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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2020, RV/7500277/2020

Parkometerabgabe; der elektronische Parkschein wurde für ein falsches Kennzeichen aktiviert; kein Milderungsgrund gemäß § 21 VStG, teilweise Stattgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek über die Beschwerde ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Rechtsanwälte Romauch & Romauch, ***1***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/***2***/2020, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe von € 60,00 auf € 48,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auf 10 Stunden herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird das angefochtene Erkenntnis bestätigt.

Der Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde bleibt mit € 10,00 (§ 64 Abs. 2 VStG) unverändert.

Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat die Bf. keinen Beitrag zu den Kosten des
Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Die Geldstrafe (€ 48,00) ist gemeinsam mit dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (€ 10,00) an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 67, lastete mit Strafverfügung vom dem Zulassungsbesitzer des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna, Dr.Dr.iur T., unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans ***3*** der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien an, er habe das Fahrzeug am um 13:17 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1150 Wien, Markgraf-Rüdiger-Straße 14 ggü, ohne einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Genannten eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde von Dr.Dr.iur T. fristgerecht Einspruch erhoben (Fax vom ) und vorgebracht, dass der in der Strafverfügung erhobene Vorwurf nicht zutreffend und im Übrigen im Verhältnis zum Einschreiter unbegründet und völlig unverhältnismäßig sei. Er habe das gegenständliche Fahrzeug am Vorfallstag nachweislich in den frühen Morgenstunden in ***X*** seiner Ehefrau, Dr. Bf1, MA, für eine eintägige Dienstreise nach Wien überlassen, wo diese in der Wiener Stadthalle ganztägig ihrer Funktion in einem österreichischen Sportfachverband nachgekommen sei. Zu diesem Zweck habe seine Ehefrau das Fahrzeug am um 12:05 Uhr in 1150 Wien, Markgraf-Rüdiger-Straße 14 ggü abgestellt und hierfür zugleich per Handy-Parken - Parkkonto Wien 2019 um 12:07 Uhr einen gültigen Parkschein gelöst; damit ebenso zum angeblichen Tatzeitpunkt , 13:17 Uhr. Durch einen minderen Grad des Versehens sei der relevierte und die danach folgenden Parkscheine allerdings auf das im Handy-Parken - Parkkonto 2019 vorgespeicherte Kennzeichen seiner Ehefrau, Kennz2, gelöst worden. Letzteres Fahrzeug habe sich an diesem Tag allerdings nachweislich in ***X***, ebenso wie er, befunden (Beweis: Auszug aus dem Handyparken vom , Auszug aus dem Kanzleijournal vom ).

Der mit Strafverfügung vorgeschriebene Betrag von nunmehr € 60,00 stehe daher in keinem Verhältnis zur Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und zur Intensität seiner Beeinträchtigung durch die angebliche Tat, da durch seine Ehefrau am angeblichen Vorfallstag nachweislich eine Parkgebühr in Höhe von gesamt € 13,65, ebenso zum relevierten angeblichen Tatzeitpunkt 21.10.2919, 13:17 Uhr, entrichtet worden sei, damit jedenfalls kein Verschulden seinerseits vorliegen könne sowie ein Verschulden seiner Ehefrau als gering anzusehen sei und die Strafverfügung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat jedenfalls unverhältnismäßig sei (§ 45 Z. 4 und 6 VStG).

Eine Verwaltungsstrafe sei im konkreten Fall auch nicht erforderlich, um ihn/seine Ehefrau von künftigen Begehungen abzuhalten, da für ihn/seine Ehefrau, der gegenständliche Vorfall erstmalig und einmalig gewesen sei (versehentliche Verwechslung des im Handy-Parken hinterlegten amtlichen Kennzeichens).

Er stelle daher den Antrag, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren in Anbetracht des nicht vorliegenden Unrechtsgehaltes und der Unverhältnismäßigkeit der gegenständlichen Verwaltungsstrafe zum bloß geringfügigen Unrechtsgehalt der Tat seiner Ehefrau einzustellen und ihn hiervon zu verständigen.


Mit Straferkenntnis vom wurde Mag. Dr.iur. Bf1, MA, (Beschwerdeführerin, kurz: Bf.) die bereits näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde der Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Einspruchsvorbringens von Dr.Dr.iur T. sowie der maßgeblichen gesetzlichen Normen (§ 5 Abs. 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung und § 7 Abs. 2 und 3 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung) führte die Behörde aus, dass den Buchungen der Bf. bei Handy-Parken zu entnehmen sei, dass sie am für das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Kennz2 anstatt Vienna einen elektronischen Parkschein gebucht habe.

Es sei somit für den konkreten Abstellvorgang, der sich nicht nur aus Zeit und Ort, sondern insbesondere auch aus dem, nach dem Kennzeichen bestimmten, abgestellten Fahrzeug definiere, kein gültiger elektronischer Parkschein gebucht gewesen. Daran vermöge auch ein Nachweis über den Verbleib jenes Fahrzeuges, wofür irrtümlich ein elektronischer Parkschein aktiviert worden sei, nichts ändern.

Die Bf. habe bei der Entrichtung der Parkometerabgabe mittels eines elektronischen Parkscheines die objektiv gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen, zumal von einem Fahrzeuglenker zu erwarten sei, in Zusammenhang mit der Aktivierung eines elektronischen Parkscheines die Richtigkeit und Vollständigkeit der dabei relevanten Angaben zu prüfen.

Es seien im Zuge des Verfahrens somit keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung hätten führen können.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.

Es werde daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung sowie aus der Tatumschreibung in der Strafverfügung ersichtlich sei, zumal die Bf. diesen unbestritten gelassen habe.

Nach näheren Ausführungen zum Fahrlässigkeitsbegriff stellte die Behörde fest, dass nach der Aktenlage Fahrlässigkeit anzunehmen sei.

Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Die Bf. habe die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz).

Die Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde und focht das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach an. Das Vorbringen im Sinne einer nachvollziehbaren Verantwortung im Einspruch vom werde ausdrücklich zum Beschwerdevorbringen erhoben. Sie habe am nach einer längeren Anreise in einer nachvollziehbaren Situation (sie habe gemeint, mit ihrem eigenen Fahrzeug unterwegs gewesen zu sein) eine Abgabe zu Gunsten des Landes Wien abgeführt. Seit Jahrhunderten gelte im österreichischen Rechtsbereich der bekannte Grundsatz, dass bei Entrichtung einer Abgabe eine versehentlich falsche Bezeichnung zu keinen Sanktionen führen dürfe ("falsa demonstratio non nocet"). Das Vorgehen der MA 67 sei daher mit dem österreichischen Verschuldensprinzip für Verwaltungsstrafsachen nicht vereinbar.

Sie habe am keine Verkürzung einer Abgabenverpflichtung zu verantworten, sondern habe sich im Sinne einer entschuldbaren Fehlhandlung schlicht bei der Anführung des Kennzeichens geirrt, und stelle daher aus den angeführten Gründen den Antrag, gegenständliche Beschwerde ohne Abhaltung einer Verhandlung dahingehend Folge zu geben, dass gegenständliches Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde.

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna, zugelassen auf den Ehemann der Bf., war am um 13:17 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1150 Wien, Markgraf-Rüdiger-Straße 14 ggü, abgestellt.

Für das Fahrzeug war zur Beanstandungszeit weder ein Papierparkschein ausgefüllt noch ein gültiger elektronischer Parkschein aktiviert.

Der um 12:07 Uhr elektronische Parkschein mit der Nr. 300481122, Gültigkeitsdauer 90 Minuten, und somit gültig bis 13:45 Uhr, wurde für das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen Kennz2 aktiviert.

Es lag somit zur Beanstandungszeit für das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna kein gültiger Parkschein vor.

Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen und den Anzeigedaten des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos und aus der Übersicht Handy-Parken.

Der Sachverhalt ist unstrittig.

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960 ) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten
Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung normiert:

(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.

(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen und
Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als
Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

Rechtliche Beurteilung:

Bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines kann unter ordnungsgemäß entrichtet nur die Anmeldung unter Anführung des richtigen behördlichen Kennzeichens verstanden werden, da der Abstellvorgang insbesondere durch das nach dem Kennzeichen individualisierte, abgestellte Fahrzeug definiert wird (vgl. , s. auch , ).

Wird der Parkschein aus Versehen für ein anderes Fahrzeug aktiviert, so liegt eine Abgabenverkürzung vor. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass irrtümlich für ein anderes Kraftfahrzeug ein elektronischer Parkschein aktiviert wurde (vgl. , , ).

Es ist auch unmaßgeblich, ob das Fahrzeug, für welches der elektronische Parkschein irrtümlich aktiviert wurde, tatsächlich in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war oder nicht, da für das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug kein gültiger (elektronischer) Parkschein vorlag.

Die Bf. hat somit den objektiven Tatbestand der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht.

Zur subjektiven Tatseite:

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld.

Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässigkeit ist die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt. Sie ist neben dem Vorsatz eine Art des Verschuldens. Im Gegensatz zum Vorsatz will jemand, der fahrlässig handelt, keinen "Erfolg" (z.B. den Eintritt eines Schadens) verursachen.

Je nach dem Grad der Sorglosigkeit wird grobe und leichte Fahrlässigkeit unterschieden. Leicht fahrlässig ist ein Verhalten, wenn auch einem sorgfältigen Menschen ein solcher Fehler gelegentlich passiert. In diesen Fällen ist ein Schadenseintritt meist nicht so leicht vorhersehbar.

Grundsätzlich ist von einem Fahrzeuglenker zu erwarten, dass er sowohl beim Ausfüllen eines Papierparkscheines als auch bei der Aktivierung eines elektronischen Parkscheines die Richtigkeit und Vollständigkeit der dabei relevanten Angaben überprüft.

Auch auf der Internetseite http://www.handyparken.at/handyparken/content/cms/image.seam?id=529407 wird darauf hingewiesen, dass die Daten des elektronischen Parkscheines bzw. -tickets, insbesondere Gültigkeitszeitraum, KFZ-Kennzeichen, Ortsangabe und gegebenenfalls die Zonenangabe, bei Erhalt des Bestätigungs-SMS zu kontrollieren sind und bei fehlerhaften Parkscheindaten ein neuer Parkschein zu aktivieren ist.

Die Bf. hat offensichtlich die einer am Straßenverkehr teilnehmenden Person zuzumutende Sorgfalt außer Acht gelassen, da sie nicht überprüft hat, ob der elektronische Parkschein für das richtige Kennzeichen aktiviert ist.

Der Akteninhalt und das Vorbringen der Bf. bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass ihr nach ihren persönlichen Verhältnissen zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten.

Da die Bf. bis dato in verwaltungsstrafrechtlichen Angelegenheiten nach dem Parkometergesetz unbescholten ist, geht das Bundesfinanzgericht von einem leicht fahrlässigen Verhalten aus.

Zur Abstandnahme von der Verhängung einer Geldstrafe und zum Antrag auf Einstellung des Verfahrens wird Folgendes ausgeführt:

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen und dem Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber in einem Fall, bei dem die Beschwerdeführerin den Papierparkschein unrichtig ausfüllte (keine Entwertung in der Rubrik "Minute") und bei dem alleine strittig war, ob die nach § 21 Abs. 1 VStG angeordneten Tatbestandsmerkmale, nämlich geringes Verschulden und unbedeutende Folgen, gegeben seien, im Erkenntnis vom , 93/17/0088, ausgesprochen, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 erster Satz VStG nur in Frage kommt, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig sei. Wie der Gerichtshof bereits wiederholt dargelegt habe, könne davon nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibe (Verweis auf ). Bei dem Sorgfaltsverstoß der Bf. (unrichtiges Ausfüllen eines Parkscheines), könne der VwGH vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage nicht feststellen, dass das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibe.

Angemerkt wird, dass der von der Bf. angeführte Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" ("eine falsche Bezeichnung schadet nicht") hinsichtlich dessen Bedeutung denklogisch bei Verwaltungsübertretungen nach dem Parkometergesetz keine Anwendung finden kann.

Strafbemessung:

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs. 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. und , ).

Die Strafe hat sich vor allem auch am Strafzweck zu orientieren. Das Parkometergesetz verfolgt ua. das Ziel, den Parkraum zu rationieren. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Strafe durch ihre Höhe geeignet ist, Verkehrsteilnehmer zur Vermeidung von Übertretungen des Parkometergesetzes anzuhalten.

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte das als bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung.

Die belangte Behörde ging bei der Strafbemessung von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen aus, da diesbezüglich keine Angaben gemacht wurden.

Die Unbescholtenheit der Bf. in verwaltungsstrafrechtlichen Parkometerangelegenheiten wurde als Milderungsgrund berücksichtigt.

Das Bundesfinanzgericht wertet es zudem als mildernd, dass die Bf. grundsätzlich bemüht war, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen, indem sie einen kostenpflichtigen Parkschein für eine Abstelldauer von 90 Minuten, wenn auch für das falsche Fahrzeug, aktiviert und damit ihren Willen zur Entrichtung der Parkometerabgabe dokumentiert hat.

Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe und den bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmen, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden erscheint dem Bundesfinanzgericht eine Geldstrafe von € 48,00 als schuld- und tatangemessen.

Die für den Uneinbringlichkeitsfall zu verhängende Ersatzfreiheitsstrafe wird demgemäß von 14 auf 10 Stunden herabgesetzt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Bestrafte keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten, wenn der Beschwerde auch nur teilweise stattgegeben wird.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 21 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Verweise
§ 1 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006

§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 21 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991

§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991

§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500277.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at