Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.06.2020, RV/1100334/2014

Leistungen eines inländischen Lokalbestitzers an einen ausländischen Wettanbieter - Ort der sonstigen Leistung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache der A., vertreten durch Brändle Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung GmbH, Rosenstraße 23c, 6850 Dornbirn, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom , betreffend Umsatzsteuer 2011 und Festsetzung von Umsatzsteuer 01-04/2012, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung über die Monate Juli 2011 bis Mai 2012 wurden folgende Feststellungen getroffen (Niederschrift über die Schlussbesprechung gem. § 149 Abs. 1 BAO vom ).

"1. PROVISIONEN A. bzw B.

[…]

Sachverhalt:

Mit dem Lokalinhaber (Lokalbetreiber) werden in der Praxis unterschiedlich bezeichnete Verträge (Vereinbarungen) abgeschlossen. Diesen Vereinbarungen gemein ist, dass üblicherweise der Lokalinhaber nicht nur die Aufstellung der Geräte in seinem Lokal duldet und daneben in den Aufstellungsräumen die Stromversorgung, Internetanbindung, Beheizung, Reinigung, etc sicherstellt, sondern ferner auch, wenn oft auch nicht explizit festgehalten, die Geräte ein- und ausschaltet, Geldbeträge treuhändig entnimmt, Gewinne an Kunden ausbezahlt, Fragen von Kunden zur Bespielung der Geräte beantwortet, die Verständigung bei Betriebsstörungen vornimmt, für ein der Bespielung der Geräte zugängliches Umfeld sorgt usw. Daneben kommt es auch vor, dass sich der Lokalinhaber verpflichtet, sein Personal zu schulen bzw zur Teilnahme an Schulungen anzuhalten, eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen, einen betragsmäßig festgehaltenen Mindestkassenstand zu halten.

"Umsatzsteuerrechtliche Würdigung:

Entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen erbringt der Lokalinhaber grundsätzlich seine Leistung(en) nicht an den Spieler selbst, sondern an eine vom Spieler verschiedene Person. In der Regel kommt es daher im Zusammenhang mit dem angebotenen Automatenglücksspiel zu keinem unmittelbaren Leistungsaustausch zwischen dem Lokalinhaber und Spieler. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise erbringt der Lokalinhaber dabei eine einheitliche sonstige Leistung, welche weder eine Vermittlungsleistung (Vermittlung von Spielaufträgen) noch eine reine Vermietung und Verpachtungsleistung darstellt. Die Hauptleistung des Lokalinhabers besteht darin, die Aufstellung der Geräte in seinem Lokal zu dulden.

In diesem Zusammenhang erbringt er auch weitere unselbständige Nebenleistungen. Nachdem diese sonstige Leistung im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Grundstück steht, ermittelt sich der Leistungsort nach § 3a Abs 9 UStG (vor gem. § 3a UStG). Die seitens des Lokalinhabers erbrachte sonstige Leistung ist daher am Grundstücksort steuerbar.

Die Steuerbefreiung des § 6 Abs 1 Z 16 kommt nicht zu Anwendung. Gemäß § 16 Abs 1 Z 16 UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, ohne die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges, steuerbefreit.

Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht die Vermietung von Grundstücken darin, dem Mieter gegen Zahlung des Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht einräumt, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen ( - siehe Ruppe § 6 UStG Rz 357).

Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken stellt in der Regel eine passive Tätigkeit dar, die an den Zeitablauf gebunden ist und nicht zu einer signifikanten Wertschöpfung führt.

Leistungen, deren Inhalt über die bloße Bereitstellung einer Sache wesentlich hinausgehen, fallen nicht unter die Befreiung (Melhardt/Tumpel, UStG § 6 Tz. 489. Siehe dazu auch die Rsp des Sinclair Collins, C-275/01 wonach das Entgelt, das in einer Beteiligung an den Verkaufserlösen besteht, für das vom Lokalinhaber dem Eigentümer eines Zigarettenautomaten eingeräumte Recht, den Automaten in seinem Geschäftslokal aufzustellen, ohne dass der Betreiber das Recht auf ausschließliche Nutzung einer Fläche im Lokal oder den Zugang zu dieser Fläche kontrollieren oder beschränken könnte, nicht unter diese Befreiungsbestimmung fällt.)

Daher sind die Entgelte welche dem Lokalbetreiber vom Aufsteller etc. für seine Gesamtleistung bezahlt werden in Österreich steuerbar und steuerpflichtig."

[…]"

2. Das Finanzamt hat sich der Rechtsansicht des Prüfers angeschlossen und erließ unter Hinzurechnung von steuerbaren und steuerpflichtigen (20%igen) Umsatzerlösen entsprechend der vom Prüfer getroffenen Feststellungen den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2011 und den angefochtenen Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer 01-04/2012 (Ausfertigungsdatum jeweils ).

3. Gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011 sowie den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer 01-04/2012 wurde seitens der steuerlichen Vertretung der Bf. mit Schreiben vom fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben und die Entscheidung durch den gesamten Beschwerdesenat sowie eine mündliche Verhandlung beantragt.

In der Beschwerde wurde begründend ausgeführt, die Firma B. habe keine Glücksspielautomatenumsätze iSd § 2 Abs. 3 GSpG (die Entscheidung über Gewinn und Verlust falle nicht im Automaten selbst) - wie dies von der Betriebsprüfung in ihrer rechtlichen Würdigung ausgeführt worden sei - durchgeführt, sondern eine zentralseitige elektronische Videolotterie iSd § 12a GSpG über einen sich in der Slowakei befindlichen Server angeboten, wobei die Spielkunden über von der Bf. in ihren Geschäftslokalen (von dieser) zur Verfügung gestellten Video Lotterie Terminals (VLTs) an die Firma B. unter den im Schreiben vom dargelegten Vertragsparameter vermittelt worden seien. Darin seien alle Punkte, die für die von der Bf. durchgeführte Vermittlungsleistung wesentlich seien, angeführt. Aus der vertraglichen Vereinbarung gehe hervor, dass die Firma B. selbst kein eigenes Equipment für die Vermittlung zur Verfügung stelle, sondern der Vermittler selbst für die Beschaffung Sorge zu tragen habe. Wie die Bf. dies durchführe, bleibe ihr dabei vollkommen selbst überlassen. Eine vertragliche Vereinbarung, die eine Bindung an einen bestimmten Verkäufer oder Vermieter vorsehe, habe nicht bestanden. Die Bf. sei somit in ihrer Entscheidung völlig frei gewesen.

Die in den Geschäftsräumlichkeiten der Bf. aufgestellten VLTs würden weder von der Firma B. von dieser im Rahmen der Vertragsbeziehung zur Verfügung gestellt noch würden diese von der Firma B. durch die Bf. angemietet. Somit sei die Firma B. keine Aufsteller von Glücksspielautomaten. Diese würden von der Bf. vielmehr auf eigene Kosten anderwärtig angemietet, wobei die Bf. in ihrer Entscheidung völlig frei gewesen sei, welchem Hersteller/Vermieter sie sich bediene und ob sie die VLTs käuflich erwerbe oder anmiete.

Im vorliegenden Fall überlasse die Bf. der B. nicht die Berechtigung, VLTs in ihren Räumlichkeiten aufzustellen und zu betreiben, sondern sie schaffe selbst technisches Equipment an (von wem und in welcher Form auch immer), um ihrer vertraglichen Verpflichtung, die sie als Vermittler eingegangen sei, nachkommen zu können. Dies habe sie durch Anmietung von einer nicht gesellschaftsrechtlich verbundenen Gesellschaft (Dritten) getan.

Alle in Zusammenhang mit der Vermittlung durch die Bf. erbrachten Leistungen seien für einen Vermittler typisch (zB Information von Kunden über die vermittelte Dienstleistung, Entgegennahme und Verwaltung von Treuhandgeldern, Auszahlungen, Personalschulung, Strom- und Internetanbindung, Beheizung der Lokalität des Vermittlers, Ein- und Ausschalten des Mediums über das die Vermittlung vorgenommen wird, etc.). Diese Leistungen würden unselbständige Nebenleistungen zur Hauptleistung (dh. der Vermittlungsleistung) darstellen, ohne welche diese Vermittlungsleistung gar nicht erbracht werden könne bzw. keinen eigenen Zweck erfüllen. Ohne Personalschulung, Information der Kunden über die vermittelte Dienstleistung, ohne Entgegenahme und Verwaltung und Auszahlung von Treuhandgeldern, Strom- und Internetverbindung, Beheizung der Lokalität wäre die Vermittlung an sich nicht möglich bzw. würde der Vermittler diese Leistungen nicht ohne die zu Grunde liegende Vermittlungsleistung erbringen.

Damit stehe fest, dass die Firma B. von der Bf. lediglich Vermittlungsleistungen betreffend Kunden, welche Dienstleistungen in Form einer elektronischen Lotterie in Anspruch nahmen, bezogen habe und keinerlei Einfluss darauf gehabt habe, in welcher technischen Form die Bf. die Vermittlung vorgenommen habe. Daraus folge wiederum, dass es sich bei den durch die Bf. selbst beigebrachten und auf eigene Kosten gemieteten VLTs, die sie in ihren eigenen Räumlichkeiten aufgestellt und mittels der sie die Vermittlungsleistung erbracht habe, auch um keine Duldungs- oder Grundstücksleistung der Bf. gegenüber der B. handeln könne, sondern eben um eine Vermittlungsleistung.

Befinde sich der Sitz des die Vermittlungsleistung empfangenden Unternehmers (B.) im Ausland (Slowakei), liege auch der Leistungsort der Vermittlungsleistung im Ausland. Folglich sei die von der Bf. erbrachte Leistung in Österreich nicht steuerbar.

4. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom ging das Finanzamt in sachverhaltsmäßiger Hinsicht unter teilweiser Abkehr des den angefochtenen Bescheiden (Umsatzsteuerbescheid 2011 und Festsetzung von Umsatzsteuer 01-04/2012 jeweils vom ) unterstellten Sachverhalts davon aus, die Bf. habe in ihren Geschäftsräumlichkeiten Video Lotterie Terminals (VLTs) aufgestellt bzw. aufstellen lassen. Diese VLTs seien von der Firma C., Slowakei, angemietet worden. Über diese VLTs habe die Firma B., Slowakei, eine zentralseitige Videolotterie iSd § 12a GSpG über einen sich in der Slowakei befindlichen Server betrieben. Die Firma B. sei dabei selbst mit den Spielkunden in einen Leistungsaustausch getreten. Die Bf. habe für ihre Leistung an die Firma B. ein Entgelt, welches vom Umsatz der Firma B. mit den Spielkunden abhängig gewesen sei, erhalten.

In rechtlicher Hinsicht wurde seitens des Finanzamtes begründend ausgeführt, die Bf. habe an B. eine Vielzahl von Leistungen erbracht. Dazu gehörte nicht nur das zur Verfügung stellen des für das Anbieten der elektronischen Lotterie unmittelbar notwendigen Equipments und Leistungen (zB VLT Automaten, Breitbandinternetanschluss, Strom, Verwalten der Ein- und Auszahlungen) sondern auch das zur Verfügung stellen der gesamten Geschäftsräumlichkeiten und Annehmlichkeiten (zB sanitäre Anlagen, Tische und Sitzmöglichkeiten, Essen und Trinken). Die Bf. habe nicht nur die Hardware und den Platz, wo diese Automaten aufgestellt werden, zur Verfügung gestellt, sondern den Kunden des Unternehmens B. auch entsprechende Sitzmöglichkeiten, Essen und Trinken sowie auch Toiletten usw. bereitgestellt. Aus der Sicht von B. habe hier eine einheitliche Leistung vorgelegen. B. sei es lediglich darauf angekommen, dass es ihr ermöglicht worden sei, ihre Leistungen den Kunden (Spielteilnehmern) entsprechend anbieten zu können. Im gegenständlichen Fall sei die geforderte enge wirtschaftliche Verknüpfung der einzelnen Leistungen wohl gegeben, wäre B. nämlich sonst gar nicht in der Lage gewesen, ihre Leistungen den Kunden überhaupt - und schon gar nicht in einem entsprechend angenehmen Umfeld - anbieten zu können. Die von der Bf. an B. erbrachten Leistungen stellten in wirtschaftlicher Hinsicht für B. als Durchschnittsverbraucher objektiv ein Ganzes dar und wäre eine Aufspaltung wirklichkeitsfremd. Daher liege nach Ansicht des Finanzamtes eine einheitliche Leistung vor, wobei die Vermittlung von Spielaufträgen nur von untergeordneter Bedeutung sei.

Das Wesen dieser Leistung bestand nach Ansicht des Finanzamtes in der Zurverfügungstellung der Geschäftsräumlichkeiten, zumal die Geschäftsräumlichkeiten einen zentralen und unverzichtbaren Teil dieser Leistung ausgemacht hätten. Ohne diese Geschäftsräumlichkeiten hätte B. ihre Leistungen überhaupt nicht bzw. nicht in dieser Art (für ihre Kunden in angenehmer Umgebung mit entsprechenden Sitzmöglichkeiten und Toiletten usw.) anbieten können. Die Bf. habe daher an B. jeweils eine einheitliche Leistung erbracht, deren Leistungsort sich gem. § 3a Abs. 9 UStG 1994 (Grundstücksort) bestimme, zumal die Geschäftsräumlichkeiten einen zentralen und unverzichtbaren Teil dieser Leistung ausgemacht hätten.

Die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 gelange nicht zu Anwendung. Die Entgelte, die die Bf. vom Unternehmen B. in den streitgegenständlichen Zeiträumen erhielt, seien daher in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.

5. Dagegen brachte die Bf. mit Schreiben vom durch ihre steuerliche Vertretung einen Vorlageantrag ein. Im Vorlageantrag wurde begründend vorgebracht, die Bf. habe der Firma B. nach dem vorliegenden Sachverhalt weder Räumlichkeiten für die Erbringung ihrer Dienstleistungen in Form einer Vermietung zur Verfügung gestellt noch - mangels Besitz von VLTs - mittels Einräumung eines Rechts die Aufstellung der Geräte in ihren Geschäftsräumlichkeiten geduldet. Nach Ansicht der Bf. seien die von der Bf. an die Firma B. erbrachten Leistungen als in Österreich nicht steuerbare und nicht steuerpflichtige Vermittlungsleistungen zu beurteilen.

6. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

7. Mit Schreiben vom wurde seitens der steuerlichen Vertretung der Antrag auf Senatsverhandlung sowie der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. hat im beschwerdegegenständlichen Zeitraum an den Standorten Ort1, Straße Nr., und Ort2, Straße Nr., jeweils ein Lokal angemietet. In diesen Geschäftsräumlichkeiten hat die Bf. Video Lotterie Terminals (VLTs) aufgestellt bzw. aufstellen lassen.

Laut einem in der Beschwerde vom und in der Beschwerdevorentscheidung vom angeführten Schreiben vom der Firma B. hat diese für die Geschäftsbeziehung mit der Bf. folgende Vertragsinhalte bekanntgegeben:

"Der Vermittler ist im Besitz eines Geschäftslokals und präsentiert das Spielangebot den potentiellen Kunden der B.. Der Vermittler vermittelt die Dienstleistung der Videolotterie im Namen und auf Rechnung der B. in seinem Geschäftslokal innerhalb der Öffnungszeiten. Zur Erfüllung seiner Vermittlungstätigkeit hat der Vermittler das notwendige Personal auf eigene Kosten bereit zu stellen. Der Vermittler hat die Spielkunden darauf hinzuweisen, dass er als Vermittler tätig ist. Er hat kein Recht B. nach außen zu vertreten, sondern vermittelt lediglich die Kunden in seinem Geschäftslokal an B.. B. hat das Recht Spielkunden abzulehnen.

Der Vermittler hat das für die Vermittlung notwendige Equipment und die Geschäftslokalität auf eigene Kosten bereitzustellen und seine Gewerbetätigkeit anzumelden. Der Vermittler hat eine Betriebsversicherung für das Geschäftslokal und das Equipment selbst abzuschließen. Dafür wird keine Haftung übernommen. Der Vermittler führt seinen Betrieb für die Vermittlung auf eigene Gefahr und eigene Rechnung.

Der Vermittler bewirbt die Video Lotterie, wobei die Art und der Umfang der Bewerbung beim Vermittler liegt. Die Kosten trägt der Vermittler, B. kann sich jedoch an den Kosten beteiligen. Im Fall einer Funktionsstörung der Videolotterie hat der Vermittler die B. umgehend zu informieren. Der Vermittler trägt kein Risiko aus dem Geschäft der Videolotterie. Ein Verlustrisiko aus der Dienstleistung der Videolotterie trägt ausschließlich die B., die diese Dienstleistung ihren Spielkunden anbietet.

Da der Vermittler auf fremde Rechnung und fremden Namen handelt; verwaltet er die Einnahmen der Spielkunden aus der Videolotterie nur treuhändig für B.. Auszahlungen an Spielkunden erfolgen durch den Vermittler im Namen der B. auch nur treuhändig. Die Höhe der an die Vermittler ausbezahlten Vermittlungsprovision berechnet sich folgendermaßen:

- Kasseninhalt der Videolotterie Terminals im Abrechnungszeitraum

- Steuern und Gebühren + Zuschuss

Davon 70 % + Zuschuss-Sonderbonus für den Vermittler (Anteil Vermittler) minimal Null. Weitere Zahlungen stehen dem Vermittler für die Vermittlungstätigkeit nicht zu.

30 % - Zuschuss + Steuern und Gebühren für B. (Anteil B.).

B. führt die österreichische Glückspielabgabe in Höhe der europarechtlichen Vorgaben für die vom Vermittler vermittelten Umsätze pro Monat ab. Ein Hinweis findet sich auf den Rechnungen. Eine Abrechnung erfolgt monatlich durch einen Inkassanten gemeinsam mit dem Vermittler. Dabei wird der erforderlich Kasseninhaltsbestand laut Terminalaufzeichnungen durch den Inkassanten aufgezeichnet und mit dem treuhändig vereinnahmten Kasseninhalt verglichen. Die Richtigkeit des Kasseninhaltsbeleges hat durch den Inkassanten und den Vermittler bestätigt zu werden. Den Kasseninhalt abzüglich des Anteils für den Vermittler hat der Vermittler unmittelbar nach der Abrechnung an B. zu überwiesen oder dem Inkassanten treuhändig zu übergeben.

Der Vertrag kann jederzeit von beiden Seiten mit Ende jeden Monats aufgelöst werden. (Gerichtsstand ist die Slowakei; es gilt slowakisches Recht)."

Im Rahmen dieser zwischen der Firma B. und der Bf. getroffenen Vereinbarung hat die Bf. an die Firma B. als Leistungsempfänger verschiedene Leistungen im Zusammenhang mit dem Spielbetrieb erbracht, wobei die Firma B. dabei selbst mit den Spielkunden in einen Leistungsaustausch getreten ist. Die Bf. hat die Video Lotterie Terminals (VLTs) von einem Dritten selbst angemietet und in ihren Geschäftslokalen aufgestellt und verschiedene Leistungen (zB VLT Automaten, Strom- und Internetanbindung, Information von Kunden, Entgegennahme und Verwaltung von Treuhandgeldern, Auszahlungen, etc) erbracht, die dem Spielbetrieb in den Geschäftsräumlichkeiten der Bf. dienten. Für diese Leistungen erhielt die Bf. ein Pauschalentgelt in Abhängigkeit der von der Firma B. erzielten Erlöse bzw. des Kasseninhalts der Videolotterie Terminals im Abrechnungszeitraum.

Dieser Sachverhalt ergibt sich auf Grund der Aktenlage und ist zwischen der Bf. und dem Finanzamt auch unstrittig. Strittig ist, ob es sich bei den von der Bf. an die Firma B. erbrachten Leistungen um in Österreich nicht steuerbare Vermittlungsleistungen (so die Bf.) oder um in Österreich steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (so das Finanzamt) handelt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 in der für den beschwerdegegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

Nach § 3a Abs. 9 erster Satz UStG 1994 in der für den beschwerdegegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung wird eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück gelegen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Erkenntnis , über die im Zusammenhang mit der Wettabwicklung an einen Wettanbieter erbrachten Leistungen zu entscheiden und hat dazu auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"22 Eine Vermittlungsleistung im Sinne des Umsatzsteuerrechtes liegt vor, wenn ein Unternehmer durch Herstellung unmittelbarer Rechtsbeziehungen zwischen einem Leistenden und einem Leistungsempfänger einen Leistungsaustausch zwischen diesen Personen herbeiführt, wobei der Vermittler im fremden Namen und auf fremde Rechnung tätig wird (vgl. ).

23 Der EuGH hat dazu entschieden, dass die Vermittlungstätigkeit "eine Mittlertätigkeit ist, die u. a. darin bestehen kann, einer Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln, wobei Zweck dieser Tätigkeit ist, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse an seinem Inhalt hat" (vgl. , Ludwig, Rz 28 mwN).

24 Die Vermittlungstätigkeit beschränkt sich dabei im Allgemeinen nicht auf die bloße Namhaftmachung potentieller Vertragspartner, sondern beinhaltet einen darüber hinausgehenden konkreten Beitrag, um den Vertragsabschluss zustande zu bringen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4 § 3a Rz 70 mwN).

25 Die getroffenen Feststellungen lassen allerdings nicht erkennen, in welcher Form die Revisionswerberin einen konkreten Beitrag zum Vertragsabschluss geleistet hätte oder inwieweit sie durch Herstellung unmittelbarer Rechtsbeziehungen zwischen XY und den Besuchern ihres Lokals einen Leistungsaustausch zwischen diesen Personen herbeigeführt hätte. So hat das Bundesfinanzgericht zwar das Erbringen einer Vielzahl von Supportleistungen durch die Revisionswerberin an XY festgestellt, eine Mitwirkung derselben am Vertragsabschluss wurde jedoch nicht festgestellt. Ohne eine solche Mitwirkung kann jedoch nicht von einer Vermittlungsleistung ausgegangen werden, weil sonst jede Leistung im Vorfeld oder Umfeld eines Vertragsabschlusses schon zu einer Vermittlungsleistung würde.

26 Wenn die Revision des Finanzamts dagegen vermeint, es liege hinsichtlich des Leistungsbündels der mitbeteiligten Partei keine Vermittlungsleistung, sondern eine einheitliche (Grundstücks-) Leistung iSd § 3a Abs. 6 UStG 1994 idF vor dem BudgetbegleitG 2009, so kann ihr allerdings gleichfalls nicht gefolgt werden. Das grundlegende Merkmal der Vermietung von Grundstücken besteht nach der Rechtsprechung des EuGH darin, dass dem Betreffenden auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. jeweils mwN , sowie vom , 2000/15/0109).

27 Davon kann im Revisionsfall - wie die mitbeteiligte Partei zu Recht ausführt - nicht ausgegangen werden, weil keine Feststellungen darüber getroffen worden sind und auch keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die mitbeteiligte Partei der XY das Recht eingeräumt hätte, das Geschäftslokal oder Teile desselben so in Besitz zu nehmen, als ob sie dessen Eigentümerin wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.

28 Der EuGH hat sich bereits in seinem Urteil vom , C-275/01, Sinclair Collis, mit der Aufstellung von Automaten in Gasthäusern beschäftigt und dabei ausgesprochen, dass es keine Vermietung eines Grundstücks darstellt, wenn der Eigentümer von Räumlichkeiten (der Lokalinhaber) dem Eigentümer eines Zigarettenautomaten das Recht einräumt, den Automaten für einen Zeitraum von zwei Jahren an einer von dem Lokalinhaber bezeichneten Stelle in den Räumlichkeiten gegen einen prozentualen Anteil an den Bruttoerträgen aus dem Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakwaren aufzustellen, zu betreiben und zu warten, jedoch mit keinen anderen Besitz- und Kontrollrechten als in der schriftlichen Vereinbarung zwischen den Parteien angegeben.

29 Der EuGH ist in diesem Urteil aber auch nicht von einer Vermittlungsleistung des Lokalinhabers ausgegangen, sondern hat die Leistung, die Gegenstand dieses Vertrages ist, als "Einräumung des Rechts zum ausschließlichen Verkauf von Zigaretten in den Räumlichkeiten durch Aufstellung und Wartung von Verkaufsautomaten im Austausch gegen einen Prozentsatz der Erträge" beschrieben (vgl. , Sinclair Collis, Rz 30).

30 Liegen somit nach dem UStG 1994 idF vor dem BudgetbegleitG 2009 weder eine Vermittlungsleistung iSd § 3a Abs. 4 UStG 1994 noch eine Grundstücksleistung iSd § 3a Abs. 6 UStG 1994 vor und sind auch keine anderen speziellen Leistungsortregeln anwendbar, so kommt letztlich die Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994 zur Anwendung. Demnach wird eine sonstige Leistung "an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer (d.i. im Revisionsfall die Revisionswerberin) sein Unternehmen betreibt", womit sich das angefochtene Erkenntnis als rechtswidrig erweist."

Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2014/15/0056, liegt somit bei derartigen Fällen von Supportleistungen an den Wettanbieter im Zusammenhang mit der Wettabwicklung weder eine Vermittlungs- noch eine Grundstücksleistung vor (vgl. auch ).

Im beschwerdegegenständlichen Fall wurden nach dem festgestellten Sachverhalt der Bf. seitens der Firma B. keine Video Lotterie Terminals (VLTs) überlassen bzw. keine Video Lotterie Terminals (VLTs) der Firma B. in den Geschäftsräumlichkeiten der Bf. aufgestellt. Diese wurden von der Bf. von einem Dritten angemietet. Überdies hat die Bf. der Firma B. im Rahmen der zwischen ihr und der Firma B. getroffenen Vereinbarungen verschiedene weitere Leistungen erbracht, die dem von der Firma B. durchgeführten Spielbetrieb in den Geschäftsräumlichkeiten der Bf. dienten bzw. für den Spielbetrieb erforderlich waren.

Auf Grundlage der o.a. Rechtsprechung und des festgestellten Sachverhalts ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch für den hier zu beurteilenden Fall festzustellen, dass weder eine Vermittlungs- noch eine Grundstücksleistung vorliegen.

Nach der Generalklausel des § 3a Abs. 6 UStG 1994 in der Fassung ab wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer ausgeführt wird, sofern keine Sonderbestimmung greift, an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt.

Die streitgegenständlichen Leistungen waren somit als in Österreich nicht umsatzsteuerbare Leistungen zu beurteilen und der Beschwerde Folge zu geben.

Aus diesen Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen bzw. wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100334.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at