Zuzugsbegünstigung
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0088. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/3100076/2021 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. ***A*** in der Beschwerdesache ***VN*** ***NN***, ***Str1***, ***PlZl*** ***B***, vertreten durch ***C*** Steuerberater GmbH & Co KG, ***Str2***, ***PlZl*** ***B***, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom und über die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2015 und 2016 vom der belangten Behörde Finanzamt ***D*** zu Recht erkannt:
1. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
2. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. A. Verfahrensgang Einkommensteuer 2014
1. Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf.) hat aus persönlichen Gründen den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und ihren Wohnsitz ab nach Österreich verlegt.
2. Mit Schreiben vom stellte die steuerliche Vertretung der Bf. beim Bundesministerium für Finanzen den Antrag auf Anwendung der Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988.
Vorgebracht wurde: "Im Zusammenhang mit der Beurteilung einer möglichen steuerlichen Mehrbelastung ist die derzeitige Besteuerung in Deutschland einer fiktiven Besteuerung in Österreich gegenüberzustellen. In Österreich kann zu Vergleichszwecken unterstellt werden, dass in den letzten Jahren die Verordnung des BMF betreffend die Ermittlung des Einkommens von Sportlern zur Anwendung gekommen wäre. Im Wesentlichen beträgt demnach der Anteil der in Österreich zu versteuernden Einkünfte 33 % der insgesamt im Kalenderjahr erzielten Einkünfte. Eine Anrechnung ausländischer Steuern ist ausgeschlossen. Die derzeitige Ertragsbesteuerung in Deutschland - ohne weitere Voraussetzungen aber unter Berücksichtigung der ausländischen Quellensteuern - erfolgt insgesamt in annähernd vergleichbarer Höhe. Auch wenn sich derzeit bei einer Besteuerung mit dem Regelsteuersatz und unter Anwendung der SportlerVO keine Mehrbelastung ergeben sollte, ist dies aber allenfalls in späteren Jahren möglich. Dies könnte sich insbesondere durch einen anderen Schwerpunkt der sportlichen Tätigkeit - zB die Skiweltmeisterschaft in Österreich - oder durch Änderungen im Ausrüstungsvertrag und der Werbewirksamkeit in unterschiedlichen Ländern ergeben. Eine Mehrbelastung kann sich dementsprechend sowohl unter Anwendung der SportlerVO aber auch dann ergeben, wenn nur eine Voraussetzung der SportlerVO zB in einem Jahr nicht erfüllt ist und die VO nicht zur Anwendung kommt. Um dieses Risiko einer Mehrbelastung durch den Zuzug für Frau ***NN*** zu vermeiden, beantragen wir, dass unter analoger Anwendung der SportlerVO die Bemessungsgrundlage für den Regelbesteuerungssatz mit 33 % der insgesamt im Kalenderjahr erzielten Einkünfte festzusetzen ist. Ausländische Quellensteuern würden dann nicht in Abzug gebracht werden. Weitere Voraussetzungen der SportlerVO kommen nicht zur Anwendung.
3. Mit dem am ausgefertigten Bescheid ordnete der Bundesminister für Finanzen gemäß § 103 EStG 1988 in Bezug auf die Einkommensbesteuerung der Bf. in Österreich in Ausübung des Ermessens an:
"1. Die Besteuerungsgrundlage wird mit 33 % der insgesamt im Besteuerungszeitraum erzielten Einkünfte als Sportlerineinschließlich der Werbetätigkeit festgesetzt. Bei der Festsetzung der Steuer ist der nicht in die Besteuerungsgrundlage fallende Betrag der Einkünfte zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt).
2. Eine Anrechnung ausländischer Steuern ist ausgeschlossen.
Die vorstehende Begünstigung gilt ab Ihrem Zuzug nach Österreich, somit ab , bis einschließlich 2013.
Begründend wurde ausgeführt: "Der Bundesminister für Finanzen kann gemäß § 103 EStG 1988 bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Sport dient und aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen ist, für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter § 98 EStG fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Dabei kann auch die für eine Begünstigung in Betracht kommende Besteuerungsgrundlage oder die darauf entfallende Steuer mit einem Pauschbetrag festgesetzt werden.
Ihre sportliche Qualifikation und das öffentliche Interesse an Ihrem Zuzug sind unbestritten. Bei der Festlegung der Begünstigung war zur Vermeidung der zuzugsbedingten Mehrbelastung eine Orientierung an der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Ermittlung des Einkommens von Sportlern ("Sportler-Verordnung", BGBl. II Nr. 418/2000) zweckmäßig, wobei das in der Verordnung vorgesehene Erfordernis des überwiegenden Auftritts im Ausland nicht übernommen wurde.
Wie bei Anwendung der Sportler-Verordnung (siehe EStR 2000, Rz 4378) kann auch auf Grund dieses Bescheides keine Ansässigkeitsbestätigung erteilt werden. Sollte es dadurch zu einer echten Doppelbesteuerung bei nicht von diesem Bescheid umfassten Einkünften kommen (z.B. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die bei Anwendbarkeit des DBA mit Deutschland als öffentlicher Dienst im Sinn des Art. 19 Abs. 1 lit. a und/oder b anzusehen wären), so wäre eine Vermeidung dieser Doppelbesteuerung auf Basis des § 48 nicht ausgeschlossen.
Die spruchgemäße Zuzugsbegünstigung war wie in vergleichbaren Fällen vorerst für drei Jahre auszusprechen. Bei Weiterbestand der entscheidungsrelevanten Umstände wird die Weiterverlängerung in Aussicht gestellt."
4. Die steuerliche Vertretung der Bf. stellte mit Eingabe vom an das Bundesministerium für Finanzen den Antrag auf Verlängerung der Anwendung der Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988. Die darin dargelegten Anwendungsvoraussetzungen des § 103 EStG 1988 waren ident mit jenen im Antrag vom . In der Beilage wurden unter anderem die Wettkampfveranstaltungen des Audi Fis Ski World Cup 2013/14 von Oktober 2013 bis März 2014 beigeschlossen.
5. Der Bundesminister für Finanzen sprach mit dem am ausgefertigten Bescheid betreffend die Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988 (GZ. BMF-***xxx***-VI/8/2013) aus:
"Auf Grund Ihres Antrages wird die mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , GZ. BMF-xxx, ausgesprochene Zuzugsbegünstigung für die Veranlagungsjahre 2014 bis einschließlich 2016 verlängert. Dadurch finden die Spruchpunkte 1 und 2 des Bescheides vom Anwendung.
Begründung: Auf Grund des glaubhaft gemachten Weiterbestandes der entscheidungsrelevanten Umstände konnte die Zuzugsbegünstigung, wie in der Begründung des Bescheides vom in Aussicht gestellt, für den beantragten Zeitraum verlängert werden, wodurch die Spruchpunkte 1 und 2 dieses Bescheides weiterhin unverändert anzuwenden sind.
Die Zuzugsbegünstigung kann für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens erteilt werden. Wie schon im Erstbescheid begründend ausgeführt, kann dies für einen Zeitraum von drei Jahren angenommen werden. Es wird die neuerliche Weitergewährung dieser Begünstigung bei Vorliegen der Voraussetzungen in Aussicht gestellt."
6. Am erließ der Bundesminister für Finanzen neuerlich einen Bescheid (GZ. BMF-***xx***-VI/8/2013) betreffend Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988 und sprach aus:
"Auf Grund Ihres Antrages vom wird gemäß § 103 EStG 1988 in Bezug auf Ihre Einkommensbesteuerung in Österreich in Ausübung des Ermessens angeordnet:
1. Die Besteuerungsgrundlage wird mit 33 % der insgesamt im Besteuerungszeitraum erzielten Einkünfte als Sportlerin einschließlich der Werbetätigkeit festgesetzt. Bei der Festsetzung der Steuer ist der nicht in die Besteuerungsgrundlage fallende Betrag der Einkünfte zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt).
2. Eine Anrechnung ausländischer Steuern ist ausgeschlossen.
3. Die vorstehende Begünstigung gilt für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016.
Begründung: "Auf Grund des glaubhaft gemachten Weiterbestandes der entscheidungsrelevanten Umstände konnte die Zuzugsbegünstigung, wie in der Begründung des Bescheides vom in Aussicht gestellt, für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016 verlängert werden.
Die Zuzugsbegünstigung kann für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens erteilt werden. Wie schon im Erstbescheid begründend ausgeführt, kann dies für einen Zeitraum von drei Jahren angenommen werden. Es wird die neuerliche Weitergewährung dieser Begünstigung bei Vorliegen der Voraussetzungen in Aussicht gestellt."
7. Die am elektronisch eingereichte Einkommensteuererklärung 2014 führte mit dem am ausgefertigten Einkommensteuerbescheid 2014 zu einer erklärungsgemäßen Veranlagung (Einkünfte aus Gewerbebetrieb € 502.699,85 und ausländische Einkünfte 1,132.523,64 für Progressionsvorbehalt).
8. Der von der Bf. in den Medien am tt.mm.jjjj öffentlich erklärte Rücktritt vom aktiven Skisport veranlasste die Abgabenbehörde zum einen und die steuerliche Vertretung zum anderen jeweils eine Anfrage an das Bundesministerium für Finanzen zu richten, ob die ausgesprochene Zuzugsbegünstigung nach Ende der aktiven Tätigkeit als Sportlerin weiterhin bis Ende 2016 anzuwenden sei.
8.1. Der Bundesminister für Finanzen teilte der Abgabenbehörde mit Schreiben vom unter Bezugnahme auf den Bescheid vom mit, dass die Formulierung des Spruchpunktes 1. des Bescheides, dass die Besteuerungsgrundlage mit 33 % der insgesamt im Besteuerungszeitraum erzielten Einkünfte "als Sportlerin einschließlich der Werbetätigkeit" festgesetzt werde, in Anlehnung an den § 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Ermittlung des Einkommens von Sportlern (BGBl. II 418/2000) erfolgt sei, wonach von der dort vorgesehenen Pauschalierung Einkünfte "aus der Tätigkeit als Sportler einschließlich der Werbetätigkeit" umfasst sei. Diese Bestimmung solle sinngemäß auch auf die erteilte Zuzugsbegünstigung Anwendung finden. Damit sollten nur diejenigen Einkünfte der Bf. erfasst werden, die aus der aktiven Ausübung der Tätigkeit als Sportlerin im Rahmen von Sportveranstaltungen erzielt worden seien. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen stehe diese Auslegung im Einklang mit § 103 Abs. 1 EStG 1988, welcher eine Zuzugsbegünstigung "für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Person" vorsehe.
8.2. In der Anfragebeantwortung an die Bf. vom legte der Bundesminister für Finanzen dar, dass Zuzugsbegünstigungsbescheide als grundlagenähnliche Bescheide materiell andere Bescheide beeinflussen. Da dem Bescheidspruch eine auflösende Bestimmung für den Fall der Beendigung der aktiven Karriere fehle, sei der in Rechtskraft erwachsene Bescheid nach wie vor uneingeschränkt gültig.
Auslegungsbedürftig sei allerdings der Begriff "Sportlerin". Nach der Verkehrsauffassung seien keine Sportler Personen, bei denen nicht die Erbringung einer sportlichen Leistung den materiellen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit darstelle (Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 16. EL § 2 Anm. 107).
Demzufolge seien Einkünfte, die nicht im Zusammenhang mit einer aktiven sportlichen Tätigkeit stehen, entsprechend dem gegenständlichen Bescheid nicht begünstigt.
8.3. Der Bundesminister für Finanzen teilte der Abgabenbehörde mit Schreiben vom unter Übermittlung der an die Bf. ergangenen Anfragebeantwortung mit: "Insofern die divergierenden Rechtsmeinungen bezüglich der rechtsrichtigen Umsetzung des oben genannten Begünstigungsbescheides nicht beseitigt werden konnten, wird die Rechtsfrage im Rechtsmittelwege wohl durch das Bundesfinanzgericht zu klären sein."
9. Bei der Beschwerdeführerin wurde eine die Jahre 2011 bis 2014 umfassende abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt, über deren Ergebnis der Bericht vom und die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom erstellt wurden (ABNr.: ***yyy***/16).
Unter anderem traf der Prüfer in der Tz. 4 nach Darstellung sämtlicher im Zuge des Abgabenverfahrens ergangenen und eingebrachten Schriftsätze sowie der Begünstigungsbescheide folgende Schlussfolgerungen:
"- Preisgelder (inkl. erhaltene Start- und Nenngelder) für Wettkämpfe bis tt.mm.jjjj fallen zur Gänze unter die Zuzugsbegünstigung und damit unter die Berechnungsmethode 33 % im Inland zum Tarif und 67 % zum Progressionsvorbehalt, auch wenn sie nach diesem Datum ausbezahlt worden sind;
- Entgelte für Werbeleistungen fallen nach Ansicht des Finanzamtes zur Gänze unter die Zuzugsbegünstigung und damit unter die Berechnungsmethode 33 % im Inland zum Tarif und 67 % zum Progressionsvorbehalt, wenn die Werbeleistung selbst (zB Drehen eines TV-Spots) vor dem Karriereende erbracht worden ist.
- Soweit die Leistungen (zB Auftritt im Rahmen einer Marketingveranstaltung) nach Ende der Aktivzeit erbracht worden ist, fallen die Erlöse nach Ansicht des Finanzamtes nicht unter die Zuzugsbegünstigung und somit nicht unter die Berechnungsmethode 33 % im Inland zum Tarif und 67 % zum Progressionsvorbehalt.
- Sonstige Erlöse, die weder aus der Sportlertätigkeit selbst noch aus Werbetätigkeit stammen, fallen nach Ansicht des Finanzamtes zur Gänze nicht unter Zuzugsbegünstigung. Diese sind zu 100 % zum Tarif zu versteuern. Die Erlöse des Bayrischen Rundfunks werden ausgeschieden, da Österreich an diesen Einkünften kein Besteuerungsrecht hat.
Die einzelnen Erlöse wurden im Rahmen der Außenprüfung einer eingehenden Analyse unterzogen und mit der steuerlichen Vertretung ausführlich besprochen. Festgehalten wird, dass zur Durchführung dieser Analyse die entsprechenden Verträge dem Prüforgan übergeben worden sind. Es unterbleibt aus verfahrensökonomischen Gründen eine nochmalige Darstellung an dieser Stelle. Die Zusammenfassung dieser Analyse ist unten dargestellt."
10. Den Prüfungsfeststellungen folgend verfügte die Abgabenbehörde mit Bescheid vom die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2014 vom und fertigte gleichzeitig einen neuen Einkommensteuerbescheid 2014 aus (Einkünfte aus Gewerbebetrieb € 747.885,63 und ausländische Einkünfte € 875.184,36 ergibt € 1.621.321,99 als Bemessungsgrundlage für den Durchschnittsteuersatz 49,40 %), der zu einer festgesetzten Einkommensteuer von € 370.024,00 und somit zu einer Abgabennachforderung von € 117.980,00 führte.
11. Mit Eingabe vom wurde hinsichtlich des Bescheides über die Aufhebung der Einkommensteuer 2014 und des neuen Einkommensteuerbescheides 2014 die Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum beantragt, die mit Bescheid vom antragsgemäß bewilligt wurde.
12. Am erhob die steuerliche Vertretung im Namen der Bf. unter anderem gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 Beschwerde und kündigte die Nachreichung der Beschwerdebegründung an. Beantragt wurde, die Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterlassen, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung durch den Senat vorzulegen und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO. Streitpunkt des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens sei die Beantwortung der Rechtsfrage, ob die bescheidmäßig erteilte Zuzugsbegünstigung im gesamten Jahr 2014 zur Anwendung komme oder nur vom bis zum erklärten Rücktritt der Bf. am tt.mm.jjjj.
13. Mit Bescheid - Mängelbehebungsauftrag - vom ersuchte die Abgabenbehörde die Bf. die Beschwerde zu ergänzen und auszuführen in welchen Punkten der Einkommensteuerbescheid angefochten werde und welche Änderungen begehrt werden, wofür eine Frist bis zum eingeräumt wurde.
Einem rechtzeitig gestellten Fristverlängerungsersuchen wurde Rechnung getragen und die Frist zur Behebung der Mängel bis zum verlängert.
14. Die am erstellte Beschwerdebegründung unter anderem zum Einkommensteuerbescheid 2014 langte am bei der Abgabenbehörde ein. Im Wesentlichen wurde Folgendes vorgebracht:
14.1. Zur Anwendung der Zuzugsbegünstigung für das Jahr 2014 wurde ausgeführt, dass der Sachverhalt im BP-Bericht auf Seite 13 ff zutreffend geschildert worden sei und es in diesem Beschwerdepunkt allein auf die Lösung der Rechtsfrage ankomme, ob die Zuzugsbegünstigung für das ganze Kalenderjahr oder nur bis zum erklärten Rücktritt vom Profi-Skirennsport am tt.mm.jjjj anzuwenden sei.
14.2. Die gesetzliche Grundlage für die Gewährung der Zuzugsbegünstigung an die Bf. sei damals wie auch heute noch § 103 EStG 1988 in unveränderter Form. Der Zuzugsbegünstigungsbescheid sei die entscheidende Rechtsgrundlage für die Lösung des beschwerdegegenständlichen Falles (Punkt 2.1.).
14.3. Zum und zu der Auslegung, dass der Spruchpunkt 1. "in Anlehnung an § 2 der Sportler-VO" erfolgt sei und die Auslegung des § 2 der Sportler-VO "sinngemäß auch auf die Zuzugsbegünstigung Anwendung finden soll", wurde betont, dass die sinngemäße Anwendung der Sportler-VO im Begünstigungsbescheid sich nur einzig und allein auf die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer bezogen habe (Beschwerde Punkt 4.1., Seite 5).
14.4. Der angefochtene Bescheid vom sei in weiten Teilen aufbauend auf die Ausführungen des und (siehe Erk. Punkt I. 8.1. und 8.2.) unter Verweis auf den BP-Bericht (insbesondere Seite 30 ff und die Niederschrift (siehe Erk. Punkt I. 9.) begründet worden.
Die Abgabenbehörde habe den Ausführungen des BMF folgend die Zuzugsbegünstigung nur bis zur Beendigung der aktiven Karriere angewandt und habe die im Jahr 2014 erzielten Einnahmen folgenden drei Gruppen zugeordnet:
- Preisgelder für Wettkämpfe bis tt.mm.jjjj fallen zur Gänze unter die ZZB, auch wenn sie nach diesem Datum bezahlt werden;
- Erlöse aus Werbeleistungen fallen zur Gänze in die ZBB, wenn die Werbeleistung selbst (zB Drehen eines TV-Spots) vor dem Karriereende am tt.mm.jjjj erbracht worden sind. Nicht unter die ZZB fallen Leistungen (zB Auftritt im Rahmen einer Marketingveranstaltung) nach Ende der Aktivzeit (EStR 4376);
- Sonstige Erlöse, die weder aus der Sportlertätigkeit selbst noch aus Werbetätigkeiten stammen, fallen zur Gänze nicht unter die ZZB, wobei die Erlöse des Bayrischen Rundfunks ausgeschieden werden (DBA, nur Progressionsvorbehalt).
14.5. Entgegen der Begründung durch die belangte Behörde, ergebe sich die Einschränkung der Begünstigung auf aktive sportliche Tätigkeiten von der Bf. (= Einnahmen bis Karriereende) weder aus § 103 EStG 1988 noch aus den Zuzugsbegünstigungsbescheiden. Aus dem Begünstigungsbescheid ergebe sich das genaue Gegenteil. Bis 2016 sei der Zuzug der Bf. unabhängig von der Beendigung der Karriere im öffentlichen Interesse der Republik Österreich gelegen. Zudem sei der Zuzugsbegünstigungsbescheid nicht aufgehoben worden (Beschwerde Punkt 4.2.).
14.6. Die Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 (ZBV-VO 2016) sei auf den gegenständlichen Fall für die Jahre 2014 bis 2016 nicht anzuwenden.
Die seitens des steuerlichen Vertreters aufgezeigten Überlegungen zur ZBV-VO 2016 werden, da sie für das gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht von Relevanz sind, hier nicht wiedergegeben.
14.7. In dem für das Beschwerdejahr geltenden Zuzugsbegünstigungsbescheid sei die Möglichkeit des Erlöschens der Zuzugsbegünstigung nicht vorgesehen (anders § 6 ZBV-VO 2016) und sei deshalb aus diesem Grund ein Erlöschen der Zuzugsbegünstigung nicht möglich (Beschwerde Punkt 4.1., S 10).
14.8. Der Begriff des Sportlers sei in § 103 EStG 1988 nicht definiert und enthielten auch die Gesetzesmaterialien zu dieser im Jahr 2000 eingeführten Änderung keine näheren Hinweise. Ob eine Sportlerin nach Karriereende noch eine Sportlerin im Sinne des § 103 EStG 1988 ist, sei eine Rechtsfrage, die sich nicht mit der Verkehrsauffassung lösen lasse (Beschwerde Punkt 4.2.2., S 12). Im § 103 EStG 1988 werde auf die "Förderung des Sports" abgestellt. Der Gesetzgeber habe diesen Begriff weit gefasst.
Auch zum Versuch des BMF und der belangten Behörde das Merkmal der Unmittelbarkeit als zusätzliches Tatbestandsmerkmal mit § 103 EStG 1988 in Zusammenhang zu bringen, sei klarzustellen, dass § 103 EStG 1988 dieses Tatbestandsmerkmal nicht erwähne (Beschwerde Punkt 4.2.2., S 13).
14.9. Die Bf. habe deshalb die Zuzugsbegünstigung beantragt, um nicht den Einschränkungen der Sportler-VO zu unterliegen. Sinn einer Zuzugsbegünstigung sei es, Rechtssicherheit für einen gewissen Zeitraum ab dem Zuzug zu schaffen. Anders als nach der Sportler-VO werde nicht die Tätigkeit, sondern der Zuzug steuerlich begünstigt (Punkt 4.2.3., S 16). Der Zuzugsbegünstigungsbescheid sei für den Zeitraum 2014 bis Ende 2016 gewährt worden. Darauf müsse sich der Zuziehende verlassen können. Zu betonen sei, dass an diesen mit Bescheid gewährten Zeitraum auch die Vollziehung gebunden sei (Punkt 4.2.4., S 16).
14.10. Das geübte Ermessen bei Erlassung der Zuzugsbegünstigungsbescheide 2011 und 2013 sei nicht weiter begründet worden. Es sei davon auszugehen, dass, selbst bei einem früheren Karriereende, das öffentliche Interesse am Zuzug der Bf. zumindest so groß gewesen sei, dass es für einen Zeitraum von drei Jahren ab Erlassung des Bescheides anhalte. Diese Vermutung sei unwiderlegbar.
14.11. Auch der auf Grundlage des § 103 EStG 1988 erlassene Zuzugsbegünstigungsbescheid falle unter den Anwendungsbereich des § 294 BAO. Die von einem Widerrufsvorbehalt erfassten Änderung eines Sachverhaltes berechtige die Wirkungen eines Begünstigungsbescheides zu versagen, wenn das in § 294 BAO skizzierte Verfahren eingehalten werde. Die Versagung einer durch Bescheid zugesagten Begünstigung habe mit gesondertem Bescheid zu erfolgen, der auch als solcher bekämpfbar sei. Mangels Widerrufs des Begünstigungsbescheides durch das Bundesministerium für Finanzen sei der bekämpfte Einkommensteuerbescheid 2014 rechtswidrig (Punkt 4.2.4., S 19).
14.12. Abschließend wurde zusammenfassend wiederholt, dass
- der Zuzugsbegünstigungsbescheid vom für die Jahre 2014 bis 2016 voll aufrecht sei, die belangte Behörde diesen im Einkommensteuerbescheid 2014 nur teilweise angewendet habe;
- im Begünstigungsbescheid der Bf. das öffentliche Interesse auf dem Gebiet der Förderung des Sports bescheinigt worden sei;
- im Spruch des Begünstigungsbescheides eine Dreijahresfrist vorgesehen sei, womit die Gültigkeit nur durch einen Widerruf beendet werden könne, wofür das im § 294 BAO vorgesehene Verfahren einzuhalten gewesen sei;
- die Anwendung der Sportler-VO im Zusammenhang mit der Zuzugsbegünstigung unzulässig sei;
- die Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 auf streitgegenständlichen Jahre keine Anwendung finde;
- der Zuzugsbegünstigungsbescheid gemäß § 103 BAO für das Kalenderjahr 2014 gültig und der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 daher rechtswidrig sei.
15. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht am zur Entscheidung vorgelegt.
I. B. Verfahrensgang Einkommensteuer 2015 und 2016
1. Die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2015 und 2016 wurden am auf elektronischem Wege bei der Abgabenbehörde eingereicht.
2. Die Jahre 2015 und 2016 wurden abgabenbehördlich geprüft. Auf Basis des am erstellten Berichtes (ABNr.: ***zz***/18) erfolgte die Veranlagung zur Einkommensteuer 2015 und 2016 mit Bescheiden vom , abweichend von den in den Steuererklärungen ausgewiesenen Einkünften auf Basis der mit Bescheid des Bundesministers für Finanzen zuerkannten Zuzugsbegünstigung für die Jahre 2015 und 2016.
3. Gegen diese Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 erhob die steuerliche Vertretung im Auftrag der Bf. mit Schreiben vom Beschwerde. Beantragt wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ohne vorhergehende Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung und die Entscheidung durch den Senat sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
3.1. Die Bescheidbeschwerde richte sich gegen die Nichtberücksichtigung des für die Bf. aufrechten Zuzugsbegünstigungsbescheides bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2015 und 2016. Der im Prüfungsbericht auf den Seiten vier bis sechsundzwanzig geschilderte Sachverhalt sei zutreffend, sodass es in diesem Beschwerdepunkt allein auf die Lösung der Rechtsfrage ankomme, ob sämtliche Einnahmen von der Bf. auch in 2015 und 2016 von der Zuzugsbegünstigung erfasst seien.
Zur rechtlichen Würdigung werde auf die Ausführungen in der Beschwerde zum Einkommensteuerbescheid 2014 verwiesen.
3.2. Zusammenfassend wurde vorgebracht:
- "Im Zuzugsbegünstigungsbescheid gemäß § 103 EStG 1988 vom wurde der Bf. das öffentliche Interesse Österreichs an ihrem Zuzug bescheinigt. Mit Bescheid vom wurde die Zuzugsbegünstigung für die Veranlagungsjahre 2014 - 2016 verlängert. Dieser Begünstigungsbescheid ist in vollem Umfang aufrecht, die belangte Behörde wendet ihn aber in den Einkommensteuerbescheiden 2015 und 2016 nicht an.
- Im Begünstigungsbescheid wird der Bf. das öffentliche Interesse auf dem Gebiet der Förderung des Sports für die Jahre 2014 bis 2016 bescheinigt. Dasöffentliche Interesse an einem Sportler bestehtauch dann weiter, wenn die Karriere unfallbedingt beendet werden muss und dieser weiterhin als Repräsentant des Sportes in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Es konnte gezeigt werden, dass das öffentliche Interesse auch für nicht mehr aktive Profisportler von der Finanz bekundet worden ist und diese als Sportler für Zwecke der Zuzugsbegünstigung gelten.
- Da im Spruch des Begünstigungsbescheides eine Dreijahresfrist vorgesehen ist, kann die Gültigkeit nur durch einen Widerruf beendet werden. Für einen solchen Widerruf wäre aber zwingend das dafür vorgesehene Verfahren nach § 294 BAO einzuhalten gewesen.Nach unserem Verständnis wurde kein Verfahren nach § 294 BAO durchgeführt und ist ein Widerruf mangels gewichtiger Gründe oder eines Widerrufvorbehalts im Zuzugsbegünstigungsbescheid nicht erfolgt.
- Im Zuzugsbegünstigungsbescheid wurde vomBMF die Sportler-VO lediglich für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage herangezogen. Die weiteren Voraussetzungen der Sportler-VO seien ausdrücklich nicht Bestandteil. Die Anwendung der Sportler-VO seitens der Finanz iZm mit der Zuzugsbegünstigung sei daher unzulässig.
- Die Verordnung zur Zuzugsbegünstigung 2016 erfordert eine aktive sportliche Betätigung. Diese ist aber auf die streitgegenständliche Zuzugsbegünstigung nicht anzuwenden, da diese Jahre vorher erlassen wurde.
- Der Zuzugsbegünstigungsbescheid gem. § 103 EStG ist somit auch für die Kalenderjahre 2015 und 2016 gültig und sind die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 daher rechtswidrig, da die Zuzugsbegünstigung auf alle Einkünfte der Jahre 2015 und 2016 anzuwenden ist.
Beantragt werde, die Einkommensteuer 2015 und 2016 neu festzusetzen, sodass alle Einnahmen der Bf. auch in den Jahren 2015 und 2016 unter die Zuzugsbegünstigung fallen."
4. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht am zur Entscheidung vorgelegt.
II. Sachverhalt
1. Die Beschwerdeführerin verlegte ihren Hauptwohnsitz und den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen mit nach Österreich. Mit Bescheid vom erteilte der Bundesminister für Finanzen der Beschwerdeführerin über deren Antrag vom die Zuzugsbegünstigung bis einschließlich 2013.
2. In weiterer Folge bewilligte der Bundesminister für Finanzen über Antrag der Beschwerdeführerin vom die Zuzugsbegünstigung mit Bescheid vom und mit Bescheid vom für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016.
3. Die Beschwerdeführerin teilte der Öffentlichkeit am tt.mm.jjjj die Beendigung ihrer Tätigkeit als aktive Sportlerin mit.
4. Entgegen der durch den Bundesminister für Finanzen mit Bescheid bewilligten Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988 für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016, gewährte die Abgabenbehörde der Beschwerdeführerin diese Begünstigung im Einkommensteuerbescheid 2014 nicht für das ganze Kalenderjahr 2014, sondern lediglich für jene Einkünfte, die mit ihrer aktiven Tätigkeit als Sportlerin bis zum tt.mm.jjjj in Zusammenhang standen.
5. Die Abgabenbehörde fertigte die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015 und 2016 ohne Berücksichtigung des für diese Jahre erteilten aufrechten Zuzugsbegünstigungsbescheides aus.
III. Rechtslage
1. § 103 EStG 1988 in der für das Beschwerdejahr gültigen Fassung (BGBl. , I Nr. 180/2004) bestimmt:
"(1) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter § 98 fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Dabei kann auch die für eine Begünstigung in Betracht kommende Besteuerungsgrundlage oder die darauf entfallende Steuer mit einem Pauschbetrag festgesetzt werden.
(2) Abs. 1 ist auf Personen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen aus Österreich wegverlegt haben, nur dann anzuwenden, wenn zwischen diesem Wegzug und dem Zuzug mehr als zehn Jahre verstrichen sind.
(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Verordnung näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde in öffentlichem Interesse gelegen ist."
2. Die Verordnung (Zuzugsbegünstigungsverordnung) des Bundesministers für Finanzen zur näheren Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Forschung dient und aus diesem Grunde in öffentlichem Interesse gelegen ist, BGBl. II Nr. 102/2005, lautet:
"§ 1. (1) Ein der Förderung von Forschung dienender Zuzug aus dem Ausland liegt jedenfalls dann in öffentlichem Interesse, wenn die dem zuziehenden Forscher zu bezahlenden Vergütungen (Löhne, Gehälter, Honorare) Aufwendungen (Ausgaben) darstellen, die die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Forschungsfreibetrages im Sinn des § 4 Abs. 4 Z 4 EStG oder des § 4 Abs. 4 Z 4a EStG erfüllen.
(2) Bei Forschern, die nicht ausschließlich in Forschung und experimenteller Entwicklung tätig sind, müssen die im Kalenderjahr der Forschung und experimentellen Entwicklung dienenden Arbeitsleistungen überwiegen.
§ 2. Diese Verordnung steht der Erteilung einer Zuzugsbegünstigung in Fällen, in denen der Zuzug aus anderen Gründen der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesen Gründen in öffentlichem Interesse gelegen ist, nicht entgegen."
3. Grundlagenbescheidähnliche Bescheide entfalten wie Grundlagenbescheide Bindungswirkung (z.B. ; ; ).
4. § 294 BAO bestimmt:
"(1) Eine Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft, durch die Abgabenbehörde ist - soweit nicht Widerruf oder Bedingungen vorbehalten sind - nur zulässig,
a) wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind, oder
b) wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht angenommen worden ist.
(2) Die Änderung oder Zurücknahme kann ohne Zustimmung der betroffenen Parteien mit rückwirkender Kraft nur ausgesprochen werden, wenn der Bescheid durch wissentlich unwahre Angaben oder durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden ist.
(3) Die Bestimmungen der Abgabenvorschriften über die Änderung und den Widerruf von Bescheiden der im Abs. 1 bezeichneten Art bleiben unberührt.
(4) Die Entscheidung über Änderungen und Zurücknahmen nach Abs. 1 und 2 steht der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des zu ändernden bzw. zurückzunehmenden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so steht die Entscheidung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu."
IV. Rechtliche Würdigung
In Streit steht, ob die Abgabenbehörde von dem im Rechtsbestand befindlichen Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom beziehungsweise vom , mit dem die Anwendung der Zuzugsbegünstigung für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016 angeordnet wurde, abgehen und der Beschwerdeführerin diese Begünstigung nur bis zum erklärten Rücktritt als aktive Sportlerin am tt.mm.jjjj gewähren durfte.
1. Die gemäß § 103 Abs. 3 EStG 1988 ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. II Nr. 102/2005, regelte einen Fall, in dem ein der Förderung von Forschung dienender Zuzug aus dem Ausland "jedenfalls" im öffentlichen Interesse liege. Hingegen enthielt weder die gesetzliche Bestimmung des § 103 EStG 1988 noch die für das Streitjahr geltende Zuzugsbegünstigungsverordnung eine Definition zu Künstlern und Sportlern (vgl. auch Jakom, EStG, 2014, § 103 Rz 2, 7). Verfahrensbestimmungen enthielt diese Verordnung nicht.
2. Mit Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 (StRefG 2015/2016) erfuhr § 103 EStG 1988 diverse Änderungen und Ergänzungen. Aufgrund der darin festgelegten Verordnungsermächtigung erließ der Bundesminister für Finanzen die Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 (ZBV 2016), BGBl II 261/2016, die am in Kraft trat.
Zeitgleich wurde die Verordnung BGBl. II Nr. 102/2005 zur näheren Bestimmung der Voraussetzungen für eine Zuzugsbegünstigung aufgrund der Schluss- und Übergangsbestimmungen des § 10 Abs. 2 ZBV 2016 außer Kraft gesetzt.
2.1. § 10 Abs. 3 Z 2 ZBV 2016 bestimmt, dass im Falle des Zuzuges vor dem unter anderem abweichend von § 5 ZBV 2016, die Beseitigung der durch den Zuzug eintretenden steuerlichen Mehrbelastungen bei Personen, denen bereits eine Zuzugsbegünstigung gewährt wurde, durch Anwendung der im zuletzt ergangenen Bescheid vorgesehenen Entlastungsmethode erfolge.
Diese Schluss- und Übergangsbestimmung trifft auf den gegenständlichen Beschwerdefall zu, da die Bf. bereits im Jahr 2011 nach Österreich zugezogen war, womit die im zuletzt ergangenen Bescheid () vorgesehene Entlastungsmethode bestehen bleibt.
3. Im gegenständlichen Beschwerdefall hat der Bundesminister für Finanzen aufgrund des Antrages der Bf. vom mit Bescheid (GZ. BMF-***xxx***-VI/8/2013) und mit Bescheid vom , GZ. BMF-***xx***-VI/8/2013, die Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988 erteilt. Der in derselben Sache später ergangene Bescheid derogierte den in dieser Sache früher ergangen Bescheid. Bis zur Aufhebung des wegen entschiedener Sache rechtswidrigen Bescheides verdrängt er den früheren Bescheid (vgl. Ritz, BAO6, § 92 Tz 4).
Im Spruch des Bescheides vom wurde in Ausübung des Ermessens angeordnet:
"1. Die Besteuerungsgrundlage wird mit 33 % der insgesamt im Besteuerungszeitraum erzielten Einkünfte als Sportlerin einschließlich der Werbetätigkeit festgesetzt. Bei der Festsetzung der Steuer ist der nicht in die Besteuerungsgrundlage fallende Betrag der Einkünfte zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt).
2. Eine Anrechnung der ausländischen Steuern ist ausgeschlossen.
3. Die vorstehende Begünstigung gilt für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016."
Begründend wurde ausgeführt:
"Auf Grund des glaubhaft gemachten Weiterbestandes der entscheidungsrelevanten Umstände konnte die Zuzugsbegünstigung, wie in der Begründung des Bescheides vom , GZ. BMF-***x***-IV/4/2011, in Aussicht gestellt, für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016 verlängert werden. Die Zuzugsbegünstigung kann für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens erteilt werden. Wie schon im Erstbescheid begründend ausgeführt, kann dies für einen Zeitraum von drei Jahren angenommen werden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen wird die neuerliche Weitergewährung dieser Begünstigung in Aussicht gestellt."
4. Dieser den Einkommensteuerbescheiden 2014 bis 2016 zugrundeliegende Begünstigungsbescheid des Bundesministers für Finanzen vom wurde in Ausübung des Ermessens erlassen. Der Spruch des Zuzugsbegünstigungsbescheides enthielt weder eine auflösende Bestimmung noch eine Widerrufsklausel für den Fall einer Änderung des zugrundeliegenden Sachverhaltes, wie beispielsweise die Beendigung der aktiven Sportlerlaufbahn.
5. Da es sich bei diesem Bescheid im Sinne des § 103 EStG 1988 um einen Begünstigungsbescheid handelt, kann dieser nur unter den Voraussetzungen des § 294 BAO zurückgezogen werden (vgl. Ritz, BAO6, § 294 Rz 7). Zuzugsbegünstigungsbescheide sind grundlagenbescheidähnliche Bescheide (vgl. Ritz, BAO6, § 295 Rz 15), aber keine Feststellungsbescheide iSd § 295 Abs. 1 BAO (vgl. Ritz, BAO6, § 294 Rz 6). Sie haben keinen rechtsfeststellenden Charakter, sondern sind rechtsgestaltend.
6. Als grundlagenbescheidähnlicher Bescheid entfaltet der Zuzugsbegünstigungsbescheid materielle Auswirkungen und beeinflusst im Konkreten die Einkommensteuerbescheide 2014 bis 2016. Der Zuzugsbegünstigungsbescheid hat Rechtskraft erlangt und ist sohin bis Ende 2016 gültig. Diese Rechtsansicht wird auch vom Bundesminister für Finanzen im Schreiben vom , das auf Anfrage der Beschwerdeführerin erging, vertreten.
7. Soweit der Bundesminister für Finanzen in diesem Schreiben vom abschließend zum Ergebnis gelangte, dass im gegenständlichen Fall der Begriff "Sportlerin" auslegungsbedürftig sei und unter Bezugnahme auf die Literatur "Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 16. EL § 2 Anm. 107" zum Ergebnis kam, dass die gegenständlich gewährte Begünstigung nur für Einkünfte aus einer aktiven Sportausübung zustehe und demzufolge Einkünfte, die nicht in Zusammenhang mit der aktiven sportlichen Tätigkeit stehen, dem gegenständlichen Bescheidspruch entsprechend nicht begünstigt seien, kann diesem Rechtsstandpunkt nicht gefolgt werden, da der in Rechtskraft erwachsene Zuzugsbegünstigungsbescheid vom keine bescheidmäßige Änderung oder Zurücknahme im Sinne des § 294 BAO durch die zuständige Verwaltungsbehörde, dem Bundesministerium für Finanzen vertreten durch den Bundesminister für Finanzen, erfuhr und sohin uneingeschränkt bis zum Ende des Kalenderjahres 2016 gültig war.
8. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren hat der durch den Bundesminister für Finanzen erlassene und in Rechtskraft erwachsene Bescheid gemäß § 103 EStG 1988 als grundlagenbescheidähnlicher Bescheid Bindungswirkung für die Abgabenbehörde. Im Sinne des § 116 BAO ist die Abgabenbehörde unter anderem auch an Entscheidungen über Tatbestandselemente gebunden. Fordert ein Abgabentatbestand als Tatbestandselement eine gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidung über den Eintritt bestimmter Rechtsfolgen als Voraussetzung, ergibt sich diesfalls die Bindung aus der Tatbestandswirkung (vgl. Ritz, BAO6, § 116 Tz 12 und 13).
8.1. Die Frage, ob ein Bescheid im Sinne des § 103 EStG 1988 zu erlassen ist, ist keine Vorfrage im Sinne des § 116 BAO. Solange kein solcher Bescheid erlassen ist, hat die Abgabenbehörde die Besteuerung nur den Gesetzen entsprechend vorzunehmen. Sie darf das mutmaßliche Ergebnis eines Begünstigungsbescheides aber nicht vorwegnehmen (vgl. Ritz, BAO6, § 48 Tz 13).
8.2. Im gegenständlichen Beschwerdefall hat der Bundesminister für Finanzen von dem ihm gemäß § 103 EStG 1988 eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht und mit Bescheid ausgesprochen, dass gemäß § 103 EStG 1988 für die Einkommensbesteuerung der Bf. in Österreich für die Jahre 2014 bis einschließlich 2016 die Besteuerungsgrundlage mit 33 % der insgesamt im Besteuerungszeitraum erzielten Einkünfte als Sportlerin einschließlich der Werbetätigkeit festgesetzt werde, bei Festsetzung der Steuer allerdings der nicht in die Besteuerungsgrundlage fallende Betrag der Einkünfte zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt) und eine Anrechnung der ausländischen Steuern ausgeschlossen sei. Wie im Zuzugsbegünstigungsbescheid vom dargelegt, auf den mit Bescheid (vom und) Bezug genommen wurde, erfolgte zur Vermeidung einer zuzugsbedingten Mehrbelastung lediglich eine Orientierung an der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Ermittlung des Einkommens von Sportlern, jedoch wurden andere Erfordernisse nicht übernommen. Mit diesem Bescheid des Bundesministers für Finanzen geht die Rechtsfolge der begünstigten Besteuerung der Einkünfte der Bf. in den jeweiligen durch die Abgabenbehörde zu erlassenden Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2014 bis 2016 einher.
Die Nichtbeachtung des vom Bundesminister für Finanzen erlassenen und im Rechtsbestand befindlichen Zuzugsbegünstigungsbescheides durch die Abgabenbehörde bei Erlassung der beschwerdegegenständlichen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014, 2015 und 2016 belastete diese mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
9. Es erübrigt sich im gegenständlichen Beschwerdefall eine Aussage zu der vom Bundesminister für Finanzen und der von der Abgabenbehörde vertretenen Ansicht, eine Interpretation des Sportlerbegriffes nach der Sportler-VO vornehmen zu können, zu treffen. Im gegenständlichen Beschwerdefall hat die Bf. die Zuzugsbegünstigung im Sinne des § 103 EStG 1988 beantragt und explizit nicht die Anwendung der Sportler-VO, die im Falle der Nichterfüllung auch nur einer der Voraussetzungen (anderer Schwerpunkt der sportlichen Tätigkeit, Änderungen im Ausrüstungsvertrag und der Werbewirksamkeit in unterschiedlichen Ländern u.a.) nicht zur Anwendung hätte gelangen können. Im Antrag vom beantragte der steuerliche Vertreter der Bf. daher, wie bereits im Antrag vom , lediglich die Bemessungsgrundlage für den Regelsteuersatz mit 33 % analog der Sportler-VO festzusetzen.
10. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dass von der zuständigen Verwaltungsbehörde rechtskräftig erlassene grundlagenbescheidähnliche Bescheide Bindungswirkung entfalten, findet Deckung in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Punkt III. 3.).
Beilagen: 3 Berechnungsblätter (2014, 2015,2016)
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 103 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100777.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at