Pfändung einer Geldforderung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Peter Hrubesch, Hubert-Sattler-Gasse 1, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom betreffend Pfändung einer Geldforderung 2019 Steuernummer ***BF1StNr1***zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Salzburg-Stadt von ***Bf1*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) im Zeitraum August 2009 bis Mai 2011 zu Unrecht bezogene Beträge (Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag) in Höhe von € 5.523,20 für das Kind ***Kind*** rückgefordert.
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Salzburg-Stadt gegenüber ***AG3*** eine Geldforderung in Höhe von insgesamt € 4.225,30 gemäß § 65 AbgEO gepfändet, weil der Bf angeblich beschränkt pfändbare Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis oder sonstige Bezüge im Sinne des § 290a EO gegen diese zustehen.
Mit Schreiben vom hat die Bf gegen diesen Pfändungsbescheid durch ihren Vertreter Beschwerde erhoben und geltend gemacht, der angebliche Abgabenrückstand bestehe nicht zu Recht bzw sei bereits getilgt worden. Selbst für den Fall, dass noch ein Abgabenrückstand bestehe, sei dieser gemäß § 238 BAO verjährt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung führt die Abgabenbehörde aus, die Einbringung des Rückstandes in Höhe von € 5.523,20 sei zwar am wegen Aussichtslosigkeit gemäß § 231 Abs 1 BAO vorübergehend ausgesetzt worden, dann aber gemäß § 231 Abs 2 BAO innerhalb der Verjährungsfrist sukzessive wieder eingesetzt worden. Am habe man der Bf die Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträge für die Jahre 2014 und 2015 vorgeschrieben, im Zeitraum bis überdies Pfändungsgebühren und Auslagenersätze für die Jahre 2014, 2016 und 2017. Der durch die Vorschreibungen resultierende Abgabenrückstand sei durch Zahlungen der Bf und laufende Pfändungen an die Arbeitgeber beglichen worden.
Verjährung sei nicht eingetreten, weil es am zu einer erfolglosen Lohnpfändung an den damaligen Arbeitgeber ***AG1*** und am zu einer Lohnpfändung an den damaligen Arbeitgeber ***AG2*** gekommen sei. Diese Lohnpfändungen würden Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 238 Abs 2 BAO darstellen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Der Abgabenrückstand für die Familienbeihilfen der Jahre 2009, 2010 und 2011 bestehe daher weiterhin zu Recht. Eine Abschreibung des Rückstandes aus Kulanzgründen sei rechtlich nicht möglich.
Mit Schreiben vom hat die Bf durch ihren Vertreter beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über ihre Beschwerde entscheiden.
In der Begründung des Vorlageantrages wird vorgebracht, der Bescheid vom (Rückforderungen für die Jahre 2014 und 2015) sei unbekannt und vermutlich nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Man gehe davon aus, dass durch die bisherigen Pfändungen und Lohneinzüge jeweils die älteste Schuld getilgt worden sei. Hinsichtlich der jüngeren Schuld (Bescheid vom ) werde mangelnde Fälligkeit bzw Verjährung eingewendet.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 229 BAO ist als Grundlage für die Einbringung über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.
§ 231 BAO lautet:
"(1) Die Einbringung fälliger Abgaben kann ausgesetzt werden, wenn Einbringungsmaßnahmen erfolglos versucht worden sind oder wegen Aussichtslosigkeit zunächst unterlassen werden, aber die Möglichkeit besteht, daß sie zu einem späteren Zeitpunkt zum Erfolg führen können. Das gleiche gilt, wenn der für die Einbringung erforderliche Verwaltungsaufwand außer Verhältnis zu dem einzubringenden Betrag stehen würde.
(2) Wenn die Gründe, die zur Aussetzung der Einbringung geführt haben (Abs. 1), innerhalb der Verjährungsfrist (§ 238) wegfallen, ist die ausgesetzte Einbringung wieder aufzunehmen."
§ 238 BAO lautet auszugsweise:
"(1) Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.
(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen."
Im verfahrensgegenständlichen Fall ist aus dem vorliegenden Rückstandsausweis vom , der Rückstandsaufgliederung und der Buchungsübersicht ersichtlich, dass bei Erlassung des Pfändungsbescheides am eine Abgabenschuld in Höhe von € 4.175,20 zuzüglich Gebühren und Auslagen bestand (Familienbeihilfe 2009: € 1.063,00; Familienbeihilfe 2010: € 2.284,79; Familienbeihilfe 2011: € 827,50).
Die Geldforderung im angefochtenen Bescheid steht demnach nicht in Zusammenhang mit dem Rückforderungsbescheid vom , weshalb auch nicht zu prüfen ist, ob dieser ordnungsgemäß zugestellt worden ist.
Buchungen sind nicht rechtskraftfähig, also nicht mit Beschwerde anfechtbar. Wenn Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, kommt ein Abrechnungsbescheid in Betracht (vgl ; ; , 2001/14/0176; , 2005/13/0094; , 2006/15/0155). Ein Antrag gemäß § 216 BAO ist jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht.
Verjährung ist nicht eingetreten, weil die Verjährungsfrist durch nach außen erkennbare Amtshandlungen (Lohnpfändungen am und am ) unterbrochen worden ist und jeweils neu zu laufen begonnen hat.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unterbrechen Amtshandlungen nach § 238 Abs 2 BAO die Verjährung des in § 238 Abs 1 BAO genannten Rechtes gegenüber jedem, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, ohne dass es rechtlich von Bedeutung wäre, gegen wen sich solche Amtshandlungen gerichtet hatten. Der Text dieser Vorschrift nimmt nicht Bezug auf eine Person, sondern handelt allein vom Anspruch. "Jede" zur Durchsetzung "des Anspruches" unternommene, nach außen "erkennbare" Amtshandlung wird als verjährungsunterbrechend normiert, ohne dass diesem Gesetzestext ein Anhaltspunkt für die Anordnung entnommen werden kann, eine bestimmte, von einer solchen Amtshandlung "betroffene" Person in das die Verjährungsunterbrechung bewirkende Geschehen einzubinden ().
Aus den genannten Gründen war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100516.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at