Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine Erledigung mit fehlender Bescheidqualität (Adressierung an eine aufgelöste GesbR)
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch ***Bf1-Stb-GmbH***, gegen den von der belangten Behörde ***FA*** am ausgefertigten Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 und dem von derselben Behörde mit gleichem Datum ausgefertigten Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 beschlossen:
I. Die Bescheidbeschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 9 B-VG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung
1. Verfahrensgang und Sachlage
1.1. Nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung hat die belangte Behörde am die als Bescheid intendierte Erledigung über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 und mit gleichem Datum die ebenfalls als Bescheid intendierte Erledigung über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 ausgefertigt. Als Adressat war in den Erledigungen jeweils die Personengemeinschaft "A&Mitesellschafter" angeführt, die Zustellung erfolgte "z.H. ***WTH-KG***".
1.2. An der Personengemeinschaft, einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, waren bis zum Jahr 2010 ***1***, ***2*** und der Beschwerdeführer beteiligt. Aus den im Miteigentum stehenden Liegenschaften (***EZ*1*bis*4***) wurden gemeinschaftlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Im Jahr 2010 verkauften ***1*** und Herr ***2*** ihre Anteile als Miteigentümer an den gemeinsam bewirtschafteten Liegenschaften an Herrn ***3***. Im Jahr 2011 hat auch der Beschwerdeführer seine Anteile als Miteigentümer an Herrn ***3*** veräußert, der damit Alleineigentum an den Liegenschaften erwarb.
1.3. Mit Schreiben vom hat der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide eingebracht. Da bei der Veranlagung des Jahres 2011 am sämtliche Tatsachen bekannt und zu berücksichtigen gewesen wären, seien zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung 2015 und der Bescheiderlassung am keine neuen Tatsachen hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigten.
1.4. Die belangte Behörde hat die Beschwerde mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung gemäß § 260 BAO zurückgewiesen. Die Personengemeinschaft sei im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits beendet gewesen, sie komme als Adressatin der Bescheide nicht in Betracht. An nicht existente Personengemeinschaften gerichtete Bescheide gingen ins Leere. Sie könnten keine Wirkung entfalten. Die angefochtenen Erledigungen seien unwirksam und die gegen die Erledigung gerichtete Beschwerde daher als unzulässig zurückzuweisen.
1.4. Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 264 BAO die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht. Zudem beantragte er gemäß § 274 BAO die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Auffassung der belangten Behörde, dass es sich bei den ergangenen Bescheiden um "Nicht-Bescheide" handle, teile er nicht, eine ausführliche Begründung werde nachgereicht.
1.5. Die Abgabenbehörde hat die Beschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
1.6. Mit Schreiben vom übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesfinanzgericht eine Ergänzung zum Vorlageantrag mit der angekündigten Begründung.
2. Beurteilung
2.1. Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht ein Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 BAO an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Nach § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO wirken Feststellungsbescheide im Sinne des § 188 BAO gegen alle, denen im Spruch des Bescheides Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden.
2.2. Erledigungen werden gemäß § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie nach ihrem Inhalt bestimmt sind. Damit ein Feststellungsbescheid die ihm nach § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO zukommende Wirkung entfalten kann, muss er den betreffenden Personen nach § 97 Abs. 1 BAO zugestellt sein oder als zugestellt gelten. Voraussetzung für eine Wirksamkeit der Erledigung ist neben der gesetzmäßigen Bezeichnung des Bescheidadressaten (namentliche Nennung im Spruch des Bescheides, ) die Zustellung an den Adressaten (; ).
2.3. Ist eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dem Zeitpunkt, in dem der Feststellungsbescheid ergehen soll, bereits beendigt, so hat gemäß § 191 Abs. 2 BAO der Bescheid an diejenigen zu ergehen, denen in den Fällen des § 191 Abs. 1 lit. c BAO gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind. Unzulässig ist es im Hinblick auf § 191 Abs. 2 BAO, den Bescheid an eine Gemeinschaft zu richten, die nicht mehr besteht (; ; ; ; ). Ein Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO , der nach Beendigung der Personengemeinschaft an diese ergeht, entfaltet keine Rechtswirkungen (; ).
2.4. Im Beschwerdefall ist als Adressat der als Bescheid intendierten Erledigungen jeweils "A&Mitesellschafter" angeführt. Diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts war bereits um Jahr 2011 aufgelöst, nachdem der Beschwerdeführer als vorletzter Gesellschafter mit Übertragung der Liegenschaftsanteile an Herrn ***3*** ausschied (Kalls, in Kalls/Novotny/Schauer, Gesellschaftsrecht2, Rz 2/209). Diejenigen, denen im Beschwerdejahr 2011 gemeinschaftliche Einkünfte der beendeten Personengemeinschaft zugeflossen sind (der Beschwerdeführer und Herr ***3***), sind nicht als Adressaten der angefochtenen Erledigungen ist genannt, als Bescheidadressat ist ausdrücklich "A&Mitesellschafter" angeführt, also die bereits aufgelöste Personengemeinschaft. Damit haben die angefochtenen Erledigungen keine Bescheidqualität (; , 2007/13/0142). Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Ergänzung zum Vorlageantrag ist das Bundesfinanzgericht der Ansicht, dass für eine dem § 191 Abs. 2 BAO entsprechende Adressierung nicht ausreicht, wenn in der Erledigung betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 bei der Aufteilung der Einkünfte der (ehemaligen) Personengemeinschaft die Empfänger der gemeinschaftlichen Einkünfte angeführt sind. Die Nennung dieser Personen bei der Aufteilung der Einkünfte kann eine korrekte Adressierung (Bezeichnung, an wen die Erledigung iSd § 191 Abs. 2 BAO ergeht) nicht ersetzten. Im Beschwerdefall enthält die Erledigung über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 im Übrigen keinen Hinweis auf die Empfänger der gemeinschaftlichen Einkünfte, sie ist daher kein rechtswirksamer Bescheid. Da die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht rechtswirksam verfügt wurde, kann die angefochtene Erledigung betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 ebenfalls keine Rechtswirkungen entfalten. Letztlich sind die angefochtenen Erledigungen auch deshalb nicht wirksam, weil sie nicht den Empfängern der gemeinschaftlichen Einkünfte (dem Beschwerdeführer und Herrn ***3***), sondern der steuerlichen Vertretung der bereits beendeten Personengemeinschaft zugestellt wurden.
2.5. Da die angefochtenen Erledigungen nicht rechtswirksam erlassen wurden, war die Beschwerde als nicht zulässig gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO mit Beschluss (§ 278 BAO ) zurückzuweisen.
2.6. Gemäß § 274 Abs. 5 BAO iVm § 274 Abs. 3 Z 1 BAO konnte von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
3. Zulässigkeit einer Revision
Nach Art. 133 Abs. 9 B-VG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die im Beschwerdefall strittigen Rechtsfragen zur Bescheidqualität der angefochtenen Erledigungen ist durch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ausreichend geklärt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.
[...]
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 191 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 191 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3101025.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at