Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.05.2020, RV/3100570/2018

steuerfreie Diäten, Überstundenzuschläge

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (ohne inländischen Steuerabzug) betragen EUR 27.687,-, der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt 20.163,20. Die Einkommensteuer wird mit EUR 1.303,- festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer reichte am die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2016 beim Finanzamt ein. Er gab darin unter anderem an, dass er im Jahr 2016 einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich gehabt habe und Grenzgänger im Sinne des § 16 Abs 1 Z 4 lit g EStG gewesen sei.

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2016 und setzte die Einkommensteuer in Höhe von EUR 1.555,- für ein Einkommen von EUR 20.140,20 fest. Das Einkommen errechnete das Finanzamt anhand eines Lohnausweises (L17) der AG für den Zeitraum 1.1.- wie folgt:


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Einkünfte ohne inländ. Steuerabzug
28.407,00
Pendlerpauschale lt Lohnzettel
0,00
Pendlerpauschale lt Veranlagung
-1.476,00
Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag
-5.915,80
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00
20.883,20
Sonderausgaben - Pauschbetrag
-60,00
Freibetrag wegen Behinderung
-243,00
Kinderfreibetrag - haushaltszugehöriges Kind
-440,00
Einkommen
20.140,20

Mit Eingabe vom erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 und beantragte die Berücksichtigung eines Betrages von EUR 65,- im Monat (EUR 13,- x 5) als Überstundenzuschlag. In seiner weiteren Eingabe vom brachte er weiter vor, dass bei der Steuererklärung 2016 die Überstundenzuschläge und Baustellenzulagen nicht berücksichtigt worden seien.

Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer mit Ersuchen um Ergänzung vom auf, sämtliche Monatslohnzettel des Kalenderjahres 2016 vorzulegen. In seinem Schreiben vom gab der Beschwerdeführer an, vom 1.1.- EUR 12,- brutto und vom 1.6.- EUR 13,- brutto an Stundenlohn bezogen zu haben. Alles was über 160 Stunden pro Monat anfalle, sei als Überstunde zu rechnen. Ausgenommen davon sei die Zahlung von EUR 370,- als Arbeitszulage für Oktober und EUR 377,- als Arbeitszulage für November. Auch legte er die Monatslohnabrechnungen seines Arbeitgebers vor.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und setzte die Einkommensteuer mit EUR 2.460,- für ein Einkommen von EUR 22.726,20 fest. Das Einkommen errechnete das Finanzamt wie folgt:


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Einkünfte ohne inländ. Steuerabzug
30.993,00
Pendlerpauschale lt Lohnzettel
0,00
Pendlerpauschale lt Veranlagung
-1.476,00
Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag
-5.915,80
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00
23.469,20
Sonderausgaben - Pauschbetrag
-60,00
Freibetrag wegen Behinderung
-243,00
Kinderfreibetrag - haushaltszugehöriges Kind
-440,00
Einkommen
22.726,20

In der Begründung führte das Finanzamt an, dass aufgrund der vorgelegten Monatslohnzettel des Kalenderjahres 2016 die Fehlerhaftigkeit der ursprünglich vorgelegten Jahreslohnbescheinigung 2016 festgestellt worden sei. Nach Rücksprache mit dem Dienstgeber (A) seien weder Sonderzahlungen gemäß § 67 EStG, noch steuerfreie Zulagen oder Zuschläge bzw Überstunden gemäß § 68 EStG im Jahr 2016 ausbezahlt worden.

In seinem Vorlageantrag vom brachte der Beschwerdeführer vor, dass steuerfreie Taggelder der Besteuerung unterzogen worden seien. Aus den übermittelten Lohnabrechnungen ergebe sich, dass ein steuerfreier Verpflegungszuschuss monatlich ausbezahlt worden sei. Dieser steuerfreie Verpflegungszuschuss sei mit den in Österreich als steuerfreie Diäten ausbezahlten Taggeldern im Baugewerbe ident. Die Abgabenbehörde hätte die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit abzüglich der steuerfreien Spesen berechnen müssen und das Jahreseinkommen habe bloß EUR 28.047,- betragen. Mit dem Vorlageantrag wurde eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung gemäß § 25 DEÜV vom vorgelegt, in der ein Bruttoarbeitsentgelt von EUR 28.407,- und "steuerfreie Verpflegungszuschüsse bei Auswärtstätigkeit" in Höhe von EUR 2.586,- ausgewiesen sind.

Über Ergänzungsersuchen vom gab der Geschäftsführer des Arbeitgebers des Beschwerdeführers (A) mit Schreiben vom an, dass es sich bei den auf den Monatslohnzetteln für Oktober und November 2016 ausgewiesenen "Leistungszulagen" um Entgelte für geleistete Überstunden und bei den als "Verpflegungszuschuss, steuerfrei" ausgewiesenen Entgeltbestandteilen um Diäten handle.

Das Finanzamt brachte mit Schreiben vom unter Verweis auf die Lohnsteuerrichtlinien weiter vor, eine telefonische Anfrage beim Dienstgeber habe ergeben, dass der Beschwerdeführer hauptsächlich im Raum Rosenheim und im Grenzgebiet zu Österreich (Grenzzone A) eingesetzt worden sei. Daher habe der Beschwerdeführer im Fahrzeug bzw in einem lokal eingegrenzten Bereich einen Mittelpunkt der Tätigkeit begründet, sodass seine Reisen keine steuerlich beachtlichen Dienstreisen darstellen würden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

  • Der Beschwerdeführer war im Jahr 2016 Grenzgänger nach Deutschland und erzielte nichtselbständige Einkünfte als Kraftfahrer. Bei den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich eine Grenzgängerbestätigung des Finanzamtes vom . Darin hält das Finanzamt fest, dass der Beschwerdeführer mit den in der Bundesrepublik Deutschland bei der Firma AG erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zur Veranlagung zur Einkommensteuer vorgemerkt ist.

  • Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 EUR 2.586,- an Zahlungen zur Abgeltung von Verpflegungsaufwand erhalten. In den vorgelegten Monatslohnabrechnungen für Februar, März, April, Mai, Juni, Juli, September, Oktober, November und Dezember sind jeweils Beträge als "Verpflegungszuschuss, stfr" im Gesamtausmaß von EUR 2.586,- ausgewiesen. Im Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2016 ist ein Betrag von EUR 2.586,- als "steuerfreie Verpflegungszuschüsse bei Auswärtstätigkeit" ausgewiesen. Schließlich hat der Geschäftsführer des Arbeitgebers mit Schreiben vom bestätigt, dass diese Beträge "Diäten" darstellen.

  • Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 für den Monat Oktober EUR 370,- und für den Monat November EUR 377,- an Entgelt für geleistete Überstunden erhalten. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Monatslohnabrechnungen für diese Monate, in denen diese Zahlungen als "Leistungszulage" ausgewiesen sind, aus dem vom Arbeitgeber unterfertigten Lohnausweis (L17) für 2016, wo Sonn-, Feiertags und Nahtarbeitszuschläge in Höhe von EUR 747,- ausgewiesen sind, und aus den Angaben des Geschäftsführers des Arbeitgebers im Schreiben vom .

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 gehören Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Eine solche Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt oder so weit von seinem ständigen Wohnort arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort nicht zugemutet werden kann. Bei Arbeitnehmern, die ihre Dienstreise vom Wohnort aus antreten, tritt an die Stelle des Dienstortes der Wohnort.

Das Finanzamt bringt diesbezüglich vor, dass die Verpflegungskosten im Nahbereich steuerpflichtig seien, da der Beschwerdeführer im Fahrzeug einen Mittelpunkt der Tätigkeit begründet habe, zumal er hauptsächlich im Raum Rosenheim und im Grenzgebiet zu Österreich eingesetzt worden sei. Das Bundesfinanzgericht vermag nicht nachzuvollziehen, weshalb der Beschwerdeführer in einem Fahrzeug den Mittelpunkt seiner Tätigkeit begründet haben sollte - der Beschwerdeführer war im Jahr 2016 als Kraftfahrer (laut seinen Angaben in der Abgabenerklärung) bzw. "Kipperfahrer" (laut einem Aktenvermerk des Finanzamtes nach telefonischer Kontaktaufnahme mit dem Arbeitgeber des Beschwerdeführers) auf Baustellen tätig. Selbst die Lohnsteuerrichtlinien, auf welche das Finanzamt verweist, nehmen den Mittelpunkt der Tätigkeit in einem Fahrzeug nur bei Fahrtätigkeit in einem abgegrenzten Bereich, auf nahezu gleich bleibenden Routen oder innerhalb eines von einem Verkehrsunternehmen als Arbeitgeber ständig befahrenen Linien- oder Schienennetzes an. Die Ansicht, bei einer auf Dauer angelegten Fahrtätigkeit beispielsweise als Lkw-Lenker würde im Lkw ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet und mit dieser Begründung die Berücksichtigung des Verpflegungsmehraufwandes versagt, hat der Verwaltungsgerichtshof verworfen (). Der "Raum Rosenheim" und das "Grenzgebiet zu Österreich" sind geographisch derart groß, dass von einem dort angesiedelten Mittelpunkt der Tätigkeit (vgl ) keine Rede sein kann.

Dem gegenüber bringt der Beschwerdeführer im Vorlageantrag vor, der monatlich ausbezahlte steuerfreie Verpflegungszuschuss sei mit dem in Österreich als steuerfreie Diäten ausbezahlten Taggeldern im Baugewerbe ident.

Das Bundesfinanzgericht geht in freier Würdigung der Ermittlungsergebnisse davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers den tatsächlichen Gegebenheiten näher kommt als jenes des Finanzamtes. Der Arbeitgeber des Beschwerdeführers hat trotz entsprechenden Ersuchens seitens des Bundesfinanzgerichts nicht bekanntgegeben, wo die Baustellen, auf denen der Beschwerdeführer eingesetzt wurde, gelegen waren. Es erscheint jedoch höchst unwahrscheinlich, dass ein Arbeitgeber im Baugewerbe Diäten ausbezahlt und als steuerfrei ausweist, ohne dass diesbezüglich eine lohngestaltende Vorschrift gelten würde. Insofern käme auch eine Steuerfreiheit dieser Beträge gemäß § 3 Abs 1 Z 16b EStG 1988 in Betracht.

Die als "steuerfreie Verpflegungszuschüsse bei Auswärtstätigkeit" in Höhe von EUR 2.586,- sind daher aus den Bemessungsgrundlagen auszuscheiden.

Gemäß § 68 Abs 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge bis EUR 360,- pro Monat steuerfrei.

In den Monatslohnabrechnungen sind mit Ausnahme der als "Leistungszulage" bezeichneten Überstundenabgeltungen in den Monaten Oktober und November 2016 keinerlei Überstunden ausgewiesen. Daher ist weder nachvollziehbar, weshalb im Lohnausweis (L17) normale Überstundenzuschläge in Höhe von EUR 3.654,- ausgewiesen sind, noch weshalb der Betrag von EUR 65,- im Monat (EUR 13,- x 5) als Überstundenzuschlag laut Beschwerdevorbringen oder monatliche Überstunden über 160 Arbeitsstunden laut Schreiben vom berücksichtigt werden sollten. Der Beschwerdeführer hat sein diesbezügliches Vorbringen nicht begründet oder belegt, dies trotz der ihn treffenden erhöhten Mitwirkungspflicht aufgrund des vorliegenden Auslandssachverhaltes (§ 115 BAO).

Die in den Monaten Oktober und November 2016 geleisteten Zuschläge für Überstunden sind gemäß § 68 Abs 1 EStG 1988 jeweils in Höhe von EUR 360,- steuerfrei zu belassen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Würdigung des mit diesem Erkenntnis festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war darüber hinaus nicht zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100570.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at