Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2020, RV/7100190/2019

Hauptfeststellung Einheitswert zum 1.1.2015

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***, ***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes zum Gz. *** zu Recht: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes zum wird im Sinne der Berechnung der belangten Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung mit 200,- Euro festgestellt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit Einheitswertbescheid zum (Wert- und Zurechnungsfortschreibung) wurde betreffend den Beschwerdeführer für den Grundbesitz GB *** auf Grund des § 21 BewG 1955 iVm §§ 186 und 193 BAO der Einheitswert mit 200,- Euro festgestellt.

Als Begründung führte die belangte Behörde an, dass die Bewertung auf Basis der Kundmachungen des Bundesministers für Finanzen vom (Gz. BMF-010202/0100-VI/3/2014) sowie vom (Gz. BMF-010202/0102-VI/3/2014) erfolgt sei. Die Fortschreibung sei erforderlich gewesen, da die Zuschlagserteilung vom durchgeführt worden sei. Die Feststellung sei wegen der Änderung in der steuerlichen Zurechnung (Änderung der Eigentumsverhältnisse) erforderlich gewesen.

Mit Schreiben vom brachte der Beschwerdeführer dagegen Beschwerde ein. Zur Begründung führte er Folgendes aus:

a) Es handele sich nicht um eine bloße Fortschreibung des Einheitswertes wegen Änderung in der steuerlichen Zurechnung. Tatsächlich richtig sei, dass der Beschwerdeführer 2014 den Großteil des Weingartens gerodet hätte und deshalb 2014 die Änderung des Einheitswertes beantragt hätte. Die Änderung des Einheitswertes sei von der belangten Behörde damals abgelehnt worden, das Bundesfinanzgericht habe die betreffenden Bescheide mit Entscheidung vom aufgehoben (GZ: ***). Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid spreche die belangte Behörde also immer noch über die damals beantragte Änderung des Einheitswertes ab.

b) Im Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides werde nicht angeführt auf welcher gesetzlichen Grundlage die Berechnung der Hektarsätze erfolge. Es werde lediglich eine Verordnung angeführt, die aber nicht Rechtsgrundlage des Bescheides sein könne. Es bestehe daher für den Beschwerdeführer keine Möglichkeit zu überprüfen ob die von der belangten Behörde angestellten Berechnungen dem Gesetz entsprechen würden.

c) Trotz der fehlenden Angabe der Rechtsgrundlage sei davon auszugehen, dass bei der Berechnung der Hektarsätze die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes zu berücksichtigen seien. Das sei nicht erfolgt, es seien nicht einmal Ermittlungen erfolgt, sondern es seien gewisse Sachverhalte It. Begründung des angefochtenen Bescheides "unterstellt" worden. Die Abschläge aufgrund der "Unterstellung" von insgesamt 22 % für die landwirtschaftlichen genutzten Teile und 14 % für den weinbaulich genutzten Teil seien viel zu gering:

Vielfach größeren Betrieben würden ähnlich hohe Abschläge gewährt.

Die Weinfläche sei nur 355 m2 groß (und damit vermutlich eine der kleinsten weinbaulich genutzten Flächen im ganzen Bezirk), erfordere jedoch ebenso viele Arbeitsschritte wie eine 10 oder 100mal größere Fläche. Entsprechend höher seien die Kosten für die Anfahrt zur Bewirtschaftung. Allgemein verständlich sei, dass auch die Kosten für Pflanzenschutz, Abschreibung, Verarbeitung weit höher seien als bei einem 10mal so großen Betrieb mit 3000 m2 Weingartenfläche, der noch immer ein Kleinbetrieb sei und ähnlich hohe Abschläge gewährt bekomme.

Wie bereits 2014 der belangten Behörde bekanntgegeben, seien auf der gerodeten Weingartenfläche Obstbäume mit großen Abständen gepflanzt worden und es sei eine extensive Bewirtschaftung als Streuobstwiese erfolgt. Diese Streuobstwiese würde auch auf längere Sicht geringere Erträge bringen als andere landwirtschaftliche Kulturen, deshalb müsse auch der Einheitswert geringer festgesetzt werden.

Auf dem Grundstück habe es in den beiden letzten Jahren Spätfröste und leichten Hagel gegeben, die Lage habe sich als sehr windig erwiesen, die Bedingungen für die Streuobstbäume seien schwierig, es waren daher bereits Ersatzpflanzungen erforderlich.

Der festgesetzte Einheitswert bedinge eine Pflichtversicherung in der Unfallversicherung bei der Bauernsozialversicherung. Die Kosten würden jährlich 179,16 Euro betragen. Umgerechnet auf einen Hektar würde das eine Belastung von 851,52 Euro jährlich pro Hektar bedeuten, was auch 100mal größere Betriebe, die intensive Landwirtschaft betreiben würden, keinesfalls erwirtschaften könnten. Mit den ca. 100 Weinstöcken und ca. 25 Obstbäumen wäre eine gewinnbringende Bewirtschaftung mit diesem festgesetzten Einheitswert und der daraus resultierenden Pflichtversicherung nicht möglich.

Das Grundstück *** bestehe teilweise (gesamte Länge auf der linken Seite vom Zufahrtsweg aus gesehen, geschätzt ca. 150 m2) aus einem Windschutzgürtel der mit Strauchwerk bewachsen sei, eine Bewirtschaftung dieser Fläche könne nicht erfolgen und es wäre die Rodung des Windschutzgürtels auch nicht zulässig. Der nicht bewirtschaftbare Teil sei im angefochtenen Bescheid gar nicht berücksichtigt worden.

Der Beschwerdeführer ersuche die Grundstücke zu besichtigen, damit die belangte Behörde einen richtigen Eindruck von Lage, Größe und Bepflanzung bekomme und beantrage die Berücksichtigung wesentlich höherer Abschläge bei der Berechnung des Hektarsatzes für die landwirtschaftlich genutzte Fläche und Berücksichtigung wesentlich höherer Abschläge bei der Berechnung des Hektarsatzes der weinbaulich genutzten Fläche. Im Ergebnis solle ein wesentlich niedrigerer Einheitswert - 100,- Euro insgesamt, jedenfalls aber von insgesamt weniger als 150,- Euro - festgestellt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Abschläge teils abgeändert. Die Berechnung des Einheitswerts verblieb aufgrund der Abrundung gem. § 25 BewG 1955 bei 200,- Euro.

Zur Begründung führte die belangte Behörde Folgendes aus:

a) Weinbauvermögen:

Bei der Hauptfeststellung 2014 sei § 48 Bewertungsgesetz 1955 in der geänderten Fassung (BGBl. I Nr. 112/2012) erstmalig anzuwenden gewesen (§ 86 Abs. 14 BewG 1955).

Auf Basis dieser Bestimmung seien die maßgeblichen Grundlagen für die Bewertung des Weinbauvermögens erstellt und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung rechtsverbindlich kundgemacht worden:

Kundmachung des Bundesministers für Finanzen über die Bewertungsgrundlagen für das Weinbauvermögen zum (Feststellung der Weinbaubetriebszahlen für die Weinbauvergleichsbetriebe), GZ: BMF-010202/0102-VI/3/2014, vom ).

Wirtschaftliche Ertragsbedingungen

In Anwendung des § 48 Abs. 2 BewG 1955 iVm § 38 Abs. 4 BewG 1955 sei für alle übrigen Betriebe der Hektarsatz nach dem Verhältnis ihrer Ertragsfähigkeit zu derjenigen der Weinbauvergleichsbetriebe zu ermitteln. Die Merkmale der natürlichen und wirtschaftlichen Ertragsbedingungen des (fiktiven) Weinbauhauptvergleichsbetriebes sowie die Betriebszahlen der Vergleichsbetriebe sei mit der oben angeführten Kundmachung des Bundesministers für Finanzen über die Bewertungsgrundlagen für das Weinbauvermögen zum festgelegt worden.

Die dort berücksichtigten Ab- und Zuschläge für die wirtschaftlichen Ertragsbedingungen (darunter auch die Betriebsgröße) seien Grundlage bzw. Rahmen für die Ab- und Zuschläge bei allen anderen Weinbaubetrieben.

Berücksichtigt würden nach § 48 Abs. 4 Z 2 BewG 1955 insbesondere folgende wirtschaftliche Ertragsbedingungen,

a) Lage des Hofes in Hinblick auf Vermarktungsmöglichkeiten der Erzeugnisse

b) tatsächliche Vermarktungsverhältnisse des Betriebes

c) Größe und Hangneigung der Betriebsflächen

d) Betriebsgröße (individuell).

Bei a) und c) seien gemäß § 48 Abs. 2 BewG 1955 iVm § 38 Abs. 4 BewG 1955 die ortsüblichen Verhältnisse zugrunde zu legen; hinsichtlich § 48 Abs. 4 Z 2 lit. b und d seien die betriebsindividuellen Verhältnisse maßgebend.

Die Ab- und Zuschläge für die unterstellten ortsüblichen wirtschaftlichen Ertragsbedingungen (hinsichtlich § 48 Abs. 4 Z 2 lit. a und c BewG 1955) einschließlich übriger Umstände sowie für die betriebsindividuellen Verhältnisse seien unter Bedachtnahme auf die Einwertungen der rechtsverbindlich kundgemachten Weinbauvergleichsbetriebe unter Anwendung derselben Richtlinie, welche für die Einwertung der Weinbauvergleichsbetriebe maßgeblich gewesen sei, ermittelt worden.

Danach stellte die belangte Behörde die Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse bei den wirtschaftlichen Ertragsbedingungen dar und erklärte, dass die Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse des Betriebes unter Anwendung der für die Weinbauvergleichsbetriebe maßgeblichen Richtlinien folgende wirtschaftliche Ertragsbedingungen ergäben hätten:

Nur im Punkt 3.2.3 Größe der Feldstücke weiche das Weinbauvermögen des Beschwerdeführers von den unterstellten ortsüblichen Verhältnissen ab.

In diesem Punkt betrage der Abschlag für die 0,0355 ha weinbaumäßig genutzte Fläche -6,0%.

In diesem Punkt werde der Beschwerde stattgegeben.

Der Gesamtabschlag betrage daher -20%.

b) Landwirtschaftliches Vermögen:

In Anwendung des § 38 Abs. 4 BewG 1955 sei für alle übrigen Betriebe der landwirtschaftliche Hektarsatz nach dem Verhältnis ihrer Ertragsfähigkeit zu derjenigen der Vergleichsbetriebe zu ermitteln. Die Merkmale der natürlichen und wirtschaftlichen Ertragsbedingungen des (fiktiven) Hauptvergleichsbetriebes sowie die Betriebszahlen der Vergleichsbetriebe seien mit der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen über die Bewertungsgrundlagen für das landwirtschaftliche Vermögen zum (Beschreibung des Hauptvergleichsbetriebes und Feststellung der Betriebszahl für die landwirtschaftlichen Vergleichsbetriebe), GZ: BMF-010202/0100-VI/3/2014, verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" am rechtsverbindlich festgelegt worden.

Die dort berücksichtigten Ab- und Zuschläge für die wirtschaftlichen Ertragsbedingungen (darunter auch die Betriebsgröße) seien Grundlage bzw. Rahmen für die Ab- und Zuschläge bei allen anderen landwirtschaftlichen Betrieben.

Berücksichtigt würden nach § 32 Abs. 3 Z 2 BewG 1955 insbesondere folgende wirtschaftliche Ertragsbedingungen,

a) regionalwirtschaftliche Verhältnisse des Standortes

b) Entfernung der Betriebsflächen zum Hof

c) Größe und Hangneigung der Betriebsfläche sowie

d) Betriebsgröße (individuell).

Bei a), b) und c) seien gemäß § 38 Abs. 4 BewG 1955 ortsübliche Verhältnisse zugrunde zu legen.

Die Ab- und Zuschläge für die unterstellten ortsüblichen wirtschaftlichen Ertragsbedingungen (hinsichtlich § 32 Abs. 3 Z 2 lit. a, b und c BewG 1955) einschließlich übriger Umstände seien unter Bedachtnahme auf die Einwertungen der rechtsverbindlich kundgemachten Vergleichsbetriebe unter Anwendung derselben Richtlinie, welche für die Einwertung der Vergleichsbetriebe maßgeblich gewesen sei, ermittelt worden.

Danach stellte die belangte Behörde die Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse bei den wirtschaftlichen Ertragsbedingungen dar und erklärte, dass die Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse des Betriebes unter Anwendung der für die Weinbauvergleichsbetriebe maßgeblichen Richtlinien folgende wirtschaftliche Ertragsbedingungen ergäben hätten:

Nur im Punkt 3.2.2 Größe der Feldstücke weiche das landwirtschaftliche Vermögen des Beschwerdeführers von den unterstellten ortsüblichen Verhältnissen ab.

In diesem Punkt betrage der Abschlag für die 0,1749 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche -9,0%.

In diesem Punkt werde der Beschwerde stattgegeben.

Der Gesamtabschlag betrage daher -31%.

c) Streuobst:

Gemäß § 32 Abs. 4 BewG 1955 § 2. würden zum Erwerbsobstbau mit Ausnahme von Streuobst alle Obstbaumbestände marktgängiger Obstsorten mit nachhaltiger Ertragsaussicht (Äpfel, Birnen, Marillen, Zwetschken, Süß und Sauerkirschen oder Weichseln, Pfirsich, Johannisbeeren oder Ribisel und andere Beerensträucher sowie Holunderanlagen) zählen.

Da für Obststreuwiesen keine Bewertung vorliege, könne die in der Beschwerde geforderte Berücksichtigung von Spätfrost und Hagel nicht berücksichtigt werden.

Außerdem seien nach § 32 Abs. 4 (BewG 1955) Obstanlagen erst ab einem Flächenausmaß von insgesamt mindestens 0,5 ha zu bewerten.

d) Windschutzgürtel:

Die in der Beschwerde gemachte Erklärung, dass sich auf dem Grundstück *** auf der gesamten Länge ein Windschutzgürtel im Ausmaß von ca. 150m2 befände, sei nach Auswertung des Luftbildes (NÖ-Atlas) nicht nachvollziehbar.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Der Beschwerdeführer ersuchte zu ermitteln welchen Gewinn die 355 m2 Weingarten erbringen könnten. Er spreche dabei von einem Ertrag von 200 bis max. 250 kg Trauben für die Rotweinerzeugung. Mögliche Bewirtschaftungsvarianten seien:

a) Vollständig Maschinenpark unterstellt: Die Kosten alleine für Betrieb und Wartung der Maschinen sowie die Kosten für die Rebschutzmittel würden den möglichen Ertrag übersteigen.

b) Beitritt Maschinenring und Bodenbearbeitung sowie Rebschutz über Maschinenring: Aufgrund der extrem kleinen Fläche ebenfalls nicht wirtschaftlich umsetzbar.

c) Tatsächliche Bewirtschaftung: Bodenbearbeitung und den gesamten Rebschutz (Spritzen) übernehme der Nachbar, dieser erhalte dafür die gesamte Ernte und der Beschwerdeführer könne ein paar Flaschen Wein abholen. Dem Beschwerdeführer verbleibe dabei noch die manuelle Arbeit (Rebschnitt, Biegen, Binden, Laubarbeiten, Ausbrechen) und die damit verbunden Kosten.

Wenn man bei dem System der Zu- und Abschläge bleiben müsse, müssten diese besonderen Bedingungen (Minifiäche) auch entsprechend berücksichtigt werden.

Der Beschwerdeführer beantrage den Einheitswert für die Gesamtfläche (Wein, LN) unter 150,- festzusetzen.

Hinsichtlich des Windschutzgürtels sei ihm ein Fehler unterlaufen. Das Grundstück grenze links an das Grundstück 281 und der Beschwerdeführer habe übersehen, dass sich nach einer Strecke der gemeinsamen Grenze ein anderes Grundstück spitz zwischen diese Grundstücke schiebe. Der Beschwerdeführer sei bislang davon ausgegangen, dass die Grenze zwischen ihm und dem Nachbarn links mitten durch den Windschutzgürtel verlaufe. Die Angabe 150 m2 Windschutzgürtel auf seinem Grundstück werde daher nicht aufrecht erhalten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer ist grundbücherlicher Eigentümer (GB ***) von landwirtschaftlich genutzten Flächen im Ausmaß von 0,1749 ha und Weinbauvermögen im Ausmaß von 0,0355 ha.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen entsprechen dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt und wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben erfolgt gemäß den Bestimmungen des BewG 1955 anhand von Vergleichsbetrieben. Die Bedeutung der Vergleichsbetriebe liegt dabei darin, dass aus ihren Merkmalen in anschaulicher Weise auf die Ertragsfähigkeit der übrigen Betriebe geschlossen werden kann. Der Hauptvergleichsbetrieb soll dabei ein Idealbetrieb sein, der die höchste Ertragsfähigkeit aufweist. Ein solcher Idealbetrieb wird sich in der Natur schon wegen der verschiedenen landwirtschaftlichen Wirtschaftsformen kaum feststellen lassen, sondern es werden auf diesen Betrieb mehr oder weniger theoretisch die Ertragsmerkmale verschiedener Betriebe zu projizieren sein, um ihn als Hauptvergleichsobjekt für die vergleichende Bewertung geeignet zu machen. Damit beruht der Hauptvergleichsbetrieb zwar auf Unterstellungen, die aber erforderlich sind, um sämtliche übrigen Vergleichsbetriebe hinsichtlich ihrer Ertragsfähigkeit in die richtige Relation zu setzen. Die tatsächlich vorhandenen Merkmale der übrigen Vergleichsbetriebe liefern sohin die Anhaltspunkte für die praktische Durchführung der vergleichenden Bewertung (vgl. ua. ).

Bei Vergleichsbetrieben bezieht sich die rechtsverbindliche Kraft auf die für den Vergleichsbetrieb festgestellten Zu- und Abschläge sowie auf die Betriebszahl und indirekt über das Verfahren der Ableitung derselben. Der jeweilige Hauptvergleichsbetrieb ist ein idealisierter, fiktiver Betrieb, der nicht tatsächlich existiert. Anders verhält es sich bei den Vergleichsbetrieben. Deren Auswahl wurde nach den in der landwirtschaftlichen Betriebswirtschaftslehre entwickelten Produktionsgebieten und Kleinproduktionsgebieten bzw. bei den Weinbauvergleichsbetrieben nach Weinbaugebieten getroffen. Primär orientiert sich die Bewertung eines konkreten Betriebes daher an dem Vergleichsbetrieb des jeweiligen Kleinproduktionsbetriebes, jedoch ist es zulässig und zum Teil auch erforderlich Vergleiche zu anderen Vergleichsbetrieben im Bundesgebiet zu ziehen (vgl.dazu Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, Rz 2 zu § 44 BewG).

Erstmals wurde bei der Hauptfeststellung zum von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Maßnahmen zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Bewertung innerhalb des Bundesgebietes in Form von Richtlinien rechtsverbindlich kundzumachen. Die darin enthaltenen Bewertungsansätze sind ebenso rechtsverbindlich wie der in der Richtlinie dargestellte und kundgemachte Gang der Bewertung (vgl. dazu Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, Rz 3 zu § 44 BewG).

Mit der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen über die Bewertungsgrundlagen für das landwirtschaftliche Vermögen zum (Beschreibung des Hauptvergleichsbetriebes und Feststellung der Betriebszahl für die landwirtschaftlichen Vergleichsbetriebe), GZ: BMF-010202/0100-VI/3/2014, sowie der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen über die Bewertungsgrundlagen für das Weinbauvermögen zum , GZ: BMF-010202/0102-VI/3/2014, wurden die Merkmale der natürlichen und wirtschaftlichen Ertragsbedingungen des (fiktiven) Hauptvergleichsbetriebes sowie die Betriebszahlen der Vergleichsbetriebe rechtsverbindlich festgelegt.

Aufgrund der zitierten Gesetzesstellen und der darin festgelegten vergleichenden Bewertung für landwirtschaftliche Betriebe ist es unerheblich, ob ein konkreter Betrieb positive Reinerträge erwirtschaftet oder nicht. Der Einheitswert bestimmt sich nicht nach durchschnittlichen Betriebseinnahmen eines Jahres. Es ist auch kein Beweis darüber nötig, dass in der durchschnittlichen Landwirtschaft positive Reinerträge erwirtschaftet werden könnten. Der Einheitswert eines landwirtschaftlichen Betriebes ist unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Bodenschätzung im Vergleich zu den in Frage kommenden Vergleichsbetrieben zu ermitteln. Folglich ist die Einkommensentwicklung der österreichischen Bauern für die Feststellung des Einheitswertes im geltenden System irrelevant. Entsprechende Berichte, Statistiken oder Analysen dürfen aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes nicht berücksichtigt werden (vgl. dazu ).

In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass die speziell kleine Größe der bewirtschafteten Fläche bei Ermittlung des Einheitswertes nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Auch auf die besonderen Bedingungen der Streuobstwiese sei nicht ausreichend eingegangen worden. Aufgrund der Höhe des festgesetzten Einheitswertes ergäbe sich zudem eine Pflichtversicherung in der Unfallversicherung bei der Bauernsozialversicherung. Das würde zusätzlich eine gewinnbringende Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Vermögens verhindern. Das Vorbringen, dass ein Windschutzgürtel die Bewirtschaftung beeinträchtige, wurde vom Beschwerdeführer im Vorlageantrag zurückgezogen.

Dazu ist festzuhalten, dass die belangte Behörde bereits in der Beschwerdevorentscheidung festgehalten hat, dass das vorliegende Weinbauvermögen nur im Punkt "Größe der Feldstücke" von den unterstellten ortsüblichen Verhältnissen abweicht und ein zusätzlicher Abschlag von 6% gewährt wurde. Hinsichtlich des landwirtschaftlichen Vermögens wurde ebenfalls festgehalten, dass das vorliegende Weinbauvermögen nur im Punkt "Größe der Feldstücke" von den unterstellten ortsüblichen Verhältnissen abweicht und ein zusätzlicher Abschlag von 9% gewährt. Hinsichtlich des Streuobst stellte die belangte Behörde fest, dass diese gem. § 32 Abs. 4 BewG 1955 erst ab einem Flächenausmaß von insgesamt mindestens 0,5 ha zu bewerten sind.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten speziellen Bewirtschaftungsbedingungen (kleine Größe) wurden daher bereits im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung in sachgerechter und gesetzeskonformer Weise berücksichtigt.

Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass eine gewinnbringende Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen aufgrund des festgestellten Einheitswertes nicht möglich sei, ist - wie oben ausgeführt - darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für die Ermittlung des Einheitswerts unerheblich ist, ob ein konkreter Betrieb tatsächlich positive Reinerträge erwirtschaftet.

Abschließend ist festzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht bei seiner Entscheidung – ebenso wie die Abgabenbehörde – von den rechtsverbindlich kundgemachten Gesetzen und Verordnungen auszugehen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Berechnung des Einheitswertes ergibt sich aus den § 21 BewG 1955 bzw. der auf Grund des BewG 1955 erlassen Verordnungen. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 21 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 186 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 193 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100190.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at