Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.06.2020, RV/5100465/2013

Mitunternehmerschaft: Betriebliche oder private Veranlassung eines unentgeltlichen Erwerbs und Abgrenzung von Privatsphäre zu gewerblicher Tätigkeit

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0094. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache [...], [...], vertreten durch RA ***1***, ***Adresse_V***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2008 bis 2011, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Schlussbesprechung der Außenprüfung
Bei der ***Bf1*** (in der Folge kurz BF), welche im Bereich Maschinen- und Anlagenbau tätig ist, fand im Jahr 2012 eine Außenprüfung über die Jahre 2008-2010 statt.
In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom wurde festgehalten, dass keine Einigung in den folgenden beiden Punkten des Besprechungsprogrammes erzielt habe werden können:
Tz. 1. Abschreibungen-Geringwertige Wirtschaftsgüter
Anlässlich der Demontage bzw. Reparatur von Altanlagen bzw. Bauteilen seien auch gebrauchte Ersatzteile bzw. Materialien dem Unternehmen zugekommen, die für den gegenständlichen Betrieb noch Bedeutung haben bzw. die eine weitere Verwendung im Betrieb gefunden haben. Diese gebrauchten Ersatzteile seien dem Betrieb ohne Kosten zugekommen. Bisher seien diese Ersatzteile mit dem Teilwert bewertet und als Einlage in den Betrieb verbucht worden (Privateinlage).
Die Ersatzteile würden unbestritten bei weiteren betrieblichen Vorgängen (Reparaturen, Montagen usw.) verwendet.
Eine Beurteilung des Erwerbes dieser Ersatzteile als zunächst privaten Vorgang mit anschließender Einlage in das Betriebsvermögen sei nicht zulässig.
Da keine Anschaffungskosten angefallen seien, könnten die unten dargestellten Beträge nicht als Betriebsausgaben angesetzt werden:


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2008
2009
2010
Wert lt. Einbringlisten
9.020,86
24.912,54
1.456,57


Tz. 2. Selbsterstellte EDV-Programme/Herstellungskosten
Beginnend mit seien folgende Positionen in das Anlagenverzeichnis aufgenommen worden:


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Bezeichnung
Herstellungskosten
Nutzungsdauer
1. Emissionsdatenerfassungsprogramm (Linux Basis)
18.000,-
4
2. Regelungs- und Visualisierungsprogramm (Linux B.)
22.000,-
4


Diese EDV-Programme seien laut ***Z*** in seiner Freizeit entwickelt und der BF unentgeltlich übereignet worden.
Für die Berechnung der Herstellungskosten, seien Zeiterfassungsaufschreibungen der Jahre 2004-2008 vorgelegt worden, wobei ein Stundensatz von70 Euro angesetzt worden sei.
Es sei keine Vergütung an ***Z*** für die Übereignung erfolgt. ***Z*** betreibe keinen eigenen Gewerbebetrieb.
Da keine Einlage vorliege, könne nach Ansicht der Außenprüfung keine AfA geltend gemacht werden.

2. Bescheide
Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung ergingen am Wiederaufnahmebescheide und neue Sachbescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2008 bis 2010.
In den Begründungen der Wiederaufnahmebescheide sowie der neuen Sachbescheide wurde auf die "Tz. 1 und Tz. 2 des Besprechungsprogrammes der Niederschrift zur Schlussbesprechung und des Betriebsprüfungsberichtes" verwiesen.
Am erging der Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2011 (Erstbescheid), bei dem die AfA iHv. 10.000 Euro für die selbsterstellten EDV-Programme nicht als Betriebsausgabe anerkannt wurde. In der Begründung wurde wieder auf das Schlussbesprechungsprogramm und die Niederschrift zur Schlussbesprechung, Tz. 2, verwiesen.

3. Berufung vom :
Gegen die Sachbescheide (nicht gegen die Wiederaufnahmebescheide) 2008-2011 erhob die BF durch ihren steuerlichen Vertreter ***Y*** GmbH mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Berufung mit im Wesentlichen folgender Begründung:

Betreffend des falschen Ausweises des unentgeltlichen Erwerbs von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen:
Die BF sei im Bereich Maschinen- und Anlagenbau tätig, wobei ihr von Kunden oder anderen Unternehmen, welche in derselben Branche tätig sind, anlässlich der Demontage bzw. Reparatur von Anlagen Material kostenlos angeboten werde, für welches diese keine weitere Verwendung hätten. Dadurch würden sich die Kunden Entsorgungskosten sparen. Die Gesellschafter der BF würden das Material untersuchen und den Abtransport mit dem privaten Kfz durchführen. Am Betriebsgelände der BF würde dieses Ersatzmaterial bis zur weiteren Verwendung in diversen Projekten eingelagert. Im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sei der Ansatz mit dem Teilwert als geringwertige Wirtschaftsgüter erfolgt. Dies sei bei der steuerlichen Außenprüfung der Jahre 1999-2001 nicht beanstandet worden.
Das gegenständliche Material würde aus dem außerbetrieblichen Bereich der Gesellschafter in das Betriebsvermögen der Gesellschaft eingebracht und sei daher gemäß § 6 Z 5 EStG 1988 mit dem Teilwert zu bewerten. Es werde beantragt die Ersatzteile als Einlage und die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen für deren Beschaffung als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Betreffend der selbsterstellten EDV-Programme:
***Z***, Gesellschafter der BF, habe in seiner Freizeit ein Computerprogramm für die Emissionsdatenerfassung und ein Regelungs- und Visualisierungsprogramm entwickelt, welches er aufgrund der Nachfrage am Markt der BF überlassen habe.
Nach den urheberrechtlichen Vorschriften stehe ***Z*** das alleinige Verwertungsrecht iSd § 14 UrhG zu.
Eine unentgeltliche Übertragung der Verwertungsrechte an die BF sei nicht nachvollziehbar, da dies keinem Fremdvergleich standhalten würde. Das Urheberrecht enthalte ausdrückliche Regelungen bezüglich der Ablösung von vermögensrechtlichen Ansprüchen aus Immaterialgüterrechten, welche Dienstnehmern aufgrund gemachter Erfindungen bzw. Schöpfungen zustehen und vom Dienstgeber verwertet werden. Eine Ungleichbehandlung zwischen Dienstnehmern und Unternehmern, die ihrem Unternehmen Verwertungsrechte aus Erfindungen überlassen, hinsichtlich gesetzlich normierter vermögensrechtlicher Ansprüche aus dieser Überlassung dürfte wohl schon wegen des Gleichheitsgebots nicht zu rechtfertigen sein.
Entgegen der im Besprechungsprogramm (Anmerkung: der Außenprüfung) vertretenen Rechtsansicht gingen nämlich selbst die Einkommensteuerrichtlinien von der Zulässigkeit von Tätigkeitsvergütungen zwischen dem Gesellschafter als Privatperson und der Mitunternehmerschaft aus, sofern diese fremdüblich ausgestaltet sind (etwa für die Überlassung von unkörperlichen Wirtschaftsgütern in Rz 574 ESt-Richtlinien). Folglich sei das Bestehen eines Anspruchs auf angemessene Vergütung seitens ***Z*** gegen die Mitunternehmerschaft gegeben, da das Urhebergesetz einen solchen zwingend vorsehe.
Bisher sei die Software aktiviert und über die Nutzungsdauer abschrieben worden. Dieses Vorgehen sei von der Außenprüfung der Jahre 1999-2001 im Jahr 2002 nicht beanstandet worden.
Der Teilwert iSd § 6 Z 5 EStG des für die Überlassung der Computerprogramme zustehenden Vergütungsanspruchs von ***Z*** sei vereinfachend anhand der Stundenaufzeichnungen errechnet worden, da mangels Vergleichsalternativen ein fremdüblicher Verkaufspreis nicht verifiziert habe werden können. Durch diese Computerprogramme seien Umsätze iHv. circa 1,7 Mio Euro in den folgenden Jahren erzielt worden.
Es werde ersucht die betreffende Software in Höhe der Kosten von 40.000 Euro zu aktivieren und im Wege der AfA abzuschreiben.
Für den Fall einer abschlägigen Berufungsvorentscheidung werde der Antrag auf Vorlage an den Unabhängigen Finanzsenat und auf Entscheidung durch den gesamten Senat gestellt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

4. Stellungnahme des Betriebsprüfers vom
Der Außenprüfer der belangten Behörde nahm im Wesentlichen wie folgt Stellung:

a. Falscher Ausweis unentgeltlichen Erwerbs von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen:
Strittig sei, ob dieser unentgeltliche Erwerb von Wirtschaftsgütern betrieblich oder privat veranlasst ist. Der BF werde im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit von Kunden und anderen Unternehmen, anlässlich der Demontage bzw. Reparatur von Anlagen, Material angeboten, welches bei diesen keine weitere Verwendung mehr findet. Es sei nebensächlich, dass der Transport mit einem Privatfahrzeug der Gesellschafter durchgeführt werde. Mangels eigener betrieblicher Kfz sei die BF gezwungen auf andere Fahrzeuge zur Geschäftsabwicklung zurückzugreifen.
Begutachtung, Transport und Bewertung des Materials erfolgt durch die beiden Gesellschafter der BF, den Komplementär ***Z*** und die Kommanditistin Ing. ***T***.
Dieser Punkt sei nicht Thema bei der Außenprüfung der Jahre 1999-2001 gewesen, daher sei die gegenständliche Vorgehensweise auch nicht von der Finanzverwaltung akzeptiert worden.

b. Selbsterstellte EDV-Programme
Strittig sei, ob die beiden EDV-Programme "Emissionsdatenerfassungsprogramm" und "Regelungs- und Visualisierungsprogramm" von ***Z*** als Privatperson in seiner Freizeit erstellt wurden oder aber im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit bei der BF aufgrund seiner Gesellschafterstellung.

Auf der Homepage der BF finden sich folgende Informationen:
Unternehmensgegenstand der ***2*** KG:
Technisches Büro für Verfahrenstechnik, Apparate, Verfahren und spezielle Software im Bereich Reinhaltung der Luft.

Komplementär: ***Z***
Aufgabengebiete
***Z***: Verfahrenstechnische Auslegung, Planung, Konzeption, Programmierung und Dokumentation MSR, Verkauf

Da sich der Unternehmenszweck der BF auf das Anbieten spezieller Software im Bereich der Luftreinhaltung beziehe und das Aufgabengebiet von ***Z*** eben auch die Programmierung solcher Tools umfasse, sei die Erstellung der gegenständlichen EDV-Programme Ausfluss der unternehmerischen Tätigkeit der BF und könne somit nicht als eine private Programmierung angesehen werden.
Dazu werde auch auf die E-Mail vom der Kanzlei ***Y*** WP und STB GmbH verwiesen, in welcher diese dem Finanzamt Grieskirchen Wels mitgeteilt habe, dass die erstellte Software Eigentum der BF sei und nur von dieser verkauft werden könne. Auch im Fall der Auflösung der Firma habe die BF das Verkaufsrecht, ohne an ***Z*** eine Zahlung leisten zu müssen.
Bei diesen EDV-Programmen handle es sich um keine Auftragssoftware, sondern um eine Basissoftware, welche bei Bedarf an individuelle Kundenwünsche angepasst werde. Eine Software, die von einem Gesellschafter entwickelt und anschließend seinen Kunden zur Nutzung überlassen wird, gehöre zum Anlagevermögen.
Folglich komme das Aktivierungsverbot gem. § 4 Abs. 1 EStG 1988 zur Anwendung.
Hinsichtlich der Zulässigkeit von Tätigkeitsvergütungen zwischen dem Gesellschafter als Privatperson und der Mitunternehmerschaft seien dem Außenprüfer keine Unterlagen vorgelegt worden, welche eine nach außen ersichtliche und fremdübliche Gestaltung dokumentiert hätten.

5. Vertreterwechsel
Mit Eingabe vom gab die BF bekannt, dass sie die ***X*** Rechtsanwälte GmbH, ***1***, mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung in der gegenständlichen Steuersache beauftrage. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die Ausführungen in der Berufung verwiesen. Die Stellungnahme des Betriebsprüfers sei insofern unrichtig, als er behauptete, es wären ihm bei der Betriebsprüfung keine diesbezüglichen Vereinbarungen oder Dokumente vorgelegt worden.
Die BF hätte Regelungen mit dem zuständigen Finanzamt bezüglich der geringwertigen Wirtschaftsgüter sowie der selbst hergestellten EDV-Programme getroffen, die nie beanstandet worden seien.
Hinsichtlich der Bewertung der geringwertigen Wirtschaftsgüter seien dem Betriebsprüfer Unterlagen zu üblichen Anschaffungskosten angeboten worden, in die dieser nicht Einsicht habe nehmen wollen.
Auch die Stundenaufzeichnungen hinsichtlich der Softwareentwicklung seien vorgelegt, jedoch nicht beachtet worden.

6. Stellungnahme des Betriebsprüfers vom :
Am erstattete der Außenprüfer der belangten Behörde eine Stellungnahme folgenden Inhalts:
"1. Es wurde vom Prüfer nicht behauptet, dass ihm überhaupt keine Dokumente oder Vereinbarungen vorgelegt wurden. Der in der Gegenäußerung angesprochene Teil auf Seite 4, letzter Absatz der Stellungnahme des Prüfers bezieht sich nur, wie auch sehr deutlich aus dem Text ersichtlich ist, auf schriftliche Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter bezüglich der selbsterstellten EDV-Programme.

2. Im Übrigen ist mehrfach schriftlich dokumentiert, dass sich der Prüfer alle ihm vorgelegten Dokumente angesehen und bewertet hat:
a. Beilage 1: Mail vom von Gesellschafter ***Z*** an Prüfer
***W*** "…anbei die Unterlagen der Zeiterfassung" mit acht Beilagen
b. Beilage 2: Mail vom 11. Sept. 2012 vom steuerlichen Vertreter an Teamleiter
***V***: "…Dieser Ordner mit den Dokumentationen wurde auch Hr. ***W*** vorgelegt und er hat diesen auch durchgesehen". - betrifft die Einlage der GWG
c. Beilage 3: Schlussbesprechungsprogramm, Seite 3:
I. betreffend GWG: "… Werte laut Einbringlisten"
II. betreffend EDV-Programm: "Seitens Hr. DI
***Z*** wurden Zeiterfassungsaufschreibungen vorgelegt, die den stundenmäßigen Zeitaufwand in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2008 darstellen".

3. Das Vorhandensein der GWG wurde nie angezweifelt; deshalb war auch eine körperliche Kontrolle nicht notwendig.

4. Da im Arbeitsbogen des Prüfers (siehe Archiv) sowohl Aufzeichnungen über die Bewertung der GWG (siehe Seite 67 bis 74 Archiv) als auch Stundenaufzeichnungen über die EDV-Programme (siehe Seite 79-87 Archiv) enthalten sind, können die Behauptungen in der Gegenäußerung, dass der Prüfer "nicht Einblick nehmen wollte" oder "derartiges interessiere ihn nicht", nur als reine Schutzbehauptungen qualifiziert werden.
5. Die letzte Betriebsprüfung bei der
***Bf1*** wurde am (!), also vor fast 11 Jahren, für den Zeitraum 1999-2001, durch den Prüfer ***U*** abgeschlossen.
Da gegenständliche EDV-Programme erstmals 2009(!) aktiviert wurden, kann dieser Punkt nicht Gegenstand des Prüfverfahrens gewesen sein. Da seit 2002 keine Prüfung mehr durchgeführt worden ist, ist es auch erklärbar, dass es bisher zu keiner Beanstandung seitens der Finanzbehörde gekommen ist. Es ist auch im Veranlagungsakt weder ein schriftliches Auskunftsersuchen noch ein Aktenvermerk über irgendwelche Absprachen zwischen der Firma ***2*** und der Finanzbehörde hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der GWG und der EDV-Programme ersichtlich.
6. Der Prüfer
***W*** war (privat bedingt) 4,5 Monate vom Dienst abwesend. Deshalb hat der Teamleiter ***V*** telefonisch am Hr. ***Z*** und am Hr. ***S***, Prokurist beim steuerlichen Vertreter ***Y***, beide über die Verzögerung beim Prüfungsverfahren informiert und ersucht, eine Stellungnahme zu den beiden strittigen Punkten (GWG u. EDV-Prog.) zu übermitteln.
Weiters wurde ersucht, falls vorhanden, noch nicht vorgelegte Unterlagen, insbesondere über den rechtlichen Hintergrund der selbsterstellten Software in der Beziehung zwischen der Gesellschaft und Gesellschafter vorzulegen.
Aus diesem Grund wurde die Stellungnahme (Mail vom - Beilage 2) von Stb
***S*** an den Teamleiter ***V*** gesendet. Weitere Unterlagen wurden jedoch nicht vorgelegt oder behauptet, dass welche vorhanden sind, die bisher nicht eingesehen wurden. Sämtliche aufgestellten Behauptungen in der Gegenäußerung sind daher nachweislich unrichtig und können als Schutzbehauptungen gewertet werden."

7. Vorlage UFS
Mit Eingangsdatum legte die belangte Behörde die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und beantragte unter Verweis auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung vom die Abweisung.

8. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung 6016 des Bundesfinanzgerichtes zugeteilt.

9. In Beantwortung eines Fragenvorhalts des Bundesfinanzgerichtes vom erstattete die BF mit Schriftsatz vom eine Stellungnahme zu den selbst hergestellten EDV-Programmen.
Diese für den Gewerbebetrieb notwendigen Programme hätten damals am freien Markt käuflich nicht erworben werden können.
***Z*** habe diese Programme als Privatperson entwickelt und in weiterer Folge in die Firma eingebracht.
Die Frage, ob ihm eine angemessene Vergütung zusteht, werde nicht von steuerlichen Grundlagen bewertet, sondern orientiere sich ausschließlich an den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Ein derartiger Vergütungsanspruch normiere aber nur eine Anspruchsmöglichkeit und keine Pflicht einen derartigen Anspruch auch tatsächlich einzufordern.
***Z*** habe im Zeitpunkt der Entwicklung der Programme diese als Gesellschafter der BF benötigt, da sie "symbiotisch" mit der gewerblichen Tätigkeit der BF verbunden gewesen sei. Die BF hätte ihrer betrieblichen Tätigkeit ansonsten nicht in dieser Form nachkommen können. Das EDV-Programm sei ein Nischenprodukt, welches nie für den Verkauf angedacht gewesen sei, sondern ausschließlich für die gewerbliche Tätigkeit der BF entwickelt und eingesetzt worden sei.

10. Mit Fax vom nahm RA ***1*** den Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Zu den Materialien/Ersatzteilen:
Die BF ist im Bereich Maschinen- und Anlagenbau tätig, wobei ihr von Kunden oder anderen Unternehmen, welche in derselben Branche tätig sind, anlässlich der Demontage bzw. Reparatur von Anlagen Material kostenlos angeboten wird, für welches diese keine weitere Verwendung haben. Dadurch sparen sich die Kunden Entsorgungskosten.
Die Gesellschafter der BF untersuchten das Material und führten den Abtransport durch.
Bis zur weiteren Verwendung bei betrieblichen Vorgängen (Reparaturen, Montagen usw.) wurde das Material am Betriebsgelände der BF eingelagert.
Der Erwerb dieser Ersatzteile wurde von der BF als zunächst privater Vorgang mit anschließender Einlage in das Betriebsvermögen behandelt. Im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfolgte der Ansatz von Betriebsausgaben mit dem Teilwert.

Zur selbst erstellten Software:
Beginnend mit wurden folgende Positionen in das Anlagenverzeichnis der BF aufgenommen:


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Name
Wert
Nutzungsdauer
1. Emissionsdatenerfassungsprogramm (Linux Basis)
18.000,-
4
2. Regelungs- und Visualisierungsprogramm (Linux B.)
22.000,-
4


***Z***, ein Gesellschafter der BF, entwickelte diese Programme, da sie für den Gewerbebetrieb der BF notwendig waren. Eine Vergütung von der BF an ***Z***, welcher neben der Mitunternehmerschaft keinen weiteren Gewerbebetrieb betreibt, erfolgte nicht. Für die Berechnung des aktivierten Wertes wurden Zeiterfassungsaufschreibungen der Jahre 2004-2008 vorgelegt, wobei ein Stundensatz von 70 Euro angesetzt wurde.
Die BF hätte ihrer betrieblichen Tätigkeit ohne diese Programme nicht in dieser Form nachkommen können.
Die Programme sind Nischenprodukte, welches nie für den Verkauf angedacht waren, sondern ausschließlich für die gewerbliche Tätigkeit der BF entwickelt und eingesetzt wurden.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem Vorbringen der BF (Berufung, Vorlageantrag und Stellungnahme) und der belangten Behörde.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht. Die Ausfertigung von noch vor dem verkündeten Rechtsmittelentscheidungen hat jedoch noch im Namen des unabhängigen Finanzsenates als Abgabenbehörde zweiter Instanz nach den zum geltenden Verfahrensbestimmungen zu erfolgen. Nach dem wirksam werdende Erledigungen des unabhängigen Finanzsenates als Abgabenbehörde zweiter Instanz gelten als Erledigungen des Bundesfinanzgerichtes.
Gegenständliche Berufung fällt unter leg. cit. und ist daher als Bescheidbeschwerde zu erledigen.

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Rechtslage

Zu unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern:
§ 6 Z 5 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 99/2007 (EStG 1988), lautet:
"Einlagen sind mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung anzusetzen. Beteiligungen, deren Veräußerung nach § 31 zu erfassen wäre, sind stets mit den Anschaffungskosten anzusetzen, wenn diese niedriger als der Teilwert im Einlagezeitpunkt sind."

§ 6 Z 9 lit. b Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung, BGBl. I Nr. 99/2007, (EStG 1988) lautet:
"Für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gilt folgendes:
Werden aus betrieblichem Anlass einzelne Wirtschaftsgüter unentgeltlich in das Betriebsvermögen eines anderen Steuerpflichtigen übertragen, so gilt für den Empfänger als Anschaffungskosten der Betrag, den er für das einzelne Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Empfanges hätte aufwenden müssen (fiktive Anschaffungskosten). Liegt ein betrieblicher Anlass nicht vor, dann gilt dies als Einlage (Z 5)."

Zu selbst erstellten unkörperlichen Wirtschaftsgütern:
Gemäß § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 sind unkörperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur dann zu aktivieren, wenn sie "entgeltlich erworben worden sind".

3.1.2. Rechtliche Würdigung

3.1.2.1. Unentgeltlich erworbene Wirtschaftsgüter (Ersatzteile)

Strittig ist, ob der unentgeltliche Erwerb der Ersatzteile privat oder betrieblich veranlasst war, weil sich daraus unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben:

Bei einem betrieblich veranlassten unentgeltlichen Erwerb erfolgt die Bewertung des Wirtschaftsgutes gemäß § 6 Z 9 lit. b EStG 1988 mit den fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des Erwerbes.
Daraus ergibt sich beim Erwerber eine entsprechende Erhöhung seines Gewinnes.
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 sind in dieser Höhe Betriebseinnahmen anzusetzen.
Die fiktiven Anschaffungskosten bilden beim Anlagevermögen gleichzeitig die AfA-Bemessungsgrundlage. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 sind beim Umlaufvermögen die fiktiven Anschaffungskosten gleichzeitig als Betriebsausgabe anzusetzen.

Wird aus privaten Gründen ein Wirtschaftsgut unentgeltlich übertragen und sofort dem Betrieb zugeführt, so erfolgt die Bewertung gemäß § 6 Z 5 EStG 1988 in diesem Fall mit dem Teilwert.
Im Fall von Umlaufvermögen ist bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 in Höhe der Einlage eine Betriebsausgabe anzusetzen.
Den Gewinn erhöht die durch eine Einlage bewirkte Betriebsvermögensmehrung nicht (siehe die Gewinndefinition in § 4 Abs. 1 EStG 1988).

Zur Abgrenzung, ob ein unentgeltlicher Erwerb von Wirtschaftsgütern privat oder betrieblich veranlasst ist, wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass bei unentgeltlichen Übertragungen unter einander nicht nahestehenden Geschäftspartnern eine betriebliche Veranlassung zu vermuten sein wird.
Für eine private Veranlassung spricht es hingegen, wenn der Steuerpflichtige von Angehörigen Wirtschaftsgüter für den Betrieb geschenkt erhält. § 6 Z 9 lit b EStG 1988 verlangt die betriebliche Veranlassung ausschließlich auf Seiten des Empfängers. Die Bestimmung erfasst daher zB auch den dem behandelnden Arzt von der privaten Patientin zugewendeten Edelstein (Zorn/Petritz in Hofstätter/Reichel, EStG- Kommentar, 47. Lfg 2010, zu § 6 Z 9 EStG, Rz 8).

Der Verwaltungsgerichtshof führt Folgendes zu dieser Abgrenzungsfrage aus ():
"Erwirbt ein Kaufmann Wirtschaftsgüter, die ihrer Art nach Gegenstand seiner gewerblichen Weiterveräußerung sind, so ist der Erwerb grundsätzlich auch dann als betrieblich veranlasst anzusehen, wenn er unentgeltlich erfolgt, sodass § 6 Z 9 anzuwenden ist. Eine rechtliche Beurteilung als in der Privatsphäre gelegener Erwerb mit nachfolgender Einlage und gewerblicher Veräußerung kommt nur dann in Betracht, wenn konkrete Umstände darauf schließen lassen, dass zunächst an keine betriebliche Verwendung der unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgüter gedacht war."

Derartige Umstände sind im hier gegenständlichen Beschwerdefall nicht erkennbar und wurden von der BF auch nicht vorgebracht. Die Wirtschaftsgüter wurden nicht im Rahmen der privaten Lebensführung erworben, sie sollten nie privaten Bedürfnissen der Gesellschafter dienen und können daher nicht der Privatsphäre zugerechnet werden.
Der Erwerb erfolgte unstrittig aus Anlass der betrieblichen Tätigkeit und die betriebliche Verwendung der Ersatzteile stand von vornherein fest.

Da der Erwerb betrieblich veranlasst ist, sind Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben in Höhe der fiktiven Anschaffungskosten anzusetzen.
Dies entspricht im Ergebnis dem Vorgehen der belangten Behörde, welche die mit dem Teilwert angesetzten Betriebsausgaben nicht anerkannte.

3.1.2.2. Selbst erstellte EDV-Programme

Bei den gegenständlichen EDV-Programmen handelt es sich um Anlagevermögen da sie lt. Stellungnahme der BF vom "nie für den Verkauf angedacht waren, sondern ausschließlich für die gewerbliche Tätigkeit der BF entwickelt und eingesetzt wurden".

Gemäß § 4 Abs. 1 letzter Satz EStg 1988 sind unkörperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur dann zu aktivieren, wenn sie "entgeltlich erworben worden sind". Nach dem Gesetzeszweck soll der entgeltliche Erwerb einen objektiven Wertmaßstab sichern. Der entgeltliche Erwerb ist ein von einem Dritten abgeleiteter Erwerb gegen ein angemessenes Entgelt.

Wird ein unkörperliches Wirtschaftsgut in der Privatsphäre selbst geschaffen oder durch Schenkung oder Erbschaft unentgeltlich erworben und danach in den Betrieb eingelegt, so könnte aus dem Wortlaut des Gesetzes angenommen werden, dass auch in diesem Fall das Aktivierungsverbot greift. Formal kann dagegen eingewendet werden, dass im Rahmen der Bewertung nach § 6 Z 5 EStG 1988 keine dem § 4 Abs. 1 EStG 1988 entsprechende Sondervorschrift besteht; daher kommen die allgemeinen Regeln der Einlagenbewertung zur Anwendung (grundsätzlich Einlage mit dem Teilwert);
Für die Anwendung der allgemeinen Regeln der Einlagenbewertung spricht allerdings, dass ansonsten stille Reserven, die aus der Privatsphäre stammen, in die betriebliche Sphäre gezogen und damit durch eine unterlassene AfA oder durch die Versteuerung im Fall der Veräußerung steuerlich wirksam werden; gerade dies entspricht nicht der im EStG 1988 neu geregelten Einlagenbewertung.
Die Bewertung mit dem Teilwert geht danach sowohl bei in der Privatsphäre selbst geschaffenen als auch bei privat unentgeltlich erworbenen unkörperlichen Wirtschaftsgütern dem Aktivierungsverbot vor (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 21. Lfg, zu § 4, Rz. 96).

Strittig ist nun, ob die gegenständlichen EDV-Programme in der Privatsphäre des Gesellschafters oder in der betrieblichen Sphäre geschaffen wurden.
Im ersten Fall würde eine Einlage vorliegen, die gemäß § 6 Z 5 EStG mit dem Teilwert bewertet würde.
Bei einer Zuordnung zur betrieblichen Sphäre greift hingegen das Aktivierungsverbot selbstgeschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter gemäß § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988, da kein entgeltlicher Erwerb vorliegt.

Laut dem Verwaltungsgerichtshof sind Geschäfte, die ein Kaufmann in dem Bereich, in dem er üblicherweise sein Gewerbe ausübt, tätigt - von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen - Vorgänge der Geschäfts- und nicht der Privatsphäre ().

Da sich der Unternehmenszweck der BF auf das Anbieten spezieller Software im Bereich der Luftreinhaltung bezieht und das Aufgabengebiet des Gesellschafters ***Z*** die Programmierung solcher Software umfasst (siehe dazu die Stellungnahme des Außenprüfers der belangten Behörde vom ), ist die Erstellung der gegenständlichen EDV-Programme Ausfluss der gewerblichen Tätigkeit der BF und kann somit nicht als eine private Programmierung angesehen werden.

Umstände, die auf eine in der Privatsphäre gelegene Entwicklung der Programme hindeuten, hat die BF nicht vorgebracht.
Laut Stellungnahme der BF wurden die Programme ausschließlich für die gewerbliche Tätigkeit der BF entwickelt und eingesetzt, da sie für den Gewerbebetrieb der BF notwendig waren.
Der Hinweis in der Berufung, dass die Programmierung in der "Freizeit" erfolgt sei, vermag nicht zur Klärung der Frage der Zuordnung zur Privat- oder Betriebssphäre beizutragen, da ***Z*** als Gesellschafter einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft keine vorgeschriebenen Dienstzeiten hat.

Eine Vergütung für die Programmierung von der BF an ***Z***, welcher neben dieser Tätigkeit keinen weiteren Gewerbebetrieb betreibt, erfolgte nicht.
Es ist für die Klärung der steuerlichen Frage unerheblich, ob ***Z*** zivilrechtlich einen Vergütungsanspruch gegenüber der Gesellschaft gehabt hätte.
Wäre eine Vergütung bezahlt worden, so würde übrigens die Zurechnungsvorschrift des § 23 Z. 2 EStG zur Anwendung kommen. Die Vergütung würde dem Gewinnanteil von ***Z*** zugerechnet werden, da ein enger sachlicher, wirtschaftlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Betriebsgegenstand der Personengesellschaft und der Tätigkeit des Gesellschafters besteht (, bezüglich der Auswertung einer Erfindung des Gesellschafters durch die Personengesellschaft).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Für die Lösung der Frage der betrieblichen oder privaten Veranlassung eines unentgeltlichen Erwerbes und der Frage der Abgrenzung von Privatsphäre zu gewerblicher Tätigkeit wurden die von der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur aufgestellten Abgrenzungskriterien beachtet. Daher liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100465.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at