Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 18.05.2020, RV/6100235/2020

Versäumung der Beschwerdefrist: nicht eingesehene Databox

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin IBV in der Beschwerdesache Bf, abc, betreffend den Einkommensteuerbescheid 2017 des Finanzamtes vom beschlossen:

Die Beschwerde vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO als verspätet zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (kurz: Bf) brachte am auf elektronischem Wege per FinanzOnline die Einkommensteuererklärung 2017 ein und machte darin Kosten für Arbeitsmittel in Höhe von 107,80 Euro, beruflich veranlasste Reisekosten in Höhe von 3.275,16 Euro, Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten in Höhe von 765,12 Euro sowie Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 1.200,00 Euro als Werbungskosten geltend.

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens fand im Einkommensteuerbescheid 2017 vom ein Betrag von 872,92 Euro als Werbungskosten Berücksichtigung. Die übrigen beantragten Werbungskosten hätten laut Bescheidbegründung nicht anerkannt werden können, da trotz Aufforderung keine Unterlagen beigebracht worden seien.

Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte elektronisch am in die FinanzOnline-Databox des Bf.

Der Bf brachte gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 mit Schriftsatz vom Beschwerde ein. Dieser Schriftsatz wurde laut Poststempel am bei der Post aufgegeben und langte am beim Finanzamt ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde zurück, da der Einkommensteuerbescheid 2017 am in die Databox des Bf zugestellt worden sei und der Bf die Beschwerde laut Poststempel am zur Post gebracht habe. Die Beschwerde sei daher nicht innerhalb eines Monats ab Bescheidzustellung eingebracht worden.

Mit Schriftsatz vom , beim Finanzamt eingelangt am , stellte der Bf den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und wies darauf hin, dass der Einkommensteuerbescheid 2017 nur über seine Databox zugestellt worden sei; ohne schriftliche Information weder per Brief noch per eMail. Da der Bf nicht laufend seine Databox überprüfe, sei es dazu gekommen, dass die Beschwerde nach Ablauf der Rechtsmittelfrist abgegeben worden sei.

Die Beschwerde wurde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

DAZU WIRD ERWOGEN:

1 gesetzliche Grundlagen

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 245 Abs. 1 Satz eins BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden gemäß § 108 Abs. 2 BAO mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 108 Abs. 3 BAO durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Die Tage des Postenlaufes werden gemäß § 108 Abs. 4 BAO in die Frist nicht eingerechnet.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekannt gegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Erledigungen werden laut § 97 Abs. 1 BAO dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß lit. a leg. cit. bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

An Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung kann deren Inhalt gemäß § 97 Abs. 3 BAO auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, dass die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutz genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 gilt sinngemäß.

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Die FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) ist eine Verordnung im Sinne des § 97 Abs. 3 Satz zwei BAO (Vgl. Ritz BAO6, Rz 10 zu § 97).

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Abs. 1 FOnV 2006 automationsunterstützte Datenübertragungen in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), Erledigungen (§ 97 Abs. 3 BAO), elektronische Akteneinsicht (§ 90a BAO) und Entrichtungen von Abgaben im Wege der Überweisung (§ 211 Abs. 3 BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen.

Teilnahmeberechtigt sind gemäß § 2 Abs. 1 FOnV Abgabepflichtige und, wenn die Erlassung von Feststellungsbescheiden vorgesehen ist, diejenigen, an die diese Bescheide ergehen (§ 191 Abs. 1 und 2 BAO).

Gemäß § 5b Abs. 1 FOnV 2006 haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Jeder Teilnehmer, der an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, hat nach§ 5b Abs. 2 FOnV 2006 in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert.

2 Sachverhalt

Der Bf brachte seine Einkommensteuererklärung 2017 am im elektronischen Wege per FinanzOnline ein.

Der Einkommensteuerbescheid 2017 wurde am in die Databox des FinanzOnline-Kontos des Bf eingebracht.

Der zur Beschwerde gehörende Briefumschlag trägt einen Poststempel mit dem Datum .

3 Beweiswürdigung

Auf das Datum der Zustellung des Einkommensteuerbescheides 2017 und auf das Datum des Poststempels auf dem zur Beschwerde gehörenden Briefumschalg wurde in der Beschwerdevorentscheidung, welcher Vorhaltscharakter zukommt (vgl. ), ausdrücklich hingewiesen. Der Bf widersprach diesen Angaben des Finanzamtes nicht. Diese Daten entsprechen auch der dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Aktenlage. Sie können somit unbedenklich der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

4 rechtliche Würdigung

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Daten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat. Auf das tatsächliche Einsehen in die Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an. (Vgl. Ritz, BAO6, Rz 4 zu § 98, , , , ).

Im gegenständlichen Fall wurde der Einkommensteuerbescheid am in die Databox des FinanzOnline-Kontos des Bf eingebracht. Der Einkommensteuerbescheid 2017 gelangte somit am in den elektronischen Verfügungsbereich des Bf und gilt daher entsprechend der Bestimmung des § 98 Abs. 2 BAO am als zugestellt.

Die Beschwerdefrist hinsichtlich des am zugestellten Einkommensteuerbescheides 2017 begann somit am zu laufen (vgl. § 109 BAO).

Hinsichtlich des Fristendes ist § 108 Abs. 2 und 3 BAO zu beachten. Unter "Zahl" ist das Datum bei Monatsfristen gemeint (vgl. Ritz, BAO6, Rz 5 zu § 108).

Die einmonatige Frist für die rechtzeitige Einbringung einer Beschwerde gegen den am zugestellten Bescheides endete somit im gegenständlichen Fall am (= Montag).

Eine Frist ist gewahrt, wenn ein Schriftstück (bei Angabe der zuständigen Behörde mit richtiger Anschrift auf dem Briefumschlag) am letzten Tag der Frist zur Post gegeben wurde, auch wenn die Sendung erst nach Fristablauf bei der Behörde einlangt. Der Tag der Postaufgabe wird grundsätzlich durch den Poststempel nachgewiesen, wobei ein Gegenbeweis zulässig ist. (Vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 108 Anm 8, Ritz BAO6, § 108, Rz 14, ).

Im gegenständlichen Fall trägt der zur Beschwerde gehörende Briefumschlag einen Poststempel mit dem Datum . Die Beschwerde wurde somit nach Ablauf der Beschwerdefrist () eingebracht.

Irrelevant ist dabei das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung. Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die in § 5b Abs. 2 FOnV 2006 vorgesehene Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben ist. Diese Information hat lediglich Service-Charakter. (Vgl. Ritz BAO6, § 98 Rz 4, , ).

Das vom Bf behauptete Fehlen einer Verständigung über die in die Databox erfolgte Zustellung des Einkommensteuerbescheides 2017 per Brief oder eMail ändert somit nichts an der Wirksamkeit der Zustellung im Zeitpunkt der Einbringung des Einkommensteuerbescheides 2017 in die Databox.

Anhaltspunkte dafür, dass davon unabhängig Mängel bei der Zustellung unterlaufen wären, liegen nicht vor.

Das Bundesfinanzgericht hat daher von der Versäumung der Beschwerdefrist auszugehen.

Das Bundesfinanzgericht ist somit nicht befugt, inhaltlich über die Zuerkennung der vom Bf beantragten Werbungskosten abzusprechen.

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 ist vielmehr zwingend als verspätet zurückzuweisen.

5 Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art. 133 Abs. 4 B-VG)

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision nicht zulässig, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und es sich daher um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG handelt. Die Beurteilung von Tatfragen ist einer Revision nicht zugänglich.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100235.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at