Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung nach § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988; Obsorgeregelung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7102417/2016-RS1 | Außergewöhnliche Belastungen können nur in Bezug auf die bloße Kinderbetreuung steuerlich abgesetzt werden, da diese aus der Unterhaltsverpflichtung resultieren und diese nach den Bestimmungen des § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 beim unterhaltsberechtigten Kind selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.
Zum inhaltlichen Verständnis der Kinderbetreuung kann hinsichtlich § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 auf die Gesetzesmaterialien des Steuerreformgesetzes 2009, BGBl I Nr 26/2009, mit dem die Bestimmung des § 34 Abs 9 EStG 1988 eingefügt wurde, verwiesen werden:
„Da nur die Kosten für die ausschließliche Kinderbetreuung berücksichtigt werden können, sind Kosten für Verpflegung […] nicht berücksichtigungsfähig.“ (ErläutRV 54 BlgNR 24. GP 17)
Die zusätzlich zur reinen Betreuung erwachsenen Kosten sind daher gesondert auf die steuerliche Abzugsfähigkeit zu prüfen. Die Aufwendungen für die Erteilung von (Sprach-)Unterricht bzw. Nachhilfe treffen die Beschwerdeführerin nicht atypisch, sondern eine Mehrzahl von Steuerpflichtigen gleichermaßen, fallen als Teil der Berufsausbildung an und stellen daher keine außergewöhnliche Belastung dar ( 297/69). Mehrkosten der Verpflegung (nach Abzug der Haushaltsersparnis) zählen zwar nicht zu den Kinderbetreuungskosten, erwachsen aufgrund der unmittelbaren Kausalität zur notwendigen Kinderbetreuung aber ebenso außergewöhnlich und zwangsläufig und sind daher steuerlich als außergewöhnliche Belastung nach § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 abzugsfähig. |
RV/7102417/2016-RS2 | Die Übernahme der alleinigen Obsorge ist keine freiwillige Übernahme einer Rechtspflicht, die die Zwangsläufigkeit einer Belastung aus der Kinderbetreuung ausschließt. Die Übernahme der alleinigen Obsorge/hauptsächlichen Betreuung ist kein beliebiger Akt, sondern ist begründet im Wohl des Kindes (§ 138 ABGB), welches nach dem Zweck der gesetzlichen Obsorgeregelungen des ABGB bei minderjährigen Kindern jedenfalls im Vordergrund zu stehen hat. |
RV/7102417/2016-RS3 | Hinsichtlich der Frage einer freiwilligen Mitverursachung der außergewöhnlichen Ausgaben durch die einvernehmliche Scheidung fehlt es am unmittelbaren Zusammenhang, da die Auflösung der Ehe ihre Ursache im Verhältnis der Ehegatten zueinander hat. Die Auflösung der Ehe erfordert zwar die Klärung des zukünftigen Verhältnisses zum Kind, bezieht sich aber ausschließlich auf die Beendigung des familienrechtlichen Verhältnisses (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Rz 30 mit Bezug auf das Entstehen der familienrechtlichen Verhältnisse bei Eheschließung und Adoption mit Verweis auf 737/78). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Die Wirtschaftstrh. DWT Steuerb. GmbH, Scheibengasse 4, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) in Verbindung mit § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Verfahren stellt sich wie folgt dar:
Arbeitnehmerveranlagung 2014
Auf Grundlage der Erklärung erließ die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid vom , wobei der beantragte Alleinerzieherabsetzbetrag bei der Festsetzung der Einkommensteuer nicht abgezogen wurde. Die erklärten außergewöhnlichen Belastungen für Zahnersatz und Kinderbetreuungskosten wurden - um den Selbstbehalt gekürzt - berücksichtigt.
Beschwerde vom
Die Beschwerdeführerin beinspruchte die Berücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages und den Abzug von Krankheitskosten für Zahnersatz (wurden allerdings im Rahmen der Veranlagung bereits berücksichtigt).
Beschwerdevorentscheidung vom
Der beantragte Alleinerzieherabsetzbetrag sowie die außergewöhnliche Belastung für Krankheitskosten für Zahnersatz wurden anerkannt, letzteres wirkte sich jedoch aufgrund des Selbstbehaltes steuerlich nicht aus. Die Kinderbetreuungskosten hinsichtlich der Tochter wurden nicht berücksichtigt, da dieses zu Beginn des Kalenderjahres das 10. Lebensjahr bereits vollendet hat (scheinbar im Hinblick auf § 34 Abs 9 EStG 1988 ). Ebenso wurden Arbeitsmittel (Hausschuhe) in Höhe von 19,90 € nicht anerkannt.
Vorlageantragvom
Die Beschwerdeführerin wies auf die Kinderbetreuungskosten von 2.640,00 € für ihre 13-jährige Tochter und darauf hin, dass sie Alleinerzieherin sei und die gesamten außergewöhnlichen Belastungen den Selbstbehalt bei Weitem überschreiten würden. Zum Nachweis der Kosten legte sie eine Bestätigung des Vereins "***Verein***" vor, aus der hervorgeht, dass die Kosten für "Betreuung" vom 1. Jänner bis zum monatlich jeweils 220,00 € betragen haben.
Schriftliches Auskunftsersuchen vom und
Der Verein "***Verein***" wurde gemäß § 143 BAO um Auskunft ersucht:
"Zur Klärung der Grundlagen werden Sie höflichst ersucht, darzulegen, welche Leistungen für ***VornameTochter*** in Anspruch genommen wurden, insbesondere eine Aufgliederung der monatlichen Kosten in Essensbeiträge, Betreuung, Sprachförderung etc.
Weiters werden Sie ersucht, bekanntzugeben, ob in Ihrer Einrichtung die Betreuung für die Altersgruppe von ***VornameTochter*** überhaupt angeboten werden kann (Verein zur Förderung von Sprachkenntnissen von Vorschul- und Schulkindern in Wien)."
Da mittlerweile der Konkurs über den Verein "***Verein***" eröffnet wurde, wurde das Schreiben vom von Seiten des Insolvenzverwalters an Herrn ***MAVerein*** (ehemaliger Mitarbeiter des Vereins "***Verein***") weitergeleitet.
Laut Aktenvermerk vom wurde von der belangten Behörde ein Kontakt zu Frau Ivana ***MAVerein2*** (ehemalige Buchhalterin des Vereins) hergestellt. Der Gesamtbetrag der Betreuungskosten habe sich demnach in Essen, Betreuung und vor allem bei ***Tochter*** um Sprachunterricht für künftige Berufsausübung aufgeteilt. "Betreuung sei nur minimal - mehr Sprachausbildung".
Ergänzungsschreiben der Beschwerdeführerin vom
Die Beschwerdeführerin führte an, dass sie am Montag und Mittwoch von 6.30 bis 15.00 Uhr in der Kindergruppe anschließend bis 18.00 Uhr im Hort, am Dienstag, Donnerstag und Freitag von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr wiederum in der Kindergruppe und anschließend im Hort beschäftigt sei. Die Kinderbetreuungskosten (mit Selbstbehalt) fallen daher sehr wohl in die Arbeitszeit und stehen ihr daher als Alleinerzieherin zu.
Vorlagebericht vom
Die belangte Behörde legte das Rechtsmittel dem Bundesfinanzgericht mit folgender Stellungnahme vor:
"Nach § 34 Abs 1 EStG 1988 können außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wenn sie außergewöhnlich sind, zwangsweise erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Vor Inkrafttreten des § 34 Abs 9 EStG 1988 (Kinderbetreuungskosten) stellte die Beaufsichtigung eines Kindes grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung dar. Hier sind jedoch die Ausgaben mit € 2.300,00 und höchstens bis zum 10. bzw 16. Lebensjahr (bei erhöhter Familienbeihilfe) begrenzt. Darüber hinaus können Kosten nach den allgemeinen Grundlagen als außergewöhnliche Belastung geltend machen werden. Die Betreuung eines Kindes einer alleinerziehenden Mutter (nachweislich während der Arbeitszeit) stellen dabei außergewöhnliche Belastung dar, die Verpflegung und Aktivitäten über die reine Kinderbetreuung hinaus (wie Ausflüge oder insbesondere Sprachtraining) treffen alle Eltern und sind daher nicht außergewöhnlich. Im Zuge der Vorlage wurde seitens der Behörde nochmals versucht, im Rahmen des Auskunftsersuchens einen detaillierten Nachweis der monatlichen Kosten von € 220,00 beim Verein ***Verein*** zu erhalten sowie um Klärung gebeten, ob in der Einrichtung die Betreuung für die Altersgruppe der Tochter überhaupt angeboten wird (Verein zur Förderung von Sprachkenntnissen von Vorschul- und Schulkindern in Wien). Über den Verein ***Verein*** wurde mittlerweile das Konkursverfahren eröffnet (***GZ***) und wurde das Auskunftsersuchen vom Insolvenzverwalter an die ehemalige Buchhalterin Frau Ivana ***MAVerein2*** weitergeleitet.
Nach telefonischer Auskunft sind die Verrechnungsposten des Vereines (dh. der monatlichen Gesamtbetrag von € 220,00) grundsätzlich in Verpflegung, gegebenenfalls Betreuung und vorallem Sprachunterricht gegliedert. Vor allem im gegenständlichen Falle sei die Tochter der Steuerpflichtigen für ihre künftige Berufsausbildung sprachlich ausgebildet worden und die Betreuung sei - wenn überhaupt - nur minimal gewesen. Eine genaue schriftliche Bestätigung konnte von Frau ***MAVerein2*** trotz mehrmaliger Intervention bis dato nicht übermittelt werden.
Da es sich bei den monatlichen Kosten jedenfalls nicht um (reine) Betreuungskosten handelt und im Beschwerdeverfahren bzw. Auskunftsverfahren im Zuge der Vorlage weder ein diesbezüglicher Nachweis erbracht werden konnte, noch dargelegt wurde, ob überhaupt die Betreuung der Tochter aufgrund der Altersklasse möglich ist, wird seitens der Behörde die Abweisung des Begehrens beantragt."
Telefonat mit Frau ***MAVerein2***/E-Mailvom
Aufgrund der Internetrecherche des zuständigen Richters wurde eine Website der "***Verein2***" mit den Kontaktdaten von Frau ***MAVerein2*** gefunden. Diese gab telefonisch an, dass sie sich in Tschechien befinde, sehr schlecht deutsch spräche (was aufgrund der Wahrnehmung des zuständigen Richters auch zutrifft) und ***VornameTochter*** hauptsächlich in den Fächern Deutsch, Tschechisch und Mathematik unterrichtet wurde. Es gab eine Essensmöglichkeit, jedoch nehmen sich auch Kinder selbst etwas zum Essen mit. Der Unterricht gestaltete sich in der Form, dass einer Stunde Unterricht eine 5-Minuten-Pause folgte. Wie oft und wieviele Stunden ***VornameTochter*** betreut wurde, ist, da es schon sehr lange her ist, nicht leicht zu beantworten. Es wird Unterricht und Betreuung in einem angeboten, natürlich machen die Kinder auch selber Hausaufgaben bzw. beschäftigen sich selbst und erfolgt insofern eine Betreuung. Allerdings war eine Betreuung von ***VornameTochter*** aufgrund ihres Alters nicht mehr in diesem Ausmaß notwendig wie bei kleineren Kindern.
Zur Dokumentation wurde ein E-Mail an Frau ***MAVerein2*** mit dem Ersuchen versandt, sie möge den damaligen Ablauf des Aufenthalts von ***VornameTochter*** ***Nachname*** im Jahr 2014 (zB in Stunden) übermitteln bzw. den prozentuellen Anteil von Sprachunterricht, Essen und Kinderbetreuung an der Gesamtleistung angeben. Frau ***MAVerein2*** mailte am eine - der von der Beschwerdeführerin vorgelegten (Vorlageantrag) ähnlichen - Bestätigung, die jedoch mit den monatlichen Betreuungsstunden ergänzt war. Eine Aufteilung der Entgelte für Sprachunterricht, Essen und Kinderbetreuung ist daraus nicht ersichtlich.
Beschlussvom
Die Beschwerdeführerin wurde angesichts der faktischen Schwierigkeit, den tatsächlichen Anteil der Kinderbetreuungskosten zu ermitteln, zum Vorbringen eines geeigneten Sachverhalts und der Vorlage von Unterlagen aufgefordert (zugestellt an den steuerlichen Vertreter und Zustellungsbevollmächtigten), insbesondere durch Nachweis des stunden-, betragsmäßigen bzw. prozentuellen Anteils des Sprachunterrichts, der Verpflegung und der Betreuung am Gesamtentgelt von 2.640,00 € in 2014, durch Darstellung des üblichen Ablaufs des Aufenthalts der Tochter bei "***Verein***" in 2014, durch Angabe der üblichen Tageszeiten des Aufenthalts der Tochter bei "***Verein***" in 2014 und durch Angaben über eventuelle Unterhaltsleistungen des Kindesvaters in 2014.
Der Beschluss blieb unbeantwortet.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
1. Zuständigkeit
Die Rechtssache wurde am durch Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom der nunmehr zuständigen Geschäftsabteilung zugeteilt.
Da die Beschwerde zulässig ist, rechtzeitig eingebracht wurde und keine Erledigung in Beschlussform gemäß § 278 BAO zu ergehen hat, entscheidet das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 BAO in der Sache selbst.
2. Streitpunkte
Strittig ist, ob die als Kinderbetreuungskosten geltend gemachten Ausgaben von 2.640,00 € aus einer Dienstleistung des Vereins "***Verein***" dem Grunde und der Höhe nach als außergewöhnliche Belastung bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen sind.
3. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist Mutter von ***VornameTochter*** ***Nachname***, geboren am ***GebDat***. Die Tochter vollendete daher im Streitjahr 2014 das 13. Lebensjahr. Die Ehe mit dem Kindesvater wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Wien Innere Stadt vom einvernehmlich geschieden. Am diesem Tag wurde vor demselben Gericht ein Vergleich der Kindeseltern geschlossen, wonach die Obsorge nur der Kindesmutter zusteht und der Kindesvater sich verpflichtet, ab bis auf weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit, einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 225,00 € für die Tochter zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters, das war in 2014 die Mutter, zu bezahlen. Die Geschiedenen verzichteten gegenseitig auf Unterhalt, auch für den Fall geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtslage und unverschuldeter Not. Die Beschwerdeführerin lebte mit der Tochter im gemeinsamen Haushalt, jedoch dauernd getrennt vom Kindesvater.
Die Beschwerdeführerin arbeitete ganzjährig als Kindergruppenbetreuerin und war Montag und Mittwoch von 6.30 bis 15.00 Uhr in der Kindergruppe anschließend bis 18.00 Uhr im Hort, am Dienstag, Donnerstag und Freitag von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr wiederum in der Kindergruppe und anschließend im Hort beschäftigt. Aus ihrer beruflichen Tätigkeit erzielte sie im Durchschnitt monatliche Nettoeinkünfte von ca. 1.644,00 €.
Die Kindesmutter bezog für die Tochter die gesetzliche Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag (194,60 € pro Monat ab Juli 2014, davor 189,30 €).
Um den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter zu sichern, war die Beschwerdeführerin darauf angewiesen, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Einer aus ihrer Obsorgepflicht resultierenden persönlichen und aufgrund des Alters notwendigen Betreuung der Tochter konnte die Kindesmutter außerhalb der Schulzeiten und während ihrer Arbeitszeiten daher nicht nachkommen.
Um die Betreuung ihrer Tochter sicherzustellen, beauftragte die Beschwerdeführerin den Verein "***Verein***". Der Verein ist im Internet auf diversen Websites (z.B. **Website**) als Verein zur Förderung von Sprachkenntnissen für Vorschul- und Schulkinder benannt. ***VornameTochter*** wurde im Streitjahr durchschnittlich ca. 36,7 Stunden pro Monat von "***Verein***" betreut bzw. beaufsichtigt. Sie erhielt in dieser Zeit im überwiegenden Ausmaß Unterricht, vor allem in den Fächern Deutsch, Tschechisch und Mathematik. Der Betreuungsanteil (stundenmäßig und im Verhältnis zum Gesamtentgelt) war aufgrund des Alters der Tochter nur untergeordnet und konnte in concreto ebenso wie das Ausmaß der Verpflegung nicht festgestellt werden. Festgestellt werden konnte allerdings, dass jedenfalls eine Betreuungsleistung erbracht worden ist. In Abgrenzung zur Unterrichts- und Verpflegungsdienstleistung wird dieser Anteil mit 30% festgestellt. Die Feststellung eines Anteils der Verpflegungsmehrkosten aufgrund der notwendigen Betreuung erfolgt mit 10%.
Als Arbeitsmittel wurden Ausgaben für Hausschuhe (Björndal, Marke Deichmann) geltend gemacht. Diese Hausschuhe können auch privat getragen werden.
4. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (insbesondere dem Familienbeihilfenakt) sowie den Erhebungen des Bundesfinanzgerichts.
Die Höhe der geltend gemachten Ausgaben wurden belegmäßig nachgewiesen, ebenso das gesamte Stundenausmaß der Dienstleistungen des Vereins.
Hinsichtlich der Arbeitszeiten der Beschwerdeführerin bestehen gegen deren Angaben keine Zweifel an der Richtigkeit.
Dass seitens des Vereins "***Verein***" hauptsächlich Unterrichtsleistungen erbracht wurden, war aufgrund der Erhebungen des Finanzamts sowie des Bundesfinanzgerichts insbesondere der im Verfahrensgang dargestellten lebensnahen Schilderungen von Frau ***MAVerein2*** (Verein "***Verein***") in Verbindung mit dem als Indiz zu wertenden Vereinszusatz "zur Förderung von Sprachkenntnissen für Vorschul- und Schulkinder" festzustellen.
Trotz allem ist eine Betreuungsdienstleistung nicht auszuschließen. Es ist anzunehmen, dass für die Kindesmutter eine Beaufsichtigung ihres Kindes mit einem Mehrwert der Unterrichtserteilung beabsichtigt war. Auch aufgrund der im Vergleich zu einer Sprachausbildung bzw. Nachhilfe sehr günstigen Kosten pro Stunde von knapp 6,00 € (durchschnittlicher Preis pro Stunde Nachhilfe in Kleingruppen für 2018 in Höhe von 18,65 €, vgl https://www.arbeiterkammer.at/beratung/bildung/schule/Nachhilfekosten_2019.pdf), der eher für eine vordergründige Kinderbetreuung spricht, ist davon auszugehen, dass nicht nur ein unwesentlicher Betreuungsanteil im Gesamtentgelt enthalten ist.
Die genaue Aufteilung des Gesamtentgelts auf Unterricht, Verpflegung und Betreuung konnte insbesondere aufgrund der fehlenden Mitwirkung der Beschwerdeführerin und der wenigen Indizien aus der Kommunikation mit Frau ***MAVerein2*** nicht festgestellt werden. Eigenständige Erhebungen durch das Finanzamt bzw. Bundesfinanzgerichts blieben weitgehend ohne Erfolg. Es wurden diesbezüglich auch keine weiteren Beweise seitens der Beschwerdeführerin angeboten.
Die Komponenten von 30% für Betreuung und 10% für Verpflegungsmehrkosten werden aufgrund der Schilderung der ehemaligen Mitarbeiterin des Vereins (Frau ***MAVerein2***), der diesbezüglichen Erhebungen des Finanzamts, des Alters der Tochter und der damit verbundenen geringen Betreuungsbedürftigkeit, des oben dargestellten sehr günstigen Stundenpreises sowie der Tatsache, dass es glaubhaft ist, dass ***VornameTochter*** sich selbständig - unter Aufsicht - in den Betreuungszeiten beschäftigt hat (zB Hausaufgaben erledigt hat) festgestellt.
Die Beschwerdeführerin brachte einen Sachverhalt vor, wonach hinsichtlich ihrer Tochter undifferenziert Kinderbetreuungskosten vorlägen. Dieses Vorbringen erwies sich aufgrund mehrfacher Erhebungsschritte der belangten Behörde und des Bundesfinanzgerichts als dem Grunde nach nicht richtig. Trotz der Stellungnahme des Finanzamts im Vorlagebericht vom sowie des Ersuchens im Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom um Ergänzung des Sachverhalts (insbesondere die Konkretisierung der Dienstleistungen des Vereins "***Verein***") wurde dazu seitens der Beschwerdeführerin keine Stellungnahme abgegeben.
Der Betreuungsanteil war daher gemäß § 184 BAO schätzungsweise zu ermitteln.
Die mögliche Privatnutzung der Hausschuhe wurde aufgrund einer Internetrecherche auf https://www.deichmann.com/AT/de/shop/marken/bjoerndal.cat festgestellt. Es handelt sich dabei um alltagstypische Hausschuhe, eine ausschließliche Eignung für besondere berufliche Zwecke ist auch in Anbetracht der beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin auszuschließen.
5. Rechtslage
§ 16 Abs 1 Z 7 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988 ) idgF lautet:
"Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8anzuwenden."
§ 20 Abs 1 EStG 1988 idgF lautet auszugsweise:
"(1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
1. […]
2. Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
[…]"
§ 33 Abs 3 EStG 1988 idgF lautet:
"Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden."
§ 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988 idgF lautet:
"Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben."
§ 34 EStG 1988 idgF lautet auszugsweise:
"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….……. 6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….…………….………… 8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………........................ 10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..……………….………... 12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt
wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
für jedes Kind (§ 106).
(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
(6) […]
(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:
1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.
3. […]
4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.
5. […]
(8) […]
(9) Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:
1. Die Betreuung betrifft
ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder
ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.
2. Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder, im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für das Kind, das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
3. Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.
4. Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG ) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG ) des Kindes an.
Steuerfreie Zuschüsse, die gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b von Arbeitgebern geleistet werden, kürzen den Höchstbetrag von 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr nicht. Soweit Betreuungskosten durch Zuschüsse gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b abgedeckt sind, steht dem Steuerpflichtigen keine außergewöhnliche Belastung zu."
§ 106 Abs 1 EStG 1988 idgF lautet:
"Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht."
6. Rechtliche Beurteilung (siehe I.)
6.1. Kinderbetreuungskosten
Kinderbetreuungskosten sind gemäß § 34 Abs 7 Z 4 bzw. Abs 9 EStG 1988 grundsätzlich bei Zutreffen der entsprechenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig.
Für den Abzug von Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 Abs 9 EStG 1988 ohne Selbstbehalt setzt Z 2 leg cit hinsichtlich des Kindes, für das keine erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird, das noch nicht vollendete 10. Lebensjahr voraus. Aufgrund des im Streitjahr vollendeten 13. Lebensjahres scheidet daher ein solcher Abzug jedenfalls aus.
Unterhaltsleistungen sind grundsätzlich gemäß § 34 Abs 7 Z 1 EStG 1988 durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag abgegolten. Beide Leistungen wurden in 2014 von der Beschwerdeführerin bezogen.
Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit und unter Anrechnung eines Selbstbehalts abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.
Demnach sind zB Kinderbetreuungskosten von Alleinerziehenden für schulpflichtige Kinder unter Abzug eines Selbstbehaltes abzugsfähig (ErläutRV 54 BlgNR 24. GP 16).
Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen - nach Abzug der Sonderausgaben - außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Die Belastung darf zudem weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Belastung bedeutet endgültiger Wertverzehr, eine bloße Vermögensumschichtung erfüllt diese Voraussetzung nicht. Durch die Verausgabung von Geld in Form eines verlorenen Aufwands ist, da kein neuer Vermögenswert geschaffen wurde, eine Belastung der Beschwerdeführerin gegeben, die auch dem Grunde und der Höhe nach nachgewiesen ist. Der Aufwand wurde auch endgültig getragen und auch nicht zB durch öffentliche Stellen ersetzt.
Betriebsausgaben liegen wegen des Fehlens eines Betriebes nicht vor. Zur Qualifizierung als Werbungskosten mangelt es an der notwendigen beruflichen Veranlassung. Die Begründung der Ausgaben liegt in der - privaten - Unterhaltsverpflichtung. Ein Sonderausgabentatbestand nach § 18 EStG 1988 ist nicht erfüllt.
Außergewöhnlich ist eine Belastung gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst. Ein Vergleich innerhalb des gleichen Familienstandes hat nicht zu erfolgen ().
In Folge des im Zuge der Scheidung geschlossenen Vergleichs war der Kindesvater verpflichtet, Unterhalt für die gemeinsame Tochter in Höhe von 225,00 € zu leisten. In Anbetracht der von der Kindesmutter bezogenen Transferleistungen war im Wesentlichen der durchschnittliche Regelbedarf der Tochter (monatlich 366,00 € für 10 - 15-Jährige laut , BMF-010222/0093-VI/7/2013 bzw. http://www.jugendwohlfahrt.at/rs_regelbedarf.php) gedeckt. Der Regelbedarf umfasst ganz allgemein den Bedarf eines Kindes an Nahrung, Kleidung, Wohnung und zur Bestreitung der weiteren Bedürfnisse, wie etwa kulturelle und sportliche Betätigung, sonstige Freizeitgestaltung und Urlaub. Dieser Durchschnittswert schließt nicht die Betreuungsleistung ein, zu welcher die Kindesmutter aufgrund des Scheidungsvergleichs und der alleinigen Obsorge verpflichtet ist. Den Kindesvater trifft die Unterhaltsverpflichtung in Geld.
Die Beschwerdeführerin war im Streitjahr vollzeitbeschäftigt, sodass sie jedenfalls außerhalb der Schulzeiten, insbesondere am Nachmittag, ihren, bei einer 12-/13-Jährigen jedenfalls bestehenden, Betreuungspflichten nicht nachkommen konnte. Die berufliche Tätigkeit war in diesem Ausmaß aufgrund der schon jetzt geringen Nettoeinkünfte, der erwartbaren Einkommenseinbußen einer bloßen Teilzeitbeschäftigung und daher zu Sicherung des Lebensunterhalts von ihr und ihrer Tochter notwendig. Sie war gezwungen, die Kinderbetreuung auf andere Personen bzw. Organisationen auszulagern ( zur Beschäftigung einer Hausgehilfin).
Die Ausgaben der Betreuung treffen die Beschwerdeführerin im Vergleich zu anderen Abgabepflichtigen gleichen Einkommens bzw. Vermögens, jedoch als allein zur Obsorge berechtigte/verpflichtete Person (Alleinerziehende) eines Kindes außergewöhnlich, da typischerweise die Betreuungspflichten beide Elternteile gleichermaßen treffen.
Eine Belastung erwächst zwangsläufig, wenn sich der Abgabepflichtige ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Der Betreuung ihres Kindes kann sich die Beschwerdeführerin aus familienrechtlichen Gründen, insbesondere der alleinigen Obsorge, nicht entziehen. Diese Rechtspflicht darf jedoch zur Begründung der Zwangsläufigkeit der daraus folgenden Ausgaben nicht freiwillig übernommen worden sein.
Es ist daher zu untersuchen, ob die Beschwerdeführerin durch freiwilliges Verhalten (Übernahme der alleinigen Obsorge im Gegensatz zur in § 179 Abs 1 ABGB vorgesehenen aufrechten gemeinsamen Obsorge, Eingehen einer einvernehmlichen Scheidung) die Verpflichtung zur Kostentragung selbst mitverursacht hat ().
Rechtlich sind die Betreuungsverpflichtungen in einer aufrechten Ehe auf die Kindeseltern aufgeteilt. Die Ehe der Kindeseltern wurde 2007 geschieden, die häusliche Gemeinschaft aufgelassen und die alleinige Obsorge der Kindesmutter mittels Vergleich zugesprochen. Wird nach einer Trennung/Scheidung die gemeinsame Obsorge belassen, so treffen beide Elternteile die Pflicht zur Erziehung und Pflege. Da aber auch in einem solchen Fall festgelegt werden muss, welcher Elternteil die hauptsächliche Betreuung übernimmt (§ 179 Abs 2 ABGB), hätten die daraus resultierenden Pflichten auch die Kindesmutter treffen können.
Die Übernahme der alleinigen Obsorge/hauptsächlichen Betreuung ist kein beliebiger Akt, sondern ist begründet im Wohl des Kindes, welches nach dem Zweck der gesetzlichen Obsorgeregelungen des ABGB bei minderjährigen Kindern jedenfalls im Vordergrund zu stehen hat. Wichtige Kriterien des Kindeswohls sind nach § 138 ABGB eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes; die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes; die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern; die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes; die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung; die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte; die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben; die Vermeidung der Gefahr für das Kind, rechtswidrig verbracht oder zurückgehalten zu werden oder sonst zu Schaden zu kommen; verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen; die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes; die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes sowie die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung.
Unter diesen Gesichtspunkten ist kein freiwilliges Verhalten der Kindesmutter, sondern eines im Sinne des Wohls des Kindes zu erblicken.
Hinsichtlich der freiwilligen Mitverursachung der außergewöhnlichen Ausgaben durch die einvernehmliche Scheidung fehlt es am unmittelbaren Zusammenhang, da die Auflösung der Ehe ihre Ursache im Verhältnis der Ehegatten zueinander hat. Die Auflösung der Ehe erfordert zwar die Klärung des zukünftigen Verhältnisses zum Kind, bezieht sich aber ausschließlich auf die Beendigung des familienrechtlichen Verhältnisses (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Rz 30 mit Bezug auf das Entstehen der familienrechtlichen Verhältnisse bei Eheschließung und Adoption mit Verweis auf 737/78).
Die Ausgaben sind daher auch dem Grunde und der Höhe nach im Ausmaß der Kinderbetreuung zwangsläufig erwachsen.
Eine Belastung muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen wesentlich beeinträchtigen. Gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 ist daher bei außergewöhnlichen Belastungen nach § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 der Abzug eines einkommensbezogenen Selbstbehaltes vorgesehen. Nur der darüber hinaus gehende Anteil kürzt das Einkommen und wirkt sich steuermindernd aus (siehe beiliegendes Berechnungsblatt).
Außergewöhnliche Belastungen können nur im Ausmaß jener Kosten steuerlich abgesetzt werden, die aus der Unterhaltsverpflichtung resultieren und die nach den Bestimmungen des § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 beim unterhaltsberechtigten Kind selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.
Zum inhaltlichen Verständnis der Kinderbetreuung kann auf die Gesetzesmaterialien des Steuerreformgesetzes 2009, BGBl I Nr 26/2009, mit dem die Bestimmung des § 34 Abs 9 EStG 1988 eingefügt wurde, verwiesen werden:
"Da nur die Kosten für die ausschließliche Kinderbetreuung berücksichtigt werden können, sind Kosten für Verpflegung […] nicht berücksichtigungsfähig." (ErläutRV 54 BlgNR 24. GP 17)
Die zusätzlich zur reinen Betreuung erwachsenen Kosten sind daher gesondert auf die steuerliche Abzugsfähigkeit zu prüfen.
Die Aufwendungen für die Erteilung von (Sprach-)Unterricht bzw. Nachhilfe treffen die Beschwerdeführerin nicht atypisch, sondern eine Mehrzahl von Steuerpflichtigen gleichermaßen (laut Studie der Arbeiterkammer wurden in 2014 die Nachhilfekosten österreichweit mit 109 Mio. € hochgerechnet vgl https://www.arbeiterkammer.at/infopool/akportal/NH_Oesterreich_2014.pdf), fallen als Teil der Berufsausbildung an und stellen daher keine außergewöhnliche Belastung dar ( 297/69).
Mehrkosten der Verpflegung (nach Abzug der Haushaltsersparnis) zählen zwar nicht zu den Kinderbetreuungskosten, erwachsen aufgrund der unmittelbaren Kausalität zur notwendigen Kinderbetreuung aber ebenso außergewöhnlich und zwangsläufig und sind daher steuerlich als außergewöhnliche Belastung nach § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 abzugsfähig.
Die belangte Behörde stellte zwar einen Betreuungsanteil fest, der jedoch nur minimal sei und daher nicht zum Abzug von außergewöhnlichen Belastungen führte. Das Bundesfinanzgericht stellte - wie unter Punkt 3. und 4. dargestellt - aufgrund der Verpflichtung zur Erforschung der tatsächlichen Verhältnisse, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind (§ 115 Abs 1 BAO), einen Betreuungsanteil von 30% und einen Anteil der Verpflegungsmehrkosten von 10% auf Basis einer Schätzung nach § 184 BAO fest.
Gemäß § 269 Abs 1 BAO haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Darunter fällt auch die Befugnis/Verpflichtung zur Schätzung nach § 184 Abs 1 BAO, wenn die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermittel- oder berechenbar sind. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs 2 BAO, insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs 1 leg cit) wesentlich sind.
Die Aufteilung des Gesamtentgelts von 2.640,00 € auf die festgestellten Komponenten Unterricht, Verpflegung und Betreuung konnte aufgrund der Ermittlungsverfahren des Finanzamts und des Bundesfinanzgerichts, der Insolvenz des Vereins "***Verein***", der deutschsprachlichen Schwierigkeiten von Frau ***MAVerein2*** und deren Aufenthalt in Tschechien nicht festgestellt werden.
Die Abgabepflichtige hat einen Sachverhalt dargelegt, der aufgrund der Erhebungen Zweifel am Vorliegen der behaupteten ausschließlichen Kinderbetreuung erzeugt. Außergewöhnliche Belastungen sind zwar von Amts wegen zu berücksichtigen, sobald sie der Abgabenbehörde bekannt werden. Allerdings ist die Behörde wie bei sämtlichen im Interesse der Steuerpflichtigen gelegenen Abzugsposten nicht zu besonderen amtswegigen Ermittlungen verpflichtet (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Rz 3).
Der Beschwerdeführerin wurde durch Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom Gelegenheit gegeben (§ 115 Abs 2 BAO), den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ergänzen, sodass die Abgabe in richtiger Höhe festgesetzt hätte werden können. Dieser Pflicht kam die Beschwerdeführerin nicht nach.
Das Bundesfinanzgericht war daher befugt bzw. verpflichtet, die außergewöhnliche Belastung in Folge der Kinderbetreuung der Höhe nach schätzungsweise zu ermitteln, wobei die vorliegenden Beweise nach § 167 Abs 2 BAO in freier und sorgfältiger Weise zu würdigen waren.
Dem Beschwerdeantrag war daher teilweise in Höhe von insgesamt 40% der gesamten geltend gemachten Kosten Folge zu geben.
6.2. Alleinerzieherabsetzbetrag
Der Alleinerzieherabsetzbetrag wurde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt gewährt und ist daher unstrittig. Aufgrund der umfassenden Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts war dennoch in die Sache einzugehen.
Alleinerziehende steht gemäß § 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988 ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs 1 leg cit) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben. Gemäß § 106 Abs 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs 3 leg cit) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs 3 leg cit zusteht. Gemäß 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.
Die Beschwerdeführerin ist aufgrund des Bezuges von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag und der dauernden Trennung vom Kindesvater als Alleinerziehende anzusehen. Ein Alleinerzieherabsetzbetrag in Höhe von 494,00 € steht daher zu.
6.3. Arbeitsmittel
Der Werbungskostenabzug wurde von der Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung nicht anerkannt und ist aufgrund eines fehlenden Beschwerdeantrages unstrittig. Aufgrund der umfassenden Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts war dennoch in die Sache einzugehen.
Gemäß § 16 Abs 7 EStG 1988 können Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung) als Werbungskosten abgesetzt werden.
Demgegenüber steht das Abzugsverbot von § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988, wonach Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden dürfen.
Danach finden Ausgaben für Wirtschaftsgüter, die typischerweise der Lebensführung dienen bzw. sich nicht einwandfrei vom privaten Bereich trennen lassen, steuerlich keine Berücksichtigung. Bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen, muss ein strenger Maßstab angelegt werden ().
Kleidung und damit auch Schuhe, die privat benützt werden können, stellen keine Werbungskosten dar, auch wenn sie ausschließlich bei der Berufsausübung getragen werden ().
Da gemäß § 279 Abs 1 BAO das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern kann, waren die als Arbeitsmittel erklärten Ausgaben für Hausschuhe nicht als Werbungskosten abzuziehen und war daher der Spruch demgemäß abzuändern.
7. Unzulässigkeit einer Revision (siehe II.)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Ausmaß der reinen Kinderbetreuungskosten und der Verpflegungsmehrkosten war lediglich auf Sachverhaltsebene zu klären. Die generelle Berücksichtigungsfähigkeit von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung, insbesondere von Unterrichts- und Verpflegungsleistungen, sowie von Hausschuhen als Arbeitsmittel und das Vorliegen der Voraussetzungen zum Abzug des Alleinerzieherabsetzbetrages sind Rechtsfragen, die in Entsprechung der verwaltungsgerichtlichen Judikatur bzw. dem eindeutigen Gesetzeswortlaut sowie teleologisch unter Einbezug der angeführten Gesetzesmaterialien gelöst wurden (siehe Punkt 6 samt Unterpunkten).
Es liegen daher keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | BMF-010222/0093-VI/7/2013 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102417.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at