Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2020, RV/7100983/2013

Einbau einer bodenebenen Dusche als außergewöhnliche Belastung aufgrund eigener Behinderung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100983/2013-RS1
In Anlehnung an den Verwaltungsgerichtshof (, 90/13/0094) war aufgrund der Wichtigkeit der Sache, da eine Abgabenfestsetzung erfolgen soll und ein Aktivvermögen in Form einer Abgabengutschrift zu erwarten war, ein Antrag an das für die Verlassenschaftsabhandlung des Beschwerdeführers zuständige Gericht auf Bestellung eines Verlassenschaftskurators zu stellen.
RV/7100983/2013-RS2
Die Ausgaben für die Möbelanlage (Spiegelschrank, Hängeschränke, etc.) sind als Badezimmereinrichtung schon beim erstmaligen Einbau eines Badezimmers nicht unter dem Titel der Wohnraumschaffung als Sonderausgaben abzugsfähig (). Umso weniger ist ein nachträglicher Einbau bzw. Austausch solcher Gegenstände vom steuerlichen Begünstigungstatbestand der Wohnraumsanierung erfasst.
RV/7100983/2013-RS3
Eine amtliche Bescheinigung über das Vorliegen einer Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 35 Abs 2 Z 2 EStG 1988 liegt nicht vor. Da der eindeutige Gesetzestext ein solches Dokument zur Bestimmung des Grades der Behinderung erfordert, kann eine Behinderung von mindestens 25% nach § 1 Abs 2 Verordnung nicht festgestellt werden.
RV/7100983/2013-RS4
Die Mehraufwendungen hinsichtlich des Duscheinbaus entsprechen jenen Pflegekosten, die zumindest teilweise durch das Pflegegeld nach § 1 BPGG ersetzt werden sollen. Sie sollen die körperliche Pflege erleichtern und dadurch ein trotz Beeinträchtigung selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Sie ersetzen in diesem Bereich faktisch die Ausgaben für eine Pflegekraft, die sonst herangezogen werden hätte müssen. Der Abzug der Pflegegeldeinnahmen von den behinderungsbedingten Mehrkosten ist daher zwingend vorzunehmen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ****, über die Beschwerden vom bzw. gegen die Bescheide des ***FA*** vom bzw. , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer 2010 bzw. 2011zu Recht erkannt:

  • Den Beschwerden wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) teilweise Folge gegeben.

    Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

    Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  • Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) in Verbindung mit § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2010 vom und 2011 vom

Der Beschwerdeführer machte unter anderem außergewöhnliche Belastungen aufgrund einer Badezimmeradaptierung (eigene Behinderung, ohne Selbstbehalt) von 9.000,00 € in 2010 und 8.005,79 € in 2011 geltend.

Einkommensteuerbescheide 2010 vom und 2011 vom

Aufgrund von Ergänzungsersuchen legte der Beschwerdeführer die Rechnung der Bad- und WC-Sanierung und Banküberweisungsbestätigungen für die relevanten Zahlungen vor und legte dar, dass das ursprüngliche Badezimmer mit einer Wanne ausgestattet war, die der Beschwerdeführer aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht mehr benutzen konnte. Es wurde daher eine bodenebene Dusche eingebaut. In weiterer Folge waren auch Rohinstallations- und Fliesenverlegungsarbeiten notwendig und wurde auch ein neues Waschbecken installiert. 2010 wurde vor Fertigstellung des Umbaus eine Anzahlung von 9.000,00 € geleistet, in 2011 wurde nach Beseitigung von Mängeln die Restzahlung von 9.418,58 € überwiesen.

Das Finanzamt anerkannte lediglich die Ausgaben für Haltegriffe in Höhe von 273,60 € als außergewöhnliche Belastungen in 2010. Aufgrund der Ausführungen in der Rechnung vom sei ein behindertengerechter Umbau des Bades sowie des WCs nicht ersichtlich.

Die restlichen Aufwendungen wurden zur Gänze als Sonderausgaben für Wohnraumsanierung in 2010 und 2011 berücksichtigt.

Berufungen vom (2010) und (2011)

Der steuerliche Vertreter führte aus, dass der Antrag für 2010 um die anteilsmäßigen Arbeits- und Materialkosten für das WC reduziert wird. Dadurch ergeben sich für 2010 nur mehr geltend gemachte Ausgaben von 7.650,00 €. Dieser Anteil wurde durch handschriftliche Vermerke des Beschwerdeführers auf der Rechnung dargestellt. Ein Foto des Bades vor dem Umbau sei nicht vorhanden.

Für 2011 wurde dargelegt, dass im Verhältnis der Bruttokosten von Bad und WC-Umbau (16.193,82 € für Bad und 2.806,18 € für WC) der Anteil des Bades (85%) an der Restzahlung von 9.418,58 € als außergewöhnliche Belastung in der Einkommensteuererklärung beantragt wurde und aufrechterhalten wird.

Vorlageberichte vom (2010) und (2011)

Die belangte Behörde legte die Berufungen dem Unabhängigen Finanzsenat mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde zur Entscheidung vor, da es nicht als erwiesen gilt, dass das Bad vor dem Umbau nicht behindertengerecht ausgestattet war.

Tod des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer verstarb am . Die Verlassenschaft wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom als überschuldet festgestellt. Die Aktiva, bestehend aus einem Guthaben auf einem Girokonto und einem Sparbuch, wurden dem Sohn des Beschwerdeführers ***1*** an Zahlungsstatt gemäß § 154 AußStrG überlassen.

Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom

Aufgrund des an das Bezirksgericht Favoriten als zuständiges Gericht in der Verlassenschaftssache des Beschwerdeführers gerichteten Beschlusses des Bundesfinanzgerichts vom bestellte dieses den Sohn des Beschwerdeführers ***1*** zum Verlassenschaftskurator für alle Angelegenheiten gegenüber dem Bundesfinanzgericht, insbesondere Vertretung im Verfahren hinsichtlich der Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

1. Zuständigkeit

Die Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat nicht erledigt. Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Die Rechtssachen wurde am durch Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom der nunmehr zuständigen Geschäftsabteilung zugeteilt.

2. Streitpunkte

Strittig ist, ob die Sanierungskosten für das Badezimmer als außergewöhnliche Belastungen aufgrund der Behinderung des Beschwerdeführers ohne Selbstbehalt bei der Ermittlung des Einkommens für die Jahre 2010 und 2011 abgezogen werden können.

3. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erzielte in den Streitjahren Pensionseinkünfte sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Beschwerdeführer beantragte die Berücksichtigung von Ausgaben für den Badezimmerumbau sowie für Haltegriffe im WC in Höhe von 9.000,00 € (Anzahlung) in 2010 und 8.005,79 € (Restzahlung für Bad-Anteil) in 2011. Das Finanzamt anerkannte lediglich die Ausgaben für die Haltegriffe im WC und Bad in Höhe von 273,60 € als außergewöhnliche Belastung aufgrund eigener Behinderung ohne Selbstbehalt. In der Beschwerde gegen den Bescheid 2010 wurden die geltend gemachten Ausgaben durch das Ausscheiden der anteiligen Kosten des WCs von 15% auf 7.650,00 € reduziert. Kostenersätze hat der Beschwerdeführer nicht erhalten.

Mit Bescheid vom der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wurde dem Beschwerdeführer ab ein Pflegegeld der Stufe 2 in Höhe von monatlich 284,30 € zuerkannt, das sind in 2010 3.127,30 € und in 2011 3.411,60 €. Darin wurde ein Pflegebedarf von durchschnittlich 87 Stunden monatlich für die Zubereitung von Mahlzeiten, das An- und Auskleiden, für die Einnahme von Medikamenten, die sonstige Körperpflege, Herbeischaffung von Nahrungsmitteln und Medikamenten, Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, Pflege der Leib- und Bettwäsche und für die Mobilitätshilfe im weiteren Sinn festgestellt.

Eine amtliche Bescheinigung über die Tatsache einer Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) liegt nicht vor.

Vor den Umbauarbeiten im Juli/August 2010 war zu Zwecken der Körperreinigung lediglich eine Badewanne vorhanden. Die Benutzung der Badewanne und des WCs war aufgrund der körperlichen Einschränkung nicht bzw. nur mehr erschwert möglich.

Im Rahmen einer Komplettsanierung wurde der Altbestand beseitigt, eine barrierefreie, bodenebene Dusche mit Klappschwenktür und Brauseanlage, ein Waschtisch mit Armatur, ein Spiegelschrank, Hängeschränke, eine WC-Anlage, Haltegriffe in Bad und WC eingebaut bzw. installiert. Zusätzlich wurden Leitungsinstallationen bzw. Wand- und Bodenverfliesungen vorgenommen sowie ein Sitzhocker, der aufgrund der Form und den Materialien (zB verrutschsichere Standfüße) als besonders für den Nass-/Duschbereich geeignet erscheint, angeschafft. Ein gewerberechtlich befugter Unternehmer wurde mit diesen Arbeiten vom Beschwerdeführer beauftragt.

Die direkten Material- und Arbeitskosten für die Dusche, die Kosten für Haltegriffe im WC und Bad und des Hockers sind zur Gänze, sonstige Material- und Arbeitskosten sind im Ausmaß von 2/3 durch die eingeschränkte Mobilität des Beschwerdeführers verursacht.

Das Waschbecken, die Möbelanlage (Schränke, etc.), die Brauseanlagen, der Heizkörper und die WC-Sanitäranlagen wurden im Zuge des Einbaus der bodenebenen Dusche mit erneuert, entsprechen einer modernen Standardeinrichtung und sind insbesondere nicht behindertengerecht ausgeführt.

Es liegt insgesamt für die Sanierungsmaßnahmen keine Luxusausführung vor.

Die direkte Zuordnung der Kosten ist aus nachfolgender Tabelle ersichtlich (die Beträge wurden ohne Umsatzsteuer und einem Sondernachlass von 17,62% angeführt):


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ANTEIL VERURSACHUNG DURCH BEHINDERUNG
100%
66,67%
0%
SUMME
Waschtisch inkl. Mischer
1.413,00
Möbelanlage
4.463,25
Duschanlage
2.864,00
Sonstiges Brauseanlage u Heizkörper
672,40
Haltegriffe WC und Bad
273,60
Hocker
389,20
Sonstiges WC u Ausstattung
575,85
Wand- u Bodenfliesen
776,52
Flexkleber, Fugenmasse
223,00
Ausgleich Boden/Wand
806,00
Feuchtigkeitsisolierung
185,00
Fliesenverlegung
1.550,00
Duschrinneneinbau
292,00
Silikonieren/Schlüterschiene
193,50
Fliesen u Fliesenlegerarbeiten WC
679,68
Rohinstallationsarbeiten
3.862,80
SUMME ANSCHAFFUNGSKOSTEN (netto, ohne Abzug)
4.780,32
6.635,30
7.804,18
19.219,80
VERURSACHUNG DURCH BEHINDERUNG
4.780,32
4.423,75
-
9.204,07
das sind 48%

Insgesamt wurden für die Sanierungsarbeiten Zahlungen von 18.418,58 € geleistet, belegmäßig wurde ein Rechnungsbetrag von 19.000,00 € nachgewiesen. Die Differenz ist vermutlich auf eine Preisreduktion aufgrund von vom Beschwerdeführer erwähnten Mängeln zurückzuführen, ist jedoch in der Sache irrelevant, da nur Ausgaben, die tatsächlich zu Zahlungsabflüssen geführt haben, geltend gemacht wurden und steuerliche Berücksichtigung finden können.

Der Beschwerdeführer verstarb am . Die Verlassenschaft wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom als überschuldet festgestellt. Die Aktiva, bestehend aus einem Guthaben auf einem Girokonto und einem Sparbuch, wurden dem Sohn des Beschwerdeführers ***1*** an Zahlungsstatt gemäß § 154 AußStrG überlassen. Eine Erbantrittserklärung liegt nicht vor. Eine Einantwortung hat nicht stattgefunden. In den überlassenen Aktiva ist kein Guthaben aus einem offenen Abgabenverfahren angeführt.

Aufgrund des Antrages des Bundesfinanzgerichts gemäß § 82 BAO wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten der Sohn des Beschwerdeführers ***1*** zum Verlassenschaftskurator bestellt.

4. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie der Beschlüsse des Bezirksgerichts Favoriten vom und vom .

Nach den Angaben des Beschwerdeführers ist vor der Sanierung eine dreiseitig eingebaute Badewanne zur Körperreinigung zur Verfügung gestanden. Zum Einbau einer barrierefreien Dusche war es daher notwendig, die kompletten Wand- und Bodenfliesen zu erneuern. Obwohl kein Foto des Zustandes des Badezimmers vor dem Umbau vorgelegt werden konnte, erscheint es aufgrund der schlüssigen Schilderung des Beschwerdeführers (siehe Schreiben vom ) glaubhaft, dass bis zur Sanierung kein behindertengerechtes Badezimmer zur Verfügung stand und ist in freier Beweiswürdigung dieser Sachverhalt so festzustellen.

Aufgrund der durchgeführten ärztlichen Begutachtung, der zeitlichen Folge des bescheidmäßigen Pflegegeldzuspruchs im Februar 2010, der Angebotseinholung im Mai 2010, der Durchführung der Arbeiten im Juli/August 2010 und der Rechnungslegung im November 2010 sowie der Angaben des Beschwerdeführers im Schreiben vom ist es schlüssig nachvollziehbar, dass eine körperliche Einschränkung vor Sanierung des Badezimmers bestanden hat, die eine zügige Neugestaltung des Badezimmers erforderlich gemacht hat. Es war keine aus freien Stücken gewählte, sondern eine aus der Zwangslage der Behinderung nötige Maßnahme.

Der Zustand nach Sanierung ist durch ein Foto der barrierefreien Dusche und einer Beschreibung der Arbeiten und Materialien (Duschrinne, Duschrinneneinbau, Silikonieren, etc.) in der Rechnung vom nachgewiesen.

Die behindertengerechte Ausführung einer bodenebenen Dusche ist offensichtlich und bedarf keines Beweises.

Die Haltegriffe in Bad und WC sowie der Sitzhocker im Bad sind zweifellos als Mobilitäts- und Sitzhilfe durch die eingeschränkte Beweglichkeit des Beschwerdeführers verursacht. Diese Tatsache ist zumindest auch hinsichtlich der Haltegriffe unstrittig.

Die Verursachung der sonstigen Material- und Arbeitskosten im Ausmaß von 2/3 durch die Behinderung beruht auf einer Schätzung des Beschwerdeführers auf Basis der Raumgrößen von Bad und WC. Da die Verfliesungs- und Installationsarbeiten vor allem durch den zwangsläufigen Duscheinbau bedingt sind und gewährleistet ist, dass der Anteil der WC-Sanierung ausgeschieden wurde, ist die Schätzung verursachungsgerecht und plausibel.

Die fehlende behindertengerechte Ausführung sowie die standardmäßige Ausstattung der laut Sachverhalt festgestellten Sanitäranlagen (Waschbecken, Möbelanlage, Brauseanlagen, Heizkörper, WC-Sanitäranlagen) steht einerseits aufgrund der eindeutigen Bezeichnung der Posten (zB Hängeschrank) in der Rechnung bzw. aufgrund der Durchsicht von Bildern im Internet (zB Inda Gulliver Due 40 Waschtischplatte auf www.inda.net) fest.

Der Zahlungsabfluss ist durch die aktenkundigen Auftragsbestätigungen der Bank nachgewiesen.

Aufgrund der Angaben in der Rechnung vom ist davon auszugehen, dass das zur Sanierung beauftragte Unternehmen dazu gewerberechtlich befugt ist.

5. Rechtslage

§ 18 EStG 1988 in der gültigen Fassung lautet auszugsweise:

"(1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:

[…]

3. Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung:

[…]

c) Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, und zwar

- Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder

- Herstellungsaufwendungen.

[…]

(2) […]

(3) In Ergänzung des Abs. 1 wird bestimmt:

1. […]

2. Für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von 2 920 Euro jährlich. Dieser Betrag erhöht sich

  • […]

Sind diese Ausgaben insgesamt

  • niedriger als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel der Ausgaben, mindestens aber der Pauschbetrag nach Abs. 2, als Sonderausgaben abzusetzen,

  • gleich hoch oder höher als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel des Höchstbetrags als Sonderausgaben abzusetzen (Sonderausgabenviertel).

Beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 36 400 Euro, vermindert sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, dass sich bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 60 000 Euro ein absetzbarer Betrag in Höhe des Pauschbetrages nach Abs. 2 ergibt.

3. […]

[…]"

§ 34 EStG 1988 in den in den Streitjahren geltenden Fassungen lautet auszugsweise:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

[…]

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

[…]

(bis ) - Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn der Steuerpflichtige selbst oder bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) oder bei Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag das Kind (§ 106 Abs. 1 und 2) pflegebedingte Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen.

(ab ) - Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

[…]"

§ 35 EStG 1988 lautet auszugsweise:

(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

[…]

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung , BGBl. II Nr. 261/2010 , für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes , BGBl. Nr. 183/1947 ).

- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes , im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

[…]"

Die aufgrund der §§ 34 und 35 EStG ergangene Verordnung BGBl 303/1996 idF BGBl II 2010/430 (nachfolgend Verordnung) lautet auszugsweise:

"§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

[...]

so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

[...]

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen."

§ 19 Abs 1 BAO lautet:

"Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes."

§ 79 BAO lautet:

"Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozeßordnung ist sinngemäß anzuwenden."

§ 80 BAO lautet:

"(1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war."

§ 82 BAO lautet:

"(1) Soll gegen eine nicht voll handlungsfähige Person, die eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, oder gegen eine Person, deren Aufenthalt unbekannt ist, eine Amtshandlung vorgenommen werden, so kann die Abgabenbehörde, wenn die Wichtigkeit der Sache es erfordert, auf Kosten des zu Vertretenden die Betrauung eines gesetzlichen Vertreters (§ 1034 ABGB ) beim zuständigen Gericht (§ 109 Jurisdiktionsnorm) beantragen.

(2) Ist zweifelhaft, wer zur Vertretung einer Verlassenschaft befugt ist, oder wer beim Wegfall einer juristischen Person oder eines dieser ähnlichen Gebildes oder eines sonst verbleibenden Vermögens vertretungsbefugt ist, gilt Abs. 1 sinngemäß."

§ 154 AußStrG idF BGBl I Nr 87/2015 lautet:

"(1) Ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen österreichisches Recht anzuwenden, so hat das Gericht die Aktiven einer überschuldeten Verlassenschaft auf Antrag den Gläubigern zu überlassen, wenn nicht schon eine unbedingte Erbantrittserklärung oder ein Antrag auf Überlassung als erblos vorliegt und kein Verlassenschaftsinsolvenzverfahren eröffnet wurde.

(2) Das Vermögen ist zu verteilen:

1. zunächst in sinngemäßer Anwendung der §§ 46 und 47 IO ;

2. sodann an den Sachwalter des Verstorbenen, soweit ihm für das letzte Jahr Beträge zuerkannt wurden;

3. schließlich an alle übrigen Gläubiger, jeweils im Verhältnis der Höhe ihrer unbestrittenen oder durch unbedenkliche Urkunden bescheinigten Forderungen."

6. Rechtliche Beurteilung (siehe I.)

6.1. Außergewöhnliche Belastung aufgrund eigener Behinderung

Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind außergewöhnliche Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen, sofern weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben vorliegen. Da die Betriebsausgaben- oder Werbungskosteneigenschaft nach vorliegendem Sachverhalt offenkundig auszuschließen ist und § 34 EStG 1988 als speziellere Norm § 18 Abs 1 Z 3 EStG 1988 vorgeht, ist das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung systematisch vor der Sonderausgabeneigenschaft zu prüfen.

Der Steuerpflichtige hat diesbezüglich selbst einen geeigneten Sachverhalt vorzutragen ().

Die Abgabenbehörde bzw. dem Bundesfinanzgericht trifft die amtswegige Pflicht gemäß § 115 BAO unter Mitwirkung der Parteien den tatsächlichen Sachverhalt zu ermitteln.

Die Abzugsfähigkeit orientiert sich am Abflussprinzip. Aufwendungen sind nur im Zeitpunkt des tatsächlichen Zahlungsabflusses zu berücksichtigen.

Die Aufwendungen müssen den Steuerpflichtigen wirtschaftlich endgültig belasten, insbesondere muss damit ein endgültiger Wertverzehr in Form eines verlorenen Aufwandes verbunden sein (). Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen ersetzt werden, belasten diesen nicht endgültig und sind daher nicht abzuziehen.

Der Beschwerdeführer hat durch das Beschwerdevorbringen einen lebensnahen und nachvollziehbaren Sachverhalt dargestellt. Das Bundesfinanzgericht hat in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 Abs 2 BAO aufgrund der aktenkundigen Beweismittel den Sachverhalt festgestellt. Der Beschwerdeführer ist demnach grundsätzlich in Höhe der geltend gemachten Ausgaben wirtschaftlich in den Jahren 2010 und 2011 belastet.

Eine Ausgabe ist jedoch nur dann außergewöhnlich, wenn sie atypisch, also nicht üblicherweise auftritt. Eine Mehrzahl von Personen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist davon nicht betroffen.

Die Ausgabe ist in zeitlicher Hinsicht in den Streitjahren insofern außergewöhnlich, als sie durch das Auftreten der Körperbehinderung bedingt ist. Wäre der Beschwerdeführer in diesen Jahren nicht in seiner Mobilität eingeschränkt gewesen, wären die Ausgaben nicht angefallen.

Auch wenn eine bodenebene Dusche in Badezimmern von körperlich nicht Behinderten mittlerweile üblich ist und eine moderne Ausstattung darstellt, so ist auch im Ausmaß des Einbaus einer barrierefreien sanitären Lösung eine Außergewöhnlichkeit zu sehen. Soweit die Behinderung - im vorliegen Fall ausschließlich - kausal für Ausgaben ist, ist der Beschwerdeführer außergewöhnlich belastet, auch wenn solche Kosten aus praktischen Gründen fallweise freiwillig - ohne Behinderung - auf sich genommen werden. In diesem Fall der der persönlichen Vorliebe zuzurechnenden - möglicherweise auch verletzungspräventiven - Gestaltung der Sanitärräume sind diese Kosten eben nicht durch das außergewöhnliche Ereignis einer Behinderung bedingt.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (). Muss realistischer Weise davon ausgegangen werden, dass behinderungsbedingte Mehraufwendungen für die Einrichtung oder Ausgestaltung eines Gebäudes (einer Wohnung) bei einer unterstellten Verwertung dieses Gebäudes (dieser Wohnung) nicht abgegolten werden, dann kann von der Schaffung eines Gegenwertes nicht ausgegangen werden (). Ein hypothetischer Käufer des Gebäudes wäre nicht bereit, durch den Kaufpreis den Wert der barrierefreien Dusche abzugelten. Daher ist in concreto in Höhe der Mehraufwendungen von einer Vermögensminderung auszugehen.

Nur ein Mehr an Aufwendungen aufgrund einer Behinderung sind gemäß § 34 Abs 6 6. Spiegelstrich EStG 1988 abzugsfähig. All jene Kosten, die entweder nicht durch die Behinderung bedingt sind oder jene, die einer Standardausführung entsprechen oder aus praktischen oder wirtschaftlichen Gründen im Gefolge des behindertengerechten Umbaus erfolgen, sind von den Gesamtkosten abzuziehen.

Der Einbau einer bodenebenen Dusche stellt per se eine behindertengerechte Badezimmereinrichtung dar, eine Spezialausstattung in Form einer Adaptierung einer sonst für körperlich nicht Beeinträchtigte liegt nicht vor. Die Ausgaben hinsichtlich der bodenebenen Dusche inklusive der Material- und Arbeitskosten (laut festgestelltem Sachverhalt) sowie die Haltegriffe in Bad und WC und der Sitzhocker sind in den Jahren 2010 und 2011 daher als Mehraufwand durch die körperliche Beeinträchtigung anzusehen und daher außergewöhnlich entstanden.

Der Beschwerdeführer kann sich dem Aufwand aufgrund der Körperbehinderung aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen, sodass diese in der gesetzlichen Diktion auch zwangsläufig erwachsen.

Außergewöhnliche Belastungen müssen grundsätzlich auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Da jedoch die Anrechnung eines Selbstbehaltes bei behinderungsbedingten Mehraufwendungen gemäß § 34 Abs 6 EStG 1988 ausgeschlossen ist, ist eine dementsprechende Prüfung obsolet.

Die sonstigen Sanierungsmaßnahmen (laut Aufstellung unter Punkt 3. im Ausmaß von 1/3 bzw. zu 0% durch die Behinderung verursacht) sind aus wirtschaftlichen Gründen in einem Vorgang mit dem Duscheinbau vorgenommen worden. Da eine spezielle behindertengeeignete Ausstattung nicht erkennbar ist und im Übrigen auch vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht wurde, ist ein Abzug unter dem Titel der §§ 34 und 35 EStG 1988 nicht möglich.

§ 34 Abs 6 6. Spiegelstrich EStG 1988 normiert jedoch, dass nur Mehraufwendungen, die die pflegebedingten Geldleistungen wie zB Pflegegeld übersteigen, einem Abzug als außergewöhnliche Belastungen zugänglich sind.

Das dem Beschwerdeführer bescheidmäßig zugesprochene Pflegegeld der Stufe 2 ist als pauschale (teilweise) Abdeckung der notwendigen Pflegekosten wie zB im Zusammenhang mit der Körperpflege und der Mobilitätshilfe anzusehen. Das Pflegegeld hat nach § 1 Bundespflegegeldgesetz den Zweck, pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeiten zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Nach § 1 Abs 1 Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz (EinstV) zählen zur Betreuung die notwendigen Verrichtungen anderer Personen, die vornehmlich den persönlichen Lebensbereich betreffen und ohne die der pflegebedürftige Mensch der Verwahrlosung ausgesetzt wäre. Dies sind nach § 1 Abs 2 EinstV insbesondere Verrichtungen beim An- und Auskleiden, bei der Körperpflege, der Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten, der Verrichtung der Notdurft, der Einnahme von Medikamenten und der Mobilitätshilfe im engeren Sinn.

Die Mehraufwendungen hinsichtlich des Duscheinbaus entsprechen diesen Pflegekosten, da sie ein trotz Beeinträchtigung selbstbestimmtes Leben ermöglichen sollen, den persönlichen Lebensbereich betreffen und im Wesentlichen die körperliche Pflege erleichtern sollen. Sie ersetzen in diesem Bereich faktisch die Ausgaben für eine Pflegekraft, die sonst herangezogen werden hätte müssen.

Da das Pflegegeld solche Ausgaben pauschal zumindest teilweise ersetzen soll, ist zur Vermeidung einer Quasi-Doppelbegünstigung der Abzug der Pflegegeldeinnahmen von den behinderungsbedingten Mehrkosten daher zwingend vorzunehmen.

Die dementsprechend abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:


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Sanierung Bad/WC
2010
2011
Zahlungsabfluss
9.000,00
9.418,58
behinderungsbedingte Mehraufwendungen in Höhe von 48%
4.320,00
4.520,92
abzüglich Pflegegeld
-3.127,30
-3.411,60
Außergewöhnliche Belastung (§ 34 Abs 6 EStG 1988 )
1.192,70
1.109,32

Eine amtliche Bescheinigung über das Vorliegen einer Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 35 Abs 2 Z 2 EStG 1988 liegt nicht vor und wurde auch nicht behauptet. Da der eindeutige Gesetzestext ein solches Dokument zur Bestimmung des Grades der Behinderung erfordert, kann eine Behinderung von mindestens 25% nach § 1 Abs 2 Verordnung nicht festgestellt werden. Daher entfällt auch eine Prüfung, ob nach § 1 Abs 3 Verordnung Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 Verordnung ohne Abzug von pflegebedingten Geldleistungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

6.2. Sonderausgaben aufgrund von Wohnraumsanierung

Hinsichtlich des nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Ausgabenteils von 7.807,30 € in 2010 und 8.309,26 € in 2011 ist von Amts wegen dahingehend zu prüfen, ob die geltend gemachten Ausgaben unter eine andere Begünstigungsbestimmung fallen, insbesondere Sonderausgaben gemäß § 18 Abs 1 Z 3 EStG 1988 vorliegen.

Sonderausgaben sind der privaten Lebensführung zuzuordnen (). Die Aufzählung in § 18 EStG 1988 ist taxativ. Hinsichtlich der Abzugsverbote, der wirtschaftlichen Belastung und der zeitlichen Zuordnung ist auf die Ausführungen zu Punkt 6.1. hinzuweisen.

Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum sind grundsätzlich als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, wovon aufgrund der vorliegenden Rechnung und dem glaubhaft gemachten Sachverhalt auszugehen ist. Der Gesetzgeber bezweckt mit dieser Bestimmung die Erhaltung von bestehendem Wohnraum (Zorn/Büsser in Hofstätter/Reichel (Hrsg), EStG 198865, § 18 Abs 1 Z 3 EStG Rz 58).

Zur Abzugsfähigkeit als Sonderausgaben müssen zumindest Instandsetzungsaufwendungen vorliegen. Instandsetzungsaufwendungen liegen nur vor, wenn sich der Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöht oder der Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängert.

Ein Badezimmer und WC ist unzweifelhaft dem Wohnraum zuzuordnen. Bei einer kompletten Sanierung von Badezimmer und WC - wie im vorliegenden Sachverhalt - ist davon auszugehen, dass eine Instandsetzung vorliegt (). Durch die im Rahmen einer Generalsanierung vorgenommenen Installationsarbeiten, Neuverfliesungen, Erneuerung des Waschbeckens und den erstmaligen Einbau einer Dusche der Nutzwert des Wohnobjekts wesentlich erhöht bzw. der Zeitraum der Nutzung wesentlich verlängert ().

Die Ausgaben für die Möbelanlage (Spiegelschrank, Hängeschränke, etc.) sind als Badezimmereinrichtung schon beim erstmaligen Einbau eines Badezimmers nicht unter dem Titel der Wohnraumschaffung als Sonderausgaben abzugsfähig (). Umso weniger ist ein nachträglicher Einbau bzw. Austausch solcher Gegenstände vom steuerlichen Begünstigungstatbestand der Wohnraumsanierung erfasst. Es sind daher die geltend gemachten Ausgaben von 4.463,25 € (verteilt im Verhältnis der Zahlungsabflüsse von 9.000,00 € in 2010 und 9.418,58 € in 2011 zueinander, das sind 49% in 2010 = 2.180,91 € und 51% in 2011 = 2.282,34 €) weder als außergewöhnliche Belastung noch als Sonderausgabe abzugsfähig.

Zusammengefasst sind daher Instandsetzungsaufwendungen in Höhe von 5.626,39 € in 2010 und 6.026,92 € in 2011 als Sonderausgaben aus Wohnraumsanierung absetzbar.

Aufgrund der Höhe des Sonderausgabenbetrages konnte gemäß § 18 Abs 3 Z 2 letzter Spiegelstrich EStG 1988 nur ein Viertel des Höchstbetrages (das sind 730,00 €) Berücksichtigung finden.

6.3. Bestellung eines Verlassenschaftskurators

Die Rechtsfähigkeit von natürlichen Personen endet mit dem Tod (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 79 Anm 7). Für den Zeitraum zwischen dem Tod des Verstorbenen und der Einantwortung kennt das bürgerliche Recht die Rechtsfigur des ruhenden Nachlasses (§ 531 ABGB ). Da gemäß § 79 BAO im Abgaben(verfahrens-)recht für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gelten, ist der ruhende Nachlass auch Adressat von Bescheiden ().

Bei der Überlassung des Nachlassvermögens an Zahlungs Statt gemäß § 154 AußStrG unterbleibt eine Einantwortung und es findet somit keine Gesamtrechtsnachfolge statt. Der Zustand des ruhenden Nachlasses dauert fort (Ritz, BAO6 § 19 Tz 13).

Der ruhende Nachlass ist nach § 546 ABGB eine anerkannte juristische Person, der zwar Partei-, aber keine Prozessfähigkeit zukommt. Als juristische Person bedarf es eines Vertreters, der für diese juristische Person handelt. Solche Vertreter können ein Verlassenschaftskurator, Erbenmachthaber oder der bzw. die erbserklärten Erben sein. Gibt es nämlich keinen Vertreter des ruhenden Nachlasses, der für diese Person rechtsgeschäftliche Handlungen vornehmen kann, kann es auch niemanden geben, der für die juristische Person die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts entgegennehmen kann.

Da im vorliegenden Fall auf Grund der fehlenden Einantwortung keine Gesamtrechtsnachfolge durch Erben eingetreten ist, kann nur die Bestellung eines Verlassenschaftskurators in Erwägung gezogen werden. Gemäß § 82 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn die Wichtigkeit der Sache es erfordert, auf Kosten des zu Vertretenden (die Verlassenschaft) die Betrauung eines gesetzlichen Vertreters beim zuständigen Gericht beantragen. Dasselbe gilt sinngemäß, wenn zweifelhaft ist, wer zur Vertretung einer Verlassenschaft befugt ist (§ 82 Abs 2 BAO). Gemäß § 269 BAO haben im Beschwerdeverfahren die Verwaltungsgerichte die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Da es sich bei § 82 BAO um eine Ermessensbestimmung ("so kann die Abgabenbehörde") handelt, ist § 20 BAO zu beachten.

Danach müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Die Grenzen des Ermessens werden nach § 82 Abs 1 BAO mit der Wichtigkeit der Sache gezogen. Dem Verwaltungsgerichtshof folgend (, 90/13/0094) erfordert die Wichtigkeit der Sache bei Wegfall einer juristischen Person eine Kuratorbestellung, wenn eine Abgabenfestsetzung erfolgen soll (Ritz, BAO6 § 82 Tz 6).

In Anlehnung war daher im Ermessen, da die Abgabenfestsetzung ein Aktivvermögen in Form einer Abgabengutschrift erzeugen würde, ein Antrag an das für die Verlassenschaftsabhandlung des Beschwerdeführers zuständige Gericht auf Bestellung eines Verlassenschaftskurators zu stellen.

Durch die Bestellung des Sohnes des Beschwerdeführers ***1*** zum Verlassenschaftskurator ist somit eine rechtswirksame Zustellung des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts an diesen als Vertreter des ruhenden Nachlasses gewährleistet.

6.4. Unzulässigkeit der Revision (siehe II.)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung ergeht in Entsprechung der unter Punkt 6.1. bis 6.3. zitierten verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Judikatur. Es liegt daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100983.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at