Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 29.06.2020, RV/1100109/2020

Kein Bescheid, wenn der "Bescheid" an eine vollbeendete KG gerichtet ist (§ 142 UGB) - Zurückweisung

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache der A. KG, vertreten durch Metzler & Partner Steuer- und Wirtschaftsberatung GmbH, Dorf Rieden 7, 6900 Bregenz, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom , Bescheidberichtigungen gemäß § 293b BAO, betreffend Energieabgabenvergütung für die Kalenderjahre 2013 und 2014, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.), die in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft ein Hotel führte, beantragte für die Kalenderjahre 2013 und 2014 die Vergütung von Energieabgaben.

2. Das Finanzamt setzte die Energieabgabenvergütung für die Kalenderjahre 2013 und 2014 mit Bescheiden vom (jeweils) fest (Energieabgabenvergütung 2013 in Höhe von 3.480,01 Euro; Energieabgabenvergütung 2014 in Höhe von 8.104,28 Euro).

3. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden nach § 293b BAO berichtigte das Finanzamt die Bescheide über die ursprünglich zuerkannte Energieabgabenvergütung für die Kalenderjahre 2013 und 2014 (Energieabgabenvergütungsbescheide jeweils vom ) gemäß § 293b BAO und setzte die Energieabgabenvergütung für die Kalenderjahre 2013 und 2014 mit jeweils "Null" fest (Berichtigungsbescheide für 2013 und 2014 jeweils vom ). Begründend wurde seitens des Finanzamtes in den Berichtigungsbescheiden nach § 293b BAO gleichlautend ausgeführt, die Energieabgabenvergütung stünde nur Produktionsunternehmen zu. Da es sich im gegenständlichen Fall um einen Dienstleistungsbetrieb handle, sei die Energieabgabenvergütung zu Unrecht geltend gemacht worden. Dieser Bescheid trete nicht an die Stelle des Bescheides vom , sondern berichtige diesen Bescheid hinsichtlich eines Ausfertigungsfehlers. Qualifiziert rechtswidrig im Sinne des § 293b BAO sei ein Bescheid, wenn er auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe. Wesentlich sei, dass die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung für die Behörde klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte.

4. Mit Schreiben vom hat die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung Beschwerde gegen die vom Finanzamt nach § 293b BAO erlassenen Berichtigungsbescheide vom betreffend Energieabgabenvergütung für die Kalenderjahre 2013 und 2014 eingebracht. Begründend wurde seitens der steuerlichen Vertretung ausgeführt, eine Berichtigung gem. § 293b BAO sei nur insoweit von Amts wegen vorzunehmen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe. Eine offensichtliche Unrichtigkeit aus Abgabenerklärungen liege nicht vor, da die Rechtsansicht vertreten werden könne, dass es sich bei der Änderung des EnAbgVergG durch das BBG 2011 um eine neue Beihilfe handle, die eine Genehmigung durch die Europäische Kommission verlange. Eine Genehmigung sei nicht eingeholt worden. Dass die Energieabgabenvergütung als Einzelbeihilfe im Sinne des Art 58 AGVO betrachtet werden könne und somit nicht der EU-Kommission gemeldet werden müsse, sei noch nicht geklärt. Die durgeführte Änderung des EnAbgVergG im BBG 2011 sei nicht rechtswirksam erfolgt und die Energieabgabenvergütungen stünden somit auch nach dem Jahr 2010, somit auch für das Beschwerdejahr 2013 und 2014 zu. Diese Rechtssache sei noch nicht entschieden und es werde auf den Vorabentscheidungsantrag des (EU 2017/005) und Ro 2017/15/0019 (EU 2017/0006) = EuGH-Zahl C-585/17, verbundene Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung, und der dort gestellten Fragen verwiesen.

5. Mit der vom Finanzamt am erlassenen Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt die Beschwerde gegen die Berichtigungsbescheide nach § 293b BAO betreffend Energieabgabenvergütung 2013 und 2014 als unbegründet abgewiesen. Als Begründung hat das Finanzamt angegeben:

"Eine Unrichtigkeit iSd § 293b BAO ist nicht offensichtlich, wenn sie auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruht, was nur der Fall ist, wenn eine solche auch aus der Sicht der Behörde gegeben wäre, während dann, wenn von vornherein behördlicherseits Gewissheit über die Unrichtigkeit der vom Abgabepflichtigen vertretenen Rechtsansicht besteht, eine offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt (vgl. ).

Da die Abgabenbehörde die ordungsgemäß kundgemachten Gesetze zu vollziehen hat, bilden diese den Rahmen für die Beurteilung der offensichtlichen Unrichtigkeit einer Rechtsauffassung iSd § 293b BAO, weshalb allfällige Erfolgsaussichten einer Aufhebung einer Gesetzesbestimmung unbeachtlich sind (vgl. ).

Gemäß der bei Bescheiderlassung geltenden Rechtslage stand die ENAV nur Produktionsunternehmen zu, weshalb die Gewährung an die Beschwerdeführerin aufgrund der Übernahme einer offensichtlich unrichtigen Rechtsansicht erfolgte, wobei die Rechtsmäßigkeit der Regelung der ENAV mittlerweile bestätigt wurde (vgl. ).

Die Beschwerde war somit insgesamt als unbegründet abzuweisen."

6. Dagegen brachte die Bf. mit Schreiben vom durch ihre steuerliche Vertretung unter Aufrechterhaltung der Ausführungen in der Beschwerde vom einen Vorlageantrag ein, mit dem die Aufhebung der Berichtigungsbescheide nach § 293b BAO vom betreffend Energieabgabenvergütung 2013 und 2014 beantragt wurde.

7. Die Beschwerde(n) wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Strittig zwischen dem Finanzamt und der Bf. ist einzig und allein, ob der Bf. die Energieabgabenvergütung für die Kalenderjahre 2013 und 2014 zusteht oder nicht bzw. ob die Versagung der Energieabgabenvergütung für 2013 und 2014 mit den angefochtenen Berichtigungsbescheiden nach § 293b BAO vom zu Recht oder zu Unrecht erfolgte.

In den Berichtigungsbescheiden nach § 293b BAO betreffend Energieabgabenvergütung für die Kalenderjahre 2013 und 2014 vom , die dem Vertretungsbefugten der Bf. zugestellt wurden, ist im jeweiligen Adressfeld "A. KG" "z. H. V.", per Adresse "Ort" angeführt.

Die Bf. war im Firmenbuch zu FN yyyyyy zuletzt unter der Firma A. KG eingetragen. Unter Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch die Gesellschafterin Name 1 (eingetragen im Firmenbuch zu FN zzzzzz; nunmehrige Firma Name 2) wurde die beschwerdeführende Gesellschaft (KG) aufgelöst und gelöscht. Die Auflösung und Löschung wurden am tt.mm.2015 im Firmenbuch eingetragen.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Firmenbuch und dem vorliegenden Akteninhalt.

2. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

§ 2 Abs. 2 Z 1 Energieabgabenvergütungsgesetz lautet:

"(2) 1. Über Antrag des Vergütungsberechtigten wird je Kalenderjahr (Wirtschftsjahr (Anm.: richtig: Wirtschaftsjahr)) der Betrag vergütet, der den in § 1 genannten Anteil am Nettoproduktionswert übersteigt. Der Antrag hat die im Betrieb verbrauchte Menge an den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern und die in § 1 genannten Beträge zu enthalten. Er ist spätestens bis zum Ablauf von fünf Jahren ab Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergütung zu stellen. Der Antrag gilt als Steuererklärung. Der Antrag ist mit Bescheid zu erledigen und hat den Vergütungsbetrag in einer Summe auszuweisen.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 19 Abs. 1 gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

Gesamtrechtsnachfolge liegt bei Übernahme gemäß § 142 UGB vor (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., § 19 Rz 1 mwN).

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide (vgl. Ritz,BAO -Kommentar, 6. Aufl., § 260 Rz 8 mwN). Die mangelnde Parteifähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten. An nicht Parteifähige zugestellte Bescheide sind nichtig (sind "Nichtbescheide"), so zB die Zustellung an eine bereits beendete KG (vgl. Ritz,BAO -Kommentar, 6. Aufl., § 79 Rz 4 mwN).

Die bloße Auflösung und Löschung einer Kommanditgesellschaft bedeutet noch nicht deren Vollbeendigung, weshalb eine Kommanditgesellschaft, solange nicht eine Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse u.a. zum Abgabengläubiger erfolgt ist, auch im Abgabenverfahren ihre Angelegenheiten betreffend die Parteifähigkeit beibehält. Allerdings trifft dies nicht zu, wenn die Kommanditgesellschaft beendet wird und ein Gesamtrechtsnachfolger vorhanden ist, wie es etwa bei einer Vermögensübernahme nach § 142 UGB nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall ist. Eine Geschäftsübernahme gemäß § 142 UGB bewirkt die Vollbeendigung der Personengesellschaft, deren Geschäft durch den übernehmenden Gesellschafter ohne Liquidation fortgeführt wird (vgl. , unter Hinweis auf Vorjudikatur).

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zählt) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird. Der an ein nicht mehr bestehendes Rechtsgebilde gerichteten angefochtenen Erledigung kommt somit keine Bescheidqualität zu (vgl. , unter Hinweis auf Vorjudikatur).

In diesem Sinne steht auch im vorliegenden Beschwerdefall fest, dass die Bf. unter Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB durch die Gesellschafterin Name 1 aufgelöst und gelöscht wurde (Eintragung im Firmenbuch am tt.mm.2015). Die mit Beschwerde vom angefochtenen Berichtigungsbescheide nach § 293b BAO vom sind somit an den Vertretungsbefugten der nicht (mehr) existenten A. KG als Bf. ergangen.

Die Beschwerde war daher mangels Vorliegens rechtswirksam erlassener Bescheide gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO zurückzuweisen.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Abs. 2 Z 1 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
Schlagworte
vollbeendete KG
Bescheidqualität
Zurückweisung
Nichtbescheid
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100109.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at