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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2020, RV/2100031/2016

Anwendbarkeit der GastgewerbepauschalierungsV, BGBl II Nr. 488/2012 bei der Veranlagung 2013

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch DSG - WirtschaftstreuhandgmbH, Heinrichstraße 97, 8010 Graz, über die Beschwerde vom , beim Finanzamt X eingelangt am gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2013 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im anhängigen Verfahren die Anwendbarkeit der GastgewerbepauschalierungsVO, BGBl. II Nr. 488/2012 (GastgewerbepauschVO 2013) bei der Ermittlung der Einkünfte des Beschwerdeführers (Bf) aus seinem Imbisslokal (Kebab-Stand) im Rahmen der Veranlagung 2013.

Das Finanzamt X (FA) verneint die Anwendbarkeit, weil der Betrieb des Bf im Verfahrenszeitraum der Bestimmung des § 111 Abs. 2 GewO 1994 zuzuordnen gewesen und damit nicht ganzjährig einer Verpflichtung zur Innehabung einer Gewerberechtigung unterlegen sei.

Der Bf verweist darauf, dass er ab April 2012 über eine Gewerbeberechtigung nach § 111 Abs. 2 Z. 3 GewO 1994 verfügt habe. Eine Beschränkung der Anwendbarkeit der GastgewerbepauschVO 2013 auf Betriebe nach § 111 Abs. 1 GewO 1994 sei nicht vorgesehen. Eine Gewerbeberechtigung habe er für seinen Betrieb ab Mai 2013 benötigt; bereits ab und auch im gesamten Jahr 2013 habe er eine solche besessen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Unstrittig ist nach den abgabenbehördlichen Verfahrensunterlagen, dass der Bf zumindest ab April 2012 und im Jahr 2013 ganzjährig ein Imbisslokal in Form eines Kebab-Standes betrieb, dessen Gewinnermittlung weder durch Betriebsvermögensvergleich zu erfolgen hatte, noch auf diese Weise erfolgte und dessen Jahresumsatz iSd § 125 BAO unter 255.000,- € lag.

Nach den Angaben in den Abgabenerklärungen des Bf wurde der Gewinn dieses Betriebes sowohl für das Jahr 2012 als auch für 2013 durch Pauschalierung ermittelt.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Außenprüfung (AP) für 2012/2013 wurde die Gewinnermittlungsart für 2012 (BFG-Anmerkung: nach der GaststättenpauschalierungsVO 1999) nicht beanstandet, eine Gewinnermittlung für 2013 nach der GastgewerbepauschVO 2013 wurde dagegen als unzulässig erachtet (AP-Bericht , Tz 1 u. Tz 3).

Durch Korrekturen im Gefolge der AP (Zurechnung eines Sicherheitszuschlages) trat kein Überschreiten der für eine pauschale Gewinnermittlung maßgeblichen Gewinn- bzw. Umsatzgrenzen ein.

Nach den GISA-Daten war der Bf mit dem verfahrensgegenständlichen Betrieb ab 27.Febr.2012 (mit Wirkung ab ) im (damaligen) Gewerberegister mit folgendem Gewerbewortlaut erfasst (lt. GISA "Gewerbeart: "freies Gewerbe"):

"Verabreichung von Speisen in einfacher Art und der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden gemäß §§ 5 Abs. 2 und 111 Abs. 2 Z. 3 GewO 1994."

Diese Eintragung war bis 26.Sept. 2014 aufrecht (Quelle: GISA incl. "Auszug aus dem Gewerberegister, Registerstand vom: "; Hervorhebungen durch das BFG).

Am 26.Sept. 2014 legte der Bf seine Gewerbebefugnis zurück.

Mit gleichem Datum wurde für den verfahrensgegenständlichen Betrieb im nunmehrigen GISA folgende Gewerbeberechtigung neu erfasst:

"GEWERBEWORTLAUT (Gewerbeart: reglementiertes Gewerbe)"….

"Gastgewerbe in der Betriebsart "Imbiss" gemäß § 94 Z. 26 GewO 1994 mit der Berechtigung gemäß § 111 Abs. 1 Z. 2 Gew0 1994, wobei ein Befähigungsnachweis gem. § 19 GewO 1994 erbracht wurde." (Hervorhebungen durch das BFG).

Die GISA-Daten belegen somit, dass der Betrieb des Bf ab Beginn der Gewerbeausübung im Jahr 2012 durchgehend bis 26.Sept.2014 dem "freien Gewerbe" (§ 111 Abs. 2 Z. 3 GewO) zugeordnet war (vom Bf bestätigt für 2013 im Vorlageantrag vom : "Gewerbeberechtigung in Form eines freien Gewerbes bereits ab ").

Den Verfahrensunterlagen sind innerhalb des Prüfungszeitraumes keine Änderungen der für die Einstufung in § 111 Abs. 2 Z. 3 GewO maßgeblichen Merkmale zu entnehmen. Auch von den Verfahrensparteien wurden solche nicht vorgebracht. Entsprechend geht das BFG davon aus, dass die Erbringung des Befähigungsnachweises (§ 19 GewO 1994) gegenüber der Gewerbebehörde im Zuge der Zurücklegung und Neuvergabe der Gewerbeberechtigung im Sept. 2014 erfolgte.

II. Nach § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG können bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne der §§ 22 und 23 EStG die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden, wobei mit BMF-Verordnung Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen auf Grund von Erfahrungen über deren wirtschaftliche Verhältnisse festzusetzen sind. Solche Durchschnittssätze sind nur für Fälle aufzustellen, in denen weder eine Buchführungspflicht besteht noch ordnungsmäßige Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ermöglichen.

In Umsetzung dieser gesetzlichen Bestimmungen erging die GastgewerbepauschalierungsVO 2013, BGBl. II Nr. 488/2012.

§ 1 Abs. 1 der ab der Veranlagung 2013 anzuwendenden Verordnung lautet:

"Bei der Ermittlung des Gewinnes bei Betrieben, für die eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 111 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. I Nr. 194) erforderlich ist und während des gesamten Wirtschaftsjahres vorliegt, können nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Betriebsausgaben pauschal berücksichtigt werden."

§ 1 Abs.2 der VO nennt als weitere Anwendungsvoraussetzungen:

"1. Es besteht keine Buchführungspflicht und es werden auch nicht freiwillig Bücher geführt, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermöglichen.

2. Die Umsätze im Sinne des § 125 BAO betragen nicht mehr als 255 000 Euro. (….)

3. Aus der Steuererklärung geht hervor, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht."

Die verfahrensrelevanten Bestimmungen der GewO 1994 lauteten im Verfahrenszeitraum:

§ 5 GewO 1994: "(1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

(2) Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1, die nicht als reglementierte Gewerbe (§ 94) oder Teilgewerbe (§ 31) ausdrücklich angeführt sind, sind freie Gewerbe. Unbeschadet allfälliger Ausübungsvorschriften ist für diese kein Befähigungsnachweis zu erbringen."

§ 111 GewO 1994 hatte im Jahr 2013 - soweit verfahrensrelevant - folgende Fassungen (Hervorhebung durch das BFG):

1.Jänner bis (BGBl. I Nr. 42/2008):

"(1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26) bedarf es für

1. die Beherbergung von Gästen;

2. die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken.

(2) Keiner Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe bedarf es für

(1.…)

3. die Verabreichung von Speisen in einfacher Art und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden;"

(….)

29.Mai bis (BGBl. I Nr. 85/2013):

"(1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26) bedarf es für

1. die Beherbergung von Gästen;

2. die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Ausschank von Getränken.

(2) Keines Befähigungsnachweises für das Gastgewerbe bedarf es für

(1.…)

3. die Verabreichung von Speisen in einfacher Art und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden;"

(…)

Eine neuerliche Gesetzesänderung durch BGBl. I Nr. 125/2013 ab brachte keine verfahrensrelevanten Änderungen des § 111 GewO 1994.

§ 94 Z 26 GewO 1994 ordnet das Gastgewerbe dem "reglementierten Gewerbe" zu. Dies galt auch in den 2013 maßgeblichen Fassungen der Bestimmung (BGBl. I Nr. 85/2012 bzw. BGBl. I Nr. 212/2013).

Vor Beginn der Ausübung jeglichen Gewerbes ist eine Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten. Liegen die Voraussetzungen für die Gewerbeausübung vor, hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das Gewerberegister einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem Gewerberegister von der Eintragung zu verständigen (vgl. §§ 339/340 Abs. 1 GewO 1994, in den Jahren 2012/2013 idF BGBl. I Nr. 161/2006 bzw. BGBl. I Nr. 42/2008).

Der Gewerbeanmeldung nach § 339 GewO 1994 kommt grundsätzlich die Qualität einer bloßen Anzeige zu. Abgesehen von den - hier nicht vorliegenden - Sonderfällen des § 95 GewO 1994, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen mit der Ausübung des Gewerbes begonnen werde, ohne dass es einer bescheidmäßigen behördlichen Bewilligung bedarf. Die Verständigung über die Gewerberegister-/GISA-Eintragung durch Übermittlung eines Gewerberegister-/GISA-Auszugs bestätigt das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewerbeausübung.

"Reglementierte Gewerbe" unterscheiden sich von "freien Gewerben" einerseits durch die gesetzliche Zuordnung (§ 94 GewO 1994) und anderseits durch das grundsätzliche Erfordernis von Befähigungsnachweisen (vgl. § 5 Abs. 2 GewO 1994). Letztere werden für jedes der betroffenen Gewerbe durch VO festgelegt bzw. können auch im Wege eines behördlichen Verfahrens zur Feststellung der individuellen Befähigung nachgewiesen werden (§§ 18/19 GewO).

III. Imbissbetriebe verabreichen unstrittig Speisen und schenken Getränke aus. Sie fallen daher grundsätzlich in den Bereich des § 111 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994.

Zufolge des Einleitungssatzes in § 111 Abs. 2 leg.cit. waren allerdings unter anderem dem § 111 Abs. 2 Z. 3 GewO 1994 zugeordnete Betriebe bis vom Erfordernis einer "Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe" - und damit vom Anwendungsbereich des § 94 GewO 1994 - ausgenommen und konnten als "freie Gewerbe" ohne Befähigungsnachweis für das Gastgewerbe ausgeübt werden.

Durch den Entfall der Ausnahme vom Erfordernis einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in § 111 Abs. 2 GewO 1994 fallen diese Betriebe seit in den Anwendungsbereich des § 111 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994.

Damit erfolgte ab diesem Zeitpunkt ein Wechsel in das Regime der "reglementierten Gewerbe", mit der Konsequenz, dass auch für diese Betriebe eine "Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26)" erforderlich ist.

Zugleich wurde dadurch § 1 Abs. 1 GastgewerbepauschVO 2013 anwendbar.

Als Erleichterung wurde für diese - per definitionem kleinen Gastgewerbebetriebe (mit eingeschränktem Speisen-, Getränke- und Platzangebot) - mittels expliziter (neuer) Ausnahmeregelung in § 111 Abs. 2 GewO - unter einem der Entfall eines Befähigungsnachweises für das Gastgewerbe (§ 18f GewO) als Voraussetzung für die Erlangung einer Gewerbeberechtigung normiert.

Wie festgestellt, war der verfahrensgegenständliche Imbiss-Betrieb des Bf gewerberechtlich ab als Betrieb nach § 111 Abs. 2 Z. 3 GewO 1994 dem "freien Gewerbe" zugeordnet.

Bis zur Änderung am 26.Sept. 2014 war die Basis der Gewerbeausübung des Bf gemäß §§ 339f GewO 1994 die aufgrund seiner Anmeldung (Anzeige) erfolgte Eintragung in das Gewerberegister gewesen, die ihm am 27.Febr.2012 gemäß § 340 GewO 1994 durch Übermittlung eines Auszugs aus dem Gewerberegister durch das Magistrat Graz/Referat Gewerbeverfahren mitgeteilt worden war.

Über eine "Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z. 26)" im Sinne des § 111 Abs.1 GewO 1994 verfügte der Bf damit nicht.

Erst ab wurde der verfahrensgegenständliche Betrieb infolge Änderung der Rechtslage zu einem "reglementierten Gewerbe" iSd § 94 Z. 26 GewO 1994, der gemäß § 111 Abs. 1 GewO 1994 nur mit einer "Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 94 Z. 26)" betrieben werden durfte, dies allerdings aufgrund der Neufassung des § 111 Abs.2 GewO 1994 ohne das Erfordernis eines Befähigungsnachweises.

Mit Blick auf diese Rechtslage kann keine Rede davon sein, dass der Bf "bereits ab " über jene Gewerbeberechtigung verfügte, welche die Anwendung der GastgewerbepauschVO 2013 im Jahr 2013 voraussetzt. Tatsächlich verfügte der Bf zu diesem Zeitpunkt lediglich über eine Benachrichtigung über die Erfassung im damaligen Gewerberegister nach § 111 Abs. 2 Z. 3 GewO (somit als "freies Gewerbe").

Eine Gewerbeberechtigung für das "reglementierte Gewerbe" (§ 94 Z. 26 GewO 1994) nach § 111 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 erhielt der Bf erstmals am 26.Sept.2014.

Damit ist das Schicksal des anhängigen Rechtsmittels entschieden.

Das Erfordernis einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe nach § 94 Z. 26 GewO entstand für den verfahrensgegenständlichen Betrieb am .

Im gesamten Verfahrensjahr 2013 führte der Bf seinen Imbiss-Betrieb als "freies Gewerbe" ohne eine Gewerbeberechtigung für ein Gastgewerbe nach § 94 Z. 26 GewO 1994.

Die Voraussetzungen für die Anwendung der Gastgewerbepauschalierungsverordnung 2013, BGBl. II Nr. 488/2012 lagen beim Bf im Jahr 2013 somit nicht vor.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zur strittigen Rechtsfrage keine VwGH-Judikatur existiert, war die Revision für zulässig zu erklären.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100031.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at