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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 18.05.2020, RV/4100398/2017

Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages per E-Mail

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4100398/2017-RS1
Die Beschwerdeführerin brachte einen mit Mängeln behafteten „Antrag auf amtswegige Wiederaufnahme“ ein. Die Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages erfolgte per E-Mail. Der Antrag war daher gemäß § 85 Abs. 2 BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss als zurückgenommen zu erklären.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin I. in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Spittal Villach vom betreffend Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO beschlossen:

Der Antrag vom gilt gemäß § 85 Abs. 2 BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. b BAO als zurückgenommen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) brachte am unter "Sonstige Anbringen und Anfragen" auf elektronischem Wege einen Antrag auf amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens ein. Die Außenprüfung sei von falschen Tatsachen ausgegangen. Einen konkreten Bescheid oder ein konkretes Verfahren bezeichnete sie nicht. Sie verwies auf die Entscheidung des BFG vom xx.xx.xx-RV/*******/****.

Das Finanzamt erließ einen Mängelbehebungsauftrag; die Bf. habe bis zum das Verfahren, dessen Wiederaufnahme beantragt werde und die Umstände zu bezeichnen (§ 303 Abs. 1), auf die sie ihren Antrag stütze, bekanntzugeben. Das von ihr zitierte Erkenntnis des BFG sei nicht veröffentlicht. Bei Versäumung dieser Frist gelte das Anbringen als zurückgenommen.

Am langte beim Finanzamt eine E-Mail mit dem Namen der Bf. als Absenderin und gesendet an "Post, FA 61" ein. Die Bezeichnung der Umstände seien bereits bekannt gegeben worden. Der Antrag stütze sich auf die Verfahren der Außenprüfung samt den damit zusammenhängenden, insbesondere einkommen- und umsatzsteuerlichen Verfahren. Die Außenprüfung sei aufgrund der lügenhaften Polizeiberichte und falschen Tatsachen durchgeführt worden. Die Bf. begehrte die erklärungsgemäße Veranlagung.

Am wies das Finanzamt mit Bescheid den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2005 bis 2010 ab. In der E-Mail vom habe die Bf. zum Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nur das o. a. Erkenntnis des BFG vorgelegt (betreffend Begrenzung der Gültigkeit der UID-Nummer). Sie habe nicht bekannt gegeben, inwieweit dieses Erkenntnis das Umsatz- und Einkommensteuerverfahren 2010 betreffe, noch habe sie andere neu hervorgekommene Tatsachen dar- bzw. Beweise vorgelegt. Sie habe nicht klarstellend begründet, warum die Verfahren wiederaufzunehmen seien.

Am langte beim Finanzamt ein Schreiben betreffend "Sonstige Anbringen und Anfragen" mit den bisherigen Vorbringen auf elektronischem Wege ein.

Unter Wiederholung bisheriger Vorbringen erhob die Bf. auf elektronischem Wege am betreffend den "Zeitraum 2016" gegen den Bescheid vom Beschwerde gemäß § 243 BAO. Es seien auch im Wege der Rechts- und Amtshilfe, welche nicht willkürlich zum Nachteil gereichen bzw. angewendet werden sollten, die notwendigen Informationen einzuholen, um allein schon der verpflichteten Objektivität gerecht zu werden. Wenn die Behörden schon Fehler machen, sollten sie dafür auch die Verantwortung übernehmen und sich nicht mit lügenhaften Schreiben und Entscheidungen der Verantwortung entziehen.

Es erging noch ein Ergänzungsansuchen vom des Finanzamtes.

Sodann erließ das Finanzamt die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom . Die Bf. habe dem Ergänzungsansuchen nicht Folge geleistet und weder die Begründung ergänzt noch neue Tatsachen oder Beweismittel geltend gemacht.

Die Bf. brachte den Vorlageantrag vom ein.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).

Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, können gemäß § 86a erster Satz BAO auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden.

Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen gemäß § 85 Abs. 2 BAO die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Wird einem (rechtmäßigen) Mängelbehebungsauftrag überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder unzureichend entsprochen (zB ), so ist mit Bescheid (Zurücknahmbebescheid; vgl zB Ritz, in Stoll-FS, 355) auszusprechen, dass die Eingabe als zurückgenommen gilt (aM Berger, Verfahrensökonomie, 60, wonach der Gesetzeswortlaut eher für eine formlose Einstellung spricht); nach Stoll (BAO, 866; ebenso Postl, taxlex 2005, 234) ist das Anbringen mit Bescheid zurückzuweisen.

Die Zurücknahme der Beschwerde hat durch Beschwerdevorentscheidung (§ 263 Abs. 1 lit. b) bzw. durch Beschluss (§ 278 Abs. 1 lit. b) zu erfolgen (Ritz, BAO6, Kommentar, Rz. 18 und 19c zu § 85 BAO).

Gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären.

Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAOimmer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Sachentscheidungen dürfen beispielsweise eine Abweisung des Wiederaufnahmsantrages in eine Zurückweisung abändern (siehe Ritz, BAO6, Kommentar, Rz. 14 zu § 279 BAO, und die dort zitierte Judikatur).

Im gegenständlichen Fall zeigt sich folgendes Bild:

Der bloß allgemein gehaltene Antrag der Bf. vom "auf amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens" enthielt kein Verfahren, auf das sich der Antrag bezog. Weiters fehlten für das Finanzamt die Umstände, auf die der Antrag gestützt wurde. Das Finanzamt hatte daher die Absicht der Bf. zu erforschen und diese Mängel im Rahmen des durchgeführten Mängelbehebungsverfahrens zu klären.

Die Bf. beantwortete den Mängelbehebungsauftrag nicht schriftlich, sondern per E-Mail.

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2012/16/0082, festgehalten, dass bei § 86a BAO und diesbezüglichen Verordnungen darauf abgestellt wird, dass der gesetzlich vorgesehene Weg der Einreichung eingehalten wird. Mit einer E-Mail eingebrachte Anbringen lösen weder eine Entscheidungspflicht der Behörde noch die Verpflichtung der Verbesserung im Weg eines Mängelbehebungsauftrages aus, weil es sich bei einer E-Mail um keine Eingabe eines Anbringens im Sinne finanzrechtlicher Bestimmungen zu Bundesabgaben handelt.

Der Ansicht des BFG in seinem Erkenntnis vom , RV/4100450/2011, folgend, dass eine per E-Mail eingebrachte Beschwerde noch keine "Eingabe" sei, bestätigte der VwGH in seinem Beschluss vom , Ra 2015/15/0007 (Zurückweisung der Revision).

Die unzulässige Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages per E-Mail kommt einer Nichtbeantwortung gleich. Die Bf. hat folglich dem Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes nicht entsprochen.

Das auf elektronischem Wege eingebrachte Schreiben vom ist im Hinblick auf die im Mängelbehebungsauftrag gesetzte Frist () verspätet.

Das Finanzamt hat sich in der Beschwerdevorentscheidung inhaltlich auf das Begehren der Bf. eingelassen, was es jedoch nicht hätte tun dürfen. Der Rechtsfolge des § 85 Abs. 2 zweiter Satz BAO folgend, gilt mangels rechtzeitiger und formgerecht eingebrachter Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags der Antrag vom als zurückgenommen. Dieser Ausspruch hat mit Beschluss (§ 278 BAO) zu erfolgen. Der Spruch des Bescheides war daher dergestalt abzuändern, als dass mit Beschluss auszusprechen war, dass der Antrag gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen gilt.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Behandlung von per E-Mail eingebrachten Anbringen ist durch eindeutige Rechtsprechung des VwGH geklärt. Die Rechtsfolge der Zurücknahmeerklärung wegen Nichtbeantwortung eines Mängelbehebungsauftrages ergibt sich aus § 85 Abs. 2 BAO. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt somit nicht vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 86a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100398.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at