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Bescheidbeschwerde – Senat – Beschluss, BFG vom 28.05.2020, RV/7105409/2019

Zurückweisung der Beschwerde des ehemaligen Geschäftsführers mangels Aktivlegitimation, wenn der ins Leere gegangene Bescheid an die bereits gelöschte GmbH ergangen ist

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende P-1, die Richterin P-2 und die fachkundigen Laienrichter P-3 und P-4 in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Mag. Friedrich Woditschka, Friedhofstraße 41, 2170 Poysdorf, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO, Steuernummer N-1, in nichtöffentlicher Sitzung vom beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragte der spätere Beschwerdeführer (Bf.) Bf., Abgaben der G-1 in Höhe von € 14.970,24 nachsehen zu wollen.

Begründend wurde vorgebracht:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom habe das Finanzamt die Beschwerde des Bf. gegen die Inanspruchnahme der Haftung in Höhe von € 14.970,24 abgewiesen. Dies unter anderem deshalb, weil in Ausübung des Ermessens durch das Finanzamt den Zweckmäßigkeitserwägungen Vorrang vor den Billigkeitserwägungen zugunsten der Partei eingeräumt worden seien.

Grundsätzlich könne daher davon ausgegangen werden, dass von Seiten der Behörden immer Zweckmäßigkeitserwägungen Vorrang hätten. Es müsse daher auf ein anderes Rechtsinstrument zurückgegriffen werden, welches die Individualinteressen in den Vordergrund stelle. Dies geschehe daher mit dem gegenständlichen Ansuchen um Nachsicht.

Die persönliche Härte liege insbesondere deshalb vor, weil anlässlich der Insolvenz der Gesellschaft, bei der er Geschäftsführer gewesen sei, Bankschulden in Höhe von rund € 200.000,00 in die persönliche Rückzahlung hätten übernommen werden müssen. Darüber hinaus habe der Bf. auch eine Finanzstrafe abzustatten. Diese zusätzlichen Belastungen könnten aus dem erzielten Einkommen grundsätzlich nicht gedeckt werden, wenn auch zeitgleich die dafür anfallenden Sozialversicherungsbeiträge bei der gewerblichen Wirtschaft und die Einkommensteuer entrichtet werden müssten. Grund dafür sei die eindeutig überhöhte Abgaben- und Beitragsquote in Österreich, welche bei Einzelunternehmen zur Anwendung komme. Geringfügig abgemildert werde dieser Umstand nur dadurch, dass die Abgaben und Beiträge zeitversetzt zur Vorschreibung gelangten. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Bankzahlungen aber über einen längeren Zeitraum zu leisten seien, sei jede zusätzliche Einhebungsmaßnahme der Finanzbehörde kontraproduktiv und müsse zum wirtschaftlichen Ruin des Steuerpflichtigen führen. Es sei daher dringend angebracht, dass dieser Sachverhalt auch von der Abgabenbehörde entsprechend gewürdigt werde und es auch im Sinne des Gemeinwohles sein müsse, wenn jemand im Arbeitsprozess erhalten bleibe.

Im anderen Fall könne nur über ein Abschöpfungsverfahren eine Quote für Altschulden erreicht werden, welche in den meisten Fällen weit niedriger sei, als die laufenden Abgaben und Beiträge. Es gelte daher abzuwägen, ob es Sinn mache, über viele Jahre die wirtschaftliche Existenz zu zerstören oder im Wege der Nachsicht auf € 14.970,24 zu verzichten und dafür laufende Sozialversicherungsbeiträge und Einkommensteuern für die nächsten Jahre zu erhalten.

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Mit an die G-1 zu Handen des Bf. gerichtetem Bescheid vom wies das Finanzamt dieses Ansuchen als unbegründet ab und führte aus:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO könnten fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig sei.

Die Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 und 2 BAO könne eine sachliche oder persönliche sein.

Sachliche Unbilligkeit einer Abgabeneinhebung liege vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintrete, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff komme.

Die Heranziehung als Haftungspflichtiger gemäß § 9 BAO iVm §§ 80 ff BAO für unentrichtet gebliebene Abgaben des Vertretenen stelle keinen Umstand dar, welcher eine positive Erledigung eines Nachsichtsansuchens begründe, sondern lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage, die alle Vertreter juristischer Personen bei schuldhafter Pflichtverletzung in gleicher Weise treffe.

Persönliche Unbilligkeit sei anzunehmen, wenn die Einhebung der Abgaben die Einziehung, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere das Vermögen und das Einkommen des Abgabenschuldners, in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigten. Mangelnde Liquidität, Bankschulden bzw. persönliche Rückzahlungen bildeten keine Grundlage für eine Steuernachsicht. Dies würde gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit verstoßen.

Da das Finanzamt aus seiner Antragsbegründung weder eine sachliche noch eine persönliche Unbilligkeit in der Einhebung erkennen könne, sei sein Antrag daher abzuweisen gewesen.

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte der Bf. ein, dass das Finanzamt in der Bescheidbegründung anscheinend Ursache und Wirkung verkenne. Wenn die Heranziehung als Haftender als einziges Entscheidungskriterium herangezogen werde, könne es niemals zu einer Nachsicht von Abgaben kommen. Im Nachsichtsverfahren stehe auch nicht zur Diskussion, aus welchen Gründen es zu dieser Abgabenvorschreibung gekommen sei, sondern seien die Auswirkungen aus der Sicht des Betroffenen zu beurteilen. Die Begründung, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliege, sei als Begründung für die Haftung zulässig, aber nicht für die Abweisung des Nachsichtsansuchens heranzuziehen.

Im konkreten Fall entstehe aber gerade durch die zusätzliche Abgabenbelastung eine anormale Belastungswirkung für den Bf. Dies lasse sich sehr deutlich am Einkommen des Jahres 2017 darstellen. Er sei bei der Firma F-1 im Verkauf tätig. Laut Einkommensteuererklärung 2017 habe er daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 20.279,00 bezogen. Dies entspreche einem "Monatsgehalt" nach vorläufiger Sozialversicherung, aber vor Einkommensteuer von rund € 1.670,00. Dabei bereits abgezogen seien die Beiträge an die SVA der gewerblichen Wirtschaft. Leider aber nicht periodenbereinigt, sodass eine Nachzahlung von rund € 4.200,00 für 2017 zu erwarten sei. Dadurch vermindere sich das fiktive Monatsgehalt um rund € 350,00 auf rund € 1.320,00. Die aus der Veranlagung resultierende Einkommensteuer für 2017 werde rund € 2.600,00 betragen, sodass diese Belastung das monatliche Einkommen um weitere € 216,00 auf € 1.104,00 reduziere.

Eine gewisse Entschärfung der Sachlage sei deshalb gegeben, weil die dargestellten Belastungen nicht unmittelbar fällig seien.

Von diesem verminderten Einkommen habe der Bf. aber einen Kredit zu bedienen, welcher ebenfalls aus der Insolvenz der Gesellschaft entstanden sei und für den die Bank die persönliche Haftung des Geschäftsführers besessen habe. Großzügiger Weise habe die Bank der Kreditabstattung durch ihn im Insolvenzverfahren der Gesellschaft zugestimmt, weil anderenfalls ein anschließendes privates Schuldenregulierungsverfahren nicht vermeidbar gewesen wäre. Die Bank habe in diesem Fall ein logisches wirtschaftliches Verhalten gezeigt, weil die Rückzahlung des Kredites in dieser Phase nicht darstellbar gewesen sei.

Weiters sei es dem Bf. gelungen, unmittelbar nach Beendigung des Insolvenzverfahrens eine Beschäftigung zu finden, aus der der Lebensunterhalt bestritten werden könne. Das verfügbare Einkommen sei aber bereits ohne Kreditrückzahlung nur geringfügig über dem Existenzminimum, sodass er nicht überzeugt sei, dass diese finanzielle Belastung langfristig eingehalten werden könne. Eine weitere Belastung durch die Inanspruchnahme der Haftung führe zwangsläufig zur persönlichen Zahlungsunfähigkeit und zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens. Im Rahmen eines Zahlungsplanes, welcher eine Laufzeit zwischen 5 bis 7 Jahren habe, erhielte das Finanzamt bereits aufgrund der Dauer weit weniger an Abgaben, als es bei der positiven Erledigung der beantragten Nachsicht erhalten könnte.

Es sei daher im Rahmen der Entscheidung ein gesamtwirtschaftliches Interesse zu fordern und nicht alleine auf die Abgabenerhebung abzustellen. Es werde daher die Beschwerde direkt an den Vorstand des Finanzamtes gerichtet und beantragt im Rahmen des Parteiengehörs auch eine persönliche Vorsprache zuzulassen.

In Erledigung der Beschwerde werde beantragt, die Nachsicht von Abgaben in Höhe von € 14.970,24 zu bewilligen.

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Mit nunmehr an den Bf. adressierter Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass gemäß § 236 BAO auf Antrag der Partei fällige Abgabenschuldigkeiten ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden könnten, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Die Unbilligkeit der Einhebung könne eine sachliche oder persönliche sein.

Sachlich bedingte Unbilligkeit liege nur dann vor, wenn sie in den Besonderheiten des Einzelfalles begründet sei. Eine derartige Unbilligkeit sei aber dann nicht gegeben, wenn eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vorliege, also die vermeintliche Unbilligkeit für die davon betroffenen Personen aus dem Gesetz selbst folge. Nur wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintrete, sei die Einziehung "nach der Lage des Falles unbillig".

Die Partei wende ein, dass die Heranziehung als Haftender als einziges Entscheidungskriterium niemals zu einer Nachsicht führen könne und nicht die Gründe, warum es zur Abgabenvorschreibung gekommen sei, sondern die Auswirkungen dieser Vorschreibung aus Sicht der Betroffenen zu beurteilen seien. Die gegenständliche Begründung im abweisenden Bescheid, nämlich schuldhafte Pflichtverletzung im Rahmen des § 9 BAO, sei nicht für die Abweisung eines Nachsichtsantrags heranzuziehen.

Hierzu sei seitens des Finanzamtes auszuführen, dass diese Begründung im Abweisungsbescheid vom auf das Nichtvorliegen einer sachlichen Unbilligkeit abgestellt habe. Die Behörde habe zu Recht das Fehlen einer sachlichen Unbilligkeit dargestellt, dadurch dass sie durch die Bezugnahme auf die schuldhafte Pflichtverletzung und in der Folge ausgesprochene Haftung auf ein behördliches Vorgehen, welches mit Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar gewesen sei, hingewiesen habe.

Diese steuerliche Belastung trete bei entsprechendem Sachverhalt in gleichen Lagen - somit allgemein - ein und stelle keine Unbilligkeit des Einzelfalles dar. Die Wurzel der Rechtsanwendung liege hier in der allgemeinen Gesetzeslage. Dadurch liege ein außergewöhnlicher, von der Partei unerwarteter und nicht mehr beeinflussbarer Geschehensablauf, der zu einer sachlichen Unbilligkeit des Einzelfalles führe, nicht vor. Auch dem Einwand laut Antrag vom , dass in Österreich eine eindeutig überhöhte Abgaben-und Beitragsquote vorliege, sei mit obigen Ausführungen betreffend sachliche Unbilligkeit zu begegnen. Die Abgaben- und Beitragsquote sei gesetzlich geregelt, betreffe eine Gesamtheit von Personen mit gleicher Sachlage und erfülle somit nicht die Tatbestandsmerkmale einer sachlichen Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO.

Persönliche Unbilligkeit sei anzunehmen, wenn durch die Einhebung der Abgabe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unverhältnismäßig beeinträchtigt würde. Hier schlage sich die Würdigung des Beschwerdeeinwandes, es seien die Auswirkungen der Abgabenvorschreibung aus Sicht der Betroffenen zu beurteilen, nieder. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liege in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend mit verursacht sein.

Die Partei begründe in ihrer Eingabe die persönliche Unbilligkeit damit, dass durch die Abgabenvorschreibung eine anormale Belastungswirkung entstehe und durch Kreditabstattung, Zahlung einer Finanzstrafe, Nachzahlung der Sozialversicherung, sowie Einkommensteuerzahlung das zur Verfügung stehende Monatsgehalt auf rund € 1.104,00 nur geringfügig über dem Existenzminimum liege, sodass die finanzielle Belastung längerfristig nicht durchgehalten werden könne.

Die Frage, ob die Existenz der Person des Abgabepflichtigen gefährdet sei, sei nach der Einkommens- und Vermögenslage ohne Abzug der zu entrichtenden (nachsichtsverfangenen) Abgaben () zu beurteilen. Grundsätzlich sei der Abgabepflichtige gehalten, für die Zahlung der Abgaben vorzusorgen.

Aufgrund der angeführten wirtschaftlichen Verhältnisse, welche dieser Entscheidung zu Grunde zu legen seien, sei davon auszugehen, dass eine Existenzgefährdung durch die Einhebung der gegenständlichen Abgaben nicht gegeben sei. Der Partei verblieben nach eigenen Angaben noch ca. netto € 1.104,00, sodass eine Entrichtung des Nachsichtsbetrages in Raten zumutbar sei. Dabei sei auch zu beachten, dass ein mit der Nachsicht gegebener Sanierungseffekt nicht eintrete und die Nachsicht nur anderen Gläubigern, gegenüber denen Schulden aushaften, zu Gute käme. Dass von den anderen Gläubigern ebenfalls Beträge nachgelassen worden seien oder würden, sei nicht behauptet worden.

Eine persönliche Unbilligkeit liege dann nicht vor, wenn mit den vorhandenen Mitteln das Auslangen gefunden werden könne, wobei die gesetzlichen Existenzminima und Ausgleichszulagenrichtsätze als Entscheidungshilfe herangezogen werden könnten. Die angegebenen Einkünfte des Antragstellers abzüglich der geltend gemachten Zahllasten lägen noch eindeutig über dem jährlichen Existenzminimum.

Es sei daher mangels weiterer Ausführungen und Nachweise durch die Partei eine Existenzgefährdung, also das Fehlen der Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes, aufgrund der Zahlungsverpflichtung an das Finanzamt, zu verneinen gewesen. Auch wenn die Partei eine Verpflichtung zur Zahlung von Abgaben-, Beitrags- und Finanzstrafschulden treffe und dies eine Belastung ihrer liquiden Situation darstelle, ändere sich nichts am Umstand, dass die Partei auf Grund ihrer vorhandenen Mittel diese Abgaben und Beiträge abstatten könne. Es träten dadurch nicht derart wirtschaftlich unverhältnismäßige Auswirkungen auf, die die Lebensfähigkeit der Person des Abgabepflichtigen gefährdeten, zumal Härten aus der Abgabeneinhebung durch Gewährung von Zahlungserleichterungen begegnet werden könnten. Die Partei könne mit den vorhandenen Einkünften die finanzielle Bedeckung ihrer persönlichen Lebensbedürfnisse bestreiten, wenn sie sich auch in ihrem zu finanzierenden Lebensrahmen nach den nunmehr vorhandenen finanziellen Möglichkeiten zu orientieren habe.

Abschließend sei zu berücksichtigen, dass die Partei zwar bereit sei, ihre Bankverbindlichkeiten (Kredit) und Sozialversicherungsbeiträge abzustatten, die Abgabenschulden jedoch im Nachsichtwege nachgesehen werden sollten. Eine Differenzierung zwischen Abgabenschulden, Sozialversicherungsbeiträgen und Bankverbindlichkeiten erscheine jedoch ausgeschlossen, weil dies zu einer Ungleichbehandlung von Gläubigern, einseitig zu Lasten des Staates, führe.

Die Partei führe im Weiteren im Antrag auf Nachsicht aus, dass jede zusätzliche Einhebungsmaßnahme seitens der Abgabenbehörde kontraproduktiv sei, zum wirtschaftlichen Ruin der Partei führe, ein Abschöpfungsverfahren nur eine Quote, welche weit niedriger wäre als die laufenden Schulden und Beiträge, erreichen würde und es Sinn mache, durch Nachsicht auf die € 14.970,24 zu verzichten und dafür laufende Sozialversicherungsbeiträge und Einkommensteuern zu erhalten.

Sie ergänze diese Ausführungen in der Beschwerde, dass im Fall eines Schuldenregulierungsverfahrens das Finanzamt weit weniger an Abgaben erhalten würde und auf ein gesamtwirtschaftliches Interesse abzustellen sei.

Hierzu könne seitens der Behörde entgegengehalten werden:

Lasse ein konkret vorliegender Sachverhalt schon die Annahme einer Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht zu, dann sei ein Nachsichtansuchen wegen Fehlens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen bereits aus Rechtsgründen abzuweisen und bleibe für eine Ermessensentscheidung kein Raum.

Die Beurteilung, ob eine Unbilligkeit vorliege, sei keine Ermessensfrage (), sondern die Auslegung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes (, , 94/13/0047, 0049, 0050). Erst wenn alle Nachsichtsvoraussetzungen gegeben seien, liege die Bewilligung der Nachsicht im Ermessen der Abgabenbehörde (), und könnte die eingewendete Abwägung vorgenommen werden, wobei sich dieses an den Ermessenskriterien des § 20 BAO (Zweckmäßigkeit und Billigkeit) zu orientieren habe.

Für eine Ermessensabwägung im Sinne der Ausführungen der Partei bleibe somit mangels Vorliegens einer persönlichen oder sachlichen Unbilligkeit der Einhebung kein Raum. Allerdings hätte auch im Rahmen des Ermessens keine Nachsicht gewährt werden können, da diese sich im gegenständlichen Fall nur zu Gunsten anderer Gläubiger auswirken und somit die beantragte Abwägung zu Gunsten der Erhaltung einer Abgabenquelle ins Leere führen würde.

Mangels Vorliegen einer sachlichen und/oder persönlichen Unbilligkeit sei somit wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

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Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Beschwerdesenat.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Festzustellen ist, dass der angefochtene Bescheid vom an die G-1 zu Handen ihres ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführers Bf. adressiert war. Das diesem Bescheid vorangegangene Nachsichtsansuchen betrifft aushaftende Abgaben der GmbH, für die der Bf. zur Haftung herangezogen wurde, wurde aber nicht von der Primärschuldnerin, deren verbleibende Abgaben aufgrund des am D-1 nach Schlussverteilung beendeten Konkursverfahrens und der am D-2 erfolgten Löschung im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit ohnehin bei ihr uneinbringlich sind, sondern vom haftungspflichtigen Bf. eingebracht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Löschung einer GmbH im Firmenbuch nur deklarativen Charakter. Die GmbH besteht trotz ihrer Löschung noch so lange fort, als ein Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist (zB ).

Wird eine GmbH wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht, so ist ihre Rechtspersönlichkeit beendet, sofern und solange - wie hier - kein Aktivvermögen vorhanden ist (vgl. ). Ist infolge der Vermögenslosigkeit kein Abwicklungsbedarf mehr gegeben, tritt die Vollbeendigung der Gesellschaft ein. In der Regel erlischt auch die Parteifähigkeit der gelöschten Gesellschaft ().

Da der angefochtene Bescheid unzweifelhaft an die nicht mehr existente G-1 adressiert wurde, woran auch die "Zustellung" an den nachsichtswerbenden Bf. nichts zu ändern vermochte, da mangels Liquidation keine Vertretungsbefugnis des ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführers gemäß § 80 Abs. 3 BAO mehr besteht (Ritz, BAO6, § 80 Rz 15), handelt es sich hierbei um einen Nichtbescheid, weil der behördliche Akt ins Leere geht, wenn ein Bescheid an eine GmbH gerichtet ist, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits im Firmenbuch gelöscht ist ().

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen (zB ). Im gegenständlichen Fall liegt deshalb kein Bescheid vor, weil die an sich Bescheidcharakter aufweisende Erledigung an eine nicht mehr existente juristische Person gerichtet war (Ritz, BAO6, § 260 Rz 8).

Zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde ist gemäß § 246 Abs. 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Darüber hinaus wäre die gegenständliche Beschwerde des Bf. auch mangels Aktivlegitimation (ebenfalls gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ) zurückzuweisen, da gemäß § 246 Abs. 1 BAO nur derjenige befugt ist, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Wie bereits ausgeführt war der Bescheidadressat nicht der nachsichtswerbende Bf., sondern die im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH.

Da somit das Nachsichtsansuchen des Bf. noch unerledigt ist, wird darüber das Finanzamt noch bescheidmäßig abzusprechen haben.

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO kann der Senat ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260).

Da die Beschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen war, konnte gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden und war in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105409.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at