Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.05.2020, RV/7106505/2019

Eigenanspruch auf Familienbeihilfe (verspäteter Antrag, Überschreitung der Einkommensgrenze)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache der [...], [...], vertreten durch Vertr., Adr.V., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom , betreffend Abweisung des Antrags (vom ) auf Familienbeihilfe (für die im Oktober 1989 geborene ***Bf1***) für den Zeitraum von Jänner 2011 bis Februar 2013 sowie ab März 2013, zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Antrag

Der Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte mit dem am beim Finanzamt (FA) eingelangtem Formular Beih 1 (datiert mit ) Familienbeihilfe (FB). Dazu führte sie im beiliegendem Schreiben (ebenfalls vom ) aus, dass ihrem Vater V. die im Jahr 2011 beantragte Familienbeihilfe ("zu Unrecht") für sie nicht bewilligt worden sei - Entscheidung Bundesfinanzgericht vom . Er habe sich jedoch die Kosten für eine a.o. Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht leisten können. Daher stelle sie hiermit den Antrag auf FB rückwirkend ab 2011. Da alle erforderlichen Unterlagen bereits dem Akt ihres Vaters beiliegen würde, wurde ersucht, für die Antragsbearbeitung auf diese zurückzugreifen. Die Verzichtserklärung des Vaters der Bf. liege dem FA vor. Beigelegt waren Studienbestätigungen einer Londoner Universität vom sowie vom .

Abweisungsbescheid

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Familienbeihilfe für ***Bf1*** ab Jänner 2011 ab. Die Begründung hierfür lautete:

"Die Familienbeihilfe kann nur für höchstens fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt werden. Da Sie trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht haben und dadurch Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass im oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht."

Beschwerde

Die am eingelangte Beschwerde (datiert ) wurde wie folgt begründet:

"Wie es scheint, haben Sie die von mir fristgerecht übermittelten Unterlagen nicht erhalten. Um meiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, übermittle ich Ihnen die angeforderten Unterlagen nochmals (Erklärung meiner Mutter, Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, Einkommensnachweise). Ich halte fest, dass ich noch immer Interesse an meinem Anspruch auf Familienbeihilfe habe.

Die Wohnung in Adr.W wurde von mir nicht weitervermietet, da ich nie Mieterin dieser Wohnung war. Sie wurde mit und meinen Geschwistern von meinem Vater zur Verfügung gestellt. Im Akt meines Vaters bzw. im Urteil des Bundesfinanzgericht RV/7102641/2016 sind alle diesbezüglichen Unterlagen vorhanden.

Ich halte hiermit meinen Antrag auf Familienbeihilfe rückwirkend ab 2011 aufrecht. Ich ersuche um Fristerstreckung auf das Datum der erstmaligen Antragstellung durch meinen Vater, da dem damals gestellten Antrag meines Vaters nicht entsprochen wurde. Für weitere Antragen übermittle ich Ihnen eine Vollmacht."

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:

"Gemäß § 5 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967 ) in der ab gültigen Fassung besteht für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die in einem Kalenderjahr ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988) bezogen habe, das den Betrag von 10.000 Euro übersteigt, kein Anspruch auf die Familienbeihilfe. Sie haben laut Ihren Angaben im Jahr 2013 ein Einkommen von Pfund Sterling in Höhe von 8.744,53; das sind umgerechnet zum damaligen Kurs € 10.142,19 gehabt. Damit haben Sie die Einkommensgrenze überschritten. Aus den o.a. Gründen war Ihre Beschwerde ab 3/13 ebenfalls abzuweisen."

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom (datiert mit ) stellte die Vertreterin der Bf. in deren Namen einen Vorlageantrag mit folgender Begründung:

"Beim Einbringungsdatum meines Vaters V. vom handelt es sich um denselben Anspruch auf Familienbeihilfe - nämlich für meine Person - wie bei meinem Antrag auf Direktzahlung. Alle vorgelegten Bestätigungen betreffen meine Einkommensverhältnisse und meine Studienbestätigungen. Dieselben Unterlagen wurden beim Antrag meines Vaters bearbeitet. Es handelt sich daher um dieselbe Sachlage und ich halte meinen Antrag auf Fristerstreckung ab 11/2011 aufrecht.

Daher gilt m.E. meine Beschwerde bereits ab 1/2011 bis zu meinem 24. Geburtstag. Ich bin am tt. Oktober 1989 geboren. In allen Jahren außer dem von Ihnen angeführten Jahr 2013 war ich unter der erlaubten Zuverdienstgrenze von € 10.000,--. Zu prüfen wäre noch, in welcher Höhe genau die Überschreitung war, da seit 2013 nur auf diesen Betrag kein Anspruch besteht. Außerdem wäre noch ein bzw. zwei Toleranzsemester zu berücksichtigen.

Die Familienbeihilfe wird grundsätzlich den Eltern gewährt. Das Bundesfinanzgericht hat in seiner Entscheidung vom im Wesentlichen nur die Haushaltszugehörigkeit geprüft. In einem Hinweis führt aber auch das Bundesfinanzgericht aus (Seite 18), dass ich mit der Übermittlung des Formulars Beih 20 tatsächlich einen Eigenantrag stellen wollte. Von der Behörde zu prüfen ist, ob überhaupt ein Anspruch meinerseits bestanden hat. Ich habe im August 2013 einen Antrag auf Direktauszahlung gestellt. Meinem Vater wurde daraufhin ein Formular B1 zugesendet, das er ausgefüllt retourniert hat. Ich ersuche um nochmalige Prüfung und rückwirkende Auszahlung ab November 2011."

In weiterer Folge wurden am bei einer persönlichen Vorsprache der Vertreterin der Bf. (laut ihren Angaben die ehemalige Lebensgefährtin des Vaters der Bf.) bei der zuständigen Richterin des Bundesfinanzgerichts Zeugnisse (Unterlagen) der Bf. überreicht (Kopien für Akt angefertigt). Die Bf. hat inzwischen ihr Studium in London schon abgeschlossen. Die Vertreterin der Bf. wies auch auf deren Wunsch hin, dass der seinerzeitige Familienbeihilfen-Antrag des Vaters der Bf. als Antrag der Bf. bewertet werden solle. Trotz ausführlicher Besprechung der Umstände des Falls ergab sich jedoch in Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt keine wesentliche Änderung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Vom Finanzamt wurde folgender Sachverhalt festgehalten:

"Der Eigenantrag auf Familienbeihilfe wurde am eingebracht. Daher war die Familienbeihilfe für den Zeitraum 1/11-2/13 abzuweisen. Ab 3/13 war die Familienbeihilfe mangels Aufenthaltes im Inland nicht zu gewähren - die Antragstellerin hat ab dem Schuljahr 2009/10 bis 2013 die Schul- bzw. Studienausbildung ausschließlich in London absolviert, daher kann von keinem vorübergehenden Aufenthalt ausgegangen werden. Haushaltszugehörigkeit bei den Eltern war nie gegeben, sie war weder beim Vater noch bei der Mutter haushaltszugehörig. Die Antragstellerin wurde nicht von den Eltern erhalten, sie hat sich ihren Lebensunterhalt selbst in London verschafft."

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Bf. den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe (laut Zusatzschreiben beantragt ab dem Jahr 2011) am gestellt hat.

Die Frage, ob die Bf. im Jahr 2013 ein den Betrag von 10.000 € übersteigendes Einkommen (unter Berücksichtigung der Einschleifregelung) erzielt hat, ist bereits in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts bejaht worden. Die Bf. ist dieser Sachverhaltsdarstellung, die auf ihren eigenen Angaben basiert, im ganzen Verfahren nicht entgegengetreten.

Somit ist dieser Sachverhalt unstrittig.

2. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 10 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967 ) wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt.

Gemäß § 10 Abs. 3 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt.

Nach § 10 Abs. 3 FLAG 1967 ist somit für Zeiträume, die weiter als fünf Jahre, gerechnet vom Beginn des Monats der Antragstellung, zurückliegen, Familienbeihilfe nicht zu gewähren. Mit Ablauf dieser Frist ist der Anspruch auf Familienbeihilfe für weiter zurückliegende Zeiträume erloschen, ohne dass der Gesetzgeber dabei darauf abstellt, ob dem Antragsteller allenfalls nicht die gesamte Frist zur Antragstellung offen stand ( unter Verweis auf ).

Rechtsgrundlagen (für Zeitraum ab 2013)

§ 6 Abs. 3 und 5 FLAG 1967 lauten (auszugsweise):

"(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden...

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird,

haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3)."

3. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtlich folgt daraus für den Zeitraum Jänner 2011 bis Februar 2013:

Sachverhaltsmäßig steht fest (wie bereits oben ausgeführt), dass die Bf. den Antrag auf Gewährung der FB (laut Zusatzschreiben beantragt ab dem Jahr 2011) am gestellt hat. Da gemäß § 10 Abs. 3 FLAG 1967 Familienbeihilfe höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt wird, war der Antrag, soweit er darüber hinausgeht, schon aus diesem Grund abzuweisen.

Wenn die Bf. in ihrer Beschwerde vorbringt, dass ihr Antrag mit dem (Einbringungsdatum des) Antrag(s) ihres Vaters vom gleichzusetzen wäre, so unterliegt sie dabei einem Irrtum. Wie schon im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom (welches in der Beschwerdevorentscheidung vom zitiert wurde und den Vater der Bf. betrifft), festgehalten wurde, ist der Antrag auf Direktzahlung nach § 14 Abs. 1 FLAG 1967 kein Eigenantrag im Sinne des § 6 Abs. 5 FLAG 1967. Der Antrag des Vaters der Bf. ist somit rechtlich nicht als Eigenantrag der Bf. zu werten.

Nach § 10 Abs. 3 FLAG ist für Zeiträume, die weiter als fünf Jahre, gerechnet vom Beginn des Monats der Antragstellung, zurückliegen, Familienbeihilfe nicht zu gewähren. Mit Ablauf dieser Frist ist der Anspruch auf Familienbeihilfe für weiter zurückliegende Zeiträume erloschen.

Der (Eigen)antrag der Bf. wurde daher verspätet gestellt.

Somit muss auch nicht mehr überprüft werden, ob für den strittigen Zeitraum überhaupt ein Eigenanspruch auf Gewährung von Familienbeihilfe gegeben sein könnte.

Rechtlich folgt daraus für den Zeitraum ab 2013 (Überschreitung der Einkommensgrenze):

Wie bereits oben festgehalten, ist die Bf. den Feststellungen des Finanzamts, dass sie im Jahr 2013 ein den Betrag von 10.000 € übersteigendes Einkommen erzielt hat, im ganzen bisherigen Verfahren nicht entgegengetreten; zumal diese auf ihren eigenen Angaben basieren. Darum ist dieser Sachverhalt unstrittig. Da die Einkommensgrenzen des § 6 Abs. 3 FLAG 1967 im Jahr 2013 überschritten worden sind, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für dieses Jahr.

Im Oktober 2013 vollendete die Bf. das 24. Lebensjahr, sodass auf Grund der Bestimmung des § 2 Abs. 1 FLAG 1967 im vorliegenden Fall danach kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr bestand.

Ergänzend wird (zum Sachverhalt und zur rechtlichen Beurteilung) noch auf das BFG-Erkenntnis RV/7102641/2016 vom sowie auf die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts vom verwiesen, deren Ausführungen vom Bundesfinanzgericht ausdrücklich geteilt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zur Zulässigkeit der Revision (Spruchpunkt II)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da der Umstand, dass Familienbeihilfe höchstens fünf Jahre rückwirkend gewährt werden kann, eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut hervorgeht und auch von der Judikatur des VwGH bestätigt wird. Weiters liegt diese Voraussetzung betreffend das Jahr 2013 nicht vor, da sachverhaltsmäßig feststeht, dass hier die Einkommensgrenzen des § 6 Abs. 3 FLAG 1967 überschritten worden sind. Gegen dieses Erkenntnis ist daher keine (ordentliche) Revision zulässig.

Wien, am

[...]

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