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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.04.2020, RV/3100929/2010

Widerrechtliche Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen, Zeitraum 01/2009: Die Zulassungsfrist von einem Monat wurde laufend durchbrochen, der Tatbestand nach § 1 Z 3 NoVAG aF wurde daher nicht verwirklicht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A, Adr , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Kufstein Schwaz vom , StrNr, betreffend die Festsetzung von 1. Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum Jänner 2009 und 2. Verspätungszuschlag zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO zur Gänze Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend 1. Normverbrauchsabgabe 01/2009 und
2. Verspätungszuschlag wird insgesamt ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1. Aufgrund von Beobachtungen, dass das Fahrzeug der Marke Mercedes Daimler mit dem deutschen Kennzeichen XX im Zeitraum bis wiederholt an Standorten im Inland, überwiegend vor der Firma B in Ort1, abgestellt war, wurde im Rahmen eines anschließend durchgeführten abgabenbehördlichen Ermittlungsverfahrens durch Einsichtnahme ua. in das Zentrale Melderegister, ZEVIS-Abfrage und Versicherungsdatenauszug erhoben:
Erstzulassung des Fahrzeuges am auf die Firma C-GmbH in D-Ort2, D-Str; FahrgestellNr. xxx; Diesel, 165 kW; Verwender Herr A, österr. Staatsbürger, mit seit Oktober 1992 in Ort1, E-Str, gemeldetem inländischen Hauptwohnsitz, seit 2004 gewerblich selbständig tätig.

2. In der vom Finanzamt am mit A (= Beschwerdeführer, Bf), von Beruf Kfz-Händler, wegen des "Verdachtes der widerrechtlichen Verwendung eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen" aufgenommenen Niederschrift hat er auszugsweise angegeben:

Er betreibe seit 2004 das Einzelunternehmen B in Ort1, E-Str, und verkaufe Neu- und Gebrauchtfahrzeuge hauptsächlich über Annoncen, Internet und Beziehungen. An dieser Adresse bewohne er eine Garconniere als Hauptwohnsitz.
Seit sei er - nach vormals seinem Vater F - zudem alleiniger Geschäftsführer der C-GmbH mit Sitz in D-Ort2, wo er einen Nebenwohnsitz angemeldet habe. Diese Firma betreibe ebenso Kfz-Handel mit Neu- und Gebrauchtfahrzeugen, es gebe keine Angestellten oder fixe Geschäftszeiten. Es bestehe ein 3-Zimmer-Büro mit Computer etc. Der Bf sei fast täglich in beiden Firmen für Postbearbeitung etc. anwesend.
Am habe er den betr. Pkw Marke Daimler 320 GLK, Neufahrzeug, Diesel, Grundpreis netto ca. € 40.000, auf die dte. GmbH geleast (mtl. Rate ca. € 1.000 in der Bilanz). Er habe dieses Firmenfahrzeug mit dem Kz XX in D-Ort2 übernommen und sei am selben Tag nach Ort1 gefahren. Der Bf sei alleiniger Nutzer, er könne frei über das Fahrzeug verfügen. Es gebe kein Fahrtenbuch; der derzeitige Km-Stand von rund 24.000 teile sich auf in rund 2.000 km an Privatfahrten, ca. 2-3mal wöchentliche Fahrten Ort1-Ort2 und retour (je ca. 30 km) und restlich Geschäftsfahrten für den Autoan- und verkauf für die deutsche GmbH, dies im Wesentlichen in Deutschland. Für Geschäftsfahrten in Österreich sei ein auf die Exgattin G bis August 2009 zugelassener Mercedes, Kz XY, und anschließend ein vom inländischen Einzelunternehmen geleaster Vw Passat auf Probekennzeichen verwendet worden.

Im Akt erliegen dazu an Unterlagen:
- Abfrage aus Kfz-Zentralregister zu Mercedes E320, Kz XY:
Zulassung des gebrauchten Pkw auf G am ,
Abmeldung am
- Mitteilung des deutschen Handelsregisters:
Mit Datum ist der Bf - anstelle des Vaters F - als allein
vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Fa. C-GmbH mit Sitz in
D-Ort2 bestellt.
- Deutsche Meldebescheinigung, wonach der Bf seit an der Adresse
in D-Ort2, D-Str, "mit alleiniger Wohnung" gemeldet ist.
- Bilanzauszug Dezember 2009 der C-GmbH, wonach ua. "Steuerfreie
EG-Lieferungen, § 4, 1b UStG" in Höhe von rund € 363.000 und "Erlöse 19 % USt"
von rund € 498.000 verzeichnet sind.
- Fahrzeugdaten der Verkäuferin Fa. X-GmbH:
Das gegenständliche Fahrzeug wurde am an die C-GmbH
verkauft; Gesamtpreis netto € 43.705.

3. Das Finanzamt hat daraufhin mit Bescheid vom , StrNr, für den Zeitraum Jänner 2009 betr. das Fahrzeug Mercedes GLK 320, FahrgestellNr. xxx,
a) wegen unterbliebener Selbstberechnung ausgehend von der Bemessungsgrundlage € 43.705 die Normverbrauchsabgabe (NoVA) iHv 12 % zuzüglich Malus (§ 6a NoVAG) im Betrag von gesamt € 6.544,60, sowie
b) davon wegen nicht entschuldbarer Unterlassung der Selbstberechnung gemäß § 135 BAO einen 5%igen Verspätungszuschlag, ds. € 327,23,
festgesetzt.
In der Begründung führt das Finanzamt nach Darstellung der gesetzlichen Bestimmungen gemäß § 1 Z 3 NoVAG 1991 und §§ 79 Abs. 1 und 82 Abs. 8 KFG aus, der Bf habe laut amtlichen Erhebungen den Hauptwohnsitz bzw. Mittelpunkt der Lebensinteressen seit 1992 in Österreich und verwende gegenständliches Fahrzeug seit Dezember 2008 im Inland; weiters angeforderte Unterlagen seien nicht beigebracht worden. Die NoVa sei daher ausgehend vom Nettogesamtpreis lt. Fa. X-GmbH für Jänner 2009 - sohin wegen Verwendung des Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland - vorzuschreiben.

Angemerkt wird, dass dem Bf daneben mit Bescheid selben Datums die Umsatzsteuer für den Erwerb neuer Fahrzeuge (Fahrzeugeinzelbesteuerung) - ohne Angabe eines Zeitraumes - vorgeschrieben und der dagegen erhobenen Berufung mit Berufungsvorentscheidung stattgegeben worden war.

4. In der Folge wurden an Unterlagen nachgereicht:

- Handelsregisterauszug des deutschen Amtsgerichtes der Fa. C-GmbH,
wonach diese Firma am gegründet wurde;
- Mietabrechnung der deutschen Y-GmbH an die
C-GmbH, wonach die monatliche Miete für die Büroräumlichkeiten
in Ort2 ab Jänner 2009 € 214,20 beträgt;
- Zulassungsbescheinigung des Pkw Kz XX, zugelassen auf die
C-GmbH am ;
- Übernahmebestätigung der X-GmbH betr. Übernahme des Pkw durch die
C-GmbH vom ;
- Kaufvertrag v. : Erwerb des Fahrzeuges durch die Fa. N-GmbH
von der C-GmbH;
- Leasingvertrag v. + Übernahmebestätigung:
Leasing des Fahrzeuges, Nettokaufpreis € 40.305,20, durch die C-GmbH
von der N-GmbH (Leasinggeberin) ab Dezember 2008, , Leasingentgelt
mtl. € 850,85;
- Benützungsbewilligung v. , wonach die Leasinggeberin bestätigt, dass die
Leasingnehmerin/Mieterin C-GmbH Fahrzeughalterin ist und das Fahrzeug
für diese angemeldet werden kann;
- Vollmacht der C-GmbH v. an den Geschäftsführer
A, ua. mit dem Fahrzeug XX "sämtliche Dienst- und
Verkaufsfahrten durchzuführen".

Laut im Akt erliegender Abfrage der homepage verfügt die Fa. C-GmbH über eine deutsche Telefon- und Faxnummer und eine deutsche e-mail-Adresse.

5. In der gegen den NoVA-Festsetzungsbescheid fristgerecht erhobenen Berufung (nunmehr Beschwerde) wurde eine Festsetzung mit € Null und Abstandnahme vom Verspätungszuschlag begehrt und in der gesonderten Begründung vom im Wesentlichen eingewendet:

Es könne dem Bf nicht unterstellt werden, mit einem Fahrzeug in Österreich ohne Zulassung gefahren zu sein, da er federführend bei dem Einzelunternehmen im Inland und bei der deutschen C-GmbH als Geschäftsführer tätig sei. Die Geschäftsgrundlage beider Firmen sei der Handel mit und die Vermittlung von Neu- und Gebrauchtwagen. Diese Tätigkeit erfolge per Telefon, Fax oder Internet und Kontakt mit Geschäftspartnern. Hauptbetriebsmittel neben Telefon und PC sei daher zwecks Besuchsfahrten ein Krafttfahrzeug. Für die Fahrten für das Einzelunternehmen/Ort1 seien dem Bf ab 12/2008 mehrere, näher bezeichnete und im Inland gemeldete Automobile (auf die Exgattin angemeldeter Mercedes; Kommissionsfahrzeug Porsche; VwPassat mit Probekennzeichen) sowie für die deutsche C-GmbH das auf die GmbH angemeldete beschwerdegegenständliche Fahrzeug zur Verfügung gestanden. Fahrten im Inland mit diesem Fahrzeug seien einzig und allein in Tätigkeiten bzw. aus betrieblichem Interesse für die deutsche GmbH begründet, so zB Verkauf von 11 Kraftfahrzeugen von Deutschland nach Italien und mehreren Fahrzeugen von Deutschland nach Österreich und umgekehrt im Jahr 2009. Da ein Drittel des Umsatzes aus dem Italiengeschäft erzielt werde und das Hauptbetätigungsfeld in Süddeutschland liege, sei klar, dass das in Rede stehende Fahrzeug zum weitaus überwiegenden Teil im Ausland eingesetzt werde. Im Hinblick auf hg. Judikatur (Verweis auf ) entstehe diesfalls keine NoVA-Pflicht in Österreich.

6. In der Folge wurden vom Finanzamt zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens weitere Unterlagen eingeholt, insbesondere zu den genannten sonstig verwendeten Fahrzeugen und Ein- und Verkäufen, wozu ua. ein Bilanzauszug 12/2009, eine Umsatzaufstellung 2009, eine detallierte Fahrzeug-Liste sowie ein umfassendes Konvolut an Rechnungen der C-GmbH über hunderte Fahrzeugan- und -verkäufe im Jahr 2009 überwiegend an/von Kunden in Deutschland und Italien (teils auch in Österreich, Belgien und Ungarn) vorgelegt wurden.

7. Der Berufung wurde mittels Berufungsvorentscheidung vom betreffend Normverbrauchsabgabe und Verspätungszuschlag für Jänner 2009 teilweise stattgegeben und in der beil. Begründung nach Darstellung der Rechtslage ausgeführt:

Der Bf habe seinen Hauptwohnsitz in Österreich und könne als Geschäftsführer der deutschen GmbH - diese Funktion übe er seit aus - selbst über das Fahrzeug verfügen. Im Hinblick auf das im Inland betriebene Einzelunternehmen sei darauf zu schließen, dass Ausgangspunkt der Dispositionen über das Fahrzeug der inländische Hauptwohnsitz sei. Zufolge der vorgelegten Unterlagen hielten sich die Umsätze in Österreich und Deutschland die Waage; nach eigenen Angaben seien die gefahrenen Kilometer des streitgegenständlichen Fahrzeuges ca. je zur Hälfte für die österreichische und die deutsche Firma zurückgelegt worden, sodass keine überwiegende Verwendung für die deutsche GmbH bzw. in Deutschland vorliege. Lediglich bis sei dem Bf ein inländisches Fahrzeug - nämlich das auf seine getrenntlebende Gattin zugelassene Kfz (XY) - zur Verfügung gestanden und das Fahrzeug XX ab Oktober 2009 von Organen der Abgabenbehörde am Hauptwohnsitz bzw. inländischen Firmensitz des Bf gesichtet worden. Insgesamt sei daher von einem dauernden Standort des Fahrzeuges im Inland auszugehen. Ein möglicher Gegenbeweis sei nicht erbracht und damit die Standortvermutung nicht widerlegt worden.
Die Normverbrauchsabgabe sei daher dem Grunde nach vorzuschreiben und der Höhe nach laut beiliegendem Berechnungsblatt, nunmehr für September 2009, neu iHv € 5.169,30 (ausgehend vom Nettokaufpreis lt. Leasingvertrag) zuzüglich Verspätungszuschlag iHv € 258,47 festzusetzen (im Einzelnen: siehe dortige Berechnung).

8. Mit Schreiben vom wurde fristgerecht die als Vorlageantrag zu wertende "Berufung an 2. Instanz" eingebracht.

9. Anzumerken ist, dass nach erfolgter Vorlage dem (vormals) Unabhängigen Finanzsenat (UFS) im Juli 2011 vom Finanzamt Unterlagen nachgereicht wurden, aus denen hervorgeht, dass das beschwerdegegenständliche Fahrzeug am in Österreich unter dem Kz YY zugelassen wurde und der Bf hiezu die NoVA iHv € 3.346,50 ordnungsgemäß entrichtet hat.

II. Sachverhalt:

[...]

III. Beweiswürdigung:

Obiger Sachverhalt steht aufgrund des eingangs dargelegten Akteninhaltes, insbesondere der vorgelegten Unterlagen und eigenen Angaben des Bf, auch von Seiten des Finanzamtes unbestritten fest.

IV. Rechtslage:

Gemäß § 323 Abs. 38 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 1961/194 idgF., sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

a) Normverbrauchsabgabe:

Gemäß § 1 Z 3 Normverbrauchsabgabegesetz 1991 (NoVAG), BGBL 1991/695 idF BGBl. 2010/34, unterlag im hier gegenständlichen Zeitraum der Normverbrauchsabgabe die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder Z 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a NovAG 1991 erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung galt auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.

Gemäß § 36 Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 dürfen Kraftfahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen u.a. des § 82 KFG 1967 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr [Anm.: im Inland] zugelassen sind (§§ 37 bis 39).

Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 KFG 1967eingehalten werden.

Gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der bis geltenden Fassung sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dauerndem Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG 1967 ist nur während eines Monates ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.

Mit dem Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Einbringung in das Bundesgebiet gemäß § 82 Abs. 8 KFG der Einbringung gemäß § 79 KFG 1967 entspricht, sodass die Monatsfrist bis zur erforderlichen inländischen Zulassung mit jeder Verbringung des Fahrzeugs ins Ausland oder in das übrige Gemeinschaftsgebiet neu zu laufen beginnt.
Diese Rechtsprechung bekräftigte der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis .

Nach Ergehen des Erkenntnisses des , erfolgte mit BGBl I 2014/26 eine am kundgemachte Novellierung des § 82 Abs. 8 KFG 1967, wonach eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet die Monatsfrist nicht unterbricht. Gemäß § 135 Abs. 27 KFG 1967 idF BGBl I 2014/26 trat § 82 Abs. 8 in dieser Fassung mit in Kraft.

Diese Rückwirkungsanordnung wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 72/2014, als verfassungswidrig aufgehoben. Damit ist die mit BGBl I 2014/26 erfolgte Novellierung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 erst am in Kraft getreten. Der durch das BGBl I 2014/26 in diese Bestimmung eingefügte Satz "Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht." ist erst auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem verwirklicht wurden.

Gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der bis geltenden Fassung beginnt somit in Fällen, in denen ein Fahrzeug regelmäßig monatlich in das Ausland bzw. übrige Gemeinschaftsgebiet ausgebracht wird, die Monatsfrist immer wieder neu zu laufen und es entsteht keine Zulassungsverpflichtung im Inland. Solche Fahrzeuge "wären somit nicht zuzulassen" im Sinne des NoVAG bzw. werden nicht "ohne die erforderliche (inländische) Zulassung" im Sinne des KfzStG 1992 im Inland verwendet.

In derartigen Fällen liegt somit keine widerrechtliche Verwendung vor, an die die Steuerpflicht nach dem NoVAG 1991 anknüpft. Es kann somit dahingestellt bleiben, wer Verwender des Fahrzeuges ist und wo der Standort des Fahrzeuges ist; in derartigen Fällen kann auch nicht § 79 KFG 1967 greifen. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Verwenders bzw. dessen Sitz oder eine mögliche Widerlegung einer Standortvermutung sind demgemäß ohne Belang.

b) Verspätungszuschlag:

Die NoVA ist eine Selbstberechnungsabgabe iSd § 201 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 1961/194 idgF. Sie ist nur festzusetzen, wenn die Anmeldung nicht eingereicht worden ist oder wenn sie sich als unvollständig oder unrichtig erweist.

Nach § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Die Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft. Kein Verschulden liegt zB vor, wenn die Partei der vertretbaren Rechtsansicht war, dass sie keine Abgabenerklärung einzureichen hat und daher die Einreichung unterlässt.

Der Verspätungszuschlag ist formell akzessorisch (vgl. ; ); er ist hinsichtlich seiner Bemessungsgrundlage an die bescheidmäßige Festsetzung der Stammabgabe gebunden. Wird die Abgabenhöhe des die Bemessungsgrundlage für den Verspätungszuschlag bildenden Bescheides geändert, so ist der Verspätungszuschlagsbescheid zu ändern oder aufzuheben (vgl. zu vor in Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., Rzn 10, 16 - 17 zu § 135 mit weiteren Judikaturverweisen).

V. Rechtliche Würdigung:

a) Normverbrauchsabgabe:

Bei Einbringung der Berufung/Beschwerde und Erlassung der Berufungsvorentscheidung im Jahr 2010 war nach dazumal herrschender Rechtsansicht zwecks Beurteilung, ob eine widerrechtliche Verwendung des Fahrzeuges vorliege, ua. maßgeblich auf den "Mittelpunkt der Lebensinteressen" des Bf und in der Folge den dauernden Standort des Fahrzeuges im Inland abzustellen. Im Rahmen einer anzustellenden Gesamtbetrachtung aller aktenkundigen Umstände konnte - abgesehen von der unbestrittenen Verwendung des Fahrzeuges auch im Inland - aufgrund des inländischen Hauptwohnsitzes des Bf und seiner alleinigen Verfügungsberechtigung über das Fahrzeug zufolge seiner Geschäftsführerfunktion bei der deutschen Firma wohl von einem dauernden Standort des Fahrzeuges im Inland, von wo aus er sohin über das Fahrzeug verfügte, ausgegangen werden.

Allerdings gilt im Gegenstandsfall bei dem in Streit gezogenen Festsetzungszeitraum Jänner 2009 zu beachten, dass nach der laut Obigem bis geltenden Fassung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 die Monatsfrist bei regelmäßiger monatlicher Verbringung ins Ausland immer wieder neu zu laufen beginnt.

Bei gegenständlich vorliegendem Sachverhalt, wonach der Bf neben seinem im Inland betriebenen Einzelunternehmen auch im Ausland als Geschäftsführer der deutschen C-GmbH mit dem Sitz in D-Ort2 tätig war, wobei im Hinblick auf die durchgeführte Geschäftstätigkeit in Form der Anbahnung von Fahrzeugan- und -verkäufen mittels Telefon, Fax, Internet, Medien und Kundenbesuchen durchaus nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Bf wie angegeben ca. zwei- bis dreimal wöchentlich den deutschen Betriebsstandort zB zwecks Verwaltungstätigkeiten wie Postbearbeitung etc. aufgesucht und insofern pro Monat ein mehrmaliger Grenzübertritt stattgefunden hat, steht aber nach Ansicht des BFG definitiv fest, dass eine zumindest monatliche Verbringung des Fahrzeuges in das Ausland bzw. ins übrige Gemeinschaftsgebiet stattgefunden hat.
Dafür spricht nach dem Dafürhalten des BFG zum Einen die relativ kurze Entfernung zwischen den beiden Unternehmensstandorten bzw. auch Wohnsitzadressen des Bf Ort1 und Ort2 von nur rund 30 km, die eine auch mehrmalige wöchentliche Hin- und Rückfahrt leicht zulassen; andererseits zeigen die jeweils ungefähr gleich hohen Umsätze beider Firmen, dass offenkundig eine gleichteilige Geschäftstätigkeit an beiden Standorten ausgeübt wurde, wovon im Übrigen auch das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung ausgegangen ist ("Umsätze in Österreich und Deutschland halten sich die Waage, gefahrene Kilometer daher nur ca. je zur Hälfte für die österreichische und die deutsche Firma zurückgelegt" und damit lt. FA keine weitaus überwiegende Verwendung des Pkw im Ausland). Hinzu kommt, dass die Fahrzeugan- und -verkäufe zum Großteil von und an Kunden aus dem Raum Deutschland und Italien erfolgten, was durch Vorlage des umfassenden Rechnungskonvolutes der C-GmbH zum Jahr 2009 nachgewiesen wurde. Es wird also glaublich davon auszugehen sein, dass zusätzlich eine Vielzahl von Kunden-Besuchsfahrten in diese beiden Nachbarländer stattgefunden haben, dh. zu diesem Zweck das streitgegenständliche Fahrzeug zumindest einmal pro Monat in das Ausland bzw. ins übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht wurde.

Entgegen der vormaligen Rechtslage, wonach die Feststellung des dauernden Standortes des Fahrzeuges im Inland von ausschlaggebender Bedeutung war, ist aber nach der oben dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur (insbesondere ) die hier zweifelsfrei vorliegende monatliche Verbringung des Fahrzeuges ins Ausland/übrige Gemeinschaftsgebiet letztlich entscheidungswesentlich.

Es kann daher in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der dauernde Standort des Fahrzeuges - wie vom Bf eingewendet - allenfalls aufgrund weitaus überwiegender Verwendung in Deutschland (lt. : erforderliches Ausmaß von zumindest 85 %) im Ausland gelegen haben könnte, wobei die diesbezüglichen Behauptungen ohnehin nicht zu erweisen wären, da kein Fahrtenbuch vorgelegt werden konnte.

Fraglich erschiene in diesem Zusammenhalt allenfalls, ob zB wegen Krankheit oder Urlaub zu irgendeiner Zeit keine monatliche Verbringung des Fahrzeuges stattgefunden haben könnte. Abgesehen davon, dass - auch im Hinblick auf den lange zurückliegenden Zeitraum - eine diesbezüglich gegenteilige Behauptung des Bf wohl nahezu unmöglich zu entkräften wäre, muss davon ausgegangen werden, dass jedenfalls ein anderer Zeitraum der Entstehung der Steuerschuld als bislang der Zeitraum Jänner 2009, für den die Abgabe festgesetzt wurde, vorliegen würde. Da es sich bei der korrekten Bezeichnung des Zeitraumes im Rahmen der NoVA-Vorschreibung (zeitraumbezogene Abgabe) iSd §§ 93 Abs. 2 und 198 Abs. 2 BAO um einen unabdingbaren Spruchbestandteil handelt, wäre diesfalls der Bescheid wegen Unrichtigkeit des Spruches, dh. bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen als rechtswidrig aufzuheben. Zur Bemessungsgrundlage und damit zum Bescheidspruch gehört nämlich auch die Anführung des Zeitraums oder des Zeitpunktes, für den oder auf den bezogen die Abgabe festgesetzt wird (vgl. in Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, 3. Aufl., § 198 Rz 14; Stoll, BAO, 2078; u.a.). Zudem ist nicht zu übersehen, dass das Fahrzeug ohnehin im Dezember 2010 in Österreich zugelassen und dazu die NoVA ordnungsgemäß abgeführt wurde.

Da das Fahrzeug somit regelmäßig monatlich in das Ausland/übrige Gemeinschaftsgebiet (Deutschland) ausgebracht wurde, hatte die Monatsfrist immer wieder neu zu laufen begonnen und ist damit gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der bis geltenden Fassung keine Zulassungsverpflichtung im Inland entstanden. Aus diesem Grund wäre das Fahrzeug daran anknüpfend auch nicht im Sinne des NoVAG "zuzulassen" gewesen, diesfalls der Tatbestand der widerrechtlichen Verwendung gemäß § 1 Z 3 NoVAG nicht verwirklicht wurde.

b) Verspätungszuschlag:

Aufgrund des formell akzessorischen Charakters des Verspätungszuschlages ist dieser an die bescheidmäßige Festsetzung einer Stammabgabe gebunden.
Mangels Verwirklichung eines NoVA-pflichtigen Tatbestandes hatte weder eine Selbstberechnung noch eine bescheidmäßige Festsetzung der NoVA zu erfolgen, folglich keine der gemäß § 135 BAO erforderlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages vorliegt bzw. einer solchen jede Grundlage entzogen ist.

VI. Ergebnis:

Aufgrund des Nichtvorliegens einer Steuerpflicht war der Bf nicht zur Selbstberechnung der gegenständlichen Normverbrauchsabgabe verpflichtet. Die Festsetzung von Normverbrauchsabgabe durch die Behörde iSd § 201 BAO war demzufolge ebenso unzulässig wie die daran gebundene Festsetzung des Verspätungszuschlages.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher der Beschwerde zur Gänze Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur entscheidungswesentlichen Rechtsfrage betreffend die Normverbrauchsabgabe liegt die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor (insbes. ; ). Die Voraussetzungen für die Festsetzung des Verspätungszuschlages ergeben sich aus dem Gesetz; hinsichtlich der Akzessorietät liegt obgenannte hg RSpr vor (zB ; ). Eine Revision ist daher insgesamt nicht zulässig.

Hinweis zum COVID-19-Gesetz:
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung - sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 iVm § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 16/2020).

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100929.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at