Vertragserrichtungskosten als Teil der Gegenleistung gem. § 5 GrEStG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf_Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer 2019, Erfassungsnummer ErfNr (10-***BF_StNr*** ) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang/Sachverhalt
1. Mit Kaufvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer (Bf) gemeinsam mit Frau P - aufgrund des zum damaligen Zeitpunkt noch einzuholenden Nutzwertgutachtens überschlagsmäßig geschätzte - 141(124+8+9)/1167 Anteile an der Liegenschaft in GB.
Unter Punkt III. des Kaufvertrages wurde als Kaufpreis ein Pauschalbetrag von € 445.000,00 vereinbart.
Unter Punkt XII. (Kostentragung) wurde festgelegt, dass sämtliche mit der Errichtung, treuhändigen Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrages verbundenen Kosten, Steuern und Gebühren einschließlich der Kosten der Beglaubigung der Unterschriften sämtlicher Vertragspartner von den Käufern zu tragen seien. Explizit bezog sich diese Nebenabrede unter anderem auf die "Kosten des Vertragsverfassers für die Errichtung, treuhändige Abwicklung und grundbücherliche Durchführung dieses Kaufvertrages (1,5 % des vereinbarten Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 20 %)".
Unter Punkt XIII. (Vertragsabwicklung) ist festgehalten, dass die Käufer Herrn RA mit der Errichtung, treuhändigen Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages beauftragen. Dort verpflichtete sich der Bf als Käufer auch dazu, die Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung über entsprechende Rechnungslegung durch den Vertragsverfasser zu bezahlen.
2. Die Grunderwerbsteuer für diesen Vorgang wurde mit Bescheid vom festgesetzt, wobei neben dem (anteiligen) Kaufpreis iHv € 222.500,00 Vertragserrichtungskosten iHv € 4.005,00 in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurden.
Die Abgabenfestsetzung erfolgte vorläufig gem. § 200 BAO .
3. In der Beschwerde wurde zunächst geäußert, die Abgabenbehörde habe die Vertragserrichtungskosten - ohne nennenswertes Ermittlungsverfahren - in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen. Diese Einbeziehung sei jedoch nur für den Fall zulässig, dass allein die Verkäuferin X_GmbH den Vertragsverfasser RA mit der Urkundenerrichtung beauftragt, sich der Bf aber im Innenverhältnis gegenüber der Verkäuferin zur Übernahme der Kosten der Vertragserrichtung verpflichtet hätte. Tatsächlich habe der Vertragsverfasser jedoch der Firma X_GmbH nur insofern eine Mitwirkung an der Vorbereitung des geplanten Bauträgerprojektes zugesichert, als er sich unter der Voraussetzung, dass es der Bauträger beim Verkauf künftiger Wohnungseigentumseinheiten zur Rechtsgeschäftsbedingung erhebe, dass ihn der jeweilige Käufer mit der Errichtung, treuhändigen Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung des jeweiligen Kaufvertrags beauftrage, bereit erklärt habe, entsprechende Urkundenentwürfe für die Verkäuferin entgeltfrei zu erstellen.
Die Abgabenbehörde habe jedes Ermittlungsverfahren unterlassen, welches diesen rechtserheblichen Sachverhalt erhellt hätte und sich einfach über den Wortlaut des Kaufvertrages (siehe oben) hinweggesetzt. Dort sei unter Punkt XIII.1. und 2. ausdrücklich bedungen, dass der Bf selbst in seiner Eigenschaft als Käufer den Urkundenverfasser mit der Vertragserrichtung und -abwicklung beauftrage und sich über entsprechende Rechnungslegung durch den Vertragsverfasser zur Direktzahlung des vereinbarten Pauschalhonorars verpflichtet. Insofern bestehe nicht der geringste Spielraum für die Einbeziehung der Vertragserrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.
Abschließende Ausführungen in der Beschwerde richten sich gegen die vorläufige Abgabenfestsetzung.
4. In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben. Worin die teilweise Stattgabe gegenständlich bestand, nämlich in der Endgültigerklärung der Abgabenfestsetzung, war dem Spruch dieser Erledigung nicht zu entnehmen. Das Bundesfinanzgericht kam daher zum Schluss, dem Spruch dieser Beschwerdevorentscheidung fehle der normative, rechtsgestaltende Inhalt, weshalb die Erledigung nicht als Bescheid angesehen werden könne. Dieser Umstand wurde der Abgabenbehörde und dem Bf mit Verständigung gem. § 281a BAO vom mitgeteilt.
5. Am erging die Beschwerdevorentscheidung, mit welcher der Beschwerde insofern stattgegeben wurde, als der Bescheid über die Festsetzung der Grunderwerbsteuer vom endgültig erklärt wurde. Im Übrigen vertrat die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung den Standpunkt, es sei nach der Lebenserfahrung anzunehmen, dass bei der Durchführung von Wohnungsverkäufen im Rahmen der Errichtung von Wohnhausanlagen mit mehreren Wohnungen der Veräußerer an einen Rechtsanwalt oder Notar mit dem Auftrag zur Erstellung eines Mustervertrages herantrete. In der Folge erschöpfe sich die von den Käufern zu entfaltende Aktivität darin, den hinsichtlich der Eigenheiten des jeweiligen Wohnungsverkaufes (Käufer, Kaufpreis, Miteigentumsanteil) adaptierten Kaufvertrag zu begutachten und zu unterfertigen. Die Käuferseite habe demzufolge keine Wahl, welcher Vertragserrichter genommen werde, weshalb die gesamten Vertragserrichtungskosten als sonstige Leistung nach § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen seien.
6. Im Vorlageantrag wurde erneut der Vorwurf erhoben, die Abgabenbehörde habe ihre Pflicht zur Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes verletzt. Jegliche Erhebung und behördliche Feststellung der Umstände, unter welchen die Beauftragung des Urkundenverfassers mit der Errichtung, treuhändigen Abwicklung und späteren Verbücherung des Kaufvertrages vom erfolgt sei, sei unterblieben; über die Sachverhaltsdarstellung des Bf habe sich die Abgabenbehörde stillschweigend hinweggesetzt, stattdessen nur auf einen "tatsächlichen Geschehensablauf" verwiesen, wie er sich nach Auffassung der Abgabenbehörde nach der Lebenserfahrung dargestellt habe.
Es sei für die Einbeziehung von Vertragserrichtungskosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht relevant, ob der Käufer betreffend den Urkundenverfasser ein Wahlrecht habe, sondern einzig, ob er durch seine Honorierung des Vertragserrichters den Verkäufer von einer diesbezüglichen Zahlungspflicht befreie. Anschließend wird nochmals das Beschwerdevorbringen wiederholt, wonach die Firma X_GmbH zwar vermittelnd tätig gewesen, aber aufgrund der direkten Beauftragung des Vertragserrichters durch den Bf nicht von einer eigenen Entgeltpflicht befreit worden sei. Es läge daher keine "sonstige Leistung" des Bf an die X_GmbH vor, welche Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sein könne.
7. Abschließend erfolgte im Vorlageantrag ein Verweis auf ein unter der GZ. RR/3100030/2019 beim Verwaltungsgerichtshof anhängiges Verfahren. In jenem Verfahren seien weitgehend idente Sachverhalte und insoweit dieselben Rechtsfragen strittig, weshalb angeregt werde, das gegenständliche Verfahren gem. § 271 BAO bis zum Abschluss des beim VwGH behängenden Verfahrens auszusetzen.
Tatsächlich war die Entscheidung des VwGH in dieser Sache bereits ergangen. Mit Beschluss vom , dem Bundesfinanzgericht zugestellt am , hatte der Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision des betreffenden Abgabepflichtigen, wie der Bf vertreten durch RA, zurückgewiesen.
Rechtslage und Erwägungen
1. Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert zu berechnen.
2. Bei einem Kauf (§ 1053 f. ABGB , § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG) ist nach der Legaldefinition des § 5 Abs. 1 Z 1 leg.cit. die Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
3. Der Begriff der Gegenleistung iSd §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht ist im wirtschaftlichen Sinn (§21 BAO ) zu verstehen; es kommt für die Beurteilung der Gegenleistung daher nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt, somit die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält bzw. alles, was der Käufer einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten. (Fellner in Fellner [Hrsg], Grunderwerbsteuer [15. Lfg 2016] zu § 5 GrEStG 1987, Rz 4ff mwN)
4. Wird der Auftrag zur Errichtung und Verbücherung der Vertragsurkunde vom Käufer erteilt, sind die Vertragserrichtungskosten seine eigenen Kosten und können nicht Gegenleistung sein, da sie sich im Vermögen des Verkäufers nicht werterhöhend auswirken. Dies gilt dann nicht, wenn der Käufer erst gleichzeitig mit Unterfertigung der Vertragsurkunde in ein Mandatsverhältnis mit dem Verfasser des Vertrages tritt und bei Nichtzustandekommen des Vertrages der Veräußerer das Kostenrisiko getragen hätte (Ressler/Arnold in Arnold/Bodis [Hrsg.], GrESt 1987, 16. Lfg., § 5 Rz 127 mit Verweis auf ).
5. Strittig ist im gegenständlichen Fall ausschließlich, ob die Vertragserrichtungskosten im Ausmaß von 1,5 % des anteiligen Kaufpreises iHv € 222.500,00, sohin € 4.005,00, in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind oder nicht.
Der Bf stellt sich diesbezüglich auf den Standpunkt, dass infolge der gemäß dem Wortlaut des Kaufvertrages durch den Bf als Käufer erfolgten Beauftragung des Vertragserrichters der Bf durch die Bezahlung der Vertragserrichtungskosten nicht die Verkäuferin X_GmbH von einer sie treffenden Zahlungsverpflichtung befreit habe, sondern - originär - eigene Kosten zu tragen hatte.
Demgegenüber geht aus Beschwerde und Vorlageantrag eindeutig hervor, dass sich der Vertragsverfasser gegenüber der X_GmbH ausbedungen hat, von sämtlichen Wohnungskäufern des Projektes mit der Errichtung des Kaufvertrages und insgesamt der Abwicklung des Liegenschaftskaufes beauftragt zu werden. Dieses Vorbringen impliziert, dass der Vertragsverfasser von der Verkäuferin im Vorfeld des tatsächlichen Verkaufs (bzw. der tatsächlichen Verkäufe) damit beauftragt worden war, einen Mustervertrag zu erstellen.
Der Bf musste sodann, wie bereits die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung ausführte, den von der Verkäuferin mit der Erstellung eines Mustervertrages beauftragten Rechtsanwalt mit der Vertragserrichtung und weiteren Abwicklung betrauen, so er denn die Wohnung haben wollte.
6. Es steht weiters fest bzw. geht aus dem Wortlaut des Kaufvertrages unter Punkt XIII. hervor, dass die Mandatserteilung an den Vertragsverfasser im gegenständlichen Fall gleichzeitig mit der Unterfertigung des Kaufvertrages seitens des Bf am erfolgte; hätte der Bf den Kaufvertrag mit der X_GmbH nicht geschlossen, wäre es zu keiner Beauftragung des Vertragsverfassers durch den Bf gekommen. Das Kostenrisiko für die Erstellung des Mustervertrages hätte, was ebenfalls aus dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen hervorgeht, diesfalls nur die Verkäuferin getroffen.
Vor dem Hintergrund der oben zitierten Entscheidung des VwGH ( ) war das Schicksal der Beschwerde damit entschieden, zumal außerdem der Begriff der Gegenleistung nicht nach der äußeren Form bzw. dem strengen Wortlaut des jeweiligen Vertrages, sondern nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt des zugrundeliegenden Erwerbsvorganges zu beurteilen ist.
Dazu ist festzuhalten, dass die seitens der X_GmbH gewählte Vorgehensweise keinesfalls als außergewöhnlich angesehen werden kann. Es entspricht, wie bereits die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung - in Entsprechung mit aktueller Judikatur des Bundesfinanzgerichtes zu ähnlich gelagerten Fällen (zB ; , RV/7102439/2019) - ausführte, den Erfahrungen des Wirtschaftslebens, wenn ein Rechtsanwalt oder Notar vom Bauträger (Veräußerer) mit der Erstellung eines Mustervertrages beauftragt wird, welcher dann den jeweiligen Käufern in angepasster Form zur Begutachtung und Unterfertigung vorgelegt wird.
Insofern bestand auch kein Anlass anzunehmen, die Abgabenbehörde habe, indem sie die Vertragserrichtungskosten laut Kaufvertrag - ohne weiteres Ermittlungsverfahren - in die Gegenleistung gem. §§ 4 und 5 GrEStG einbezogen hat, ihre Ermittlungspflicht verletzt.
II.2. Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis erging in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 5 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100232.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at