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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.06.2020, RV/3100998/2015

Fahrzeugeinzelbesteuerung: Maßgebend sind die Voraussetzungen bei Erwerb des Fahrzeuges sowie, in welchem MS der Endverbrauch stattfindet

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***V***, ***V-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom , Str. Nr. ***BF1StNr1***, betreffend Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 ) für den Zeitraum März 2003 im fortgesetzten Verfahren zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Umsatzsteuer wird ausgehend von der Bemessungsgrundlage von € 20.000 mit 20 v.H., sohin im Betrag von € 4.000, festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Strittig ist, ob das gegenständliche, in Italien gekaufte Fahrzeug XY eine Erwerbsteuerpflicht in Österreich auslöste oder nicht. Fraglich ist auch der Zeitpunkt des Erwerbes.

1. Aufgrund einer anonymen Anzeige im Jahr 2006 wurden seitens der Abgabenbehörde Ermittlungen über die widerrechtliche Verwendung eines Fahrzeuges mit italienischem Kennzeichen im Inland bei ***Bf1*** (= Beschwerdeführer, Bf) durchgeführt, in deren Zuge der Bf bei einer Befragung am zu Protokoll gegeben hat:

"Zum Fahrzeug: Mein Fahrzeug ist ein XY mit dem Kennzeichen X1. Baujahr 2003. Anschaffungskosten: € 24.000.
Verwendet wird das Fahrzeug um zur Arbeit zu fahren und die Familie in
***1*** zu besuchen. Mit meinem Fahrzeug fahre nur ich.
Zum Dienstort: Mein Dienstort ist das Abteilungskommando Finanzpolizei in
Ort2/I. Ich arbeite auch in anderen Orten in Italien. Dienstlich wird mein Auto nicht benutzt. Es bleibt in der Kaserne.
Zum Wohnsitz: mein regulärer Wohnsitz ist in
Ort2/I. Ich habe dort ein Zimmer ohne Telefonanschluss in der Kaserne. In ***1*** (Domizil) wohnt meine Familie. Ich habe dort einen Nebenwohnsitz an der Adresse *******1***, ***2***, seit 1993. Es handelt sich um eine Mietwohnung (Eisenbahnerwohnung) mit 78 m². Bezahlt wird die Miete in Ort3/I. In der Woche bin ich vielleicht einmal oder zweimal in ***1*** und sonst in Italien. Manchmal bin ich auch zwei bis drei Tage in ***1*** und dann wieder eine Woche in Italien. Das hängt ganz von den Dienstzeiten ab. Mit dem Zug kann ich nicht nach Ort2/I fahren, da die Verbindung sehr schlecht ist.
Die Guardia di Finanza ist eine Institution des italienischen Staates (dem Finanzminister unterstellt, aber auch nach dem Militärgesetz organisiert). Ich muss im Quartal bei meinen Vorgesetzten eine Genehmigung beantragen, um meine Familie zu besuchen. ... Es gibt auch einen Vertrag (Abkommen) in italienischer Sprache zwischen Österreich und Italien, dass ich als italienischer Staatsbeamter meine Familie in Österreich besuchen darf. Ich muss auch jedesmal einen Antrag stellen, wenn ich ins Ausland verreisen will. Zudem darf ich als italienischer Staatsbeamter keinen Hauptwohnsitz in einem anderen Land haben."

2. Mit Bescheid vom wurde dem Bf ua. Umsatzsteuer für den Erwerb eines neuen Fahrzeuges vorgeschrieben. Der Berufung gegen diesen Bescheid wurde vom Unabhängigen Finanzsenat mit Entscheidung vom stattgegeben und der Umsatzsteuerbescheid aufgehoben, da im Spruch des Bescheides Angaben über den Festsetzungszeitraum fehlten.

3. Mit Bescheid vom , ***BF1StNr1***, hat das Finanzamt - neben der NoVA - die Umsatzsteuer für den Erwerb eines neuen Fahrzeuges für den Zeitraum März 2003 festgesetzt; die Bemessungsgrundlage für das im Spruch angeführte Fahrzeug XY mit dem amtlichen Kennzeichen X1 betrug € 19.200,00.
Begründend führte das Finanzamt aus, der Bf sei seit mit Nebenwohnsitz in **** ***1***, ***2***, gemeldet, wo auch seine Gattin und die Kinder mit Hauptwohnsitz gemeldet seien. Diese Wohnung würde er mit seiner Familie ständig benutzen, er wohne dort mit seiner Familie und kehre auch regelmäßig nach Dienstende dorthin zurück. Zudem besuchten die Kinder die Schule in ***1***. Damit sei der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf im Inland gelegen. Nachdem sich der Standort des Fahrzeuges aufgrund des Familienwohnsitzes im Inland befinde, sei für den innergemeinschaftlichen Erwerb des Fahrzeuges die Umsatzsteuer vorzuschreiben (Fahrzeugeinzelbesteuerung, Lieferung von Italien nach Österreich). Der Bf habe das Fahrzeug im März 2003 in Italien um € 24.000 gekauft; Fahrzeugpapiere besitze er laut eigenen Angaben keine mehr. Da das Fahrzeug bereits benutzt gewesen wäre, als es in Österreich verwendet worden sei, werde vom Kaufpreis ein 20%iger Abschlag im Schätzungswege angenommen.

4. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung wird im Wesentlichen eingewendet, hinsichtlich der nun erstmaligen Festsetzung der Umsatzsteuer für März 2003 sei bereits mit Verjährung eingetreten, da die Umsatzsteuer als Verkehrssteuer nach drei Jahren verjähre. Es seien keine Feststellungen getroffen worden, wann das Fahrzeug ins Inland verbracht bzw. im Inland verwendet worden sei. Bei der Frage des Hauptwohnsitzes gehe es wesentlich um die Absicht, sich niederzulassen. Diese Absicht sei dem Bf insofern verwehrt, als er aufgrund der Zugehörigkeit zum italienischen Militär bzw. zur Finanzpolizei einen gesetzlichen, unverrückbaren Hauptwohnsitz in Italien haben müsse, den er überdies nur kurzfristig und abhängig von einer entsprechenden Ausnahmebewilligung verlassen dürfe. Er dürfe sohin gar keine Absicht haben, sich in Österreich niederzulassen. Im Übrigen sei dem Bf mehrmals eine Anmeldung des Fahrzeuges von der Zulassungsstelle deswegen verweigert worden, weil er seinen Hauptwohnsitz in Italien habe. Wenn das Finanzamt in Zusammenhalt mit der Umsatzsteuer einen 20%igen Abschlag von der Bemessungsgrundlage vornehme, welcher Wert einem Fahrzeug mit über 6.000 km entspreche, so gehe es offenbar von einem gebrauchten Fahrzeug aus. Die Vorschreibung von Umsatzsteuer für ein Gebrauchtfahrzeug sei vom Gesetz nicht vorgesehen und unzulässig. Feststellungen des Finanzamtes, dass der Bf das Fahrzeug als neues Fahrzeug erworben habe, fehlten. Der Bf habe selbstverständlich in Italien die Umsatzsteuer entrichtet. Der Ansatz der Bemessungsgrundlage mit vormals € 20.000 und nunmehr € 19.200 sei jeweils unrichtig, da diese Werte die italienische Umsatzsteuer beinhalten würden und sohin von der italienischen USt nochmals Umsatzsteuer zu entrichten wäre.

5. Die Berufung wurde sodann dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung zur Entscheidung vorgelegt.

Der UFS hatte mit Entscheidung vom , RV/0189-I/10, miterl. RV/0190-I/10, der Berufung hinsichtlich der Umsatzsteuer Folge gegeben, den Bescheid in diesem Umfang aufgehoben und begründend ausgeführt, beim berufungsgegenständlichen Fahrzeug habe es sich insofern um ein Gebrauchtfahrzeug gehandelt, als das Finanzamt im Hinblick auf den für ein benütztes Fahrzeug vorgenommenen Abschlag von 20 % ausgegangen sei.

6. Aufgrund einer vom Finanzamt dagegen erhobenen Amtsbeschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2013/15/0277, die vorgenannte UFS-Entscheidung betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum 2003 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der VwGH führte begründend unter Bezugnahme insbes. auf die in Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 genannten Tatbestandsvoraussetzungen aus, dass die vom Finanzamt zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage bei Festsetzung der Erwerbssteuer nicht zur Feststellung der objektiv im Zeitpunkt des Erwerbes gegebenen Verhältnisse tauge. Es sei vielmehr Sache der Berufungsentscheidung über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zu befinden und im Anschluss die zutreffende Bemessungsgrundlage zu bestimmen.

7. Zufolge der Aufhebung durch den VwGH hat nunmehr das Bundesfinanzgericht (BFG) im fortgesetzten Verfahren über die gegen den Festsetzungsbescheid betr. Umsatzsteuer für den Zeitraum März 2003 (Fahrzeugeinzelbesteuerung) erhobene Berufung, nunmehr Beschwerde, neuerlich abzusprechen.

8. Mit Vorhaltschreiben vom wurde der Bf - nach Darstellung bezughabender Gesetzesbestimmungen des UStG 1994 - aufgefordert, genauere Angaben zum Erwerb des Fahrzeuges XY, Baujahr 2003, zu machen, insbesondere zu folgenden Fragen:
wann das Fahrzeug vom Bf erworben wurde; wann und wo dieses zum Verkehr zugelassen worden sei; ob es sich um ein Neu- oder Gebrauchtfahrzeug gehandelt habe; wann das Fahrzeug ins Inland verbracht worden sei; wie viele Kilometer das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Erwerbes sowie zum Zeitpunkt der Einbringung ins Inland gehabt habe. Zudem wurde der Bf zur Beibringung allenfalls noch vorhandener, zweckdienlicher Unterlagen zum Nachweis ersucht.

9. Im Antwortschreiben vom wurde seitens des Bf - soweit hier relevant - Folgendes mitgeteilt:
Das Fahrzeug sei Ende 2003 in Italien von einem italienischen Händler mit italienischer Zulassung und italienischem Standort erworben worden. Es habe sich um ein Gebrauchtfahrzeug mit einem Kilometerstand von über 6.000 km gehandelt, das 2003 erstmals zum Verkehr in Italien zugelassen worden wäre. Das Fahrzeug sei zu keinem Zeitpunkt dauerhaft - und niemals ein Jahr - ins Inland verbracht worden. Beim erstmaligen Besuch seiner Familie in Österreich habe das Fahrzeug einen Kilometerstand von mehr als 6.000 km aufgewiesen. Vom Bf wurden dazu keine Unterlagen vorgelegt.
Daneben wird ausgeführt, der Bf habe seinen Hauptwohnsitz in Ort2/I; er besuche seine Familie nur im Rahmen seiner Freizeit, sodass das Fahrzeug den Standort beinahe täglich in Italien habe und beinahe täglich nach Italien verbracht werde.
Weitere genaue Angaben könnten aufgrund des lange zurückliegenden Zeitraumes nicht mehr gemacht werden; es werde auf die bisherigen Stellungnahmen des Bf verwiesen.

Abschließend wurde in dem Schreiben die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

10. Eingeholt wurde eine polizeiliche Auskunft zum Fahrzeug, wozu von der Grenzpolizei XX mit Schreiben (e-mail) vom ua. mitgeteilt wurde:
Das Fahrzeug XY 2.0 TDCI, zugelassen auf das Kennzeichen X1 und im Besitz des Beschwerdeführers, wurde in Italien am für die Ausfuhr abgemeldet, besitzt keinen Tüv und keine gültige Versicherung.

11. Aus der Abfrage des Routenplaners im Internet (Google Maps) geht hervor, dass die Fahrtstrecke zwischen den beiden gemeldeten Wohnsitzen des Bf in ***1*** und Ort2/I mit dem Auto 64,1 km bzw. zeitlich 56 Minuten beträgt.

II. Sachverhalt:

Der Bf ist italienischer Staatsbürger und hat im Streitzeitraum für die Finanzpolizei beim Abteilungskommando Ort2/I gearbeitet (Bestätigung der Finanzpolizei Abteilungskommando Ort2/I vom ).
Aufgrund dieser Tätigkeit hatte er seinen Hauptwohnsitz zwingend an der Adresse des Abteilungskommandos in Ort2/I/Italien angemeldet, wo er ein Zimmer bewohnte; zugleich war er im Streitzeitraum mit Nebenwohnsitz an der Adresse in ***1*** gemeldet, wo seine gesamte Familie - Gattin mit Kindern - mit Hauptwohnsitz lebt (siehe ZMR-Abfragen; italien. Wohnsitzbestätigung; eigene Angaben lt. Niederschrift vom ).
Aufgrund der diesbezüglich engsten persönlichen Beziehungen ist beim Bf davon auszugehen, dass zufolge des inländischen Familienwonsitzes sein Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich gelegen ist.

Der Bf hat von einem italienischen Autohändler das Fahrzeug XY mit dem Baujahr 2003, zugelassen in Italien auf das amtliche Kennzeichen X1, um den Kaufpreis von € 24.000 inkl. italienischer Umsatzsteuer (20 %), somit um netto € 20.000 erworben.
Dieses Fahrzeug wurde dem Bf an den Wohnsitz in Ort2/I im März 2003 geliefert (lt. eigenen Angaben in der Niederschrift vom sowie lt. Antwortschreiben vom ).
Der Bf verbrachte das Fahrzeug - nach von ihm behaupteten Familienbesuchen in Italien mit einer Fahrtstrecke von rund 7.000 km - spätestens zwei Monate nach der Lieferung/Übergabe an ihn nach Österreich (lt. Berufungsvorbringen v. ).

Das Finanzamt hat am den erstinstanzlichen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge erlassen; der Bescheid wurde am zugestellt (Berufung vom ).
Nach Aufhebung dieses Bescheides durch den Unabhängigen Finanzsenat wurde am der nunmehr angefochtene Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge erlassen und am zugestellt (Zustellnachweis vom ).

III. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten Beweismitteln und aufgrund folgender Überlegungen:

1. Aufgrund der teilweisen Widersprüche in den Aussagen des Bf, aber auch aufgrund der Tatsache, dass seit der Verwirklichung des streitgegenständlichen Sachverhaltes sehr viel Zeit vergangen ist und weitere Beweismittel und Unterlagen weder vom Bf noch von der Abgabenbehörde oder dem Bundesfinanzgericht beigeschafft wurden bzw. noch beigeschafft werden können, kann nur jener Sachverhalt unterstellt werden, der den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit für sich hat.

2. Unstrittig ist das Baujahr 2003 des vom Bf angeschafften Fahrzeugs XY (Niederschrift mit dem Bf am ).

Unstrittig ist lt. eigenen Angaben auch, dass der Bf das Fahrzeug im Jahr 2003 erworben hat, welches sodann auf den Bf in Italien auf das Kz X1 zugelassen wurde.

Unklar ist, wann genau im Jahr 2003 das Fahrzeug in die Verfügungsmacht des Bf gelangt ist. Diesbezüglich sind seine Aussagen bzw. die Angaben seiner rechtlichen und vormaligen steuerlichen Vertretung uneinheitlich. In der Berufung vom gibt die steuerliche Vertreterin an, dass das Fahrzeug im März 2003 vom italienischen Autohändler an den Hauptwohnsitz des Bf in Ort2/I geliefert worden sei. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge mit Bescheid vom für März 2003 fest und begründete, das Fahrzeug sei im März 2003 um € 24.000 in Italien gekauft worden. Auch in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vom gibt das Finanzamt an, dass das Fahrzeug im März 2003 in Italien erworben wurde. Dem ist der Bf weder in der Berufung gegen den Festsetzungsbescheid noch in der Gegenschrift zur Verwaltungsgerichtshofbeschwerde entgegengetreten. Erstmals in der Stellungnahme vom behauptet der rechtliche Vertreter des Bf, das Fahrzeug sei "Ende 2003" angeschafft worden.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung kommt den ersten Angaben des Abgabepflichtigen höhere Glaubwürdigkeit zu als späteren. Zudem sind die Angaben, die die steuerliche Vertreterin im Mai 2007 in der (vormaligen) Berufung machte, wegen der geringeren Zeitspanne zum Erwerb des Fahrzeuges als glaubwürdiger als jene vom März 2016 zu erachten, zumal der Bf im Mai 2007 noch Halter des Fahrzeuges war und somit auch allfällige Unterlagen (insbesondere der Zulassungsschein) noch vorhanden waren. Im Jahr 2009 hatte der Bf das Fahrzeug verkauft. Aufgrund dieser Umstände ist nach Ansicht des BFG als weit eher wahrscheinlich davon auszugehen, dass der Bf das Fahrzeug XY im März 2003 in Italien erworben hat. In diesem Zusammenhalt ist auch nicht zu übersehen, dass im Antwortschreiben vom selbst auf den lange vergangenen Zeitraum und daher auf die bisherigen/vormaligen Angaben des Bf verwiesen wird.

3. Der Bf hat das Fahrzeug sogleich nach dem Erwerb in Italien für den Besuch seiner italienischen Verwandten verwendet und so in den ersten beiden Monaten in Italien mehr als 6.000 km zurückgelegt (lt. Berufung vom und Stellungnahme vom : "Beim erstmaligen Besuch seiner Familie in Österreich hatte das Fahrzeug … einen Kilometerstand von über 6.000 km").

Danach verwendete der Bf das Fahrzeug für regelmäßige Fahrten nach ***1*** zu seiner Familie. Dies ergibt sich aus den Angaben des Bf in der Niederschrift vom , der Berufung vom und der Stellungnahme vom . Somit hat der Bf das Fahrzeug spätestens zwei Monate nach dem Erwerb nach Österreich verbracht.

4. Unstrittig ist, dass der Bf im Zeitpunkt der Anschaffung des Fahrzeuges XY sowohl in Österreich als auch in Italien jeweils einen Wohnsitz hatte. Beide benutzte er in den Folgejahren regelmäßig (Niederschrift mit dem Beschwerdeführer vom ).

Der Bf hatte seit seinen regulären Wohnsitz in der M-Str in Ort2/I (Wohnsitzbescheinigung der Stadtgemeinde Ort2/I vom ). Dabei handelte es sich um ein Zimmer ohne Telefonanschluss in der Kaserne an seinem Dienstort (Niederschrift mit dem Bf vom ).

Zudem hatte der Bf einen Wohnsitz in der A-Str in ***1***. Laut Zentralem Melderegister war er dort seit mit Nebenwohnsitz gemeldet (ZMR-Auszug vom ). Bei der Wohnung handelte es sich um eine Mietwohnung im Ausmaß von 78m².

a. Grundsätzlich hat die Wohnsitz-Meldung nur Indizwirkung und liefert noch keinen Beweis dafür, wo eine Person tatsächlich wohnhaft ist. Eine Person kann zwar mehrere (gemeldete) Wohnsitze haben, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen.
Der Mittelpunkt der Lebensinteressen besteht an dem Ort, zu dem die Person die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen unterhält. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist unter diesem Begriff der Ort (in jenem Staat) zu verstehen, zu dem der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (vgl. zB ; ; ). Entscheidend ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der persönlichen Beziehungen zum einen oder zum anderen Staat den Ausschlag gibt. Wirtschaftlichen Beziehungen kommt in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen.

b. Am Wohnsitz in ***1*** lebten im Streitzeitraum seine Gattin und seine drei Kinder. Die Familie war mit Hauptwohnsitz in ***1*** gemeldet (ZMR-Abfragen betreffend die Ehegattin und die ältere Tochter vom und betreffend die beiden jüngeren Kinder vom ). Um in seiner dienstfreien Zeit bei seiner Familie in ***1*** wohnen zu dürfen, benötigte der Beschwerdeführer eine Ausnahmebewilligung seines Vorgesetzten (vgl. undatierte Bestätigung des Kompaniekommandanten der Finanzpolizei (Guardia di Finanza), Kompaniekommando Ort4).

Die Angaben des Bf, wie oft er sich damals bei seiner Familie in ***1*** aufgehalten hat, variieren. In der Niederschrift vom gibt der Bf an, er sei in der Woche vielleicht einmal oder zweimal - je nach Dienstplan auch mehrtägig - in ***1***, ansonsten in Italien. Laut den Angaben in der Berufung vom sei er hauptsächlich an den Wochenenden bei seiner Familie. Hingegen besuche er laut den Ausführungen in der Stellungnahme vom seine Familie nur im Rahmen seiner Freizeit, habe allerdings beinahe täglich das Auto nach Italien verbracht.

Die Fahrzeit zwischen ***1*** und Ort2/I beträgt knapp unter einer Stunde (Google-maps-Abfrage vom ). Es entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass diese Strecke auch mehrmals wöchentlich, auch täglich zurückgelegt werden kann.

Aus diesen (uneinheitlichen) Angaben kann wohl darauf geschlossen werden, dass der Bf eine enge Beziehung zu seiner Gattin und seinen drei Kindern hatte, mit denen er offenkundig regelmäßig Zeit verbrachte. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, wie oft er tatsächlich pro Woche in ***1*** war; fest steht, dass er zumindest mehrmals monatlich zu seiner Familie gefahren ist.

c. Auch zu Italien hatte der Bf im Streitzeitraum persönliche (und wirtschaftliche) Beziehungen. Zum Einen ist er italienischer Staatsbürger und leben dort seine Verwandten; zum Anderen ging er als Staatsbediensteter in Ort2/I seinem Beruf als Finanzpolizist nach. Zudem verbrachte er dort nach eigenen Angaben seine Urlaube und manche Wochenenden (ua. lt. Berufung vom ).

Auch wenn der Bf seinen regulären Wohnsitz in Italien hatte und diesen dort aufgrund seines Berufes haben musste, ist nach Ansicht des BFG - wie oben bereits dargelegt - jedenfalls von einer engeren Beziehung zu Österreich auszugehen, da seine eigene Familie mit Frau und Kindern hier wohnte. Zwar hatte der Bf im Streitzeitraum auch in Italien Verwandte, die er besuchte, jedoch waren dies Verwandte zweiten Grades bzw. die Herkunftsfamilie. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Bindung zu Eltern, Geschwistern sowie Onkeln und Tanten im Erwachsenenalter abnimmt und jene zur Ehegattin (während aufrechter Ehe) und den eigenen Kindern normalerweise sehr eng ist. Der Bf hat sich regelmäßig an seinem Wohnsitz in Österreich aufgehalten und seine dienstfreie Zeit weitgehend hier mit seiner Familie verbracht, sodass von einer engeren Bindung zur Familie in Österreich als zu seinen sonstigen Verwandten in Italien auszugehen sein wird.

Daneben gilt festzuhalten, dass ebenso wie die Wohnsitz-Meldung als bloßes Indiz auch die (für den Bf verpflichtenden) italienischen Vorschriften, dass ein Staatsbediensteter seinen Wohnsitz in Italien haben muss, keinen Beweis dafür liefern können, wo eine Person tatsächlich wohnt bzw. ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen hat.

d. Zudem spricht auch die 78 m² große Mietwohnung in ***1***, die der Bf mit seiner Familie bewohnte, gegenüber lediglich dem Zimmer am Arbeitsplatz in der Kaserne in Ort2/I für den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf in Österreich.

5. Der Bf gab an, dass er das Fahrzeug verwende, um zur Arbeit zu fahren und die Familie in ***1*** zu besuchen, da die Zugverbindung nach Ort2/I sehr schlecht sei. Seine Anwesenheit in Österreich hänge von den Dienstzeiten ab, in der Woche sei er vielleicht einmal bis zweimal in ***1*** und sonst in Italien; manchmal sei er auch zwei bis drei Tage in ***1***, dann wieder eine Woche in Italien. Sein Fahrzeug werde dienstlich nicht benutzt, es verbleibe in der Kaserne (lt. Niederschrift vom ).

Zumindest im Jahr 2003 legte der Bf mehr als 6.000 km in Italien zurück, als er Verwandte besuchte; generell verbrachte er die Urlaube und manche Wochenenden in Italien (Berufung vom ).

Unstrittig ist, dass der Bf mehrmals monatlich zu seiner Familie nach ***1*** gefahren ist (vgl. Punkt III.4.b.). Beinahe zwei Drittel der Wegstrecke von seinem Familienwohnsitz in Österreich zu seiner Arbeitsstätte in Italien liegen auf österreichischem und ca. ein Drittel auf italienischem Staatsgebiet (Google-maps-Abfrage vom ).

Wie aus den eigenen Angaben des Bf bei seinem Erstkontakt mit dem Finanzamt im Zuge der Ermittlungen zu allfällig in Österreich bestehenden Abgabepflichten in Zusammenhang mit seinem Fahrzeug hervorgeht, hatte er das Fahrzeug deshalb angeschafft, um zur Arbeit zu fahren und die Familie in ***1*** zu besuchen. Auch wenn er mit dem Fahrzeug seine Urlaube und Verwandtenbesuche in Italien absolviert hat, so wird im Zeitpunkt der Anschaffung - abgesehen von den Besuchen seiner Verwandten sogleich nach dem Erwerb des Fahrzeuges im Frühjahr 2003 - noch nicht festgestanden haben, wann und wie oft er in den folgenden Jahren seine Verwandten in Italien besuchen und seine Urlaube in Italien verbringen werde. Es kann somit nach dem Dafürhalten des BFG davon ausgegangen werden, dass die Nutzungsabsicht des Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Anschaffung primär in der Strecke Ort2/I - ***1*** und zurück gelegen war.

6. Das Fahrzeug wurde in Italien zum Verkehr zugelassen. Der Bf hatte allerdings mehrfach versucht, das Fahrzeug in Österreich zuzulassen; dies wurde ihm von der Zulassungsstelle mit der Begründung verweigert, er habe keinen Hauptwohnsitz in Österreich (Berufung vom ).

Fest steht damit, dass lediglich wegen der fehlenden Hauptwohnsitzmeldung in Österreich - dies bedingt durch die Verpflichtung zur Wohnsitznahme in Italien wegen seiner beruflichen Tätigkeit -der Bf die Zulassung des Fahrzeuges in Italien belassen musste, er jedoch offenkundig selbst der Ansicht gewesen ist, das Fahrzeug sei in Österreich zum Verkehr zuzulassen.

7. Der Bf erwarb das Fahrzeug in Italien um € 24.000. Dabei handelte es sich um den Bruttobetrag, also inklusive 20% italienischer Umsatzsteuer (Niederschrift mit dem Bf am ; Berufung vom ).

8. a. In der Stellungnahme vom beantragt der rechtliche Vertreter "die Einvernahme des Betroffenen zum Beweis des Faktums, dass der Betroffene sein Kraftfahrzeug beinahe täglich ins Ausland verbracht hat, somit niemals ein Jahr in Österreich dauerhaft gewesen ist". Eine unter Beweis zu stellende Tatsache ist dann unerheblich, wenn sie nicht geeignet ist, (direkt oder indirekt) zur Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts beizutragen (mangelnde Relevanz eines Beweisantrags; vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 183, Rz 10).
Von der Einvernahme des Bf war abzusehen, da der Beweisantrag und das genannte Beweisthema für die Lösung des vorliegenden Streitfalles unerheblich sind. Bei der Erwerbsbesteuerung neuer Fahrzeuge kommt es nämlich darauf an, wo der Endverbrauch des Fahrzeuges stattfindet und nicht, ob sich ein Fahrzeug ein Jahr dauerhaft in Österreich befunden hat.

b. Der rechtliche Vertreter beantragt weiters in der Stellungnahme vom nach Beantwortung der Fragen ("soweit wie möglich"), die das BFG im Vorhalt vom gestellt hatte, "im Übrigen die förmliche Einvernahme des Betroffenen".
In Beweisanträgen der Parteien müssen das Beweisthema und das Beweismittel angegeben sein (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 183, Rz 9). Nach Ansicht des BFG liegt kein ordnungsgemäßer Beweisantrag vor, da kein Beweisthema angegeben wurde.

IV. Rechtslage:

1. Gemäß § 323 Abs. 38 Bundesabgabenordnung (BAO ), BGBl 1961/194 idgF., sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

2. Vorweg muss darauf hingewiesen werden, dass es nach ständiger Rechtsprechung des VwGH genügt, wenn im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 167 Abs. 2 BAO von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen angenommen wird, die gegenüber allen anderen eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und die anderen Möglichkeiten weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (siehe beispielsweise ). Wie oben dargestellt wurde, beruht der hier festgestellte Sachverhalt auf dieser höchsten Wahrscheinlichkeit, die sich aus der dargestellten Aktenlage ergibt.

3. zur Verjährung:

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist betreffend die Umsatzsteuer fünf Jahre (vgl. ) und beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Solche fristverlängernde Wirkung haben auch im Rechtsmittelweg aufgehobene Bescheide (vgl. Ritz, BAO , 6. Aufl., § 209, Rz 10).

4. Innergemeinschaftlicher Erwerb:

Gemäß Art. 1 Abs. 1 UStG 1994 unterliegt auch der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt der Umsatzsteuer.

Nach Art. 1 Abs. 2 UStG 1994 liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt vor, wenn (Z 1) ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt, auch wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat, und (Z 2) der Erwerber ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt, oder eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.

Gemäß Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 ist der Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch einen Erwerber, der nicht zu den in Abs. 2 Z 2 genannten Personen gehört, unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 ein innergemeinschaftlicher Erwerb.

Art. 1 Abs. 8 UStG 1994 definiert den Begriff des Fahrzeugs.

Nach Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 gilt ein Fahrzeug als neu, wenn die erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbes bei Landfahrzeugen nicht mehr als sechs Monate zurückliegt. Dasselbe gilt, wenn nach Z 1 das Landfahrzeug nicht mehr als 6.000 km zurückgelegt hat.

Gemäß Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 wird der innergemeinschaftliche Erwerb in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet.

Ebenso bestimmt Art. 28b Teil A Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom (77/388/EWG), dass als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen der Ort gilt, in dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung des Versands oder der Beförderung an den Erwerber befinden (vgl. nunmehr Art. 40 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem). Der X, C-84/09, darüber entschieden, ob die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb von der Einhaltung einer bestimmten Frist (Beförderung des Gegenstandes vom Liefermitgliedstaat nach dem Bestimmungsmitgliedstaat) abhängt und auf welchen Zeitpunkt dabei für die Beurteilung abzustellen ist, ob ein Fahrzeug als "neu" zu beurteilen sei (vgl. die Rn. 22, 24, 40 bis 50 des angeführten Urteils).

Der Steuertatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen soll es ermöglichen, die Umsatzsteuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in welchem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt (Rn. 22 des Urteils C-84/09). Bei neuen Fahrzeugen will der Unionsgesetzgeber insbesondere im Hinblick auf deren leichte Transportierbarkeit (und auf deren Wert) auch den Erwerb durch Privatpersonen besteuert wissen (Rn. 24 des angeführten Urteils). Die Beurteilung, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch eines Fahrzeugs (und damit der innergemeinschaftliche Erwerb) stattfinden, hat auf einer umfassenden Abwägung aller objektiven tatsächlichen Umstände zu beruhen. Zu diesen im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse zu berücksichtigenden Umständen gehören u.a. der Ort der gewöhnlichen Verwendung des Gegenstandes, seine Registrierung, der Wohnort des Erwerbers sowie das Bestehen oder Fehlen von Verbindungen des Erwerbers zu einzelnen Mitgliedstaaten (Rn. 44 f des angeführten Urteils).

Es ist anhand objektiver Umstände im Zeitpunkt der Lieferung festzustellen, in welchem Mitgliedstaat die endgültige und dauerhafte Verwendung eines Fahrzeugs stattfinden wird. Zu diesen objektiven Umständen gehören insbesondere Wohnsitze des Käufers im Zeitpunkt des Erwerbes des Fahrzeuges und die (persönlichen) Verbindungen des Käufers zu den in Frage kommenden Mitgliedstaaten (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Auch die tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges kann als Indiz für die beim Erwerb vorgelegene Verwendungsabsicht herangezogen werden (vgl. ). Die Verwendung des in Rede stehenden Fahrzeugs während des Transports, selbst zu Freizeitzwecken, stellt im Verhältnis zur allgemeinen Lebensdauer eines Fahrzeuges insoweit nur eine völlig untergeordnete Zeitspanne dar (Rn. 50 des Urteils C-84/09).

Die Betriebsdauer und die Betriebsleistung sind gemäß Art. 1 Abs. 9 im Zeitpunkt des Erwerbs zu prüfen (Rn. 57 des Urteils C-84/09). Die Nutzung für Freizeitzwecke vor Ankunft im Bestimmungsmitgliedstaat steht einer Erwerbsbesteuerung nicht entgegen, da für die Frage, ob ein Fahrzeug neu sei, auf den Zeitpunkt der Lieferung (und nicht auf den Zeitpunkt der Ankunft im Bestimmungsmitgliedstaat) abzustellen ist (Ruppe/Achatz, UStG, 5. Aufl., Art. 1, Rz 78/1). Somit bleiben Fahr- und Betriebsleistungen, die zwischen dem Übergang der Verfügungsmacht an den Abnehmer und der Verwendung im Bestimmungsmitgliedstaat liegen, unberücksichtigt (Melhardt/Tumpel, UStG², Art. 1, Rz 143). Kilometer, Betriebsstunden und Zeitablauf bis zum Zielort im Bestimmungsmitgliedstaat werden daher nicht berücksichtigt (Beiser, RdW 2011, 57).

5. Steuerschuldner, Entstehung der Steuerschuld:

Steuerschuldner ist der Erwerber des neuen Personenkraftwagens (Art. 19 Abs. 1 Z 1 UStG 1994) und die Steuerschuld entsteht am Tag des Erwerbes (Art. 19 Abs. 2 Z 2 UStG 1994).

Gemäß Art. 20 Abs. 2 UStG 1994 ist beim innergemeinschaftlichen Erwerb neuer Fahrzeuge durch andere Erwerber als die in Art. 1 Abs. 2 Z 2 genannten Personen die Steuer für jeden einzelnen steuerpflichtigen Erwerb zu berechnen (Fahrzeugeinzelbesteuerung).

Gemäß Art. 21 Abs. 2 UStG 1994 hat in den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (Art. 20 Abs. 2) der Erwerber spätestens bis zum Ablauf eines Monates, nach dem die Steuerschuld entstanden ist (Fälligkeitstag), eine Steuererklärung auf amtlichem Vordruck abzugeben, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder erweist sich die Selbstberechnung als nicht richtig, so kann das Finanzamt die Steuer festsetzen. Die Steuer ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

6. Bemessungsgrundlage:

Die Bemessungsgrundlage des Umsatzes ist gemäß Art. 4 Abs. 1 UStG 1994 das Entgelt. Die ausländische Umsatzsteuer gehört nicht zur Bemessungsgrundlage, unabhängig davon, ob sie im Ausland als Vorsteuer geltend gemacht wurde oder werden konnte (Ruppe/Achatz, UStG, 5. Aufl., Art. 4, Rz 3). Bis ist die NoVA nicht Teil des Entgelts (Ecker/Epply/Rößler/Schwab, Mehrwertsteuer, 38. Aufl., Art. 4, Rz 7).

7. Antrag auf mündliche Verhandlung:

Gemäß § 284 Abs. 1 Z 1 BAO idF vor dem AbgÄG 2014 und § 274 Abs. 1 Z 1 BAO idF nach dem AbgÄG 2014 hat eine mündliche Verhandlung über eine Beschwerde stattzufinden, wenn dies in der Beschwerde, im Vorlageantrag (§ 264 BAO ) oder in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1 BAO ) beantragt wird.

Auf eine mündliche Verhandlung, wenn es der Einzelrichter für erforderlich hält (§ 274 Abs. 1 Z 2 BAO ), besteht kein Rechtsanspruch (vgl. ; ).

V. Erwägungen:

1. Die Umsatzsteuer für den Erwerb eines im Jahr 2003 erworbenen Fahrzeuges verjährt mit Ablauf des Jahres 2008. Das Finanzamt hatte am die Umsatzsteuer für das im Jahr 2003 erworbene Fahrzeug festgesetzt, somit verlängert sich die Verjährungsfrist für diesen Abgabenanspruch um ein weiteres Jahr und verjährt dieser mit Ablauf des Jahres 2009. Da das Finanzamt am einen (nach Aufhebung) neuerlichen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge erlassen hat, erfolgte die Festsetzung noch innerhalb der Verjährungsfrist.
Dem Einwand des Bf, die Umsatzsteuer unterliege als Verkehrssteuer der nur dreijährigen Verjährungsfrist, kommt keinerlei Berechtigung zu.

2. Der Erwerb eines Fahrzeuges unterliegt der Erwerbsbesteuerung iSd Art 1 Abs. 7 UStG 1994 , wenn es sich um ein neues Fahrzeug handelt. Ein Landfahrzeug ist gem. Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 neu, wenn es im Zeitpunkt des Erwerbes entweder weniger als 6.000 km zurückgelegt hat oder die erste Inbetriebnahme weniger als 6 Monate zurückliegt.

Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde vom Bf im März 2003 in Italien erworben und an ihn in Ort2/I übergeben. Das Fahrzeug ist Baujahr 2003. Somit war das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht als neues Fahrzeug iSd Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 zu qualifizieren, da von der ersten Inbetriebnahme des Fahrzeuges aufgrund des Baujahres 2003 bis zur Übergabe an den Bf im März 2003 jedenfalls weniger als 6 Monate vergangen waren bzw. vergangen sein konnten.

Da für die Fahr- und Betriebsleistung der Zeitpunkt des Erwerbes maßgebend ist, sind die zurückgelegten Kilometer bis zum erstmaligen Überschreiten der Binnengrenze (in den anderen MS Österreich) unerheblich und kann ein derartiges Vorbringen des Bf seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

3. Ob ein innergemeinschaftlicher Erwerb iSd Art. 1 Abs. 1 UStG 1994 des in Rede stehenden Fahrzeuges in Österreich oder eine innerstaatliche Lieferung in Italien vorliegt, richtet sich danach, ob der erworbene Gegenstand das Gebiet des Liefermitgliedstaats tatsächlich verlassen hat und, wenn ja, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch des Fahrzeuges erfolgt ist (vgl. ).

a. Das Fahrzeug wurde vom Bf spätestens zwei Monate nach dem Erwerb in Italien nach Österreich verbracht und in der Folge für die regelmäßigen Besuche bei seiner Familie, dh. im Wesentlichen für die Fahrten zwischen seinem Familienwohnsitz und dem Arbeitsort, verwendet. Diesbezüglich wird ua. auf Pkt. III.3. verwiesen. Somit hat das in Rede stehende Fahrzeug das Gebiet des Liefermitgliedstaates tatsächlich verlassen.

b. Als weitere Voraussetzung dafür, ob ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorliegt, ist zu prüfen, in welchem Mitgliedstaat der Endverbrauch stattgefunden hat.

Der Bf hatte im Streitzeitraum sowohl in Italien als auch in Österreich Wohnsitze, die er regelmäßig benutzte, seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen sieht das Bundesfinanzgericht als in Österreich gelegen an, wozu auf obigen Punkt Pkt. III.4. verwiesen wird.

Auch wenn das Fahrzeug in Italien registriert war (siehe Pkt. III.6.), erfolgte die tatsächliche (gewöhnliche) Nutzung in der Zurücklegung der Strecke ***1*** - Ort2/I und retour (vgl. Pkt. III.5).

c. Unter Abwägung aller objektiven Umstände war der Endverbrauch des Fahrzeuges in Österreich gelegen und liegt somit ein innergemeinschaftlicher Erwerb iSd Art. 1 Abs. 1 iVm Abs. 7 UStG 1994 in Österreich vor.

4. Der Bf hat das Fahrzeug im März 2003 in Italien erworben. Somit ist die Steuerschuld gemäß Art. 19 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 auch im März 2003 entstanden und war diese zu Recht für den Zeitraum März 2003 vorzuschreiben.

5. Der Bf hat das Fahrzeug im März 2003 um € 24.000 inklusive italienischer Umsatzsteuer angeschafft. Im Jahr 2003 betrug der Normalsteuersatz in Italien 20 %. Somit ergibt sich eine Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer iHv (netto) € 20.000. Da es sich bei dem Fahrzeug um einen Neuwagen iSd Art. 1 Abs. 9 UStG 1994 handelt, können keine Abschläge vom Kaufpreis berücksichtigt werden.

6. Insoweit der Bf einwendet, durch die Belastung des Erwerbsvorganges mit österreichischer Umsatzsteuer komme es zu einer Doppelbesteuerung, da beim Ankauf des Fahrzeuges bereits italienische Umsatzsteuer entrichtet worden sei, ist auf die 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie (RL 77/388/EWG), deren Rechtslage der nunmehr geltenden MwStSystRL (RL 2006/112/EG) vergleichbar ist, und auf die dazu vertretene Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen. Demnach hält er die Auffassung, dass die umsatzsteuerliche Erfassung neuer Fahrzeuge ausnahmslos dem Bestimmungslandprinzip folgt, für zutreffend. Die uneingeschränkte Erhebung der Erwerbsteuer im Bestimmungsland erweist sich daher als nicht rechtswidrig. Die Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbelastung mit Umsatzsteuer hat im Ursprungsland durch Gewährung des Vorsteuerabzugs zu erfolgen ( ).

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Ausführungen von Tumpel in Melhardt/Tumpel, UStG², Rz 131 zu Art. 1, zu verweisen, wonach mit der Steuerbarkeit und (echten) Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung neuer Fahrzeuge die Möglichkeit des (nachträglichen) Vorsteuerabzugs für die Anschaffung des neuen Fahrzeugs auch für jene Personen verbunden ist, die nicht Unternehmer sind oder aus anderen Gründen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen wären. Aber selbst wenn (faktisch) in einem Mitgliedstaat keine Rückerstattung der Mehrwertsteuer erfolgt, ist die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs nicht unbillig (vgl. ).

7. Im vorliegenden Fall hat der Bf in der Berufung vom keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gestellt. Dieser Antrag wurde erst im Rahmen der Stellungnahme vom eingebracht. Daher ist dieser Antrag auf mündliche Verhandlung gem. § 274 Abs. 1 Z 1 BAO jedenfalls nicht fristgerecht eingebracht und begründet keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. in Ritz, BAO -Kommentar, 6. Aufl., Rz 2 f. mit hg. Judikaturverweisen).

VI. Ergebnis:

Da nach Obigem sämtliche Voraussetzungen für einen innergemeinschaftlichen Erwerb iSd Art. 1 Abs. 7 UStG 1994 erfüllt sind, war für den Erwerb des Fahrzeuges XY im März 2003 die Umsatzsteuer zu Recht für diesen Zeitraum vorgeschrieben worden.

Die Beschwerde ist daher dem Grunde nach abzuweisen. Hinsichtlich der Höhe ist eine Abänderung des angefochtenen Bescheides dahin vorzunehmen, dass die 20%ige USt zutreffend ausgehend vom Netto-Entgelt für das neue Fahrzeug (dh. ohne Abschlag) in Höhe von € 20.000, sohin im Betrag von € 4.000, vorzuschreiben ist (siehe oben unter Pkt. V.5.).

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden und ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Ansschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der Frage, ob gegenständlich die Voraussetzungen für einen innergemeinschaftlichen Erwerb vorgelegen waren, ergibt sich anhand der eingehenden Würdigung des Sachverhaltes und damit aus der Lösung von Tatfragen. Insgesamt war daher keine "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" zu behandeln, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 1 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 1 Abs. 9 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 8 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 4 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100998.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at