Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.06.2020, RV/3100774/2019

Ermittlung der Negativsteuer unter Einbeziehung ausländischer steuerfreier Einkünfte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Richter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, Anschrift_A, Ungarn, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes_A vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2018 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin reichte am elektronisch eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 ein. Über Vorhalt des Finanzamtes_A vom ersuchte die Abgabepflichtige um unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich. Daneben legte sie eine Bescheinigung E9 vor, in welcher im Jahr 2018 in Ungarn bezogene Einkünfte in Höhe von Betrag_1 Forint ausgewiesen wurden. Das Finanzamt_A kürzte im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 (mit Ausfertigungsdatum ) die erstattungsfähige Negativsteuer unter Ansatz der in Ungarn bezogenen Einkünfte gemäß § 33 Abs. 8 EStG.

In der hiergegen fristgerecht erhobenen Beschwerde vom führte die Abgabepflichtige begründend aus, bei einer unbeschränkten Steuerpflicht seien die ungarischen Einkünfte bis 11.000,00 € in Österreich steuerfrei.

Das Finanzamt_A begründete die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom damit, gemäß § 33 Abs. 8 Z 1 bis 3 EStG seien auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreie Einkünfte (Einkünfte laut E9, Krankengeld) für Zwecke der Berechnung der negativen Einkommensteuer wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln. Die steuerfreien Einkünfte laut E9 seien daher richtigerweise bei der Berechnung herangezogen worden.

Die Beschwerdeführerin begehrte mit Eingabe vom fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend aus, sie habe die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich beantragt, weshalb die ungarischen Einkünfte bis 11.000,00 € in Österreich steuerfrei seien. Sie habe die ungarischen Einkünfte in Ungarn bereits besteuert, weshalb nicht verständlich sei, warum diese in Österreich nochmals besteuert werden würden.

2.) Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist in Ungarn wohnhaft. Sie erzielte im Jahr 2018 in Ungarn Einkünfte in Höhe von Betrag_1 Forint (umgerechnet Betrag_2 €), welche aufgrund internationaler Abkommen der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat Ungarn unterliegen (siehe vorgelegte Bescheinigung E9, das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, Ertrag und vom Vermögen vom , BGBl. 52/1976, und die unstrittige Feststellung des Finanzamtes_A).

Die Abgabepflichtige war im Jahr 2018 in Österreich im Zeitraum vom 1. Jänner bis , vom 5. Juli bis sowie vom 3. bis bei der Firma_A nichtselbständig beschäftigt (siehe vorliegende Lohnzettel).

Die Beschwerdeführerin optierte mit Eingabe vom zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht in Österreich.

3.) Beweiswürdigung:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus der unstrittigen Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Unterlagen.

Die Abgabenbehörde hat der Ermittlung der Höhe der ungarischen Einkünfte in Euro einen unzutreffenden Devisenkurs (1 € = 0,003185972 Florint) zugrunde gelegt und somit diese im strittigen Bescheid mit Betrag_3 € festgesetzt. Nachdem im gegebenen Fall jedoch die vom Finanzministerium erstellte "Umrechnungstabelle in Euro-Beträge 2018" (L17b-2018) Anwendung findet (1 € = 0,003089 Florint), belaufen sich im vorliegenden Fall die ungarischen Einkünfte auf die Höhe von Betrag_2 €.

4.) Rechtslage:
Nach § 1 Abs. 4 EStG 1988 werden auf Antrag auch Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 98 leg.cit. haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90% der österreichischen Einkommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 11 000 Euro betragen. Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten in diesem Zusammenhang als nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegend. Die Höhe der nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte ist durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Abgabenbehörde nachzuweisen.

Gemäß § 33 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 sind auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreie Einkünfte für Zwecke der Berechnung der Einkommensteuer gemäß Z 1 bis 3 wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln. Der Kinderabsetzbetrag gemäß Abs. 3 leg.cit. bleibt bei der Berechnung außer Ansatz.

Ergibt sich nach § 33 Abs. 1 und 2 EStG eine Einkommensteuer unter null, ist nach § 33 Abs. 8 Z 1 EStG insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu erstatten.
Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 leg.cit. eine Einkommensteuer unter null, sind nach § 33 Abs. 8 Z 2 EStG 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und des § 16 Abs. 1 Z 4 und 5 EStG, höchstens aber 400 Euro jährlich rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG haben, sind höchstens 500 Euro rückzuerstatten.
Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 leg.cit. eine Einkommensteuer unter null, sind nach § 33 Abs. 8 Z 3 EStG 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 EStG, höchstens aber 110 Euro jährlich, rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Die Rückerstattung vermindert sich um steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG.

Bestimmte Absetzbeträge können im Rahmen der Einkommensteuer-Berechnung zu einer Gutschrift (Negativsteuer/Sozialversicherung-Rückerstattung) führen, sofern die nach dem Tarif (Abs. 1) und nach Abzug der Absetzbeträge gemäß Abs. 2 berechnete Einkommensteuer unter null ist. Die Gutschrift ist mit der nach Abs. 1 und 2 berechneten negativen Einkommensteuer begrenzt (§ 33 Abs. 8 Z 5 EStG). Auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreie Einkünfte sind für Zwecke der Berechnung der Negativsteuer nach § 33 Abs. 8 Z 1 bis 3 EStG wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln (§ 33 Abs. 8 Z 4 EstG; Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2019, § 33 Rz 110). Das bedeutet, es kommt nur insoweit zu einer Einkommensteuergutschrift, als das Einkommen auch unter Berücksichtigung dieser steuerbefreiten Beträge unter der Besteuerungsgrenze bleibt (RV, 848 BlgNr. 22. GP; vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, BD. III C, Anm. 13 zu § 33).

5.) Erwägungen:
Die Beschwerdeführerin ist durch ihre Optionserklärung im Schreiben vom in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

Im vorliegenden Fall sind ausschließlich die in Österreich erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Firma_A der Berechnung des in Österreich steuerpflichtigen Einkommens einzubeziehen und der österreichischen Einkommensteuer zu unterwerfen. Die in Ungarn erzielten Einkünfte sind in Österreich nicht einkommensteuerpflichtig.
Das Finanzamt_A hat somit im bekämpften Einkommensteuerbescheid zutreffend die ungarischen Einkünfte in Österreich nicht besteuert; die Abgabenbehörde hat daher bereits im gegenständlichen Bescheid dem Beschwerdevorbringen entsprochen und die ungarischen Einkünfte steuerfrei behandelt. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin wurden die in Ungarn bereits besteuerten Einkünfte in Österreich nicht nochmals der Einkommensteuer unterworfen.

Nach § 33 Abs. 8 Z 4 EStG sind lediglich bei der Ermittlung der "Negativsteuer" gemäß § 33 Abs. 8 EStG die in Österreich steuerfreien Einkünfte (und sohin im vorliegenden Fall die streitgegenständlichen ungarischen Einkünfte) wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln und für die diesbezügliche Berechnung heranzuziehen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen werden durch die bescheidmäßige Berücksichtigung dieser Einkünfte nach § 33 Abs. 8 EStG die ungarischen Einkünfte nicht der österreichischen Einkommensteuer unterworfen, sondern lediglich bei der Berechnung der "Negativsteuer" entsprechend mit einbezogen. Das Finanzamt_A hat somit diese im bekämpften Bescheid rechtmäßig bei der Berechnung nach § 33 Abs. 8 EStG zum Ansatz gebracht.

Die Höhe der ungarischen Einkünfte ergibt sich aus der vom Bundesministerium für Finanzen verlautbarten Umrechnungstabelle in Euro-Beträge für 2018; die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Einkommensteuer für das Jahr 2018 sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

6.) Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der unmissverständlichen gesetzlichen Bestimmung, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Beilage: 1 Berechnungsblatt Einkommensteuer für das Jahr 2018

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100774.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at