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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.04.2020, RV/1200021/2018

Gewöhnlicher Wohnsitz einer Person mit persönlichen und beruflichen Beziehungen im Drittland und persönlichen Beziehungen im Zollgebiet der Union

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1200021/2018-RS1
Im Regelfall besteht nach den Erfahrungen des Lebens die stärkste persönliche Beziehung zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt, wird also der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheirateten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein. Diese Annahme setzt allerdings die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie als weiteren Umstand das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort voraus (vgl. )

Entscheidungstext

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf, Adr, Schweiz, vertreten durch Rechtsanwalt V., Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , Zahl ******/*****/**/2018, betreffend Eingangsabgaben und Verzugszinsen,

zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Zahl ******/*****/**/2018, teilte das Zollamt dem Beschwerdeführer die buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt € 2.092,83 (Zoll: € 654,01 und Einfuhrumsatzsteuer: € 1.438,82) mit und setzte nach Art. 114 UZK Verzugszinsen in Höhe von € 35,89 fest. Der Beschwerdeführer habe das Kraftfahrzeug der Marke VW Golf, amtliches schweizerisches Kennzeichen: SG******, FIN: **********, ohne Gestellung und Anmeldung in das Zollgebiet der Union verbracht. Dadurch seien Eingangsabgaben nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a) UZK entstanden, weil sich der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers im Zollgebiet der Union befinde, die Voraussetzungen für eine Willensäußerung im Sinne des Art. 141 UZK-DA deshalb nicht vorgelegen hätten und die Zollanmeldung daher als nicht abgegeben gelte.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom den Rechtsbehelf der Beschwerde. Begründend wurde vorgebracht, dass sich der gewöhnliche Wohnsitz nicht in Deutschland, ****1****, sondern unter der Adresse Adr in der Schweiz befinde. Sein Lebensmittelpunkt liege unabhängig von Verwandtschaftsverhältnissen in der Schweiz. Dort arbeite er Vollzeit und habe seine Wohnung, wo er die weitaus überwiegende Zeit des Jahres verbringe. Es befänden sich sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Interessen an diesem Ort. Er fahre nur besuchsweise in die Europäische Union.

Das Zollamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ******/****/2018, als unbegründet ab.

In seiner Begründung führte das Zollamt im Wesentlichen aus, dass nach § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG in jenen Fällen, in denen die beruflichen Bindungen an einem anderen Ort als dem der persönlichen Bindungen liegen, der gewöhnliche Wohnsitz dort liege, wo die Person ihre persönlichen Bindungen habe. Diese Bindungen lägen im Beschwerdefall erwiesenermaßen in Deutschland, wo er regelmäßig seinen Vater besuche, seinem Neffen bei Bautätigkeiten helfe und seine Frau besuche. Das Vorbringen, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Interessen in der Schweiz befinden würden, vermöge nicht zu überzeugen. Da der Beschwerdeführer seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Deutschland habe, mangle es an der Voraussetzung des Art. 212. Abs. 3 lit. a und b UZK-DA. Die Einfuhrabgabenfreiheit könne nur gewährt werden, wenn das Beförderungsmittel auf den Namen einer außerhalb des Zollgebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sei.

Dagegen richtet sich der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) vom . Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines umfangreichen Freundeskreise sehr wohl auch persönliche Bindungen in der Schweiz habe. Die bloße Tatsache, dass sich Verwandte in der Union aufhalten, könne nicht zur fiktiven Annahme einer Ansässigkeit im Zollgebiet der Union führen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Art. 79 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABlEU Nr. L 269 vom (Zollkodex der Union - UZK) lautet:

"Artikel 79 Entstehen der Zollschuld bei Verstößen

(1) Für einfuhrabgabenpflichtige Waren entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist:

a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung dieser Waren in diesem Gebiet,"

Art. 250 UZK lautet auszugsweise:

"Artikel 250 Geltungsbereich

(1) In der vorübergehenden Verwendung können für die Wiederausfuhr bestimmte Nicht-Unionswaren im Zollgebiet der Union Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben sein, ohne dass sie Folgendem unterliegen:

a) sonstigen Abgaben nach anderen geltenden Vorschriften oder

b) handelspolitischen Maßnahmen, soweit diese nicht das Verbringen oder den Ausgang von Waren in das oder aus dem Zollgebiet der Union untersagen.

(2) Die vorübergehende Verwendung ist nur zulässig, wenn

a) ...

...

d) die in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Anforderungen für die vollständige oder teilweise Befreiung von Abgaben erfüllt sind."

Art. 212 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union, AblEU L 343 vom (UZK-DA) lautet:

"Artikel 212 Voraussetzungen für die Gewährung der vollständigen Befreiung von den Einfuhrabgaben für Beförderungsmittel
(Artikel 250 Absatz 2 Buchst. d) des Zollkodex)

(1) Für die Zwecke dieses Artikels schließt der Begriff "Beförderungsmittel" normale Ersatzteile, Zubehör und Ausrüstung für Beförderungsmittel ein.

(2) Erfolgt die Anmeldung der Beförderungsmittel zur vorübergehenden Verwendung gemäß Artikel 136 Absatz 1 mündlich oder mittels einer Handlung gemäß Artikel 139 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 141 Absatz 1, wird die Bewilligung zur vorübergehenden Verwendung der Person erteilt, in deren tatsächlicher Verfügungsgewalt sich die Waren zum Zeitpunkt ihrer Überführung in die vorübergehende Verwendung befinden, es sei denn, diese Person handelt für Rechnung einer anderen Person. In diesem Fall wird die Bewilligung dieser anderen Person erteilt.

(3) Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel gewährt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

a) Sie sind außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen oder gehören, falls sie nicht amtlich zugelassen sind, einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person;

b) sie werden unbeschadet der Artikel 214, 215 und 216 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet.

Werden diese Beförderungsmittel von einer dritten, außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet, wird die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt, sofern diese Person durch den Bewilligungsinhaber schriftlich zur Verwendung des Beförderungsmittels ermächtigt wurde."

Gemäß Art. 5 Nr. 31 Buchst. a) UZK ist eine "im Zollgebiet der Union ansässige Person", eine natürliche Person, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union hat"

§ 4 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) lautet:

"§ 4. (1) Die im Art. 5 des Zollkodex oder anderen zollrechtlichen Vorschriften der Europäischen Union enthaltenen Begriffsbestimmungen gelten auch in den nicht unmittelbar den Zollkodex betreffenden Bestimmungen des Zollrechts.

(2) Im übrigen bedeutet im Zollrecht

1. …

...

8. "normaler Wohnsitz" oder "gewöhnlicher Wohnsitz" jenen Wohnsitz (§ 26 der Bundesabgabenordnung) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Person und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlaßt ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebiets der Union aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt. Die letztere Voraussetzung entfällt, wenn sich die Person im Zollgebiet der Union zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Universitäts- und Schulbesuch hat keine Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes zur Folge;

…"

Der Beschwerdeführer wurde am im Zuge seiner Ausreise in die Schweiz mit seinem in der Schweiz zugelassenen Kraftfahrzeug der Marke VW Golf bei der Zollstelle Z. einer Zollkontrolle unterzogen. Die Einvernahmen im Zuge der Kontrolle und durch das Zollfahndungsamt München, Dienstsitz D., sowie die vorgelegten Unterlagen ergeben, dass sich der Beschwerdeführer mit von seinem Wohnort in ****1****, ****2****, Deutschland, nach Adr, Schweiz, abgemeldet hat. Dort bewohnt er eine Wohnung in der Größe von 40-60 m2 als Untermieter. In der Schweiz arbeitet der Beschwerdeführer als Servicemonteur und unterhält persönliche Beziehungen zu Arbeitskollegen und Mitgliedern des Verbandes, in dessen Rahmen er auch als Ausbilder und Schießlehrer für das Closed-Combat-Schießen tätig ist.

Seine Ehefrau wohnt weiterhin gemeinsam mit seinem Sohn aus einer früheren Beziehung, welcher auch Mieter der Wohnung ist, weiterhin an der genannten früheren Adresse. Besuche bei seiner Ehefrau erfolgen ab und zu.

In ****3**** wohnt sein Vater, dem er öfters hilft. Im Zeitraum rund um die Anhaltung und Kontrolle bei der Zollstelle Z. hat der Beschwerdeführer seinem Vater und seinem Neffen beim Abriss eines Stadels geholfen.

Diese Angaben widerlegende bzw. davon abweichende Feststellungen wurden vom Zollamt nicht getroffen.

Gemäß Art. 250 Abs. 1 UZK in Verbindung mit Art. 212 UZK-DA können außerhalb des Zollgebiets der Union auf außerhalb dieses Gebiets ansässige Personen zugelassene Kraftfahrzeuge Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben sein.

Die vorübergehende Verwendung stellt ein besonderes Verfahren gemäß Art. 5 Nr. 16 Buchst. b i.V.m. Art. 210 UZK dar.

Wenn die betreffenden Voraussetzungen für die Bewilligung der vorübergehenden Verwendung für Beförderungsmittel vorliegen, gilt eine Handlung nach Art. 141 UZK-DA als Bewilligung und Zollanmeldung zur vorübergehenden Verwendung (Art. 139 Abs. 1 UZK-DA).

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Beschwerdeführer eine im Drittland ansässige Person ist und deshalb das Beförderungsmittel durch Passieren der Zollstelle konkludent anmelden durfte.

Das Zollamt folgert aus den Angaben des Beschwerdeführers und der aufgefundenen Rechnung über den Kauf einer Waschmaschine, dass sich dessen gewöhnlicher Wohnsitz in Deutschland befinde, weil dort seine Ehefrau, seine Kinder, sein Vater und sein Neffe wohnen.

Die Definition des Begriffes "gewöhnlicher Wohnsitz" im § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG entspricht der Definition im Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom in der Fassung der Richtlinie 2013/13/EU des Rates vom über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel.

Nach der Rechtsprechung des EuGH zu verschiedenen Bereichen des Unionsrechts ist der gewöhnliche Wohnsitz als der Ort zu verstehen, den die betroffene Person als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen gewählt hat. Ferner wurde entschieden, dass zur Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes als des ständigen Mittelpunktes der Interessen des Betroffenen alle erheblichen Tatsachen zu berücksichtigen sind. Zu diesen erheblichen Tatsachen gehören ua. die körperliche Anwesenheit des Betroffenen, diejenige seiner Familienangehörigen, die Einrichtung einer Wohnung, der Ort des tatsächlichen Schulbesuchs der Kinder, der Ort der Ausübung der beruflichen Tätigkeit, der Ort, an dem die Vermögensinteressen liegen und der Ort, an dem die verwaltungsmäßigen Beziehungen zu den staatlichen Stellen und den gesellschaftlichen Einrichtungen bestehen, soweit diese Faktoren den Willen des Betroffenen zum Ausdruck bringen, dem Ort, an dem die Bindungen bestehen, aufgrund einer Kontinuität, die aus einer Lebensgewohnheit und aus der Entwicklung normaler sozialer und beruflicher Beziehungen folgt, eine gewisse Beständigkeit zu verleihen (vgl. , EU:C:2016:304, "X" Rn 30ff mwH).

Nach der Rechtsprechung des VwGH besteht im Regelfall nach den Erfahrungen des Lebens die stärksten persönliche Beziehung zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt, dass also der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheiraten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird. Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie als weiteren Umstand das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort voraus (vgl. , mwN).

Nach Maßgabe einer durchzuführenden Gesamtbetrachtung aller Umstände ergibt für den Beschwerdefall, dass sich der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitraum in der Schweiz befunden hat.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer nicht während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr in Deutschland gewohnt hat.

Eine aufrechte Ehe spricht zwar regelmäßig gegen eine von der Familie getrennte Lebensführung. Diese Annahme kann aber widerlegt werden. Im Beschwerdefall unterhält der Beschwerdeführer zu seiner Ehefrau, welche in der ****2****, ****1**** wohnt, offensichtlich nur eine lose Beziehung. Zur Aussage, dass er seine Frau nur ab und zu besuche, wurden vom Zollamt keine gegenteiligen Feststellungen getroffen. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass keine gemeinsame Haushaltsführung besteht bzw. im maßgeblichen Zeitraum bestanden hat. Eine enge Beziehung im Sinne der Definition des gewöhnlichen Wohnsitzes im § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau und deren Wohnort ist nicht zu erkennen. Ein dort gelegener gewöhnlicher Wohnsitz lässt sich aufgrund der getrennten Lebensführung nicht ableiten.

Bei der gegebenen Sachlage vermag auch die Ausstellung einer Rechnung auf den Namen des Beschwerdeführers und der Adresse seiner Ehefrau, welche über kein Fahrzeug zum Transport verfügt und auch keinen Führerschein besitzt, nichts zu ändern. Die fehlende stärkere Bindung an den Wohnort der Ehefrau als zu seinem Schweizer Wohnort ist auch daran zu erkennen, dass nicht etwa der Beschwerdeführer oder die Ehefrau Mieter der Wohnung in ****1**** sind, sondern sein volljähriger Sohn, zu dem offensichtlich auch kein regelmäßiger Kontakt besteht.

Auch die Besuche bei seinem damals 76jährigen Vater in ****3**** - im Zeitraum rund um die Anhaltung und Kontrolle bei der Zollstelle zum Zwecke der Mithilfe bei Abrissarbeiten - vermögen nicht aufzuzeigen, dass sich der Beschwerdeführer dort eine Wohnung eingerichtet habe, unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er diese beibehalten und benutzen wird (§ 26 BAO). Dass es sich bei diesen Reisen nicht um Besuche, sondern um die Rückkehr zu seinem (gewöhnlichen) Wohnsitz gehandelt habe, vermochte das Zollamt weder schlüssig darzulegen, noch ergibt sich dies aus dem Akt.

Jedenfalls unterhält der Beschwerdeführer neben seinen beruflichen Bindungen als Servicemonteur auch persönliche Beziehungen (Verein, Freunde) an seinem Schweizer Wohnort, wo er eine ca. 40-60 m2 große Wohnung zur Untermiete bewohnt.

Der Beschwerdeführer hat sich von seinem früheren Wohnsitz in Deutschland ganz abgemeldet. Es ist daher auch davon auszugehen, dass damit die verwaltungsmäßigen Beziehungen in die Schweiz verlegt wurden.

Der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers in dem vom Zollamt angenommenen Zollschuldentstehungszeitpunkt ist in der Schweiz gelegen. Die Beziehungen zu diesem Wohnort sind im Beschwerdefall als ausschlaggebend anzusehen.

Eines Rückgriffs auf den im zweiten Satz des § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG zum Ausdruck kommenden Vorrangs der persönlichen Bindungen bedarf es aufgrund der Gesamtumstände der Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht. Der gewöhnliche Wohnsitz konnte bereits im Rahmen der Bewertung der erheblichen Tatsachen bestimmt werden. Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug konnte deshalb konkludent durch einfaches Passieren der Zollstelle zur vorübergehenden Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Eingangsabgaben angemeldet werden. Die Vorschreibung der Eingangsabgaben erfolgte daher zu Unrecht. Daraus folgt, dass auch keine Verzugszinsen nach Art. 114 UZK zu entrichten sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, die über den Einzelfall hinaus Relevanz entfalten würde. Die Entscheidung weicht auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Tatsachenfragen sind einer Revision im Allgemeinen nicht zugänglich. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Innsbruck, am

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf, Adr, Schweiz, vertreten durch Rechtsanwalt V., Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , Zahl ******/*****/**/2018, betreffend Eingangsabgaben und Verzugszinsen,

zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Zahl ******/*****/**/2018, teilte das Zollamt dem Beschwerdeführer die buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt € 2.092,83 (Zoll: € 654,01 und Einfuhrumsatzsteuer: € 1.438,82) mit und setzte nach Art. 114 UZK Verzugszinsen in Höhe von € 35,89 fest. Der Beschwerdeführer habe das Kraftfahrzeug der Marke VW Golf, amtliches schweizerisches Kennzeichen: SG******, FIN: **********, ohne Gestellung und Anmeldung in das Zollgebiet der Union verbracht. Dadurch seien Eingangsabgaben nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a) UZK entstanden, weil sich der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers im Zollgebiet der Union befinde, die Voraussetzungen für eine Willensäußerung im Sinne des Art. 141 UZK-DA deshalb nicht vorgelegen hätten und die Zollanmeldung daher als nicht abgegeben gelte.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom den Rechtsbehelf der Beschwerde. Begründend wurde vorgebracht, dass sich der gewöhnliche Wohnsitz nicht in Deutschland, ****1****, sondern unter der Adresse Adr in der Schweiz befinde. Sein Lebensmittelpunkt liege unabhängig von Verwandtschaftsverhältnissen in der Schweiz. Dort arbeite er Vollzeit und habe seine Wohnung, wo er die weitaus überwiegende Zeit des Jahres verbringe. Es befänden sich sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Interessen an diesem Ort. Er fahre nur besuchsweise in die Europäische Union.

Das Zollamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ******/****/2018, als unbegründet ab.

In seiner Begründung führte das Zollamt im Wesentlichen aus, dass nach § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG in jenen Fällen, in denen die beruflichen Bindungen an einem anderen Ort als dem der persönlichen Bindungen liegen, der gewöhnliche Wohnsitz dort liege, wo die Person ihre persönlichen Bindungen habe. Diese Bindungen lägen im Beschwerdefall erwiesenermaßen in Deutschland, wo er regelmäßig seinen Vater besuche, seinem Neffen bei Bautätigkeiten helfe und seine Frau besuche. Das Vorbringen, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Interessen in der Schweiz befinden würden, vermöge nicht zu überzeugen. Da der Beschwerdeführer seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Deutschland habe, mangle es an der Voraussetzung des Art. 212. Abs. 3 lit. a und b UZK-DA. Die Einfuhrabgabenfreiheit könne nur gewährt werden, wenn das Beförderungsmittel auf den Namen einer außerhalb des Zollgebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sei.

Dagegen richtet sich der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) vom . Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines umfangreichen Freundeskreise sehr wohl auch persönliche Bindungen in der Schweiz habe. Die bloße Tatsache, dass sich Verwandte in der Union aufhalten, könne nicht zur fiktiven Annahme einer Ansässigkeit im Zollgebiet der Union führen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Art. 79 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABlEU Nr. L 269 vom (Zollkodex der Union - UZK) lautet:

"Artikel 79 Entstehen der Zollschuld bei Verstößen

(1) Für einfuhrabgabenpflichtige Waren entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist:

a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung dieser Waren in diesem Gebiet,"

Art. 250 UZK lautet auszugsweise:

"Artikel 250 Geltungsbereich

(1) In der vorübergehenden Verwendung können für die Wiederausfuhr bestimmte Nicht-Unionswaren im Zollgebiet der Union Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben sein, ohne dass sie Folgendem unterliegen:

a) sonstigen Abgaben nach anderen geltenden Vorschriften oder

b) handelspolitischen Maßnahmen, soweit diese nicht das Verbringen oder den Ausgang von Waren in das oder aus dem Zollgebiet der Union untersagen.

(2) Die vorübergehende Verwendung ist nur zulässig, wenn

a) ...

...

d) die in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Anforderungen für die vollständige oder teilweise Befreiung von Abgaben erfüllt sind."

Art. 212 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union, AblEU L 343 vom (UZK-DA) lautet:

"Artikel 212 Voraussetzungen für die Gewährung der vollständigen Befreiung von den Einfuhrabgaben für Beförderungsmittel
(Artikel 250 Absatz 2 Buchst. d) des Zollkodex)

(1) Für die Zwecke dieses Artikels schließt der Begriff "Beförderungsmittel" normale Ersatzteile, Zubehör und Ausrüstung für Beförderungsmittel ein.

(2) Erfolgt die Anmeldung der Beförderungsmittel zur vorübergehenden Verwendung gemäß Artikel 136 Absatz 1 mündlich oder mittels einer Handlung gemäß Artikel 139 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 141 Absatz 1, wird die Bewilligung zur vorübergehenden Verwendung der Person erteilt, in deren tatsächlicher Verfügungsgewalt sich die Waren zum Zeitpunkt ihrer Überführung in die vorübergehende Verwendung befinden, es sei denn, diese Person handelt für Rechnung einer anderen Person. In diesem Fall wird die Bewilligung dieser anderen Person erteilt.

(3) Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel gewährt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

a) Sie sind außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen oder gehören, falls sie nicht amtlich zugelassen sind, einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person;

b) sie werden unbeschadet der Artikel 214, 215 und 216 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet.

Werden diese Beförderungsmittel von einer dritten, außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet, wird die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt, sofern diese Person durch den Bewilligungsinhaber schriftlich zur Verwendung des Beförderungsmittels ermächtigt wurde."

Gemäß Art. 5 Nr. 31 Buchst. a) UZK ist eine "im Zollgebiet der Union ansässige Person", eine natürliche Person, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union hat"

§ 4 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) lautet:

"§ 4. (1) Die im Art. 5 des Zollkodex oder anderen zollrechtlichen Vorschriften der Europäischen Union enthaltenen Begriffsbestimmungen gelten auch in den nicht unmittelbar den Zollkodex betreffenden Bestimmungen des Zollrechts.

(2) Im übrigen bedeutet im Zollrecht

1. …

...

8. "normaler Wohnsitz" oder "gewöhnlicher Wohnsitz" jenen Wohnsitz (§ 26 der Bundesabgabenordnung) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Person und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlaßt ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebiets der Union aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt. Die letztere Voraussetzung entfällt, wenn sich die Person im Zollgebiet der Union zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Universitäts- und Schulbesuch hat keine Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes zur Folge;

…"

Der Beschwerdeführer wurde am im Zuge seiner Ausreise in die Schweiz mit seinem in der Schweiz zugelassenen Kraftfahrzeug der Marke VW Golf bei der Zollstelle Z. einer Zollkontrolle unterzogen. Die Einvernahmen im Zuge der Kontrolle und durch das Zollfahndungsamt München, Dienstsitz D., sowie die vorgelegten Unterlagen ergeben, dass sich der Beschwerdeführer mit von seinem Wohnort in ****1****, ****2****, Deutschland, nach Adr, Schweiz, abgemeldet hat. Dort bewohnt er eine Wohnung in der Größe von 40-60 m2 als Untermieter. In der Schweiz arbeitet der Beschwerdeführer als Servicemonteur und unterhält persönliche Beziehungen zu Arbeitskollegen und Mitgliedern des Verbandes, in dessen Rahmen er auch als Ausbilder und Schießlehrer für das Closed-Combat-Schießen tätig ist.

Seine Ehefrau wohnt weiterhin gemeinsam mit seinem Sohn aus einer früheren Beziehung, welcher auch Mieter der Wohnung ist, weiterhin an der genannten früheren Adresse. Besuche bei seiner Ehefrau erfolgen ab und zu.

In ****3**** wohnt sein Vater, dem er öfters hilft. Im Zeitraum rund um die Anhaltung und Kontrolle bei der Zollstelle Z. hat der Beschwerdeführer seinem Vater und seinem Neffen beim Abriss eines Stadels geholfen.

Diese Angaben widerlegende bzw. davon abweichende Feststellungen wurden vom Zollamt nicht getroffen.

Gemäß Art. 250 Abs. 1 UZK in Verbindung mit Art. 212 UZK-DA können außerhalb des Zollgebiets der Union auf außerhalb dieses Gebiets ansässige Personen zugelassene Kraftfahrzeuge Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben sein.

Die vorübergehende Verwendung stellt ein besonderes Verfahren gemäß Art. 5 Nr. 16 Buchst. b i.V.m. Art. 210 UZK dar.

Wenn die betreffenden Voraussetzungen für die Bewilligung der vorübergehenden Verwendung für Beförderungsmittel vorliegen, gilt eine Handlung nach Art. 141 UZK-DA als Bewilligung und Zollanmeldung zur vorübergehenden Verwendung (Art. 139 Abs. 1 UZK-DA).

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Beschwerdeführer eine im Drittland ansässige Person ist und deshalb das Beförderungsmittel durch Passieren der Zollstelle konkludent anmelden durfte.

Das Zollamt folgert aus den Angaben des Beschwerdeführers und der aufgefundenen Rechnung über den Kauf einer Waschmaschine, dass sich dessen gewöhnlicher Wohnsitz in Deutschland befinde, weil dort seine Ehefrau, seine Kinder, sein Vater und sein Neffe wohnen.

Die Definition des Begriffes "gewöhnlicher Wohnsitz" im § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG entspricht der Definition im Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom in der Fassung der Richtlinie 2013/13/EU des Rates vom über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel.

Nach der Rechtsprechung des EuGH zu verschiedenen Bereichen des Unionsrechts ist der gewöhnliche Wohnsitz als der Ort zu verstehen, den die betroffene Person als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen gewählt hat. Ferner wurde entschieden, dass zur Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes als des ständigen Mittelpunktes der Interessen des Betroffenen alle erheblichen Tatsachen zu berücksichtigen sind. Zu diesen erheblichen Tatsachen gehören ua. die körperliche Anwesenheit des Betroffenen, diejenige seiner Familienangehörigen, die Einrichtung einer Wohnung, der Ort des tatsächlichen Schulbesuchs der Kinder, der Ort der Ausübung der beruflichen Tätigkeit, der Ort, an dem die Vermögensinteressen liegen und der Ort, an dem die verwaltungsmäßigen Beziehungen zu den staatlichen Stellen und den gesellschaftlichen Einrichtungen bestehen, soweit diese Faktoren den Willen des Betroffenen zum Ausdruck bringen, dem Ort, an dem die Bindungen bestehen, aufgrund einer Kontinuität, die aus einer Lebensgewohnheit und aus der Entwicklung normaler sozialer und beruflicher Beziehungen folgt, eine gewisse Beständigkeit zu verleihen (vgl. , EU:C:2016:304, "X" Rn 30ff mwH).

Nach der Rechtsprechung des VwGH besteht im Regelfall nach den Erfahrungen des Lebens die stärksten persönliche Beziehung zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt, dass also der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheiraten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird. Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie als weiteren Umstand das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort voraus (vgl. , mwN).

Nach Maßgabe einer durchzuführenden Gesamtbetrachtung aller Umstände ergibt für den Beschwerdefall, dass sich der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitraum in der Schweiz befunden hat.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer nicht während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr in Deutschland gewohnt hat.

Eine aufrechte Ehe spricht zwar regelmäßig gegen eine von der Familie getrennte Lebensführung. Diese Annahme kann aber widerlegt werden. Im Beschwerdefall unterhält der Beschwerdeführer zu seiner Ehefrau, welche in der ****2****, ****1**** wohnt, offensichtlich nur eine lose Beziehung. Zur Aussage, dass er seine Frau nur ab und zu besuche, wurden vom Zollamt keine gegenteiligen Feststellungen getroffen. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass keine gemeinsame Haushaltsführung besteht bzw. im maßgeblichen Zeitraum bestanden hat. Eine enge Beziehung im Sinne der Definition des gewöhnlichen Wohnsitzes im § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau und deren Wohnort ist nicht zu erkennen. Ein dort gelegener gewöhnlicher Wohnsitz lässt sich aufgrund der getrennten Lebensführung nicht ableiten.

Bei der gegebenen Sachlage vermag auch die Ausstellung einer Rechnung auf den Namen des Beschwerdeführers und der Adresse seiner Ehefrau, welche über kein Fahrzeug zum Transport verfügt und auch keinen Führerschein besitzt, nichts zu ändern. Die fehlende stärkere Bindung an den Wohnort der Ehefrau als zu seinem Schweizer Wohnort ist auch daran zu erkennen, dass nicht etwa der Beschwerdeführer oder die Ehefrau Mieter der Wohnung in ****1**** sind, sondern sein volljähriger Sohn, zu dem offensichtlich auch kein regelmäßiger Kontakt besteht.

Auch die Besuche bei seinem damals 76jährigen Vater in ****3**** - im Zeitraum rund um die Anhaltung und Kontrolle bei der Zollstelle zum Zwecke der Mithilfe bei Abrissarbeiten - vermögen nicht aufzuzeigen, dass sich der Beschwerdeführer dort eine Wohnung eingerichtet habe, unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er diese beibehalten und benutzen wird (§ 26 BAO). Dass es sich bei diesen Reisen nicht um Besuche, sondern um die Rückkehr zu seinem (gewöhnlichen) Wohnsitz gehandelt habe, vermochte das Zollamt weder schlüssig darzulegen, noch ergibt sich dies aus dem Akt.

Jedenfalls unterhält der Beschwerdeführer neben seinen beruflichen Bindungen als Servicemonteur auch persönliche Beziehungen (Verein, Freunde) an seinem Schweizer Wohnort, wo er eine ca. 40-60 m2 große Wohnung zur Untermiete bewohnt.

Der Beschwerdeführer hat sich von seinem früheren Wohnsitz in Deutschland ganz abgemeldet. Es ist daher auch davon auszugehen, dass damit die verwaltungsmäßigen Beziehungen in die Schweiz verlegt wurden.

Der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers in dem vom Zollamt angenommenen Zollschuldentstehungszeitpunkt ist in der Schweiz gelegen. Die Beziehungen zu diesem Wohnort sind im Beschwerdefall als ausschlaggebend anzusehen.

Eines Rückgriffs auf den im zweiten Satz des § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG zum Ausdruck kommenden Vorrangs der persönlichen Bindungen bedarf es aufgrund der Gesamtumstände der Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht. Der gewöhnliche Wohnsitz konnte bereits im Rahmen der Bewertung der erheblichen Tatsachen bestimmt werden. Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug konnte deshalb konkludent durch einfaches Passieren der Zollstelle zur vorübergehenden Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Eingangsabgaben angemeldet werden. Die Vorschreibung der Eingangsabgaben erfolgte daher zu Unrecht. Daraus folgt, dass auch keine Verzugszinsen nach Art. 114 UZK zu entrichten sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, die über den Einzelfall hinaus Relevanz entfalten würde. Die Entscheidung weicht auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Tatsachenfragen sind einer Revision im Allgemeinen nicht zugänglich. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Innsbruck, am

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf, Adr, Schweiz, vertreten durch Rechtsanwalt V., Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , Zahl ******/*****/**/2018, betreffend Eingangsabgaben und Verzugszinsen,

zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Zahl ******/*****/**/2018, teilte das Zollamt dem Beschwerdeführer die buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt € 2.092,83 (Zoll: € 654,01 und Einfuhrumsatzsteuer: € 1.438,82) mit und setzte nach Art. 114 UZK Verzugszinsen in Höhe von € 35,89 fest. Der Beschwerdeführer habe das Kraftfahrzeug der Marke VW Golf, amtliches schweizerisches Kennzeichen: SG******, FIN: **********, ohne Gestellung und Anmeldung in das Zollgebiet der Union verbracht. Dadurch seien Eingangsabgaben nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a) UZK entstanden, weil sich der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers im Zollgebiet der Union befinde, die Voraussetzungen für eine Willensäußerung im Sinne des Art. 141 UZK-DA deshalb nicht vorgelegen hätten und die Zollanmeldung daher als nicht abgegeben gelte.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom den Rechtsbehelf der Beschwerde. Begründend wurde vorgebracht, dass sich der gewöhnliche Wohnsitz nicht in Deutschland, ****1****, sondern unter der Adresse Adr in der Schweiz befinde. Sein Lebensmittelpunkt liege unabhängig von Verwandtschaftsverhältnissen in der Schweiz. Dort arbeite er Vollzeit und habe seine Wohnung, wo er die weitaus überwiegende Zeit des Jahres verbringe. Es befänden sich sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Interessen an diesem Ort. Er fahre nur besuchsweise in die Europäische Union.

Das Zollamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ******/****/2018, als unbegründet ab.

In seiner Begründung führte das Zollamt im Wesentlichen aus, dass nach § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG in jenen Fällen, in denen die beruflichen Bindungen an einem anderen Ort als dem der persönlichen Bindungen liegen, der gewöhnliche Wohnsitz dort liege, wo die Person ihre persönlichen Bindungen habe. Diese Bindungen lägen im Beschwerdefall erwiesenermaßen in Deutschland, wo er regelmäßig seinen Vater besuche, seinem Neffen bei Bautätigkeiten helfe und seine Frau besuche. Das Vorbringen, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Interessen in der Schweiz befinden würden, vermöge nicht zu überzeugen. Da der Beschwerdeführer seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Deutschland habe, mangle es an der Voraussetzung des Art. 212. Abs. 3 lit. a und b UZK-DA. Die Einfuhrabgabenfreiheit könne nur gewährt werden, wenn das Beförderungsmittel auf den Namen einer außerhalb des Zollgebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sei.

Dagegen richtet sich der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) vom . Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines umfangreichen Freundeskreise sehr wohl auch persönliche Bindungen in der Schweiz habe. Die bloße Tatsache, dass sich Verwandte in der Union aufhalten, könne nicht zur fiktiven Annahme einer Ansässigkeit im Zollgebiet der Union führen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Art. 79 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABlEU Nr. L 269 vom (Zollkodex der Union - UZK) lautet:

"Artikel 79 Entstehen der Zollschuld bei Verstößen

(1) Für einfuhrabgabenpflichtige Waren entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist:

a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung dieser Waren in diesem Gebiet,"

Art. 250 UZK lautet auszugsweise:

"Artikel 250 Geltungsbereich

(1) In der vorübergehenden Verwendung können für die Wiederausfuhr bestimmte Nicht-Unionswaren im Zollgebiet der Union Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben sein, ohne dass sie Folgendem unterliegen:

a) sonstigen Abgaben nach anderen geltenden Vorschriften oder

b) handelspolitischen Maßnahmen, soweit diese nicht das Verbringen oder den Ausgang von Waren in das oder aus dem Zollgebiet der Union untersagen.

(2) Die vorübergehende Verwendung ist nur zulässig, wenn

a) ...

...

d) die in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Anforderungen für die vollständige oder teilweise Befreiung von Abgaben erfüllt sind."

Art. 212 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union, AblEU L 343 vom (UZK-DA) lautet:

"Artikel 212 Voraussetzungen für die Gewährung der vollständigen Befreiung von den Einfuhrabgaben für Beförderungsmittel
(Artikel 250 Absatz 2 Buchst. d) des Zollkodex)

(1) Für die Zwecke dieses Artikels schließt der Begriff "Beförderungsmittel" normale Ersatzteile, Zubehör und Ausrüstung für Beförderungsmittel ein.

(2) Erfolgt die Anmeldung der Beförderungsmittel zur vorübergehenden Verwendung gemäß Artikel 136 Absatz 1 mündlich oder mittels einer Handlung gemäß Artikel 139 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 141 Absatz 1, wird die Bewilligung zur vorübergehenden Verwendung der Person erteilt, in deren tatsächlicher Verfügungsgewalt sich die Waren zum Zeitpunkt ihrer Überführung in die vorübergehende Verwendung befinden, es sei denn, diese Person handelt für Rechnung einer anderen Person. In diesem Fall wird die Bewilligung dieser anderen Person erteilt.

(3) Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel gewährt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:

a) Sie sind außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen oder gehören, falls sie nicht amtlich zugelassen sind, einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person;

b) sie werden unbeschadet der Artikel 214, 215 und 216 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet.

Werden diese Beförderungsmittel von einer dritten, außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet, wird die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt, sofern diese Person durch den Bewilligungsinhaber schriftlich zur Verwendung des Beförderungsmittels ermächtigt wurde."

Gemäß Art. 5 Nr. 31 Buchst. a) UZK ist eine "im Zollgebiet der Union ansässige Person", eine natürliche Person, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union hat"

§ 4 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) lautet:

"§ 4. (1) Die im Art. 5 des Zollkodex oder anderen zollrechtlichen Vorschriften der Europäischen Union enthaltenen Begriffsbestimmungen gelten auch in den nicht unmittelbar den Zollkodex betreffenden Bestimmungen des Zollrechts.

(2) Im übrigen bedeutet im Zollrecht

1. …

...

8. "normaler Wohnsitz" oder "gewöhnlicher Wohnsitz" jenen Wohnsitz (§ 26 der Bundesabgabenordnung) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Person und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlaßt ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebiets der Union aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt. Die letztere Voraussetzung entfällt, wenn sich die Person im Zollgebiet der Union zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Universitäts- und Schulbesuch hat keine Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes zur Folge;

…"

Der Beschwerdeführer wurde am im Zuge seiner Ausreise in die Schweiz mit seinem in der Schweiz zugelassenen Kraftfahrzeug der Marke VW Golf bei der Zollstelle Z. einer Zollkontrolle unterzogen. Die Einvernahmen im Zuge der Kontrolle und durch das Zollfahndungsamt München, Dienstsitz D., sowie die vorgelegten Unterlagen ergeben, dass sich der Beschwerdeführer mit von seinem Wohnort in ****1****, ****2****, Deutschland, nach Adr, Schweiz, abgemeldet hat. Dort bewohnt er eine Wohnung in der Größe von 40-60 m2 als Untermieter. In der Schweiz arbeitet der Beschwerdeführer als Servicemonteur und unterhält persönliche Beziehungen zu Arbeitskollegen und Mitgliedern des Verbandes, in dessen Rahmen er auch als Ausbilder und Schießlehrer für das Closed-Combat-Schießen tätig ist.

Seine Ehefrau wohnt weiterhin gemeinsam mit seinem Sohn aus einer früheren Beziehung, welcher auch Mieter der Wohnung ist, weiterhin an der genannten früheren Adresse. Besuche bei seiner Ehefrau erfolgen ab und zu.

In ****3**** wohnt sein Vater, dem er öfters hilft. Im Zeitraum rund um die Anhaltung und Kontrolle bei der Zollstelle Z. hat der Beschwerdeführer seinem Vater und seinem Neffen beim Abriss eines Stadels geholfen.

Diese Angaben widerlegende bzw. davon abweichende Feststellungen wurden vom Zollamt nicht getroffen.

Gemäß Art. 250 Abs. 1 UZK in Verbindung mit Art. 212 UZK-DA können außerhalb des Zollgebiets der Union auf außerhalb dieses Gebiets ansässige Personen zugelassene Kraftfahrzeuge Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben sein.

Die vorübergehende Verwendung stellt ein besonderes Verfahren gemäß Art. 5 Nr. 16 Buchst. b i.V.m. Art. 210 UZK dar.

Wenn die betreffenden Voraussetzungen für die Bewilligung der vorübergehenden Verwendung für Beförderungsmittel vorliegen, gilt eine Handlung nach Art. 141 UZK-DA als Bewilligung und Zollanmeldung zur vorübergehenden Verwendung (Art. 139 Abs. 1 UZK-DA).

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Beschwerdeführer eine im Drittland ansässige Person ist und deshalb das Beförderungsmittel durch Passieren der Zollstelle konkludent anmelden durfte.

Das Zollamt folgert aus den Angaben des Beschwerdeführers und der aufgefundenen Rechnung über den Kauf einer Waschmaschine, dass sich dessen gewöhnlicher Wohnsitz in Deutschland befinde, weil dort seine Ehefrau, seine Kinder, sein Vater und sein Neffe wohnen.

Die Definition des Begriffes "gewöhnlicher Wohnsitz" im § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG entspricht der Definition im Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom in der Fassung der Richtlinie 2013/13/EU des Rates vom über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr bestimmter Verkehrsmittel.

Nach der Rechtsprechung des EuGH zu verschiedenen Bereichen des Unionsrechts ist der gewöhnliche Wohnsitz als der Ort zu verstehen, den die betroffene Person als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen gewählt hat. Ferner wurde entschieden, dass zur Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes als des ständigen Mittelpunktes der Interessen des Betroffenen alle erheblichen Tatsachen zu berücksichtigen sind. Zu diesen erheblichen Tatsachen gehören ua. die körperliche Anwesenheit des Betroffenen, diejenige seiner Familienangehörigen, die Einrichtung einer Wohnung, der Ort des tatsächlichen Schulbesuchs der Kinder, der Ort der Ausübung der beruflichen Tätigkeit, der Ort, an dem die Vermögensinteressen liegen und der Ort, an dem die verwaltungsmäßigen Beziehungen zu den staatlichen Stellen und den gesellschaftlichen Einrichtungen bestehen, soweit diese Faktoren den Willen des Betroffenen zum Ausdruck bringen, dem Ort, an dem die Bindungen bestehen, aufgrund einer Kontinuität, die aus einer Lebensgewohnheit und aus der Entwicklung normaler sozialer und beruflicher Beziehungen folgt, eine gewisse Beständigkeit zu verleihen (vgl. , EU:C:2016:304, "X" Rn 30ff mwH).

Nach der Rechtsprechung des VwGH besteht im Regelfall nach den Erfahrungen des Lebens die stärksten persönliche Beziehung zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt, dass also der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheiraten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird. Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie als weiteren Umstand das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort voraus (vgl. , mwN).

Nach Maßgabe einer durchzuführenden Gesamtbetrachtung aller Umstände ergibt für den Beschwerdefall, dass sich der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitraum in der Schweiz befunden hat.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer nicht während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr in Deutschland gewohnt hat.

Eine aufrechte Ehe spricht zwar regelmäßig gegen eine von der Familie getrennte Lebensführung. Diese Annahme kann aber widerlegt werden. Im Beschwerdefall unterhält der Beschwerdeführer zu seiner Ehefrau, welche in der ****2****, ****1**** wohnt, offensichtlich nur eine lose Beziehung. Zur Aussage, dass er seine Frau nur ab und zu besuche, wurden vom Zollamt keine gegenteiligen Feststellungen getroffen. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass keine gemeinsame Haushaltsführung besteht bzw. im maßgeblichen Zeitraum bestanden hat. Eine enge Beziehung im Sinne der Definition des gewöhnlichen Wohnsitzes im § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau und deren Wohnort ist nicht zu erkennen. Ein dort gelegener gewöhnlicher Wohnsitz lässt sich aufgrund der getrennten Lebensführung nicht ableiten.

Bei der gegebenen Sachlage vermag auch die Ausstellung einer Rechnung auf den Namen des Beschwerdeführers und der Adresse seiner Ehefrau, welche über kein Fahrzeug zum Transport verfügt und auch keinen Führerschein besitzt, nichts zu ändern. Die fehlende stärkere Bindung an den Wohnort der Ehefrau als zu seinem Schweizer Wohnort ist auch daran zu erkennen, dass nicht etwa der Beschwerdeführer oder die Ehefrau Mieter der Wohnung in ****1**** sind, sondern sein volljähriger Sohn, zu dem offensichtlich auch kein regelmäßiger Kontakt besteht.

Auch die Besuche bei seinem damals 76jährigen Vater in ****3**** - im Zeitraum rund um die Anhaltung und Kontrolle bei der Zollstelle zum Zwecke der Mithilfe bei Abrissarbeiten - vermögen nicht aufzuzeigen, dass sich der Beschwerdeführer dort eine Wohnung eingerichtet habe, unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er diese beibehalten und benutzen wird (§ 26 BAO). Dass es sich bei diesen Reisen nicht um Besuche, sondern um die Rückkehr zu seinem (gewöhnlichen) Wohnsitz gehandelt habe, vermochte das Zollamt weder schlüssig darzulegen, noch ergibt sich dies aus dem Akt.

Jedenfalls unterhält der Beschwerdeführer neben seinen beruflichen Bindungen als Servicemonteur auch persönliche Beziehungen (Verein, Freunde) an seinem Schweizer Wohnort, wo er eine ca. 40-60 m2 große Wohnung zur Untermiete bewohnt.

Der Beschwerdeführer hat sich von seinem früheren Wohnsitz in Deutschland ganz abgemeldet. Es ist daher auch davon auszugehen, dass damit die verwaltungsmäßigen Beziehungen in die Schweiz verlegt wurden.

Der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers in dem vom Zollamt angenommenen Zollschuldentstehungszeitpunkt ist in der Schweiz gelegen. Die Beziehungen zu diesem Wohnort sind im Beschwerdefall als ausschlaggebend anzusehen.

Eines Rückgriffs auf den im zweiten Satz des § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG zum Ausdruck kommenden Vorrangs der persönlichen Bindungen bedarf es aufgrund der Gesamtumstände der Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht. Der gewöhnliche Wohnsitz konnte bereits im Rahmen der Bewertung der erheblichen Tatsachen bestimmt werden. Das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug konnte deshalb konkludent durch einfaches Passieren der Zollstelle zur vorübergehenden Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Eingangsabgaben angemeldet werden. Die Vorschreibung der Eingangsabgaben erfolgte daher zu Unrecht. Daraus folgt, dass auch keine Verzugszinsen nach Art. 114 UZK zu entrichten sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, die über den Einzelfall hinaus Relevanz entfalten würde. Die Entscheidung weicht auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Tatsachenfragen sind einer Revision im Allgemeinen nicht zugänglich. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Innsbruck, am

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Art. 212 Abs. 3 UZK-DA, DelVO 2015/2446, ABl. Nr. L 343 vom S. 1
Art. 250 Abs. 1 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 250 Abs. 2 Buchstabe d UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Art. 5 Nr. 31 Buchstabe a UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1200021.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at