Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.06.2020, RV/7400150/2017

Haftung für Vergnügungssteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch RA Dr. Christoph Naske, Wipplingerstraße 21, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom , betreffend Haftung für Vergnügungssteuer für Mai 2013, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Haftungsbescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der [Primärschuldnerin] gemäß den §§ 9 und 80 BAO iVm § 13 Abs 5 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 2005 zur Haftung betreffend Vergnügungssteuer für den Zeitraum Mai 2013 iHv 598,34 € herangezogen, da der Abgabenrückstand bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sei und der Beschwerdeführer es schuldhaft unterlassen habe, für eine termingerechte Entrichtung der Abgaben zu sorgen.

Mit Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer durch seinen berufsmäßigen Parteienvertreter vor, dass es zutreffe, dass er Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen sei, dass es jedoch unrichtig sei, dass ihn an der Nichtentrichtung der Abgaben ein Verschulden treffe. Er habe die Geschäfte der Primärschulderin tatsächlich nicht geführt, sondern sei lediglich nach außen hin als Geschäftsführer eingesetzt worden. Vielmehr habe ein näher benannter faktischer Geschäftsführer über sämtliche Einnahmen und Ausgaben des Betriebes alleine verfügt. Mangels "irgendeiner Verfügungsmöglichkeit oder auch nur irgendeiner Einsicht in die Verhältnisse und Bücher der Gesellschaft" habe der Beschwerdefüher daher gar nicht für die rechtzeitige Entrichtung der Abgaben sorgen können.

Auch werde die Höhe der im Zeitraum Mai 2013 angefallenen Vergnügungssteuer bestritten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:

"ln der Beschwerde wird einerseits die Höhe der Abgabenforderung für Mai 2013 bestritten, andererseits vorgebracht, dass den Beschwerdeführer kein Verschulden an der Nichtentrichtung der Abgabetrifft, da die Geschäftsführung de facto einer anderen Person oblag und er keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Entrichtung von Abgaben hatte.

Die Bemessungsgrundlage der Vergnügungssteuer wurde anlässlich einer am durchgeführten Steuerprüfung an Hand der vorliegenden Buchhaltung ermittelt, die Vergnügungssteuer amtlich bemessen und das Ergebnis von der Masseverwalterin anerkannt. Eine Kopie des Steuerprüfungsaktes wurde dem Beschwerdeführer mit dem Haftungsbescheid vom übermittelt. In der Beschwerde wird nicht weiter ausgeführt, welcher Mangel der amtlichen Bemessungkonkret anhaftet und kein Beweis für deren behauptete Unrichtigkeit erbracht.

Der Beschwerdeführer war ab bis zur Auflösung der Gesellschaft in Folge der Konkurseröffnung am als Geschäftsführer der [Primärschuldnerin] im Firmenbuch eingetragen.

Ein für die Abgabenhaftung relevantes Verschulden liegt auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere auch dem Abgabengläubiger gegenüber, unmöglich macht ( Zl. 2010/16/0028).

Übernimmt er die Funktion eines Geschäftsführers als "pro forma Geschäftsführer" ohne Dispositionenbefugnis über das Gesellschaftsvermögen zu haben, ist er zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten tatsächlich nicht in der Lage. lhn trifft deshalb ein haftungsbegründendes Verschulden für die Nichtentrichtung jener Abgaben, die während der Zeit anfallen, in der er als Geschäftsführer bestellt ist ( ZI. 96/14/0076)."

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer durch seinen berufsmäßigen Parteienvertreter einen Vorlageantrag, ohne weiteres Vorbringen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Mai 2013 Geschäftsführer der [Primärschuldnerin].

Über das Vermögen der Primärschuldnerin wurde mit Beschluss vom der Konkurs eröffnet.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides bestand ein offener Rückstand der Primärschuldnerin an (zumindest) Vergnügungssteuer iHv 598,34 €.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig.

Die in der Beschwerde unsubstantiiert vorgebrachte Bestreitung der Höhe des haftungsrelevanten Abgabenbetrages ist vor dem Hintergrund der aktenkundigen behördlichen Prüfungsfeststellungen, welche in Anwesenheit des Beschwerdeführers, als Vertreter der Primärschuldnerin vorgenommen und von diesem auch unterfertigt wurden, ungeeignet, einen Fehler in der behördlichen Abgabenbemessung aufzuzeigen.

Auch finden sich gegen die dbzgl nochmaligen Feststellungen und Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung keinerlei Entgegnungen im Vorlageantrag, wobei auf den Vorhaltscharakter einer Beschwerdevorentscheidung hingewiesen wird (vgl bereits Stoll, BAO -Kommentar, 2713 samt Judikaturnachweisen und zB ).

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 13 Abs 5 des im Beschwerdefall noch maßgeblichen Vergnügungssteuergesetzes 2005 (VGSG ) haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Vergnügungssteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

§ 13 Abs 5 VGSG ist als lex specialis zu § 9 BAO anzusehen und begründet - anders als § 9 BAO - eine Gefährdungshaftung. Die Haftung tritt ausdrücklich insbesondere im Fall der Eröffnung eines Konkursverfahrens ein und besteht daher nicht erst bei (absoluter) Uneinbringlichkeit, sondern bereits bei erheblichen Schwierigkeiten der Abgabeneinbringung (vgl Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II8 (2019) Rz 1172 betreffend § 6a KommStG).

Durch die Nichtentrichtung der fälligen Abgaben der Gesellschaft hat der Beschwerdeführer somit seine maßgeblichen Pflichten schuldhaft verletzt. Dass der Tatbestand der Schwierigkeit bei der Abgabeneinbringung im vorliegenden Fall erfüllt wird, ergibt sich vor dem Hintergrund der obigen Sachverhaltsfeststellungen bereits unmittelbar aus dem Gesetz, da § 13 Abs 5 VGSG ausdrücklich die Einleitung eines Konkursverfahrens als Grund für Schwierigkeiten bei der Abgabeneinbringung als Beispiel nennt.

Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB , mwN) hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung iSd § 9 Abs 1 BAO annehmen darf. Den Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl für viele etwa ). Für die Haftung nach § 13 Abs 5 des Wiener VGSG gilt - gleich wie für die Haftung nach § 6a KommStG - nichts anderes (vgl ; ; ; ; ).

Die vom Beschwerdeführer selbst dargelegte beschränkte Handlungsbefugnis aufgrund seiner bloßen "pro forma" erfolgten Bestellung zum Geschäftsführer, ist schon aus den von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung dargelegten Gründen nicht geeignet, ein mangelndes Verschulden zu behaupten und zu konkretisieren (vgl ; ).

Die Geltendmachung einer Haftung für die offenen Beträge an Vergnügungssteuer beim Beschwerdeführer durch die belangte Behörde kann daher vor dem Hintergrund der dargestellten Sach- und Rechtslage nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor (vgl ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 13 Abs. 5 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400150.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at