Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2020, RV/7400184/2019

kein Säumniszuschlag für Kommunalsteuern bei Nachzahlung von Provisionen für das Vorjahr, die erst nach dem 15.02. des Folgejahres erfolgten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende P-1, die Richterin P-2 sowie die fachkundigen Laienrichter P-3 und P-4 in der Beschwerdesache [...], [...], vertreten durch Dr. Christian Prodinger, Liechtensteinstraße 20/12, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 33, vom , Abgabenkontonummer N-1, betreffend Säumniszuschlag gemäß § 217 BAO iVm § 217a BAOin der Sitzung vom zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte der Magistrat der Stadt Wien MA6 einen Säumniszuschlag in Höhe von € 602,94 fest, da die Kommunalsteuer 12/2018 mit einem Betrag von € 30.147,03 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet worden sei.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin (Bf.) ein, dass die angestellten Makler laufende Gehälter erhielten. Es existierten jedoch komplizierte Provisionsvereinbarungen, nach denen die Makler für vermittelte Immobilien entsprechende Provisionen erhielten. Diese Provisionen würden jeweils für das jeweilige Vorjahr, in concreto also für das Jahr 2018, nachverrechnet.

Dabei sei ein sehr komplizierter Modus einzuhalten, da die Makler nicht nur an selbstvermittelten Geschäften, sondern auch an anderen Geschäften mit unterschiedlichen Provisionssätzen beteiligt seien.

Des Weiteren würden Provisionen bezahlt, für die das Grundgeschäft im Jahr 2018 getätigt worden sei. Dabei sei jedoch auch entscheidend, dass der jeweilige Kunde die Rechnung auch bezahlt habe. Es werde und müsse daher entsprechend abgewartet werden, ob der Kunde diese Rechnung auch bezahle.

Aus den genannten Gründen sei eine sehr rasche Errechnung der Provisionen nicht möglich. Es werde zwar angestrebt, die Rechnung bis Mitte Februar durchzuführen und die Provisionen zu überweisen. Im Jahr 2019 für 2018 sei dies aus Zeitgründen jedoch nicht möglich gewesen. Es sei jedoch klar gewesen, dass die Abrechnung insofern bis geschehen müsse, da ansonsten eine Einbeziehung in die Lohnzettel 2018 nicht mehr möglich gewesen wäre.

Nichtsdestotrotz sei zu bedenken, dass die Provisionen nicht etwa schon im Jahr 2018 und auch nicht im Jänner 2019 bezahlt worden seien. Vielmehr seien die Zahlungen zum Teil mit und zum Teil mit erfolgt. Dazu lege sie Kopien der entsprechenden Kontoauszüge bei.

Nachdem die entsprechenden Gehaltszahlungen erst im Februar bzw. März erfolgt seien, könne daher eine Säumnis noch nicht eingetreten sein. Trotzdem sei aus Vereinfachungsgründen und aus Gründen der buchhalterischen Zuweisung eine Abrechnung für den Zeitraum 2018 durchgeführt worden.

Abschließend beantragte die Bf. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat.

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Die MA6 wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass am eine Zahlung in Höhe von € 30.147,03 für "13/2018" erfolgt sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der gesetzliche Fälligkeitstermin für die Fälligkeiten des Jahres 2018 bereits überschritten gewesen.

Da die Festsetzung des Säumniszuschlages eine gemäß § 217 BAO zwingende Vorschrift sei, sei keine Ermessensentscheidung der Behörde möglich. Die von der Bf. eingebrachte Beschwerde gehe daher ins Leere.

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Die Bf. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass die Behörde das Faktum ignoriere, dass die Gehaltszahlungen erst im Februar 2019 und März 2019 erfolgt seien und daher auch die Kommunalsteuerpflicht erst zu diesem Zeitpunkt entstehen könne.

Weiters meine die Behörde, dass § 217 BAO keine Ermessensentscheidung sei. Dabei ignoriere die Behörde, dass unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen die Verhängung von Säumniszuschlägen wegen eines minderen Verschuldens überhaupt nicht zulässig sei. Darauf gehe die Behörde nicht ein und ermittle hier in Verletzung ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht auch nicht.

Abschließend beantragte die Bf. erneut die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

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Im undatierten, am beim Bundesfinanzgericht eingelangten Vorlagebericht nahm die MA6 Stellung und führte aus, dass die Kommunalsteuer mit Ablauf des Kalendermonats entstehe, in dem Lohnzahlungen gewährt worden seien, und bis zum 15. des darauffolgenden Monats zu entrichten sei. Gemäß § 11 Abs. 2 letzter Satz KommStG sei die Kommunalsteuer für laufende Bezüge für das Vorjahr, die nach dem 15.01., aber vor dem 15.02. ausgezahlt worden seien, bis 15.02. abzuführen.

Laut Beschwerdevorbringen seien am und Provisionen für 2018 ausgezahlt worden. Die Kommunalsteuer sei am bezahlt, allerdings "aus Gründen der buchhalterischen Zuweisung" dem Zeitraum 2018 zugeordnet worden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH setze die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld, sondern nur einer formellen Abgabenzahlungsschuld voraus (vgl. VwGH 2002/16/0072).

Eine Zahlung für den Zeitraum 2018 sei am - unabhängig von der sachlichen Richtigkeit der Zuordnung - objektiv verspätet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Folgender Sachverhalt wurde festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Bf. überwies 2019 an ihre angestellten Makler, denen monatlich auch laufende Bezüge gezahlt werden, folgende Provisionen im Nachhinein für 2018:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Betrag in €
277.092,23
625.271,50
233.983,80

Die daraus resultierende Kommunalsteuer wurde von der Bf. in Höhe von € 30.147,03 selbstberechnet, dem Magistrat der Stadt Wien für den Zeitraum "13/2018" gemeldet und am entrichtet.

Der Sachverhalt ist unstrittig.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 1 KommStG 1993 unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Die Steuerschuld entsteht gemäß § 11 Abs. 1 KommStG 1993 mit Ablauf des Kalendermonates, in dem Lohnzahlungen gewährt, Gestellungsentgelte gezahlt (§ 2 lit. b) oder Aktivbezüge ersetzt (§ 2 lit. c) worden sind. Lohnzahlungen, die regelmäßig wiederkehrend bis zum 15. Tag eines Kalendermonats für den vorangegangenen Kalendermonat gewahrt werden, sind dem vorangegangenen Kalendermonat zuzurechnen.

Die Kommunalsteuer ist gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten. Werden laufende Bezüge für das Vorjahr nach dem 15. Jänner bis zum 15. Februar ausgezahlt, ist die Kommunalsteuer bis zum 15. Februar abzuführen.

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Aus dem Einwand der belangten Behörde, dass gemäß § 11 Abs. 2 letzter Satz KommStG die Kommunalsteuer für laufende Bezüge für das Vorjahr, die nach dem 15.01., aber vor dem 15.02. ausgezahlt worden seien, bis 15.02. abzuführen sei, lässt sich nichts gewinnen, weil bei den an die Makler am und ausgezahlten Provisionen weder laufende Bezüge vorliegen, noch wurden diese in der Zeit zwischen dem und gewährt.

Wesentlich für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Zahlung im Zusammenhang mit der Verwirkung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 BAO ist nicht der auf dem Überweisungsbeleg bekanntgegebene Voranmeldungszeitraum, der mit der Bezeichnung "13/2018" ohnehin nicht existent ist, sondern der Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung der Provisionen.

Da diese jedoch nachweislich erst am bzw. erfolgte, war die Kommunalsteuer für 02/2019 und 03/2019 nicht bereits am fällig, sondern gemäß § 11 Abs. 2 KommStG erst am bzw. , weshalb die am erfolgte Zahlung rechtzeitig war und somit kein Säumniszuschlag verwirkt wurde.

Über die Beschwerde hat gemäß § 274 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung stattzufinden, 1. wenn es beantragt wird a) in der Beschwerde, b) im Vorlageantrag, c) in der Beitrittserklärung oder d) wenn ein Bescheid gemäß § 253 BAO an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des späteren Bescheides, oder 2. wenn es der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter für erforderlich hält.

Da es im gegenständlichen Fall ausschließlich um die Lösung von Rechtsfragen ging und kein Sachverhaltselement strittig war, konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da kein ergänzendes Vorbringen vorstellbar ist, das zu einem anderen Ergebnis in der Sache geführt hätte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor.

Wien, am

[...]

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 11 Abs. 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 11 Abs. 2 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400184.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at