Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.06.2020, RV/5101407/2019

Neurolinguistisches Programmieren-Seminar (NLP) und Schauspielkurs - keine Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA XYZ*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2018.

Die Beschwerdeführerin machte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2018 neben dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro nachstehende Werbungskosten geltend:


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Arbeitsmittel
267,25 €
Fachliteratur
32,35 €
Reisekosten
1.228,40 €
Aus-/Fortbildungs-/Umschulungskosten
2.865,00 €
Sonstige Werbungskosten (Internet)
431,88 €
Werbungskosten gesamt
4.824,88 €

Bei der Veranlagung akzeptierte das Finanzamt lediglich Werbungskosten in Höhe von 215,94 € (Sonstige Werbungskosten: Internet 50 % PA) (Bescheid vom ).

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom (eingelangt beim Finanzamt am ) Beschwerde, legte eine Befürwortung des Dienstgebers hinsichtlich der getätigten Fortbildungsmaßnahmen vor und beantragte die Aufhebung des oben genannten Bescheides und eine entsprechende Neuveranlagung unter Berücksichtigung der Werbungskosten. Hinsichtlich der näheren Ausführungen wird auf die Beschwerdeschrift verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Auf die diesbezügliche Begründung wird verwiesen.

Mit Vorlageantrag vom ersuchte die Beschwerdeführerin um Neuveranlagung incl. der Werbungskosten aus dem NLP Practitioner; auf ihre begründenden Ausführungen wird verwiesen.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist in der B & Co GmbH als kaufmännische Angestellte im Arbeitsbereich Leitung Expedit und Lager beschäftigt und gleichzeitig als Gefahrengutbeauftragte tätig.

Die Beschwerdeführerin hat im beschwerdegegenständlichen Jahr an den Seminaren "NLP-KOMPAKT & Trinergy" vom bis , "Trinergy-NLP Practitioner" vom bis und "Trau dich - die Spiellust wird geweckt"am , , - Modul 1, , , - Modul 2 teilgenommen.

Die Seminarveranstalter werben mit der Übermittlung folgender Fertigkeiten:

NLP-KOMPAKT & Trinergy

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  • Mind-Designer: Äußere Umstände werfen Dich nur mehr selten um und Du findest schneller zu Deiner Mitte, Stress-Situationen empfindest Du als Herausforderungen, bei denen Du zu Höchstform aufläufst und die Dich stärken."

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  • Mind-Design: Nütze alle Fähigkeiten Deines Geistes, die bewussten und unbewussten, wecke und harmonisiere Deine drei Primär-Energien: Einfühlungsvermögen, Einfallsreichtum und Durchsetzungskraft, schaffe einen Raum für Engagement, Kreativität und Erfolg."

Trau dich - die Spiellust wird geweckt

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Beweiswürdigung

Die Beschwerdeführerin legte zum Beweis dafür, dass die geltend gemachten Fortbildungskosten in direktem Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stehen, eine Bestätigung ihres Dienstgebers vor:

"Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit bestätigen wir, dass Frau O in unserem Unternehmen als kaufmännische Angestellte beschäftigt ist und in ihrer Position ,Leitung Expedit und Lager + Gefahrengutbeauftragte' über die Kommunikationsstärke und Präsentationstechniken verfügen muss und die Werbungskosten somit direkt in Zusammenhang mit ihrer Einkunftserzielung stehen."

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

  • Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen und Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, sind auch Werbungskosten (Z 10).

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

  • Rechtliche Erwägungen

Strittig ist die Abzugsfähigkeit von Fortbildungskosten als Werbungskosten.

Aus- und Fortbildungsmaßnahmen können nur dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit stehen. Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich dann, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Fortbildungskosten sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den darauf beruhenden Einnahmen abzugsfähig (Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 16 Rz 48 f).

Die Beschwerdeführerin hat im beschwerdegegenständlichen Jahr die Seminare "NLP kompakt", NLP Practitioner" und "Trau dich - die Spiellust wird geweckt" besucht. Bei den dafür getätigten Aufwendungen handelt es sich um solche, die ihrer Art nach eine private Veranlassung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 nahelegen. Es darf daher die Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der betrieblichen bzw. beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung (, 0097; ). Für die berufliche Notwendigkeit einer Bildungsmaßnahme spricht es, wenn sich der Teilnehmerkreis im Wesentlichen aus Angehörigen der Berufsgruppe des Steuerpflichtigen zusammensetzen. Trägt der Arbeitgeber einen Teil der Kurskosten oder stellt er den Arbeitnehmer für die Zeit der Schulungsmaßnahme gegen Weiterbezug des Gehalts dienstfrei, ist dies gleichfalls ein Indiz für die berufliche Notwendigkeit (). Eine begünstigte Bildungsmaßnehme liegt jedenfalls vor, wenn die Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden können (Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 16 Rz 52). In Bezug auf Aufwendungen für die Persönlichkeitsentwicklung kann dies wegen der Nähe zum Bereich der privaten Lebensführung allerdings nur dann gelten, wenn im Rahmen der ausgeübten beruflichen Betätigung eine entsprechende (idR psychologische) Schulung erforderlich ist (). Nicht abzugsfähig sind jedenfalls alle Bildungsmaßnahmen, die auch bei nicht berufstätigen Personen von allgemeinem Interesse sind. Kurse zur Vermittlung von "social skills", die in gleicher Weise für den Bereich der Lebensführung wie für eine breite Palette von Erwerbstätigkeiten dienlich sein können, sind nur dann geeignet, zu Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zu führen, wenn die Behörde einen konkreten Bedarf im Einzelfall festzustellen vermag (). Ferner sind idR nicht abzugsfähig Aufwendungen für den Besuch von Kursen für neuro-linguistisches Programmieren (NLP), da diese im Regelfall Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die auch für den Bereich der privaten Lebensführung von Bedeutung sind (). Kosten für NLP-Kurse können allerdings als vorweggenommene Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten anerkannt werden, wenn im angestrebten neuen Beruf die Inhalte dieser Kurse wesentliche Voraussetzungen und Bestandteile der neuen Tätigkeit sind ().

Die Beschwerdeführerin begründet die berufliche Notwendigkeit der Teilnahme an den gegenständlichen Seminaren und eines Internetanschlusses damit, dass diese aufgrund ihrer persönlichkeitsbildenden Eigenschaft (Kommunikationsstärke/Präsenz) insbesondere hinsichtlich ihrer alltäglichen Aufgabe als Führungskraft notwendig seien und ihre Karriere förderten; dies sichere bzw. erhöhe stetig ihr Einkommen und somit die von ihr bezahlten Steuern; für diese Maßnahmen habe sie keine Förderungen etc. beantragt, da sie ihres Wissens nach keinen Anspruch gemäß den Förderungskriterien des Landes OÖ/Bildungskonto habe; weiters habe sie keinen Bildungsbonus der AK beantragt, noch Reisekosten vom Dienstgeber erhalten; die beantragten Kosten (Reisekosten, Fachliteratur, Arbeitsmittel und sonstige Werbungskosten) seien aus diesen Maßnahmen sowie der ständigen und notwendigen digitalen Erreichbarkeit erwachsen; in ihrer Eigenschaft als Gefahrengutbeauftragte und Führungskraft sei für sie der Zugriff auf das Firmennetzwerk unerlässlich, da sie so stets auf Rückfragen auch von Zuhause umgehend reagieren könne.

Das Bundesfinanzgericht verkennt nicht, dass die besuchten Seminare auch geeignet waren, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten der Beschwerdeführerin zu verbessern; sie stellen jedoch keine berufsspezifische Fortbildung dar. Für diese Beurteilung sprechen sowohl die von der Beschwerdeführerin dargestellten Seminarinhalte, die keine berufsspezifischen Inhalte erkennen lassen, als auch der Umstand, dass sich die Seminare laut ihrer jeweiligen Programme nicht an Angehörige spezieller Berufsgruppen richten, sondern es geht vielmehr um die eigene Persönlichkeitsentfaltung. Aus diesen Umständen kann daher zu Recht abgeleitet werden, dass die in den gegenständlichen Seminaren vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten von sehr allgemeiner Art und nicht auf die spezifischen beruflichen Tätigkeiten der Beschwerdeführerin als kaufmännische Angestellte im Arbeitsbereich Leitung Expedit und Lager und Gefahrengutbeauftragte abgestellt waren. Es handelt sich auch um keine vorweggenommenen Werbungskosten, da von der Beschwerdeführerin weder eine neue Tätigkeit angestrebt noch angenommen worden ist.

Seitens des Bundesfinanzgerichtes wird nicht in Abrede gestellt, dass die besuchten Seminare einen positiven Effekt auf die berufliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin hatten. Dass der Besuch von Seminaren für neurolinguistisches Programmieren (NLP) oder für Schauspiel und Performance aber auch im Regelfall Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die für den Bereich der privaten Lebensführung von Bedeutung sind, hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt bejaht (zB ; ).

Da sich die Aufwendungen für die gegenständlichen Seminare nicht einwandfrei in Aufwendungen für die Lebensführung und berufliche Aufwendungen trennen lassen, ist gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 der gesamte Aufwand als Mischaufwand nicht abzugsfähig. An der Nichtabzugsfähigkeit vermag auch die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Befürwortung der Fortbildungsmaßnahmen nichts zu ändern.

Der ständigen und notwendigen digitalen Erreichbarkeit wurde bereits im angefochtenen Bescheid durch die Anerkennung von 50 % der Internetkosten entsprochen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird über geltend gemachte Fortbildungskosten abgesprochen. Zum § 16 liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101407.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at