Nichtiger Grundlagenbescheid: Stattgabe der Beschwerde gegen die gem. § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheide
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf_Adr***, vertreten durch Stb, Adr_Stb, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Kufstein Schwaz vom betreffend Einkommensteuer 2001 und 2002, sowie gegen den Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2003
I. zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.
II. beschlossen:
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 wird gem. § 256 Abs. 3 BAO für gegenstandslos erklärt.
Gegen dieses Erkenntnis (Spruchpunkt I.) ist, ebenso wie gegen den Beschluss (Spruchpunkt II.) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang/Sachverhalt
I.1. Anlässlich einer die Veranlagungsjahre 1997 bis 2002 umfassenden Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Ansicht, der Beschwerdeführer (Bf) und sein Neffe hätten sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der "Bf_Mitges", zusammengeschlossen und als Mitunternehmer in den Jahren 2001 bis 2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (gewerblicher Grundstückshandel) erzielt.
Den Feststellungen des Prüfers folgend erließ die Abgabenbehörde am Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für die Jahre 2001 bis 2003. Diese Bescheide waren adressiert an "Bf_Mitges, zH Bf".
Auf Grundlage dieser Feststellungsbescheide ergingen am gem. § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2003. Für das Jahr 2003 erging am ein weiterer, gem. § 295 Abs. 1 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid, abgeleitet von einem Feststellungsbescheid betreffend eine weitere Beteiligung des Bf, nämlich jene an der A_KG.
I.2. Gegen die Feststellungsbescheide vom wurde Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wurde im Instanzenzug mit Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ RV/0089-I/06 , als unzulässig zurückgewiesen. Zum einen sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen, zum anderen waren die bekämpften Erledigungen zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem eine allenfalls existierende GesbR nicht mehr bestanden hätte, war doch die letzte Wohneinheit im Jahr 2003 verkauft worden, sodass in diesem Jahr jedenfalls eine "Betriebsaufgabe" stattgefunden hätte.
I.3. Mit Eingabe vom beantragte der Bf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist iZm den Einkommensteuerbescheiden 2001 bis 2003. Am selben Tag wurde Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003 vom erhoben und unter Verweis auf die oben erwähnte Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates deren Aufhebung beantragt.
Nach Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages mit Bescheid vom wies das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde mit Bescheiden vom als verspätet zurück.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde im Instanzenzug mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/3100651/2012, stattgegeben.
I.4. In weiterer Folge wurde die gegenständliche Beschwerde am vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen.
I.5. Am stellte der Bf den Antrag, die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003, jeweils vom , gem. § 295 Abs. 4 BAO aufzuheben.
Der Bescheid vom über die Zurückweisung dieses Antrages als verspätet wurde vom Bf bekämpft; in der Beschwerde wurde beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2003 vom gem. § 295 Abs. 4 BAO aufzuheben. In seiner Berufungsentscheidung vom , GZ RV/0652-I/12 , sprach der Unabhängige Finanzsenat aus, dass der Antrag gem. § 295 Abs. 4 BAO betreffend den Einkommensteuerbescheid 2003 rechtzeitig erfolgt sei.
Mit Bescheid vom wurde jener Antrag als unbegründet abgewiesen; mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ RV/3100896/2016, wurde die gegen die Abweisung erhobene Beschwerde ebenfalls als unbegründet abgewiesen.
I.6. Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom zog der Bf seine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 vom zurück.
Rechtslage und Erwägungen
II.1.Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe betr. Einkommensteuer 2001 und 2002)
Gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.
Die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 vom ergingen auf Grundlage des § 295 Abs. 1 BAO . Es wurden Änderungsbescheide erlassen, obwohl es sich bei den zugrunde liegenden Feststellungsbescheiden um Nichtbescheide gehandelt hatte.
Eine Abänderung nach § 295 Abs 1 BAO ist nur jedoch nur zulässig, wenn die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Streitjahre von Feststellungsbescheiden abzuleiten sind. Sind die Bescheide betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Streitjahre ins Leere gegangen, so fehlen taugliche Feststellungsbescheide für eine Abänderung nach § 295 Abs 1 BAO (; vgl. auch ).
Der Beschwerde gegen die gem. § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002, jeweils vom , war daher stattzugeben.
II.2. Zu Spruchpunkt II. (Gegenstandsloserklärung betr. Einkommensteuer 2003)
Gemäß § 256 Abs. 3 BAO ist eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn sie zurückgenommen wurde.
Die Zurücknahme der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 vom erfolgte, wie oben erwähnt, mit Schreiben des steuerlichen Vertreters des Bf vom .
Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis erging in Übereinstimmung mit der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung; die Rechtsfolge der Zurücknahme der Beschwerde ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, weshalb eine Revision weder gegen das Erkenntnis (Spruchpunkt I.) noch gegen den Beschluss (Spruchpunkt II.) zuzulassen war.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 295 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100897.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at