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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2020, RV/7104548/2019

Präsentationsrecht - Vertrag auf unbestimmte Dauer.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adr***, vertreten durch ***Ra***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ***Erf*** betreffend Gebühren zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Gebühr wird gem. § 33 TP 5 Abs. 3 GebG in Höhe von 25.954,56 Euro festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde ausgehend von einer Laufzeit des Mietvertrages von 10 Jahren die Gebühr gem. § 33 TP 5 GebG in der Höhe von 86.515,20 Euro fest. Zu dem Präsentationsrecht sei festzuhalten, dass der von der Bestandnehmerin namhaft gemachte Dritte verschiedene Kriterien erfüllen müsse: es müsse sich um ein verbundenes Unternehmen handeln und zumindest dieselbe Bonität wie die Bestandnehmerin aufweisen. Die Namhaftmachung eines Nachmieters unter den vertraglich geregelten Voraussetzungen könnte nicht zu einer Ungewissheit hinsichtlich der vereinbarten bestimmten Dauer führen.

Dagegen brachte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin (Bf) mit Schreiben vom Beschwerde ein. Begründend führte sie an, dass aufgrund des bestehenden Präsentationsrechtes ein Vertrag auf unbestimmte Zeit gegeben sei und die Gebühr demnach vom 3-fachen Jahreswert festzusetzen sei. Zivilrechtlich sei der Vertrag auf 10 Jahre abgeschlossen worden, gebührenrechtlich sei jedoch zu unterscheiden, ob ein Bestandvertrag allenfalls nach dem erklärten Vertragswillen beider Vertragsteile vorzeitig aufgelöst werden könne oder nicht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde ab. Als Begründung führte sie ua an, aufgrund der Zusatzvereinbarung sei der Kreis der potentiellen Nachmieter sehr eingeschränkt, sodass eine schrankenlose Weitergabe an einen neuen Pächter nicht möglich sei. In der Namhaftmachung eines neuen Pächters sei die Bf sehr eingeschränkt.
Es könne nicht im Belieben der Vertragspartner stehen, allein durch die unkritische Anführung eines „Präsentationsrechtes“ die grundsätzlich vereinbarte Bindung der Vertragsparteien im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG aufzuheben. Es sei auf den erklärten Vertragswillen und nicht bloß auf die Erklärung abzustellen. Der Vertragswille wäre auf eine Vertragsverlängerung um 10 Jahre gerichtet gewesen.
Die Tatsache, dass der Bestandgeber sich verpflichte, mit einem präsentierten Nachfolgemieter einen Vertrag zu den gleichen Bedingungen abzuschließen, sei einem Weitergaberecht, einer Vertragsübernahme, ähnlich und stellte das im gegenständlichen Fall vereinbarte „Präsentationsrecht“ ein Weitergaberecht dar. Ein solches führe aber iSd Judikatur des VwGH nicht zu einer unbestimmten Dauer.

Dagegen brachte die rechtsfreundlich vertretene Bf am einen Vorlageantrag ein. Die Abgabenbehörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht zur weiteren Bearbeitung vor.

Mit Schreiben vom langte beim Bundesfinanzgericht eine Äußerung der rechtsfreundlich vertretenen Bf zum Vorlagebericht ein, worin erneut auf die Bedingungen der Vertragsübernahme bei Ausübung des Präsentationsrechtes und die Anknüpfung an bestimmte Voraussetzungen eingegangen wurde.
 

Festgestellter Sachverhalt

Mit Zusatzvereinbarung vom vermietet die ***EAG*** der Bf das Geschäftslokal im Haus ***K*** im UG und das Lager ***L*** im 1. UG. Zweck der Vermietung ist der Betrieb eines Handelsgeschäftes mit Waren aller Art. Bei der Mieterin handelt es sich um einen Lebensmittelsupermarkt.

Das Bestandverhältnis zwischen der Bf und der Vermieterin besteht seit 1994.

Gem. Pkt II. Vertragsverlängerung der Zusatzvereinbarung ist das Vertragsverhältnis auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen.

Unter Punkt VI der Zusatzvereinbarung wird ua. die Untervermietung und ein Präsentationsrecht vereinbart:
[…]
Der Bestandnehmer ist weiters berechtigt, auch während der vereinbarten Mietdauer bzw. während eines allenfalls vom Bestandnehmer abgegebenen Kündigungsverzichtes einen Nachfolgemieter namhaft zu machen. Der Bestandgeber verpflichtet sich, mit diesem vom Bestandnehmer genannten Nachfolgemieter einen Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen dieses Vertrages abzuschließen, wobei in diesem Fall das gegenständliche Mietverhältnis durch einvernehmliche Auflösung endet. Die Kosten der Errichtung und Vergebührung eines derartigen Nachmietvertrages hat der Nachfolgemieter zu tragen.
Als Nachfolgemieter kommt jedes Unternehmen innerhalb des Konzerns des Bestandnehmers wie auch künftige in den Konzern einzugliedernde bzw. innerhalb des Konzerns neu errichtete Unternehmen in Frage, wobei dieses Präsentationsrecht auch wiederholt ausgeübt werden kann. Ein dem Bestandgeber allenfalls aufgrund gesetzlicher Bestimmungen zustehendes Recht auf Anpassung des Mietzinses, wenn es zu einer rechtlichen und/oder wirtschaftlichen Veränderung innerhalb des Bestandnehmers oder dessen (Groß-) und Muttergesellschaften kommt, wird jedenfalls einvernehmlich ausgeschlossen. Die Ausübung des Präsentationsrechtes gemäß diesem Absatz ist zulässig, sofern der Verwendungszweck des Mietgegenstandes gewahrt bleibt, die wirtschaftliche Bonität des Nachfolgemieters gegeben ist und nicht objektiv berechtigte Gründe gegen den Nachfolgemieter vorliegen, die in dessen Person gelegen sind.
 

Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde bzw. dem Verwaltungsgericht offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gem. § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde bzw. das Verwaltungsgericht im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die unter Punkt „festgestellter Sachverhalt“ getroffenen Feststellungen beruhen auf den im Rahmen der Beschwerde erfolgten Ausführungen der Bf, den vorgelegten Vereinbarungen und Unterlagen der Abgabenbehörde und der Bf.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
 

Rechtliche Würdigung

Gem. § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten.

Der Vertrag wurde (vgl. Punkt II Vertragsverlängerung) einvernehmlich für die Dauer von 10 Jahren verlängert.

Darüber hinaus wurde unter Punkt VI ein Untervermietungs- und Präsentationsrecht vereinbart.

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob mit dem in Rede stehenden Bestandvertrag eine bestimmte oder eine unbestimmte Vertragsdauer vorliegt.

Zu prüfen ist daher ob ein Präsentationsrecht oder ein Weitergaberecht vorliegt. Wurde nämlich ein Präsentationsrecht vereinbart, läge ein Bestandvertrag mit unbestimmter Vertragsdauer vor und die Gebühre wäre gem. § 33 TP 5 Abs. 3 GebG mit dem dreifachen des Jahreswertes zu bewerten. Würde jedoch ein vertraglich vereinbartes Weitergaberecht vorliegen, handelt es sich um einen Bestandvertrag auf bestimmte Dauer und wäre die Gebühr – entsprechend der Ansicht der Abgabenbehörde – mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert zu berechnen.

Das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen besteht darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, steht der Beurteilung dieses Vertrages als einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege ().
Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (, , 86/15/0102, , 88/15/0037, , 88/15/0040).

Die vertragliche Vereinbarung eines Präsentationsrechts, welches dem Mieter das Recht einräumt, dem Vermieter eine geeignete Person als Nachfolger vorzuschlagen, die der Vermieter grundsätzlich akzeptieren muss, kann dazu führen, dass insgesamt eine ungewisse Vertragsdauer anzunehmen ist (), da in diesem Fall nach einer noch ungewissen Zeit ein neuer Vertrag zustande kommt und der alte Vertrag beendet wird ().

Ein solches in einem Bestandvertrag eingeräumtes Präsentationsrecht bewirkt in der Regel, dass von einer unbestimmten Vertragsdauer im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG auszugehen ist (, ).

Sofern jedoch ein Weitergaberecht vereinbart wird und der Vermieter im Vorhinein zustimmt, dass der Mieter durch einseitige Erklärung das Bestandverhältnis auf einen Dritten übertragen kann, bewirkt die Weitergabe den Eintritt in einen bestehenden Vertrag. Dieser kann der Zessionsgebühr unterliegen (vgl § 33 TP 21 Rz 61). Jedenfalls bewirkt ein solches Weitergaberecht nicht, dass der Vertrag als ein solcher von unbestimmter Dauer anzusehen ist ().

Dem Vorbringen der belangten Behörde es läge ein Weitergaberecht vor, kann vom Bundesfinanzgericht nicht gefolgt werden. Bei der im Nachtrag zum Mietvertrag stehenden Fromulierung handelt es sich eindeutig dem Wortlaut nach um eine vertragliche Vereinbarung eines Präsentationsrechtes.
In diesem Zusammenhang wird zwischen den Vertragsparteien darüber hinaus noch ausdrücklich festgelegt, dass durch kontrahieren des Vermieters mit dem präsentierten Nachfolger der Mietvertrag mit dem ersten Mieter aufgelöst wird.

Der Mieter hat es somit in Gestalt seines Präsentationsrechtes gem. Pkt. VI des Vertrages in der Hand, jederzeit auch während der ersten 10 Jahre durch Beschreiten des oben aufgezeigten Weges eine Auflösung des Bestandverhältnisses zu bewirken.

Wie bereits der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 90/15/0034 ausgeführt hat, ist unter Beachtung der Mobilität des Geschäftslebens, die wie die Erfahrung des täglichen Lebens zeigt gerade auch im Bereich der Geschäftsbranche „Lebensmittelsupermarkt“ gegeben und kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die Möglichkeit der Auflösung des Vertrags „hochgradig unwahrscheinlich“ wäre. Ganz im Gegenteil, gerade ökonomisch denkende Unternehmer vereinbaren sogenannte Weitergabs- oder Präsentationsrechte in von ihnen geschlossenen Bestandverträgen deshalb, um im Wege der Ausübung derselben den sich laufend ändernden ökonomischen Verhältnissen entsprechend Rechnung tragen zu können.

Auch die im Mietvertrag vereinbarte Berechtigung des Mieters einen Nachfolgemieter zu den gleichen Bedingungen namhaft zu machen, wobei ein Recht der Vermieterin unter Ausschluss der Anpassung des Mietzinses einvernehmlich ausgeschlossen wurde, macht eine mögliche Auflösung des Vertrages nicht unwahrscheinlich. Würde doch eine im Raum stehende mögliche Anpassung des Mietzinses einen möglichen Nachfolgemieter wohl eher abschrecken.

Aufgrund der eindeutigen Formulierung des vorliegenden Vertragstextes liegt demnach nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ein Präsentationsrecht vor.

Das Präsentationsrecht des Mieters muss nach ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit so beurteilt werden, dass damit wegen der Freiheit des Mieters zur Vertragsbeendigung insgesamt eine ungewisse Vertragsdauer anzunehmen ist (nochmals ).

Demnach liegt ein Mietvertrag auf unbestimmte Dauer vor, welcher mit dem 3-fachen des Jahreswertes zu vergebühren ist. Die vertraglich vereinbarte Miete beträgt 72.096,00 Euro (inkl. USt) im Monat.

Die Bemessungsgrundlage ist demzufolge 2.595.456,00 Euro (3-fache des Jahreswertes).

Die Gebühr beträgt gem. § 33 TP 5 GebG 1% des 3-fachen Jahreswertes und wird mit 25.954,56 Euro festgesetzt.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die grundsätzliche Beurteilung  eines Vertrages auf unbestimmte Dauer bei Vorliegen eines Präsentationsrechtes und deren Rechtsfolgen ist durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichthofes hinreichend geklärt und konnten die im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen an Hand dieser Kriterien rechtlich beurteilt werden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104548.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at