Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.06.2020, RV/7106201/2019

Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhaltes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***9*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabenbehörde die Beschwerdeführerin (Bf) als ehemalige Geschäftsführerin als Haftungspflichtige gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. BAO für die folgenden aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma ***1***, Firmenbuchnummer ***2***, ***3***, im Ausmaß von € 49.215,74 in Anspruch:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag in Euro
Körperschaftssteuer
2014
45.368,00
Dienstgeberbeitrag
12/2016
199,83
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
01/2018
14,54
Kammerumlage
04-06/2018
14,63
Kraftfahrzeugsteuer
04-06/2018
101,68
Umsatzsteuer
08/2018
2.706,63
Lohnsteuer
10/2018
158,78
Dienstgeberbeitrag
10/2018
127,14
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
10/2018
14,34
Kammerumlage
07-09/2018
33,01
Kraftfahrzeugsteuer
07-09/2018
477,16
Summe
49.215,74

Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

Gem. § 9 Abs. 1 BAO haften die in den § 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 leg.cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen.

Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (z.B. ; ;). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit jedenfalls aus.

Die genannten Abgaben sind bei der ***1*** als uneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass mit Beschluss vom des Landesgerichtes Eisenstadt das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet wurde. Der Schuldner ist zahlungsunfähig.

Sie waren von bis Geschäftsführerin der GmbH und die Fälligkeit der Abgaben fällt in Ihren Verantwortungszeitraum.

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wären (z.B. ; ; ).

Der Vertreter hat für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (zB. ). Ihm obliegt kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die etwa der rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden ().

Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. - (§ 9 Abs. 1 BAO) ()

Für Abfuhrabgaben, nämlich für die Lohnsteuer bestehen Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz. (z.B. ; ; )

Grundsätzlich, wenn dem Arbeitgeber die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (§ 78 Abs.3 EstG 1988). In solchen Fällen dürfen Löhne somit nicht in voller Höhe ausbezahlt werden und sind sie (wie auch andere Schuldigkeiten) anteilig zu kürzen; die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. z.B. ).

Die Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 Bundesabgabenordnung (BAO) in Verbindung mit § 80 Abs.1 der Bundesabgabenordnung (BAO) wurde im Rahmen der Ermessensentscheidung gemäß § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände getroffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" ist insbesondere die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einhebung der Abgaben" beizumessen.

Im Hinblick darauf, dass die Vertreterhaftung für den praktischen Vollzug der Abgabengesetze ein unerlässliches Element des Abgabenausfalls darstellt und die im vorliegenden Fall festgestellten Pflichtverletzungen des Vertreters (§ 80 BAO) in der Entrichtung der Abgaben nicht bloß von geringem Ausmaß sind, waren bei der Ermessensübung dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abgabeneinhebung der Vorzug zu geben und die gegenständliche Haftungsheranziehung bescheidmäßig auszusprechen.

Persönliche Umstände des Haftenden sind im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich. .

Mit Eingabe vom erhob die Bf durch ihren Vertreter dagegen Beschwerde und führte wie folgt aus:

"Der Bescheid wird seinem gesamten Umfang nach, insbesondere wegen Verfahrensmängel und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.

Die Einschreiterin trifft kein Verschulden an den Abgabenrückständen der ***4***. Insbesondere waren ihre Handlungen oder allfällige Unterlassungen nicht dafür kausal, dass die Abgabenforderung allenfalls uneinbringlich ist.

Soweit Zahlungsmittel bei der Gesellschaft vorhanden waren, wurden diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet. Die Abgabenschulden wurden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt, als andere Verbindlichkeiten. Die Gleichbehandlungspflicht wurde demnach nicht verletzt.

Dem Bescheid ist nicht zu entnehmen, ob und wann die Abgaben fällig waren, was aber notwendig ist, da nur ein Verstoß gegen fällige Abgaben zu verantworten ist und die Unterlagen zur Gleichbehandlung auf die Fälligkeiten Bedacht zu nehmen haben.

Die Einschreiterin stellt daher den Antrag, den Bescheid vom ersatzlos zu beheben, eventualiter an die Behörde 1. Instanz zur ergänzenden Beweisaufnahme und Begründung zurückzuverweisen.

Eine detaillierte Beschwerdebegründung wird bis spätestens nachgereicht werden. Derzeit werden die entsprechenden Unterlagen samt Aufstellung zur Gläubigergleichbehandlung ausgearbeitet."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

"Ihre Beschwerde richtet sich gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom und ist wie folgt begründet:

Die Handlungen oder allfällige Unterlassungen der Partei seien nicht kausal für die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen gewesen und läge somit kein Verschulden an den Abgabenrückständen der Primärschuldnerin vor.

Es seien die Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten anteilig verwendet worden, sodass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden sei.

Dem Haftungsbescheid könne weder ob, noch wann die Abgaben fällig waren, entnommen werden.

Eine detaillierte Begründung werde bis zum nachgereicht.

Es werde daher der Antrag gestellt, den bekämpften Haftungsbescheid ersatzlos aufzuheben, eventualiter an die Behörde I. Instanz zur ergänzenden Beweisaufnahme und Begründung zurückzuverweisen.

Dazu ist seitens des Finanzamtes festzustellen:

Frau ***5***, geb. am ***6***, war vom bis eingetragene handelsrechtliche Geschäftsführerin der Fa. ***7*** (FN ***2***).

Infolge einer am durchgeführten Tagsatzung des Landesgerichtes Eisenstadt, erfolgte am der gerichtliche Beschluss auf Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und wurde die Gesellschaft aufgelöst.

Seitens des Finanzamtes wurde am ein Haftungsprüfungsvorhalt hinsichtlich der aushaftenden Abgabenschulden in Höhe von € 163.797, 11 erlassen. Dem Haftungsprüfungsvorhalt waren die Körperschaftsteuerbescheide 2012 bis 2014 und der Körperschaftsteuerbescheid 2016 beigelegt, zudem enthielt er eine Aufstellung der Fälligkeiten betreffend aushaftender Abgaben.

Am wurde seitens der Behörde eine Fristverlängerung zur Beantwortung des Haftungsprüfungsvorhaltes bis gewährt. Eine Beantwortung erfolgte bis dato nicht. Das Finanzamt ging vom Vorliegen einer Ungleichbehandlung der Gläubiger aus.

In der Folge erließ die Behörde am den streitgegenständlichen Haftungsbescheid. Sie nahm hinsichtlich des Umfanges des Haftungsbetrages auf die Einbringlichkeit Bedacht. Gegen diesen Bescheid erhob die Partei das Rechtsmittel der Beschwerde, mit oben angeführter Begründung.

Dieser Sachverhalt war unter Berücksichtigung der Beschwerdeeinwendungen rechtlich zu würdigen:

Wie bereits im Haftungsbescheid ausgeführt, haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von Ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln die sie verwalten, entrichtet werden. Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung. Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Im gegenständlichen Fall steht diese Uneinbringlichkeit durch den gerichtlichen Beschluss auf Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Auflösung der Gesellschaft am objektiv fest.

Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen nur dann zur Haftungsinanspruchnahme, wenn die Verletzung schuldhaft erfolgte. Eine bestimmte Schuldform ist hierfür nicht erforderlich. Daher reicht leichte Fahrlässigkeit.

In der Beschwerde wird gegen das Vorliegen eines Verschuldens eingewendet, dass die Handlungen oder allfällige Unterlassungen der Partei nicht kausal für die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen gegen die Primärschuldnerin gewesen seien, die Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten anteilig verwendet worden seien und dem Haftungsbescheid weder ob-, noch wann die Abgaben fällig waren, entnommen werden könne.

Hierzu ist seitens der Behörde auszuführen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft, Sache der Geschäftsführerin die Gründe darzulegen, die sie ohne ihr Verschulden daran gehindert haben, die ihr obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Sie hat also darzutun, weshalb sie für die rechtzeitige Entrichtung der Abgaben nicht Sorge tragen konnte. Unterbleibt dieser Nachweis, kann der Haftungspflichtigen ein Verschulden an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten angelastet werden. Die Geschäftsführerin haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, sie weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet die Geschäftsführerin für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze.

Im Haftungsprüfungsvorhalt der Behörde vom wurden die für eine Geltendmachung der Haftung gem. § 9 BAO relevanten Abgaben samt Höhe und Fälligkeit aufgelistet. Auch wurde die Partei unter Punkt 4. aufgefordert, zum plausiblen Nachweis der Gläubigergleichbehandlung eine Auflistung sämtlicher Gläubiger und die auf diese Verbindlichkeiten korrespondierenden Zahlungen (Quoten), abgestimmt auf die Abgabenfälligkeiten, darzulegen. Die Rechtsfolge einer nicht nachvollziehbaren Gläubigergleichbehandlung, nämlich einer Haftung für die uneinbringlichen Abgaben im vollen Ausmaß, wurde ebenfalls unter Punkt 4. angeführt. Die Frist zur Beantwortung wurde auf Grund des Antrages der Partei bis zum verlängert. Eine Beantwortung dieses Vorhaltes erfolgte nicht. Auch die in der Beschwerde angeführte Frist bis , zwecks Nachreichung einer ausführlichen Begründung, verlief fruchtlos.

Es wurde die Bestreitung der Gläubigerbenachteiligung lediglich pauschal begründet.

Die Geschäftsführerin hat konkret und schlüssig die Gründe, die der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden, darzutun. Nur sie als Vertreterin der Gesellschaft, wird nämlich idR jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der vertretenen Gesellschaft haben, die ihr entsprechende Beweise und Behauptungen ermöglicht. Eine Pflicht der Behörde, über den Haftungsvorhalt hinausgehende Ermittlungsschritte zu setzen, ergibt sich erst, wenn aus der Aktenlage deutliche Anhaltspunkte hinsichtlich eines Entschuldungsgrundes bzw. das Fehlen der Mittel zur Abgabenentrichtung hervorgehen.

Dies traf im gegenständlichen Fall nicht zu. Die oben angeführten Einwände der Partei widersprechen der gesetzlichen Konkretisierungspflicht und genügen der dem Vertreter/der Vertreterin obliegenden Beweislast jedenfalls nicht. Gegenständlich erfüllte die Partei die im Haftungsprüfungsvorhalt unter Punkt 4. abverlangte Darstellung einer präzisen Gläubigergleichbehandlung nicht. Die dargelegten pauschalen Einwendungen konnten die Partei nicht entschulden bzw. beinhalteten auch keine deutlichen Anhaltpunkte eines Entschuldungsgrundes.

Auch dem Argument, dem Haftungsbescheid könne nicht entnommen werden, ob- und wann die Abgaben fällig waren, kann das Finanzamt nicht folgen. Die Fälligkeiten wurden der Partei explizit im zugestellten Haftungsprüfungsvorhalt mitgeteilt. Eine neuerliche Darstellung im Haftungsbescheid ist somit nicht erforderlich.

Eine Ausnahme vom Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz stellt die Verpflichtung zur Abfuhr der Lohnsteuer dar. Zur Haftungsinanspruchnahme für die Lohnsteuer ist auf § 79 Abs.1 EStG 1988 zu verweisen, demzufolge der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am fünfzehnten Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt abzuführen hat. Wird die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters/der Vertreterin auszugehen.

Die Geltendmachung der Haftung im Sinne des § 9 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, welches sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen des § 20 BAO zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei berechtigtes Interesse der Partei, dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit das öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten beizumessen.

Berücksichtigt man die Tatsache, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten nur im Haftungswege beim Beschwerdewerber einbringlich gemacht werden können, so war im gegenständlichen Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Abgabeneinbringung (Zweckmäßigkeitserwägung) der Vorzug zu geben, gegenüber dem Interesse des Beschwerdeführers nicht zur Haftung in Anspruch genommen zu werden (Billigkeitserwägung). Gründe für ein Absehen von der Geltendmachung der Haftung als Ausfluss des Ermessens lagen im gegenständlichen Fall somit nicht vor, sodass das Finanzamt mit Recht den Zweckmäßigkeitsüberlegungen den Vorrang gegenüber einer allfälligen Billigkeit einräumen konnte, da die Geltendmachung eine geeignete Maßnahme war, um den Abgabenausfall zu verhindern.

Aus diesen Gründen konnte die Behörde daher zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung als Ursache für die Uneinbringlichkeit der im Haftungsbescheid geltend gemachten Abgaben in Höhe von insgesamt € 49.215,74 ausgehen und es war wie im Spruch zu entscheiden."

Mit Vorlageantrag vom stellte die Bf durch ihren Vertreter den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde vom durch das Verwaltungsgericht.

Zu den Verfahrensmängeln und Rechtsmängeln des angefochtenen Bescheides vom werde auf die Begründung der Beschwerde vom verwiesen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Unbestritten ist, dass der Bf als selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführerin der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von bis die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen bei der GmbH stand mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom , ***8***,fest, da sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () aus der Tatsache der Nichteröffnung des Konkurses mangels kostendeckenden Vermögens (vgl § 71 KO) zweifelsfrei ergibt, dass nicht entrichtete Abgaben bei einer davon betroffenen GmbH nicht mehr einbringlich sind.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Sofern die Bf ihr Verschulden damit bestreitet, dass soweit Zahlungsmittel bei der Gesellschaft vorhanden gewesen seien, diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien, ist dem zu entgegnen, dass die bloße Behauptung, Abgabenverbindlichkeiten nicht schlechter gestellt zu haben, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () kein derartiges Vorbringen darstellt, welches geeignet wäre, die Obliegenheit des (potentiell) Haftungspflichtigen, nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich sind, warum es ihm unmöglich gewesen sei, seine Verpflichtungen zu erfüllen, etwa auch im Hinblick auf die Quote aufzustellen, zu erfüllen.

Mit diesem nur allgemein und pauschal gehaltenen Vorbringen hat die Bf den ihr obliegenden Nachweis zur Gleichbehandlung somit nicht angetreten, sodass die Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch nicht verhalten war, zu einer näheren Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern.

Hinsichtlich des Vorwurfes, dass dem Bescheid nicht zu entnehmen sei, ob und wann die Abgaben fällig gewesen seien, wurde bereits mit Beschwerdevorentscheidung darauf hingewiesen, dass im Haftungsprüfungsvorhalt vom die für eine Geltendmachung der Haftung relevanten Abgaben samt Höhe und Fälligkeit aufgelistet wurden.

Zur Meinung der Bf, dass ihre Handlungen oder allfällige Unterlassungen nicht dafür kausal gewesen seien, dass die Abgabenforderung uneinbringlich geworden sein, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zu verweisen, wonach infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch die Bf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen konnte, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Laut Kontoabfrage vom haften die haftungsgegenständlichen Abgaben unberichtigt aus.

Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme der Bf für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der ***1*** im Ausmaß von € 49.215,74 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106201.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at