzw. fällig geworden waren.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine ausgewiesene Vertreterin fristgerecht Beschwerde und beantragte die Entscheidung durch den gesamten Senat in mündlicher Verhandlung. Dabei monierte der BF, dass sich der Haftungsbetrag hinsichtlich der Säumniszuschläge nicht aus den vorgelegten Bescheiden ableiten lasse, der BF hinsichtlich der Lohnsteuer 11/2010-1/2011, des DB sowie des DZ 11/2010-3/2011 nicht über die Höhe und den Grund in Kenntnis gesetzt worden sei und die Behörde das Ermessen unrichtig bzw. mangelhaft geübt habe.

Mit BVE vom gab das FA der Beschwerde teilweise statt und verminderte die vom BF monierte Höhe der Säumniszuschläge um einen Betrag von € 361,43. Im Übrigen wies das FA das Beschwerdebegehren als unbegründet ab. Zu den Lohnabgaben führte das FA aus das diese von der GmbH selbst bekannt gegeben worden seien.

Darauf beantragte der BF durch seine ausgewiesene Vertreterin fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG.

In der mündlichen Verhandlung vom führten die Parteien des Verfahrens ergänzend aus:

Der Vertreter des Beschwerdeführers fasste nochmals das Vorbringen der Beschwerde zusammen. (BF in Finanzdingen nicht bewandert, sondern lediglich Lkw Fahrer; die Mitgesellschafter sagten ihm über Nachfrage, dass er sich um finanzielle Dinge nicht kümmern müsse; die Mitgesellschafter hatten offenbar aus den bei dieser und anderen GmbH´s durchgeführten steuerrechtlichen Malversationen ein Modell gemacht; Wirtschaftskriminalität, durch Ausnutzung der wirtschaftlichen Situation gutgläubiger Personen und Überwälzung des Risikos auf diese)

Für einen Betrag iHv. ca. € 600,00 seien die dem Haftungsbescheid mitübersandten Ablichtungen der zugrundeliegenden Bescheide nicht deckungsgleich mit denjenigen, die gegenüber dem Primärschuldner geltend gemacht worden sind.

Für nicht bescheidmäßig festgesetzte Abgaben iHv. ca. € 3.000,00 seien keine Bescheide ausgestellt worden. In derartigen Fällen hätte für die Geltendmachung der Haftung ein Bescheid gemäß § 201 BAO ausgestellt werden müssen.

Bei der Ausübung des Ermessens für die Inanspruchnahme der Haftung sei auch zu berücksichtigen, ob der BF die vorgeschriebenen Abgaben überhaupt tragen kann. Der Beschwerdeführer verdiene ca. € 1.800,00 monatlich netto. Davon seien noch Lebenshaltungskosten wie Miete, Sorgepflichten und ähnliches abzuziehen. Damit verbleibe wenig Vermögen zur Verwertung der angeführten Verbindlichkeiten. Der Beschwerdeführer sei 1957 geboren und weiterhin als Lkw Fahrer tätig. Sein Verdienst werde jedoch mit der Pensionierung in zwei Jahren nochmals deutlich sinken.

Der Vertreter des FA führte ergänzend aus, dass eine Person, die als Geschäftsführer "hineingetäuscht" wurde aus Sicht des FA bei der Ermessensübung nicht anders behandelt werden könne als ein anderer Geschäftsführer, da die Position für sich so exponiert sei, dass keine Reduktion der Haftung möglich erscheine.

Die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers sei unbestritten. Aus Sicht des FA sei jedoch unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH eine Reduktion der Haftung aus diesen Gründen ebenfalls nicht möglich.

Der Vertreter des BF führte über Nachfrage durch den Beisitzer B welche Abgaben mit den vom Vertreter des Beschwerdeführers genannten Abgaben ohne Bescheid nach § 201 BAO gemeint seien aus, es handle sich in erster Linie um Lohnabgaben. Über die weitere Nachfrage, dass diese Abgaben selbst gemeldet worden seien und dementsprechend keine Bescheide erstellt worden seien, führte der Vertreter des Beschwerdeführers aus, dass nach seiner Sicht genau aus diesem Grund Bescheide nach § 201 BAO zu erlassen gewesen wären, um diese dann dem Haftungsbescheid beiliegen zu können.

Über Nachfrage durch den Vorsitzenden, welcher Körperschaftssteuerbescheid für 2009 dem Haftungsbescheid beigelegt wurde, da in der elektronischen Aktenvorlage lediglich der Körperschaftssteuerbescheid 2009 vom mit einer Nachforderung von € 1.090,80 beigelegt sei, während im Haftungsbescheid für diese Abgabe ein Nachforderungsbetrag von € 73.149,00 aufscheine. Zum weiteren Vorhalt, dass aus den vorgelegten Einbringungsakten des FA nicht ersichtlich sei, welcher KöSt Bescheid dem Haftungsbescheid beigelegt wurde, da überhaupt keine Kopien vorhanden sind, führte der Vertreter des Finanzamtes aus, dass dies für ihn nicht mehr nachvollziehbar ist.

Der Vertreter des FA führt über weitere Nachfrage des Vorsitzenden aus, dass der ergänzend vorgelegte Einbringungsakt des FA betreffend die GmbH sowie der Papierakt betreffend das Haftungsverfahren des Beschwerdeführers die einzigen im FA erliegenden Akte zu diesen Verfahren sind.

Der Vertreter des Beschwerdeführers führte dazu aus, dass aufgrund der in der Kanzlei geprüften Unterlagen auch der Bescheid vom i.H.v. € 75.330,60 vorhanden gewesen sein müsse, aus dem sich die geltend gemachte Nachforderung im Haftungsbescheid ergebe.

Über Nachfrage durch den Vorsitzenden, ob die Vertreterin des Beschwerdeführers die GmbH auch in deren Beschwerdeverfahren gegen die Abgaben vertreten habe, verneinte dies der Vertreter des BF. Allerdings seien im Zuge des Haftungsverfahrens betreffend den BF auch Rechtsmittel gegen die der Haftung zugrunde liegenden Sachbescheide in Erwägung gezogen und dafür mehrfach Rechtsmittelfristverlängerungen beantragt und eine Akteneinsicht beim FA durchgeführt worden. Ob der Bescheid betreffend die KöSt 2009 vom dem Haftungsbescheid beigelegt war oder sich die Kenntnis im Zuge einer späteren Akteneinsicht in die Akten des FA ergeben hat, könne er nicht sagen.

Der Vertreter des Beschwerdeführers führte zur Ermessensübung aus, dass in ständiger Rechtsprechung immer wieder angesprochene Parameter auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schuldners, der Grad des Verschuldens, beispielsweise auch eine Unbilligkeit wegen langer verstrichener Zeit seien. Darüber hinaus sei auf die Rechtsschutzbestimmung des § 9 BAO zu verweisen, wonach auch eine Mitwirkungspflicht der Behörde besteht welche Mittel zur Tilgung der offenen Verbindlichkeiten überhaupt zur Verfügung gestanden wären. Aus Sicht des Vertreters des Beschwerdeführers ergebe sich aus dem Verkauf der Anteile um € 1,00 im April 2011 und der vom Gericht festgestellten Vermögenslosigkeit im Oktober 2011, dass die Gesellschaft im Zeitraum der Geschäftsführungstätigkeit des Beschwerdeführers bereits über keine liquiden Mittel zur Tilgung dieser Verbindlichkeiten mehr verfügt hat.

Abschließend verwies der Vertreter des FA auf die bisherigen Ausführungen im Verfahren insbesondere im Haftungsbescheid sowie in der BVE.

Der Vertreter des Beschwerdeführers führte abschließend aus, dass auf den ersten Blick eine Haftung als Geschäftsführer dem Grunde nach zu bejahen sei, da es sich dabei lediglich um eine Anknüpfung an die formale Gestaltung (Ausübung bzw. Eintragung als Geschäftsführer) handelt. Es müsse jedoch im Bereich des Ermessens möglich sein, den "Anteil" des Beschwerdeführers am Mitverschulden an der Nichteinbringung der Abgaben zu bemessen. Daher werde die Stattgabe der Beschwerde beantragt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der Senat legt der Entscheidung den im Folgenden dargestellten, als erwiesen angenommenen Sachverhalt zugrunde, der sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und den zugrundeliegenden Datenbanken der belangten Behörde sowie dem Vorbringen der BF und der belangten Behörde im Verfahren bzw. der mündlichen Verhandlung ergibt.

Der BF war im Zeitraum 09/2008 - 04/2011 als Lkw-Fahrer bei der GmbH (in der Folge GmbH) beschäftigt. Im Jänner 2009 erwarb er eine Stammeinlage i.H.v. € 7.000,00 an der GmbH. Diese stockte er im Jänner 2011 zunächst auf € 14.000,00 und in weiterer Folge auf € 17.500,00 auf, wobei er dies nicht bezahlen musste. Im April 2011 veräußerte er ebenso wie die anderen Gesellschafter der GmbH seinen Anteil an ein ungarisches Unternehmen. Geld erhielt der BF dafür nicht.

Mit wurde er zum allein vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt. Das BFG folgt damit den Ausführungen des BF in der Beschwerde nicht, wonach er erst mit (der Eintragung der GF Funktion im Firmenbuch) zum alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt worden sei. Die Bestellung wird bereits mit Abschluss der dazu erforderlichen Rechtshandlungen wirksam. Die Eintragung im Firmenbuch hat lediglich deklaratorische Bedeutung. (Koppensteiner GmbHG, § 15 Tz. 7 unter Verweis auf OGH in RdW 1993, 243 u. a.)

Das Dienstverhältnis des BF zur GmbH wurde mit Ende April 2011 gelöst, die Funktion als Geschäftsführer blieb davon unberührt. Der BF blieb Geschäftsführer der GmbH bis zur unten beschriebenen beantragten Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vom FA vorgelegten Verwaltungsakten und dem darin enthaltenen Vorbringen des BF im gegenständlichen Beschwerdeverfahren, dem Firmenbuch sowie den Datenbanken der Finanzverwaltung.

Der GmbH wurden vom FA im Zuge von Prüfungshandlungen bis Dezember 2010 Umsatzsteuern in Gesamthöhe von ca. € 1,9 Mio aufgrund von Umsatzsteuerhinterziehungen im Zusammenhang mit Heizölverkäufen vorgeschrieben. Im Zeitraum November 2010 bis Mai 2011 wurden folgende Abgaben vorgeschrieben bzw. (soweit Lohnabgaben betroffen sind) von der GmbH selbst gemeldet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Höhe in EUR
Umsatzsteuer
10/2010
4.014,46
Lohnsteuer
11/2010
385,82
Lohnsteuer
12/2010
552,12
Lohnsteuer
01/2011
252,19
Körperschaftsteuer
01-03/2011
874,00
Dienstgeberbeitrag
11/2010
359,70
Dienstgeberbeitrag
12/2010
238,84
Dienstgeberbeitrag
01/2011
174,26
Dienstgeberbeitrag
02/2011
70,08
Dienstgeberbeitrag
03/2011
70,08
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
11/2010
33,57
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
12/2010
22,29
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/2011
16,26
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
02/2011
6,54
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
03/2011
6,54
Verspätungszuschlag
08/2010
8.640,22
Verspätungszuschlag
10/2010
80,28
Anspruchszinsen
2009
390,87
Aussetzungszinsen
2011
1.958,83
Exekutionsgebühren
2010
120,46
Exekutionsgebühren
2011
4.666,74
Barauslagenersatz
2010
0,55
Barauslagenersatz
2011
0,55
Stundungszinsen
2010
60,16
Stundungszinsen
2011
5.649,87
Säumniszuschlag A
2010
35.923,50
Säumniszuschlag A
2011
2.084,92
Körperschaftsteuer
2009
73.149,00
Summe:
139.802,70

Mit Schreiben vom beantragte die Finanzprokuratur für das FA die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die GmbH gemäß § 70 IO. Mit Beschluss des LG Z vom wurde das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet. Dies ergibt sich aus den Einbringungsakten betreffend die GmbH.

Die oben dargestellten Abgaben wurden in weiterer Folge dem BF als Haftungspflichtigem der GmbH mit Bescheid vom vorgeschrieben. Dabei wurde der Bescheid vom betreffend KöSt 2009 i.H.v. € 75.330,60 nicht mitübermittelt.

Der erkennende Senat ging aufgrund der Verwaltungsakten des FA (Einbringungsakt des BF) der Ausführungen des Vertreters des BF und des Vertreters des FA in der mündlichen Verhandlung vom davon aus, dass dem BF dieser Bescheid betreffend die KöSt 2009 nicht mit dem Haftungsbescheid übermittelt wurde. Die Verwaltungsakten des FA enthalten wenige Bescheide als Beilage zum Haftungsbescheid. Hinsichtlich der KöSt 2009 liegt gar kein Bescheid im Akt. Ob ein Bescheid betreffend die KöSt 2009 mitübermittelt wurde bzw. ggf. welcher Bescheid betreffend die KöSt 2009 mitübermittelt wurde konnte weder aus den Verwaltungsakten noch aufgrund der Ausführungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung geklärt werden. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum der ursprüngliche KöSt Bescheid 2009 (mit einer Nachforderung von € 1.090,00 vor der durchgeführten Betriebsprüfung) im elektronischen Akt im Beschwerdeverfahren erfasst wurde, da eben gar kein KöSt Bescheid für 2009 in den Verwaltungsakten erliegt und beiden Parteien nicht mehr nachvollziehbar ist, ob bzw. wann der Beschwerdeführer vom KöSt Bescheid 2009 vom Kenntnis erlangt hat. Da es keinen Beleg darüber gibt, ob der KöSt Bescheid 2009 dem Haftungsbescheid überhaupt beigelegt war bzw. ob der richtige Bescheid beigelegt war, geht der erkennende Senat im Zweifel davon aus, dass kein KöSt Bescheid für 2009 als Beilage zum Haftungsbescheid mitübermittelt wurde.

Eine Akteneinsicht in die Akten der GmbH durch den Vertreter des BF wurde frühestens im Dezember 2016 durchgeführt. Dies ergibt sich aus den fortgesetzten Fristverlängerungsansuchen des Vertreters des BF.

Ein Bescheid betreffend den "Säumniszuschlag A" i.H.v 80,29 mit Fälligkeit existiert nicht. Dies ergibt sich aus den Datenbanken des FA.

Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Unter Haften ist das "Einstehen müssen für fremde Abgabenschulden" zu verstehen (zB -0011).

Eine persönliche Haftung liegt vor, wenn eine Person mit ihrem Vermögen für eine bestehende Schuld (einer anderen natürlichen oder juristischen Person einzustehen hat (zB Ellinger in Bauer-FS, 25; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 224, 654). Ritz BAO6, § 224 Tz 1)

Zuständig für die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen sind jene Abgabenbehörden, in deren örtliche und sachliche Zuständigkeit die Einhebung der haftungsverfangenen Abgabe fällt. (Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 224, 655)

Dies war und ist das FA, das für die GmbH zuständig war. Der Wohnsitz des BF in X hat somit keine Auswirkung auf die Zuständigkeit im gegenständlichen Haftungsverfahren.

Gemäß § 224 Abs. 3 BAO ist die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. … Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit a) BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist …

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Die Verjährungsfrist beträgt bei allen im Haftungsbescheid angeführten Abgaben fünf Jahre. Der Haftungsbescheid wurde im Jahr 2016 und damit vor Eintritt der Verjährung der der Haftung zugrunde gelegten Abgaben der GmbH erstellt.

Persönliche Haftungen werden durch Haftungsbescheid geltend gemacht. Die Erlassung von Haftungsbescheiden ist eine Einhebungsmaßnahme; sie ist daher nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist (§ 238) zulässig (zB VwGH 30.3.1998, 97/16/0501; 17.12.2003, 99/13/0036; 24.6.2010, 2010/16/0014; 25.11.2010, 2009/15/0157). (Ritz, BAO6, § 224, Tz.4)

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben …binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres , in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Der Haftungsbescheid wurde innerhalb dieser Frist geltend gemacht.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen … alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Der Geschäftsführer einer GmbH ist ein gesetzlicher Vertreter im Sinne dieser Bestimmung.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Die verfahrensgegenständlichen Abgaben waren - wie oben dargestellt - bei der GmbH nicht einbringlich, da das Insolvenzverfahren im Oktober 2011 mangels eines die Kosten des Verfahrens deckenden Vermögens nicht eröffnet wurde.

Vorab ist festzuhalten, dass Sache des gegenständlichen Verfahrens der vom FA vorgeschriebene Haftungsbetrag in Höhe von € 139.802,70 ist. Weitere Abgabenschulden der GmbH sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Aus dem dem Haftungspflichtigen eingeräumten Beschwerderecht ergibt sich allerdings, dass ihm anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis zu verschaffen ist ( VwGH 18.3.1994, 92/17/0003), und zwar vor allem über Grund und Höhe des feststehenden Abgabenanspruches (vgl zB VwGH 25.7.1990, 88/17/0235; 11.7.2000, 2000/16/0227; 19.3.2015, 2011/16/0188). Eine solche Bekanntmachung hat durch Zusendung einer Ausfertigung (Ablichtung) des maßgeblichen Bescheides über den Abgabenanspruch, allenfalls durch Mitteilung des Bescheidinhaltes zu erfolgen (vgl zB Ellinger/ Wetzel, BAO, 194). Das Unterbleiben einer solchen Bekanntmachung macht den Haftungsbescheid rechtswidrig ( VwGH 28.5.1993, 93/17/0049; vgl auch Stoll, JBl 1982, 9). (Ritz, BAO6, § 248, Tz. 8)

Der erkennende Senat geht aufgrund der oben dargestellten Beweiswürdigung davon aus, dass dem BF kein KöSt Bescheid 2009 zur Kenntnis gebracht wurde. Die Haftungsinanspruchnahme des BF für die in der BP entstandene Nachforderung an KöSt 2009 i.H.v. € 73.149,00 war daher bereits aus diesem Grund rechtswidrig.

Im Ergebnis Vergleichbares liegt beim Bescheid betreffend den "Säumniszuschlag A" i.H.v 80,29 mit Fälligkeit vor, da ein derartiger Bescheid mit dieser Fälligkeit nicht existiert.

Zu den anderen im Haftungsbescheid vorgeschriebenen Abgaben ist Folgendes auszuführen:

Der BF führt in seiner Beschwerde zunächst aus, dass er lediglich als Lkw-Fahrer in der GmbH tätig gewesen sei und sich diese Tätigkeit durch die Eintragung als Geschäftsführer nicht geändert habe. Ihm sei von den Mitgesellschaftern auch zugesichert worden, dass er sich um nichts kümmern müsse und dass ihn bestehende Schulden, ausstehende Zahlungen oder sonstige Probleme (z.B. mit Steuern) nicht kümmern müssten, da ohnedies alles bald vorbei sei. Zudem sei dem BF aufgrund einer Akteneinsicht im Jahr 2015 auch bekannt, dass einer der Gesellschafter bei anderen "Ölfirmen" ähnlich agiert habe und die finanzielle Notlage eines Angestellten ausgenützt habe.

Dazu ist auszuführen, dass für die Vertreterhaftung die gesellschaftsrechtliche Stellung als Geschäftsführer der GmbH maßgebend ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Person tatsächlich als Geschäftsführer tätig ist oder zB nur ein "Pro-forma-Geschäftsführer" (; , Ra 2014/16/0026) oder "nur auf dem Papier" (VwGH 19.1.2005, 2001/13/0168; 19.3.2015, 2013/16/0166; , Ra 2017/16/0025). (Ritz, BAO6, § 9, Tz. 1) die Frage der Involvierung in allfällige steuerliche Malversationen kann lediglich bei der Übung des Ermessens berücksichtigt werden, was das FA im Haftungsbescheid auch getan hat, indem Abgabenvorschreibungen vor Aufnahme der Geschäftsführungstätigkeit dem BF nicht vorgeschrieben wurden.

Inhaltlich bekämpft der BF zunächst die Höhe des Haftungsbetrages an sich und verweist darauf, dass in Bezug auf die Höhe der Säumniszuschläge Differenzen vorliegen würden, die er auch im Detail darstellt.

Das FA hat in der BVE dargestellt, dass die Berechnung der Säumniszuschläge 2010 und 2011 im Haftungsbescheid neben den übermittelten Bescheiden zum Säumniszuschlag betreffend die U 2009 i.H.v. € 2.962,06, U 01-07/10 i.H.v. € 29.297,69, U 08/2010 i.H.v. € 3.222,03, U 10/2010 i.H.v. € 80,29, K 01-03/11 i.H.v. € 449,14, K 2009 i.H.v. € 1.462,98 auch der Säumniszuschlag für U 08/2010 i.H.v. € 172,80 übermittelt worden sei; lediglich der Säumniszuschlag betreffend die U 05/2010 i.H.v. € 361,43 sei nicht mitübermittelt worden und damit auszuscheiden.

Dennoch kann das BFG den Überlegungen des FA zur Haftungsinanspruchnahme für die Säumniszuschläge 2010 und 2011 nicht folgen. Diese Säumniszuschläge betreffen soweit die U 2009 (SZ i.H.v. € 2.962,06) betroffen ist eine Abgabe, die nach der Aufstellung des FA am fällig war. Die ebenfalls angeführte U 01-07/10 (SZ i.H.v. € 29.297,69) war am fällig gewesen, die U 08/2010 (SZ i.H.v. € 3.222,03) war am fällig gewesen. Die Fälligkeit dieser Säumniszuschläge richtet sich dabei nicht nach § 210 Abs. 1 BAO, sondern nach § 217 Abs. 1 BAO. Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ist nach dieser Bestimmung gleichzeitig mit der Fälligkeit der nachzufordernden Umsatzsteuerbeträge eingetreten. Es handelt sich dabei in allen Fällen, um Nebenansprüche zu Abgaben, bei deren Entstehen der BF noch nicht Geschäftsführer der GmbH gewesen ist.

Lediglich die bescheidmäßige Festsetzung dieser Zuschläge, die für die Fälligkeit der Nebengebühren von Bedeutung ist, erfolgte in einem Zeitraum, in dem der BF Geschäftsführer gewesen ist.

Ein Verschulden des BF an der nicht fristgerechten Entrichtung der zugrundeliegenden Abgaben und damit am Entstehen der Säumniszuschläge trifft den BF daher nicht, weswegen eine Haftung für diese Beträge nicht auszusprechen ist.

Zudem erscheint auch die vom FA im Erstbescheid gewählte Ermessensübung einer Einschränkung der Haftung des BF auf Abgaben, die während seiner Geschäftsführungstätigkeit entstanden sind nur dann konsequent, wenn diese nicht nur die Stammabgaben, sondern auch die damit im Zusammenhang stehenden Nebengebühren umfasst.

Der erkennende Senat vermindert daher die Säumniszuschläge für das Jahr 2010 aus diesem Grunde um die verbliebenen € 35.481,78.

Gleiches gilt auch die Festsetzung des Verspätungszuschlages für 08/2010 i.H.v. € 8.640,22, sowie des Verspätungszuschlages für 10/2010 i.H.v. € 80,28.

Weiters bekämpft der BF auch die Heranziehung der Lohnabgaben 11/2010-03/2011, da ihm diese Abgaben nicht zur Kenntnis gebracht worden seien.

Dazu ist mit dem FA in der BVE festzuhalten, dass es sich in allen Fällen (Lohnsteuern 11/2010-01/2011, Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag 11/2010-03/2011,) um selbst zu berechnende Abgaben handelt, die die GmbH fristgerecht dem FA gemeldet hatte jedoch nicht einzahlte.

Bei den vom FA bisher nicht festgesetzten Beträgen liegt kein anfechtbarer Bescheid vor. Allfällige Einwendungen des BF gegen diese erklärten Beträge an Lohnabgaben wären als Vorfrage im Haftungsverfahren zu klären. (Ritz, BAO6, § 248, Tz.5 unter Verweis auf ) Derartige Einwendungen hat der BF aber nicht erhoben. Das BFG hat daher keine Bedenken, dass die geltend gemachten Abgaben an Lohnsteuern, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zurecht in dieser Höhe vorangemeldet worden waren.

Der BF beantragte schlussendlich die Aufhebung des Haftungsbescheides und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Behörde das Ermessen wegen der Haftungsinanspruchnahme unrichtig bzw. mangelhaft ausgeübt habe. Das FA habe dabei zwar eine Einschränkung der Haftung auf Abgaben durchgeführt, in der der BF als Geschäftsführer tätig gewesen sei, habe aber nicht berücksichtigt dass der BF laut einem übermittelten Vermögensverzeichnis kein gebundenes Vermögen und nur ein Einkommen i.H.v. € 1.778,00 im Monat beziehe und dafür neben der Miete seiner Wohnung auch Unterhaltspflichten habe, wodurch ihm lediglich eine monatliche Zahlung von ca. € 200,00 möglich sei. Zudem sei der BF im Zeitpunkt der Entscheidung des BFG bereits 63 Jahre alt, seine Einkunftsituation sei somit auch für einen längeren Zeitraum nicht als positiv zu bewerten. Bereits oben wurde beschrieben, dass der BF in der Beschwerde darauf hinwies, dass er das Opfer eines Wirtschaftskriminellen geworden sei.

Dazu ist aus Sicht des BFG festzuhalten, dass der BF in seiner Beschwerde dargelegt hat, dass von den steuerlichen Problemen seiner Vorgänger als Geschäftsführer gewusst habe diesbezüglich auch nachgefragt habe und von diesen damit abgefertigt worden sei, dass ihn diese Dinge nichts angingen. Eine derartige Vorgangsweise - und die Akzeptanz dieser Vorgangsweise durch den BF als einzigen verantwortlichen Geschäftsführer der GmbH im gegenständlichen Zeitraum - zeigt sehr deutlich, dass der BF sich mit Beschränkung seiner GF Tätigkeit abgefunden hat. (Ritz, BAO6, § 9 Tz.15 mwN) Er hat - auch in dem Zeitpunkt, als er seine Anteile veräußerte - keine Maßnahmen gesetzt um seine Geschäftsführertätigkeit frühzeitig zu beenden und damit den Zeitraum der Behinderung (Ritz, BAO6, § 9 Tz 17 mwN) bei der Ausübung seiner Tätigkeit so kurz wie möglich zu halten. Das BFG stimmt der Einschränkung der Haftung auf jene Abgaben, die im Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit von November 2010 bis April 2011 angefallen sind, zu, da durchaus nachvollziehbar ist, dass der BF mit der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit "geködert" worden ist und die tatsächlichen Machthaber damit das Risiko aus den Malversationen auf ihn abwälzen wollten.

Dennoch kann das BFG aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht von einer Haftungsinanspruchnahme des BF im oben dargestellten Umfang absehen. Dabei sind trotz der beschriebenen wirtschaftlichen Situation des BF auch generalpräventive Gesichtspunkte von Bedeutung. Der BF hat sich als "Strohmann" für eine GmbH zur Verfügung gestellt, deren wirtschaftlicher Untergang durch die Malversationen der übrigen Gesellschafter und vorhergehenden Geschäftsführer bereits programmiert war. Wenn auch ihm bereits zu Beginn seiner Tätigkeit als Geschäftsführer klar gewesen ist, dass "steuerliche Probleme" bei diesem Unternehmen bestehen und er diese Geschäftsführertätigkeit trotzdem übernommen hat und sich darüber hinaus mit der faktischen Beschränkung seiner Befugnisse durch die tatsächlichen Machthaber des Unternehmens abgefunden hat so ist dieses Verhalten zumindest extrem sorglos und ermöglicht eine Fortführung solcher Umsatzsteuerbetrügereien erst. Aus diesen Zweckmäßigkeitsgründen können die zweifelsohne vorhandenen Billigkeitsgründe, die gegen eine Haftungsinanspruchnahme sprechen, trotz des Gebotes der Sparsamkeit der Verwaltung als nicht zweckmäßig angesehen werden.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde teilweise stattzugeben.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf die oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen und die dazu zitierte Judikatur des VwGH zur Frage der Rechtswidrigkeit einer Haftungsinanspruchnahme ohne Kenntnis der die Haftung begründenden Abgabenbescheide sowie die Ausübung des Ermessens im Haftungsverfahren. Eien Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100399.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at