Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Behinderung der Tochter
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 Steuernummer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt:
Der Einkommensteuerbescheid 2011, der am an den Beschwerdeführer (Bf) erging, wich von seiner am eingereichten Erklärung insoweit ab, als das Finanzamt an nachgewiesenen Kosten aus der Behinderung seiner Tochter A nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen anstatt der beantragten Aufwendungen von 6.423,42 € nur solche von 2.178,51 € berücksichtigte.
Begründend verwies das Finanzamt darauf, dass Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht zu den Krankheitskosten im Sinne des § 34 EStG 1988 zählten. Aufwendungen, die nicht in Zusammenhang mit der Behinderung stünden (Hustensaft, etc.), seien als Krankheitskosten mit Selbstbehalt zu berücksichtigen. Kosten, die durch die Pflegebedürftigkeit verursacht seien (Windeln, Pflegeprodukte), seien bereits mit dem Pflegegeld abgegolten. Die Fahrten zur Schule könnten nicht anerkannt werden, zumal eine Schülerfreifahrt vorliege und die Schule sich auf dem Weg zur Arbeitsstätte des Bf befinde. Da die große Pendlerpauschale vorliege, werde die Fahrt zur Arbeitsstätte täglich zurückgelegt und es liege keine zusätzliche Fahrt zur Schule seiner Tochter vor.
Fahrtkosten zur Apotheke stellten keine Krankheitskosten dar. Bei Beachtung der durchschnittlichen Lebensverhältnisse ergebe sich kein Hinweis, weshalb die Aufwendungen für Fahrten zu Apotheken höher sein sollten als die, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen würden: Es sei durchaus üblich, Fahrten zu Apotheken ebenso zu unternehmen wie zu diversen Dienstleistern, die für das tägliche Leben erforderlich seien.
In der gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandte der Bf ein, dass bei Berechnung der Einkommensteuer Kosten aus der Behinderung eines Kindes nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen im Ausmaß von 3.899,91 € (4.244,91 € - 345,00 € = 3.899,91 €) nicht berücksichtigt worden seien. Er ersuche um eine genaue Auflistung, welche Positionen konkret abgelehnt worden seien. Es sei ihm sonst nicht möglich, eine fundierte Beschwerde bzw. im weiteren Verlauf eine Vorlage an das Verwaltungsgericht einzubringen.
Zu den im Bescheid abgelehnten Nahrungsergänzungsmitteln wies der Bf darauf hin, dass das mehrfach behinderte Kind u.a. eine beidseitige, große komplexe Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mit einem Wolfsrachen habe. Da deswegen auch Teile des Kiefers fehlten und der wenige vorhandene Zahnansatz kreuz und quer stehe, sei es dem Kind nicht möglich, zu kauen. Aus diesem Grund sei nur eine beschränkte Nahrungsaufnahme möglich. Um Mangelerscheinungen in Verbindung mit längeren Krankenhausaufenthalten vorzubeugen, müssten dem Kind immer wieder Nahrungsergänzungsmittel verabreicht werden. Die so genannten "Nahrungsergänzungsmittel" seien daher als Krankheitskosten anzusehen, da diese ohne Behinderung nicht erforderlich wären.
Zur Ablehnung des Hustensaftes wandte der Bf ein, dass das Kind, wie o.a., eine komplexe Lippen-Kiefer-Gaumenspalte habe und diese mit einer Nasendeformierung einhergehe, weshalb das Kind nicht durch die Nase atmen könne. Eine Vorwärmung der Atemluft finde so nicht statt, weshalb es besonders oft unter Husten leide. Das sei bei seiner Tochter doppelt schlimm, da sie sich nicht wie ein nicht behindertes Kind räuspern könne und daher Schleim in der Lunge bleibe. Das ziehe die Einnahme von Antibiotika nach sich, die seine Tochter mehrmals jährlich wegen anderer Infektionen einnehmen müsse und deshalb gegen manche schon resistent sei. Daher sei erforderlich, schon bei leichten Anzeichen einer Verkühlung bzw. von Husten sofort Hustensaft zu verabreichen, um die Wirkung der Antibiotika für ernsthafte Erkrankungen zur Verfügung zu haben. Die Aufwendungen für den Hustensaft stünden daher in direktem Zusammenhang mit der Behinderung.
Zu den Fahrtkosten zur Apotheke brachte der Bf vor, dass seine Tochter eine schwere multiple Behinderung habe und der Behinderungsgrad 100 % betrage. Daher seien die Fahrten bzw. Fahrtkosten zu den Apotheken/Drogerien/Dienstleistern, die in ursächlichem Zusammenhang mit der schweren Behinderung seiner Tochter stünden, nicht als Fahrten des täglichen Lebens anzusehen und zu berücksichtigen.
Auch die Fahrtkosten zur Schule seien zu berücksichtigen, weil es sich dabei um zusätzliche Fahrten handle, die seine Frau durchführe. Sein Arbeitsbeginn und -ende lägen weit außerhalb der Schulzeiten. Da seine Frau kein eigenes Einkommen habe, müsse er für diese Kosten aufkommen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die Abgabenbehörde der Beschwerde teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid dahin ab, dass sie anstatt eines Betrages von 2.178,51 € nunmehr einen Betrag von 2.437,86 € als nachgewiesene Kosten aus der Behinderung der Tochter berücksichtigte.
In der gesonderten Bescheidbegründung verwies sie eingangs auf die gesetzliche Bestimmung des § 34 Abs. 2, 3 und 4 EStG 1988.
Zu den Nahrungsergänzungsmitteln führte die Abgabenbehörde aus, dass ein Grundsatz der außergewöhnlichen Belastungen sei, dass Kosten von Abwehrmaßnahmen regelmäßig nicht abzugsfähig seien. Erst Kosten zur Behebung eines Schadens führten bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 34 EStG 1988 zu außergewöhnlichen Belastungen ().
Der VwGH erkenne nur typischerweise mit einer Heilbehandlung verbundene Kosten als zwangsläufig an. Aufwendungen, die lediglich auf eine Verbesserung des Allgemeinzustandes abzielten, seien davon nicht erfasst, selbst wenn sich die betreffende Maßnahme auf den Verlauf einer konkreten Krankheit positiv auswirken könne (). Auch Kosten für Mittel bzw. Behandlungsformen aus dem Bereich der Alternativmedizin könnten Kosten der Heilbehandlung darstellen, wenn diese Aufwendungen medizinisch indiziert seien, also solche, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit vorgenommen würden.
Maßnahmen der Außenseitermedizin seien dann Heilbehandlungen im Sinne des § 4 der Verordnung für außergewöhnliche Belastungen, wenn ihre medizinische Notwendigkeit nachgewiesen sei. Dies erfordere keinen wissenschaftlich gesicherten Nachweis, wohl aber, dass hinsichtlich der betreffenden Maßnahmen zumindest auf einen gewissen Heilerfolg in breiten Kreisen der Bevölkerung verwiesen werden könne, wenn also der Erfolg typischerweise erzielt werde und sich nicht nur auf eine bloß subjektive Besserung der Beschwerden beschränke ( RV/0427-G/06). Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung obliege in erster Linie der Partei ().
Im vorliegenden Fall leide die Tochter des Bf an einer schweren Behinderung mit einer beidseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, welche die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln medizinisch notwendig mache, weshalb die beantragten Kosten zu gewähren seien.
Zum Hustensaft verwies die Abgabenbehörde darauf, dass Aufwendungen, die nicht in Zusammenhang mit der Behinderung stünden, nur als Krankheitskosten mit Selbstbehalt zu berücksichtigen seien.
Würden Medikamente zur Heilung oder Linderung einer Krankheit sowie Heil- oder Pflegebehelfe ärztlich verschrieben, seien die Aufwendungen jedenfalls als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Fielen höhere Aufwendungen an als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen würden, seien sie nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen (z.B. erwartete medizinische Komplikationen) erwachsen würden (). Vom Sozialversicherungsträger geleistete Kostenersätze seien abzuziehen.
Im vorliegenden Fall erscheine die Einnahme des Hustensaftes auf Grund der komplexen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte in Zusammenhang mit der Nasendeformierung als Zustandsverbesserung der Tochter förderlich, weshalb die Kosten ersetzt werden könnten.
Zu den Fahrtkosten zur Schule führte das Finanzamt aus, dass Mehraufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und (Sonder-)Schule grundsätzlich ohne Gegenverrechnung mit dem bezogenen Pflegegeld als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden könnten. Dies jedoch nur, wenn sie auf Grund der Behinderung des Kindes zwangsläufig anfielen.
Im vorliegenden Fall liege eine Schülerfreifahrt vor. Darüber hinaus werde Pflegegeld bezogen, sodass die Aufwendungen für die Fahrten zur Schule bereits abgegolten seien. Die Rechtsprechung untersage nicht, beim Abzug behinderungsbedingter zwangsläufiger Mehraufwendungen eine Gegenverrechnung mit dem bezogenen Pflegegeld auch insoweit vorzunehmen, als Mehraufwendungen nicht unmittelbar mit der Pflege im Zusammenhang stünden und somit nicht solche seien, auf welche der vom einfachen Gesetzgeber für das bezogene Pflegegeld vorgesehene Zweck ausdrücklich abstelle ().
Zu den Fahrtkosten zur Apotheke hielt das Finanzamt fest, dass sich bei Beachtung der durchschnittlichen Lebensverhältnisse kein Hinweis ergebe, dass die Aufwendungen des Bf für Fahrten zur Apotheke höher sein sollten als die, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen würden. Auf Grund der durchschnittlichen Dichte an chronischen Krankheiten bzw. auf Grund saisonaler Krankheitswellen (Erkältung, Grippe, Allergien, etc.) sowie diverser vorkommender Unfälle und damit einhergehender Verletzungen sei es als durchaus üblich zu bezeichnen, Fahrten zu Apotheken ebenso zu unternehmen wie zu diversen Dienstleistern, die für das tägliche Leben erforderlich seien. Die Apothekeneinkäufe könnten zudem auch auf dem Arbeitsweg des Bf absolviert werden, auch wenn die zeitliche Verfügbarkeit, Nähe und Lage der Apotheke beachtet werden müsse. Diese Kriterien fielen typisch in den Bereich der Lebensführung und seien nicht als außergewöhnlich im o.a. Sinn zu verstehen (). Diese Kosten seien daher nicht ersatzfähig.
Im fristgerechten Vorlageantrag wandte sich der Bf dagegen, dass außergewöhnliche Belastungen im Gesamtumfang von 3.640,56 €, davon Fahrtkosten zur Schule von 3.385,20 €, nicht berücksichtigt worden seien.
Nach der Entscheidung des RV/0094-I/07, seien Fahrten zur Sonderschule nicht durch den Bezug von Pflegegeld abgegolten. Seine Tochter habe körperliche Behinderungen, aber auch eine geistige Beeinträchtigung und sei schreibunkundig. Ihr sei es nicht möglich, in einer allgemein verständlichen Sprache zu sprechen. Es sei daher notwendig, in engem Kontakt zum Lehrpersonal zu stehen, um den Lehrern zu erklären, was ihre "Worte" bedeuteten bzw. was sie erzählen wolle. Umgekehrt wolle seine Tochter auch zu Hause etwas von der Schule erzählen, aber ohne vorher zu wissen, um welches Thema es sich handle bzw. was sie erlebt habe, könne man nur erahnen, was sie damit zum Ausdruck bringen wolle. Es sei richtig, dass eine Schülerfreifahrt vorliege. Diese werde auch überwiegend in Anspruch genommen, da die Frau des Bf auch die beiden anderen Kinder zu versorgen habe und sich der Unterrichtsbeginn bzw. das Unterrichtsende der Kinder überschneide.
Es gehöre zu den Grundrechten der Menschen, sich verständigen zu können. Seine Tochter habe nur diese Möglichkeit, sich mit einer Art "Dolmetscher" ihrer Umwelt verständlich mitzuteilen. Dieser behinderungsbedingte Aufwand sei daher zur Gänze als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt anzusehen.
Ergänzend zu obigen Ausführungen seien die Kosten von 568,68 € für Fahrten zu Elternsprechtagen/Elternabenden/Schulveranstaltungen/Projekttagen/zur Abholung nach Ausflügen (zu spät für den Schulbus) als zwangsläufig anzusehen und als behinderungsbedingter Aufwand zur Gänze ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen.
Fahrtkosten zur Apotheke seien im Umfang von 255,36 € nicht berücksichtigt worden. Diese Fahrten stünden in direktem Zusammenhang mit den Medikamenten und seien deshalb auch als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt zu werten. Die Fahrten seien ausschließlich durch die Behinderung der Tochter entstanden.
Diese habe auch Spalthände und Spaltfüße und zudem einen eingeschränkten Bewegungsapparat. Sie sei wegen der fehlenden Gliedmaßen beim Gehen, Greifen und in ihren gesamten Bewegungen unsicher und daher auch tollpatschiger und anfälliger für Verletzungen als andere Kinder. Deshalb sein auch Kosten für eventuelle Unfälle als behinderungsbedingt anzusehen und in direktem Zusammenhang mit der Behinderung als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu werten.
Gegen das Argument, die Medikamenteneinkäufe am Arbeitsweg zu erledigen, spreche, dass bei einem Arztbesuch, bei dem eine Behandlung mit oder ohne Rezept verordnet werde, im Normalfall notwendig sei, umgehend das Medikament in einer Apotheke zu kaufen oder mit der Behandlung zu beginnen. Die Frau des Bf sei nicht berufstätig und müsse daher diese Aufgabe übernehmen. Das habe aber zur Folge, dass Medikamente frühestens am nächsten Tag am späten Abend, bei nicht sofortiger Verfügbarkeit erst am übernächsten Abend und bei Dienstreisen erst Tage später zur Verfügung stünden (nächsten Tag das Rezept mitnehmen - Medikament kaufen - spät am Abend zurück). Eine solche Vorgangsweise sei medizinisch und gesellschaftlich nicht vertretbar, daher seien die Fahrten zur Apotheke als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen.
Weiters verweise der Bf auf seine Ausführungen in der Beschwerde.
Mit Schreiben vom ersuchte die Richterin den Bf, zu nachstehenden Fragen Stellung zu nehmen:
"Sie machten in Ihrem Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2011 u.a. Kosten auf Grund der Behinderung Ihrer Tochter A in Höhe von 6.423,42 € geltend; davon entfiel ein Betrag von 5.384,82 € auf Fahrtkosten (Kilometergelder). Von diesen Fahrtkosten anerkannte das Finanzamt einen Anteil von 1.744,26 €.
Zu den bisher nicht berücksichtigten Fahrtkosten von 3.640,56 € ist Folgendes festzuhalten bzw. bedarf einer Ergänzung:
a) "Gespräch mit der Lehrerin, da Verständigung fast nicht möglich mit A":
Erläutern Sie diesen Punkt näher.
Wann erfolgten die Besprechungen mit der Lehrkraft? Fanden diese vor oder nach dem Unterricht, auf Wunsch der Lehrkraft oder auf Ihren Wunsch statt?
War Ihre Tochter bei den Besprechungen anwesend?
Übernahm Ihre Frau an den Tagen, an denen sie zu Gesprächen mit der Lehrkraft fuhr, auch den Transport Ihrer Tochter zur Schule und von der Schule zurück nach Hause?
Wäre bei erkennbarem Klärungsbedarf nicht naheliegend gewesen, telefonisch Kontakt mit der Lehrkraft aufzunehmen?
b) Weitere Fahrten zur Schule:
Ein Tatbestandsmerkmal einer außergewöhnlichen Belastung ist ihre Außergewöhnlichkeit. Aufwendungen, die bei der Mehrzahl der Abgabepflichtigen auftreten, die also im täglichen Leben üblich sind, stellen keine außergewöhnliche Belastung dar.
Demnach sind Aufwendungen, die Eltern im Allgemeinen und nicht nur Eltern eines behinderten Kindes treffen, keine außergewöhnliche Belastung.
Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Zeugnisverteilung (4.2. und 1.7.), dem Fasching (5.4.), den Osterferien (15.4.), dem Elternsprechtag (19.5. und 24.11.), dem Elternabend (5.10.) oder der Weihnachtsfeier (23.12.) treffen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes alle Eltern gleichermaßen und stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung eines Kindes, weshalb sie nicht abzugsfähig sind.
c) Fahrten zur Apotheke und zur Anschaffung von Inkontinenzeinlagen:
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes sind Fahrtenkosten zur Anschaffung von Medikamenten und Hilfsmitteln nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, weil diese Anschaffungen nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit Anschaffungen des täglichen Lebens (z.B. Lebensmitteln) verbunden werden.
Eine Ausnahme wäre nur denkbar, wenn ein bestimmtes Medikament sofort verfügbar sein müsste. Weisen Sie daher nach, welche konkreten Medikamente aus welchem Grund unmittelbar nach dem Arztbesuch beschafft werden mussten.
Der ortsansässige Arzt Dr. D verfügte nach den vorgelegten Belegen über eine Hausapotheke.
Warum wurden die erforderlichen Medikamente nicht über die Hausapotheke Ihres Hausarztes bezogen?
Laut den vorgelegten Rechnungen kauften Sie Windeln bei Hofer und Penny in K, im B in C und bei Bipa in E.
Da Inkontinenzeinlagen laufend benötigt wurden, konnten diese in Verbindung mit (anderen) Fahrten nach C, F oder E gekauft werden und waren dafür nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine Extrafahrten erforderlich.
d) Doppelte Fahrten:
Unverständlich sind z.B.:
: Fahrt zum Hausarzt in G, Fahrt zur Apotheke H mit Rückkehr nach G, Fahrt von G nach C, obwohl H auf dem Weg nach C liegt.
3.3. und : je zwei Fahrten von G nach C, einmal zur Beschaffung von Inkontinenzeinlagen, einmal ins Krankenhaus.
29.4; 5.9.; 28.9. und : Je eine Fahrt von G nach E und eine Fahrt von G nach K, obwohl Windeln auch in E erhältlich sind."
Mit Schreiben vom führte der Bf zu den Gesprächen mit der Lehrkraft aus, dass seine Tochter eine geistige Behinderung und keine verständliche Lautsprache habe. Sie könne nicht lesen, nicht schreiben, nicht rechnen und habe kein Zeitverständnis und auch kein Zahlenverständnis. Sie sei geistig auf dem Stand eines dreijährigen Kindes. Trotzdem sei sie immer sehr mitteilungsbedürftig gewesen und habe immer versucht, ihre Erlebnisse mitzuteilen, wofür sie keine Sätze, sondern nur einzelne unverständliche Wörter oder auch nur Silben verwendet habe. Diese Wörter oder Silben zu entschlüsseln, habe die Eltern und auch Lehrer vor manche Rätsel gestellt, die manchmal erst nach Tagen, Wochen oder zum Teil Monaten hätten gelöst werden können. Die Tochter habe nicht mehr aufgehört, dieses Wort zu wiederholen, alle 10 Sekunden, minutenlang, stundenlang, eigentlich tagelang. Sie habe die Aufmerksamkeit - mitunter auch mit körperlichen Attacken - so lange gesucht, bis man dieses Wort, welches sie habe sagen wollen, wiederholt habe. Es klinge unglaublich, aber beim Aufwachen sei es das erste und beim Einschlafen das letzte Wort gewesen, und dazwischen habe sie es gestikulierend und mit krächzender Stimme ständig wiederholt. Das gehe an die Psyche, und man versuche, diese Situation so rasch wie möglich aus der Welt zu schaffen. Bis zu dem Zeitpunkt der Wortwiederholung sei mit ihr nichts anzufangen gewesen, da ihre Gedanken stets um dieses Thema gekreist seien.
Das habe nicht nur den Unterricht gestört, sondern auch ein eigenes bescheidenes Lernen komplett unmöglich gemacht. Entschlüsseln habe man es nur können, wenn man den Themenkreis gekannt habe. Oft habe sie das gerade Erlebte, aber auch künftige Ereignisse wie z.B. den Geburtstag oder Osterhasen mitteilen wollen.
Daher sei es für alle Beteiligten von Vorteil gewesen, die Erlebnisse zu kennen, um einen ungestörteren Unterricht abhalten zu können. Das sei nur ein kleiner Auszug der Probleme, die aufgetaucht seien, tatsächlich sei das Ganze noch viel komplexer gewesen.
Die Frage, wann die Besprechungen erfolgt seien, ob diese vor oder nach dem Unterricht und auf Wunsch der Lehrkraft oder seinen Wunsch stattgefunden hätten, beantwortete der Bf mit:
"Am Vormittag; weder noch; auf beidseitigen Wunsch; meistens ja, da das Klangbild des Wortes und die dazugehörige Geste erklärt werden mussten; nein, da sie noch zwei andere Kinder zu betreuen hatte und zu deren Schulende zu Hause sein musste; ohne die Gesten, alleine mit dem Klangbild, ist es nicht möglich, etwas zu verstehen."
Zu Punkt b) des Ergänzungsersuchens führte der Bf aus, dass richtig sein möge, dass die dort angeführten Aufwendungen alle Eltern gleichermaßen treffen würden, wenn sich das SPZ im gleichen Ort oder in der Stadt des Wohnortes befinde. Durch die Behinderung seiner Tochter sei aber die nächste geeignete Schule in E gewesen. Diese habe sie nicht freiwillig besucht, sondern zwangsläufig wegen ihrer Behinderung. Daher sehe der Bf diese Kosten als "außergewöhnliche Ausgaben" an. Nicht zuletzt deshalb, da solche Kosten für die beiden anderen Kinder, die in G die Schule besuchten, nicht anfielen.
Punkt c) beantwortete der Bf damit, dass ihm dieser Nachweis nach 9 Jahren nicht mehr möglich sei.
In der kleinen Hausapotheke des ortsansässigen Arztes sei nicht immer alles verfügbar gewesen, und die Öffnungszeiten hätten sich nach den kurzen und nicht täglichen Ordinationszeiten gerichtet. Da könne es vorkommen, dass man das gewünschte Medikament erst nach zwei oder drei Tagen oder, wenn der Arzt Urlaub habe oder auf Weiterbildung sei, noch länger nicht bekomme. Dann fahre man gleich zur Apotheke und bekomme noch dazu eine anständige Rechnung.
Zu den doppelten Fahrten laut Punkt d) verwies der Bf darauf, dass es schwierig sei, alleine mit seiner Tochter in ein Geschäft zu gehen oder sonstige Erledigungen durchzuführen, da sie immer die volle Aufmerksamkeit fordere. Wenn mit der Tochter ein Geschäft besucht werde, sei immer eine zweite Begleitperson dabei, das werde damals nicht der Fall gewesen sein.
Wegen Corona und der damit einhergehenden 24-Stunden-Betreuung der Tochter fehlten dem Bf die Zeit und auch die Kraft, auf jedes Detail einzugehen. Im Übrigen seien in der "Beschwerde" und im "Antrag zur Vorlage zur Entscheidung der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht" seine Einwände geschildert.
Er hoffe, dass es nach drei Jahren Verfahrensdauer zum Wohle seiner Tochter zu einem positiven Verfahrensabschluss komme.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Aktenteilen und dem Vorbringen des Bf.
Rechtslage
Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 kann jeder unbeschränkt Steuerpflichtige beantragen, dass bei Ermittlung des Einkommens nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Die Belastung muss sowohl außergewöhnlich sein (Abs. 2) als auch zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Eine Belastung ist außergewöhnlich im Sinne des Abs. 2, soweit sie höher als jene ist, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (§ 34 Abs. 2 EStG 1988).
Das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit dient der Abgrenzung atypischer, außerhalb der normalen Lebensführung gelegener Belastungen von den typischerweise wiederkehrenden Kosten der Lebenshaltung.
Aufwendungen, die bei der Mehrzahl der Abgabepflichtigen auftreten, die also im täglichen Leben üblich sind, stellen keine außergewöhnliche Belastung dar.
Nicht zu vergleichen sind dabei Abgabepflichtige, die die gleiche Belastung tragen [daher ist der Kranke nicht mit einem anderen Kranken, sondern mit einem Gesunden zu vergleichen; Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 34 Tz 30 f, 19. Lfg (Februar 2017)].
Eine Belastung erwächst der Partei zwangsläufig, wenn sie sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Außergewöhnliche Belastungen können im Allgemeinen nur nach Abzug eines nach den Einkommens- und Familienverhältnissen berechneten Selbstbehaltes steuerlich berücksichtigt werden.
Nach § 34 Abs. 6 Teilstrich 4 EStG 1988 können Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.
Nach Abs. 6 letzter Satz kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
Auf Grund der §§ 34 und 35 EStG 1988 erließ der Bundesminister für Finanzen die Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 (in der Folge kurz: VO).
Diese lautet auszugsweise:
§ 1 Abs. 3: Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 4: Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
§ 5 Abs. 1: Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262,00 € vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen.
§ 5 Abs. 3: Zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 sind auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel, die durch die Behinderung eines (unterhaltsberechtigten) Kindes veranlasst sind, sind daher ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes und ohne Anrechnung von pflegebedingten Geldleistungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Nach § 1 Bundespflegegeldgesetz verfolgt das Pflegegeld den Zweck, in Form eines Beitrages "pflegebedingte Mehraufwendungen" pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Das Pflegegeld soll dazu beitragen, dass pflegebedürftige Personen Pflegeleistungen "einkaufen" können (z.B. ).
Der Verwaltungsgerichtshof anerkannte in seinem Erkenntnis vom , 2007/15/0309, Mehraufwendungen für Fahrtkosten zu einer Sonderschule im Hinblick auf die Behinderung des Kindes als außergewöhnliche Belastungen und ließ diese Fahrtkosten ohne Gegenverrechnung mit dem Pflegegeld gemäß § 5 Abs. 3 der VO in voller Höhe zum Abzug zu.
Kosten, die regelmäßig durch die Pflegebedürftigkeit verursacht werden, wie z.B. Ausgaben, die sich aus der Betreuung eines behinderten Kindes ergeben, Hygieneartikel udgl., werden aber durch das Pflegegeld abgegolten ().
Krankheitsbedingte Maßnahmen und die dadurch veranlassten Aufwendungen erwachsen nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, soweit sie entweder der Heilung dienen oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglicher zu machen.
Nicht erfasst sind Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch, wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können (Peyerl in Jakom, EStG 2020, 13. Aufl., § 34, Rz 90, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Stichwort "Krankheitskosten").
Generell sind dort, wo die Abgrenzung zu Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung nicht eindeutig zu ziehen ist, an die Nachweisführung strenge Anforderungen zu stellen.
Probleme bei der Beurteilung, ob eine außergewöhnliche Belastung vorliegt oder nicht, ergeben sich nicht zuletzt dadurch, dass diese teilweise nach einem objektiven und teilweise nach einem subjektiven Verständnis ausgelegt werden. Nach einem objektiven Verständnis schließt der Erwerb eines normalen Wirtschaftsgutes oder ein Aufwand, den Kranke wie Gesunde gleichermaßen tätigen, eine außergewöhnliche Belastung aus. Nach einem subjektiven Verständnis reicht es für die Abzugsfähigkeit, wenn sich der Betroffene der Ausgabe nicht entziehen kann (Endfellner in SWK 22/2013, 974).
Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes lassen darauf schließen, dass dieser außergewöhnliche Belastungen nach einem objektiven Verständnis auslegt (z.B. 817/73, zum Anbau eines Hallenbades für den an Kinderlähmung erkrankten Sohn, den der VwGH als Vermögensumschichtung und daher nicht als außergewöhnliche Belastung ansah; , zur Qualifizierung eines Elektromobils als außergewöhnliche Belastung, weil ein solches als Fortbewegungsmittel für gehbehinderte Personen konzipiert ist; , zum Erwerb eines Pkw für den Transport der behinderten Tochter, der nicht spezifisch für Behinderte beschaffen war und dessen Erwerb daher nicht zu einer außergewöhnlichen Belastung führte).
Eines der Kriterien, das erfüllt sein muss, ist die Außergewöhnlichkeit. Erwachsen einer Vielzahl von Personen gleichartige Aufwendungen, sind diese nicht außergewöhnlich und können demnach zu keiner außergewöhnlichen Belastung führen.
Bei Fahrtkosten zum Kauf von Medikamenten handelt es sich um derartige Aufwendungen, die nicht nur eine Vielzahl von Personen treffen, sondern die nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit Anschaffungen des täglichen Lebens (z.B. Lebensmitteln) verbunden werden.
Dagegen sind Kosten für Fahrten zu Ärzten, Physiotherapeuten oder ins Krankenhaus, soweit sie mit der Behinderung in Zusammenhang stehen, nach § 4 der VO ohne Selbstbehalt abzugsfähig.
Erwägungen
Strittig ist die Höhe der im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen zu berücksichtigenden Fahrtkosten.
Für die am 0.0.0000 geborene Tochter des Bf wurde ein Grad der Behinderung von 100 % festgestellt und erhöhte Familienbeihilfe zuerkannt. A besuchte im Beschwerdejahr die Allgemeine Sonderschule in E (SPZ).
Der Bf machte neben den bereits vom Finanzamt anerkannten Fahrtkosten zu Ärzten, zur Logopädin oder ins Spital im Wesentlichen weitere Fahrtkosten zur Schule der Tochter, insbesondere zu Gesprächen mit der Lehrerin, sowie zum Kauf von Medikamenten und Inkontinenzeinlagen für seine Tochter geltend.
Im Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf darauf hingewiesen, dass Fahrten zum Kauf von Medikamenten und Inkontinenzeinlagen üblicherweise mit Anschaffungen des täglichen Lebens verbunden werden und diese Fahrtkosten nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können. Eine Ausnahme sei nur denkbar, wenn ein bestimmtes Medikament sofort verfügbar sein müsste.
Eine derartige Ausnahme konnte der Bf nicht nachweisen, weshalb es sich bei nachstehenden Fahrtkosten in Höhe von 559,86 € nicht um außergewöhnliche Belastungen handelte, sondern um allgemeine Kosten der Lebensführung, die gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig waren:
Kauf von Medikamenten am 7.1., 11.2., 23.2., 22.4., 11.5., 13.9., 5.10., 19.10., 24.10., 23.11. und (220 km x 0,42 = 92,40 €).
Dasselbe galt für den Kauf von Inkontinenzeinlagen (28.1., 3.3., 25.3., 29.4., 3.6., 24.6., 29.7., 5.9., 28.9., 6.10., 14.10., 9.11. und (1113 km x 0,42 = 467,46 €). In diesem Zusammenhang war zudem wenig glaubwürdig, dass für den Kauf von Inkontinenzeinlagen Wegstrecken zwischen 70 und 92 km zurückgelegt worden wären, obwohl diese laut vorgelegten Rechnungen u.a. auch bei Bipa in E gekauft wurden und der Schulstandort ohnedies häufig wegen der Gespräche mit der Lehrkraft aufgesucht wurde. Gerade bei Inkontinenzeinlagen war ein Kauf auf Vorrat möglich und zumutbar, weshalb die Fahrten zum Kauf von Inkontinenzeinlagen ebenfalls gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig waren.
Darüber hinaus zählten die Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Zeugnisverteilung (4.2. und 1.7.), dem Fasching (5.4.), den Osterferien (15.4.), dem Elternsprechtag (19.5. und 24.11.), dem Elternabend (5.10.) und der Weihnachtsfeier (23.12.) mangels Außergewöhnlichkeit ebenfalls nicht zu den außergewöhnlichen Belastungen. Derartige Aufwendungen betrifft eine Vielzahl von Eltern gleichermaßen. Der auswärtige Schulbesuch eines Kindes ist nicht als außergewöhnlich einzustufen, weshalb die o.a. Fahrten nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung der Tochter standen (688 km x 0,42 = 288,96 €).
Dem gegenüber waren aber nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts Fahrten zur Schule der Tochter zwecks Besprechungen mit der Lehrkraft als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, weil diese nach der ausführlichen Beschreibung des Bf der Erzielung eines positiven therapeutischen Effektes dienten und derartige Kosten laut VfGH den Kosten einer Heilbehandlung gemäß § 4 der VO zuzuordnen sind ().
Dasselbe galt für die Anwesenheit der Eltern an den ersten Tagen des neuen Schuljahres (5.9. bis ) sowie für die Abendbesuche bei den Projekttagen (20.6. bis ), weil eine elterliche Unterstützung der im Beschwerdejahr 10-jährigen Tochter insbesondere bei Veränderungen des gewohnten Tagesablaufes als angebracht erachtet wurde.
Insgesamt waren daher die beantragten Fahrtkosten von 5.384,82 € mit Ausnahme der oben angeführten Fahrtkosten im Gesamtausmaß von 848,82 € als durch die Beeinträchtigung der Tochter bedingt anzusehen und im Umfang von 4.536,00 € als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.
Hinsichtlich der übrigen, durch das Finanzamt bereits anerkannten außergewöhnlichen Belastungen bestand für das Bundesfinanzgericht keine Veranlassung, diese einer abermaligen Überprüfung zu unterziehen und von der durch das Finanzamt vorgenommenen Beurteilung abzuweichen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall erfolgte die Lösung der zu klärenden Rechtsfragen im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG lag somit nicht vor, weshalb eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig war.
Linz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101182.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at