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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2020, RV/5100847/2017

Pendlerpauschale bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht:

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer machte im Rahmen seiner Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Jahr 2015 unter anderem ein kleines Pendlerpauschale für eine einfache Fahrtstrecke von der Wohnung zur Arbeitsstätte von mehr als 40 km bis 60 km in Höhe von 1.356,00 Euro sowie den Pendlereuro in Höhe von 90,00 Euro steuerlich geltend.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer unter anderem um Bekanntgabe der für die Berücksichtigung des Pendlerpauschales erforderlichen Daten (Wohnanschrift, Anschrift Arbeitsstätte, etc). Dem im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausdruck des Ergebnisses des Pendlerrechners für den abgefragten Tag Montag, zufolge sei die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar. Zudem legte der Beschwerdeführer einen weiteren Ausdruck des Ergebnisses des Pendlerrechners für den abgefragten Tag Mittwoch , bei, dem zufolge die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke möglich und zumutbar sei. Als Anschrift der Wohnung wurde dabei jeweils die Adresse ***Wohnanschrift1*** angegeben; als Anschrift der Arbeitsstätte wurde jeweils ***Arbeitsstättenanschrift*** angegeben.

Mit Einkommensteuerbescheid 2015 der belangten Behörde vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2015 ohne Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Pendlerpauschales sowie des Pendlereuros festgesetzt. Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, dass im Falle des Bestehens mehrerer Wohnsitze kein Anspruch auf Pendlerpauschale und Pendlereuro bestehe, da für die Berechnung der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz heranzuziehen sei.

Mit am über das FON-Portal gegen den oa Bescheid eingebrachter Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer unter Verweis auf das Ergebnis des Pendlerrechners, wonach die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar sei, die Berücksichtigung des Pendlerpauschales im Betrag von 2.568,- Euro jährlich bzw 214,- Euro monatlich.

Mit Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er laut Meldeauskunft einen Wohnsitz sowohl in ***Ort2*** als auch in ***Ort1*** habe. Gemäß den Bestimmungen der Pendlerverordnung liege ein Familienwohnsitz dort, wo der Steuerpflichtige seine engsten persönlichen Beziehungen und einen eigenen Hausstand habe. Der Beschwerdeführer werde daher für die Wohnsitze in ***Ort2*** und ***Ort1*** um Vorlage des Mietvertrages, der Energiekostenabrechnung (Strom, Heizung, Warmwasser, ...), der Gemeindegebührenabrechnung und allfälliger weiterer durch den Beschwerdeführer getragener Aufwendungen ersucht.

Mit Schreiben vom führte der Beschwerdeführer aus, dass er seit 2007 gemeinsam mit seinen Eltern in ***Ort1*** seinen Familienwohnsitz habe und mit seinen Eltern gemeinsam den Hausstand führe. Der Umstand der gemeinsamen Führung des Hausstandes spreche dafür, dass der Beschwerdeführer seine engsten persönlichen Beziehungen in ***Ort1*** habe. Die Betriebskosten würden über die Eltern des Beschwerdeführers abgerechnet. Weiters handle es sich um Eigentum, es gebe daher keinen Mietvertrag. Einen Zweitwohnsitz habe er vor 2007 innegehabt, wobei der Beschwerdeführer die Abmeldung übersehen habe.

Am übermittelte die belangte Behörde an die ÖBB Infrastruktur AG, die im Grundbuch als Eigentümerin für die Adresse ***Wohnanschrift2*** an der der Beschwerdeführer im Streitjahr gemeldet war (Nebenwohnsitz), eingetragen ist, ein schriftliches Auskunftsersuchen betreffend das mit dem Beschwerdeführer bestehende Mietverhältnis. Daraufhin wurde der belangten Behörde die Auskunft erteilt, dass mit dem Beschwerdeführer seit April 2000 betreffend die Wohnung an der Adresse ***Wohnanschrift2*** ein Mietverhältnis bestehe, das noch immer aufrecht sei. Zudem wurde der belangten Behörde der betreffende Mietvertrag übermittelt.

Am übermittelte die belangte Behörde an die Verbund AG ein schriftliches Auskunftsersuchen betreffend allfällige Belieferungen des Beschwerdeführers mit Strom, Gas oder Öl. Daraufhin wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass der an der Adresse ***Wohnanschrift2*** wohnhafte Beschwerdeführer seit März 2007 von der Verbund AG mit Strom beliefert werde.

Mit Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die in der Vorhaltsbeantwortung vom erfolgten Ausführungen, wonach der Beschwerdeführer seit 2007 keinen Zweitwohnsitz führe, um Stellungnahme zu dem Umstand ersucht, dass betreffend die Adresse ***Wohnanschrift2*** seit April 2000 ein aufrechtes Mietverhältnis bestehe, für das laufend Miete bezahlt werde, und eine laufende Belieferung mit Strom erfolge. Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer die Frage gestellt, mit welchem PKW er die Fahrten nach ***Ort1*** durchgeführt habe bzw durchführe.

Mit Schreiben vom führte der Beschwerdeführer aus, dass seinerzeit seine damalige Lebenspartnerin die Wohnung bezogen habe und der Mietvertrag nach der Trennung aus wirtschaftlichen Gründen nicht verändert worden sei. Betreffend die Fahrten von ***Ort1*** zur Arbeitsstätte führte der Beschwerdeführer aus, dass Fahrgemeinschaften gebildet worden seien. Zudem könne er das KFZ seines Vaters verwenden.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die oa Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich dabei im Wesentlichen auf die Feststellung, dass ein ständiger Aufenthalt des Beschwerdeführers in ***Ort1*** nicht glaubhaft sei. Begründend führte die belangte Behörde in diesem Zusammenhang aus, es widerspreche der Lebenserfahrung, dass man einer ehemaligen Lebenspartnerin über Jahre den Wohnsitz zur Verfügung stelle und auch laufend die Energiekosten trage. Des weiteren erscheine es unüblich, dass man bei einem Wohnsitz in ***Ort1*** und einem Dienstort in ***Ort2*** keinen PKW angemeldet hat, weil auch öffentliche Verkehrsmittel nicht ständig verkehren würden und Fahrgemeinschaften bzw die Nutzung des Autos des Vaters einen gewissen Unsicherheitsfaktor bezüglich der Zuverlässigkeit beinhalten würden.

Am brachte der Beschwerdeführer über das FON-Portal einen Vorlageantrag gem § 264 Abs 1 BAO ein. Darin führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die von der belangten Behörde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung angeführte Begründung lediglich aus Vermutungen bzw sachlich unrichtigen Annahmen des zuständigen Sachbearbeiters bestünde. Hinsichtlich „seiner Person zutreffend“ erachte der Beschwerdeführer § 4 Abs 1 und 2 Pendlerverordnung. Die Behauptung, dass nicht immer öffentliche Verkehrsmittel fahren würden, sei eine unrichtige Annahme (Verweis auf Fahrplan der Postbuslinie). Gerade weil die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke nicht zumutbar oder nicht möglich sei, habe er Anspruch auf das große Pendlerpauschale.

Mit Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer unter anderem dazu aufgefordert, den Namen seiner ehemaligen Lebenspartnerin bekanntzugeben. Weiters wurde der Beschwerdeführer unter anderem um Stellungnahme zu dem Umstand, dass im Streitjahr an der Adresse ***Wohnanschrift2*** neben seiner Person keine weitere Person gemeldet war und dass gem dem zwischen den ÖBB und dem Beschwerdeführer geschlossenen Mietvertrag eine gänzliche/teilweise Untervermietung sowie jegliche sonstige Überlassung der Wohnung an Dritte untersagt sei, ersucht. Zudem wurde der Beschwerdeführer um Erläuterung der von ihm im Schreiben vom vorgebrachten „wirtschaftlichen Gründe“ für die unterlassene Änderung des Mietvertrages ersucht. Betreffend die vom Beschwerdeführer behaupteten Fahrten zwischen seinem Wohnsitz in ***Ort1*** und seiner Arbeitsstätte wurde der Beschwerdeführer dazu aufgefordert, die tatsächlich gefahrene Strecke nachzuweisen sowie Angaben zu der von ihm behaupteten Fahrgemeinschaft zu machen (insbesondere mit wem der Beschwerdeführer mitfahre).

Dem oa Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom wurde vom Beschwerdeführer nicht entsprochen.

Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der gegenständlichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde der Beschwerdeführer insbesondere um Stellungnahme betreffend das Vorliegen eines eigenen Hausstandes an der Adresse ***Wohnanschrift1*** sowie um Bekanntgabe der Namen und Adressen der an der vom Beschwerdeführer behaupteten Fahrgemeinschaft teilnehmenden Personen, aufgefordert. Weiters wurde der Beschwerdeführer dazu aufgefordert, zu den im bislang nicht beantworteten Vorhalt der belangten Behörde vom aufgeworfenen Fragen sowie zu den Ausführungen der belangten Behörde im Vorlagebericht vom schriftlich Stellung zu nehmen.

Der oa am an die vom Beschwerdeführer bekanntgegebene und im ZMR als Hauptwohnsitz gemeldete Adresse „***Wohnanschrift1***“ verschickte Beschluss des Bundesfinanzgerichts wurde mit dem Vermerk „Verzogen. Neue Adresse ***Wohnanschrift2*** als unzustellbar retourniert. Der Beschwerdeführer wurde daher mit nunmehr an die Adresse ***Wohnanschrift2*** verschicktem Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom erneut um Stellungnahme zu den im Beschluss vom angeführten Fragen aufgefordert (Beantwortungsfrist: 1 Monat). Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer der vorgenannte Umstand der Unzustellbarkeit des Beschlusses vom zur Kenntnis gebracht und der Beschwerdeführer um Stellungnahme aufgefordert, zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Gründen der Wohnsitzwechsel stattgefunden habe und weshalb keine entsprechende Änderung der Daten im Melderegister veranlasst wurde.

Bis zum heutigen Tag ist beim Bundesfinanzgericht keine Stellungnahme des Beschwerdeführers eingegangen. Per wurde an der Adresse ***Wohnanschrift2*** der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers angemeldet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr 2015 nichtselbständig bei der ***Arbeitgeberin*** tätig. Seine Arbeitsstätte befand sich an der Adresse ***Arbeitsstättenanschrift***

An der Adresse ***Wohnanschrift2*** hatte der Beschwerdeführer eine von der ***Arbeitgeberin*** gemietete Wohnung inne, die weniger als 20 km von der Arbeitsstätte des Beschwerdeführers entfernt war (gemeldet als Nebenwohnsitz).

Seinen gemeldeten Hauptwohnsitz hatte der Beschwerdeführer im Streitjahr an der Adresse ***Wohnanschrift1***. An dieser Adresse befand bzw befindet sich ein im Eigentum der Eltern des Beschwerdeführers stehendes Grundstück mit Einfamilienhaus und hatten bzw haben die Eltern des Beschwerdeführers ihren Wohnsitz. Der Beschwerdeführer bewohnte Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes mit seinen Eltern mit und verfügte an dieser Adresse im Streitjahr über keinen eigenen Hausstand.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss dieser Rsp zufolge den Bestand einer Tatsache nicht im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn nachweisen (vgl zB ; Ritz, BAO6 § 167 Rz 8 mwN).

Zu der vom erkennenden Gericht getroffenen Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Streitjahr an der Adresse, ***Wohnanschrift1*** somit am Wohnsitz der Eltern des Beschwerdeführers keinen eigenen Hausstand führte, ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer selbst im Rahmen seines an die belangte Behörde gerichteten Schreibens vom ausführte, dass er mit seinen Eltern an der Adresse ***Wohnanschrift1*** einen gemeinsamen Wohnsitz habe und „mit seinen Eltern gemeinsam den Hausstand“ führe. Darin übereinstimmend hat auch die belangte Behörde im Rahmen ihres Vorlageberichtes vom bereits die Feststellung getroffen, dass ein eigener Hausstand des Beschwerdeführers an der Adresse ***Wohnanschrift1*** nicht vorliegt. Der Beschwerdeführer führe nämlich „laut eigenen Angaben zusammen mit seinen Eltern einen Hausstand und alle Rechnungen laufen auf dessen Eltern, sprich er bewohnt Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes der Eltern mit.“ Der Vorlagebericht der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom mit der ausdrücklichen Aufforderung zur Übermittlung einer schriftlichen Stellungnahme zu den seitens der belangten Behörde im Vorlagebericht erfolgten Ausführungen zugesandt. Zudem wurden dem Beschwerdeführer vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom konkrete Fragen betreffend die Wohnsituation an der Adresse ***Wohnanschrift1*** gestellt. Insbesondere wurde der Beschwerdeführer dazu aufgefordert, Angaben dahingehend zu machen, ob er sowie seine Eltern an der Adresse ***Wohnanschrift1*** jeweils über einen eigenen Hausstand (eigene Wohnung) verfügt haben bzw ob abgeschlossene Wohnräumlichkeiten vorliegen oder ob ein Wohnverband vorliegt, bei dem (zum Teil) eine Mitbenützung gemeinschaftlicher Räumlichkeiten erfolgt. Weiters wurde der Beschwerdeführer dazu aufgefordert, Angaben zu den ausschließlich von Ihm genutzten Räumlichkeiten an der Adresse ***Wohnanschrift1*** (Anzahl der Zimmer, Summe der Nutzflächen und Bezeichnung der Zimmer [zB „Schlafzimmer“ etc]) zu machen.

Der Beschwerdeführer hat auf den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom nicht reagiert und damit seiner Mitwirkungsverpflichtung (vgl § 138 BAO) nicht entsprochen bzw wurde von ihm der oa Feststellung der belangten Behörde, wonach ein eigener Hausstand des Beschwerdeführers an der Adresse ***Wohnanschrift1*** nicht vorliege, nicht widersprochen. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, sich mit dieser von der belangten Behörde getroffenen Feststellung auseinander zu setzen und diese zu widerlegen (vgl dazu sinngemäß zB ). Vor diesem Hintergrund kann die gegenständliche Sachverhaltsfeststellung gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Betreffend die vom erkennenden Gericht getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer habe im Streitjahr an der Adresse ***Wohnanschrift2*** eine von der ***Arbeitgeberin*** gemietete Wohnung innegehabt, ist wie folgt auszuführen:

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr an dieser Adresse gemeldet (Nebenwohnsitz). Andere Personen waren an dieser Adresse im Streitjahr nicht gemeldet. Sowohl der Mietvertrag als auch der mit der Verbund AG abgeschlossene Vertrag über die Belieferung von Strom wurden vom Beschwerdeführer abgeschlossen. Der zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Arbeitgeber abgeschlossene Mietvertrag enthält zudem eine Klausel, der zufolge die „gänzliche oder teilweise Untervermietung oder sonstige Überlassung des Mietgegenstandes in welcher Form immer an Dritte […] nicht gestattet [ist]; desgleichen ist es unzulässig, Rechte aus diesem Mietvertrag an dritte Personen abzutreten.“ Diese Indizien sprechen dafür, dass der Beschwerdeführer im Streitjahr die gegenständliche Wohnung innegehabt hat bzw über diese verfügen konnte. Dass der Beschwerdeführer über die Wohnung im Streitjahr nicht verfügen hätte können, wird vom Beschwerdeführer lediglich auf die Behauptung gestützt, er habe die Wohnung seiner ehemaligen Lebensgefährtin zur (alleinigen) Nutzung überlassen. Diese den vorgenannten Indizien widersprechende Behauptung stützende Beweisanträge hat der Beschwerdeführer jedoch nicht gestellt. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer sowohl auf das Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom als auch auf den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , mit denen der Beschwerdeführer zur Namhaftmachung jener Person, der er seinem Vorbringen zufolge die gegenständliche Wohnung überlassen habe, nicht reagiert hat. Damit hat der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungsverpflichtung (vgl § 138 BAO) nicht entsprochen. Vor diesem Hintergrund kann die gegenständliche Sachverhaltsfeststellung gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Im Übrigen sind die obigen Sachverhaltsfeststellungen aktenkundig und unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

§ 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2015 maßgeblichen Fassung BGBl I 2015/118 lautet auszugsweise (soweit für den Beschwerdefall relevant):

(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. (…) Werbungskosten sind auch:

(…)

6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

(…)

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:
Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 1 356 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 2 016 Euro jährlich.

d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:
Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich,
bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 2 568 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.

(…)

f) Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.

(…)

j) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.

Gem § 4 Abs 1 Verordnung der Bundesministerin für Finanzen über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (Pendlerverordnung), BGBl II 2013/276 liegt ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs 1 Z 6 lit f und § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988) „dort, wo

1. ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder

2. ein alleinstehender Steuerpflichtiger

seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand (Abs. 2) hat.

Gemäß § 4 Abs 2 Pendlerverordnung hat der Steuerpflichtige „einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.

§ 33 Abs 5 Z 4 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2015 maßgeblichen Fassung BGBl I 2015/118 lautet:

(5) Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis stehen folgende Absetzbeträge zu:

(…)

4. Ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob für die Berechnung des Pendlerpauschales der Wohnsitz des Beschwerdeführers an der Adresse ***Wohnanschrift2*** oder der Wohnsitz des Beschwerdeführers an der Adresse ***Wohnanschrift1*** maßgeblich ist.

Im Falle des Vorliegens mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales gem § 16 Abs 1 Z 6 lit f EStG 1988 entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz maßgeblich.

Ein Familienwohnsitz liegt nach der Maßgabe der Definition des § 4 Pendlerverordnung im Beschwerdefall allerdings nicht vor. Gem § 4 Abs 1 Pendlerverordnung setzt der Begriff des Familienwohnsitzes voraus, dass der Steuerpflichtige dort seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat. Das Vorliegen der „engsten persönlichen Beziehungen“ und das Vorliegen eines eigenen Hausstandes bilden dabei kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen. Im Beschwerdefall liegt ein eigener Hausstand des Beschwerdeführers am Wohnsitz mit der Adresse ***Wohnanschrift1*** jedoch unstrittig nicht vor. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, dass er an der Adresse ***Wohnanschrift1*** seine engsten persönlichen Beziehungen habe, da dort auch seine Eltern ihren Wohnsitz haben, reicht vor diesem Hintergrund für die Begründung eines „Familienwohnsitzes“ iSd § 16 Abs 1 Z 6 lit f EStG 1988 nicht aus.

Liegt ein Familienwohnsitz nicht vor, folgt aus dem klaren Wortlaut des § 16 Abs 1 Z 6 lit f EStG 1988, dass für die Berechnung des Pendlerpauschales zwingend der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz heranzuziehen ist. Maßgeblich für die Berechnung des Pendlerpauschales ist im Beschwerdefall folglich der Wohnsitz des Beschwerdeführers an der Adresse ***Wohnanschrift2***

Gemäß § 3 Abs 1 Pendlerverordnung ist für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist, für Verhältnisse innerhalb Österreichs der vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden. Liegen sowohl Wohnung als auch Arbeitsstätte im Inland, ist demnach das Ergebnis des Pendlerrechners grundsätzlich verpflichtend heranzuziehen (vgl Sutter/Pfalz in Hofstätter/Reichel [Hrsg], Die Einkommensteuer [EStG 1988] – Kommentar [58. Lfg 2015] § 16 Abs 1 Z 6 EStG Rz 51).

Ein Berechnungsformular L34 EDV („Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab “), dem die Wohnadresse ***Wohnanschrift2*** zugrunde liegt, wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Das Bundesfinanzgericht führte aus diesem Grund im Zuge seiner Entscheidungsfindung eine Berechnung mit dem vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellten Pendlerrechner durch. Der Ausdruck des Ergebnisses dieser Berechnung, der einen integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet, dokumentiert die Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels für Fahrten zwischen Wohnung (***Wohnanschrift2*** und Arbeitsstätte (***Arbeitsstättenanschrift***. Ein Pendlerpauschale steht folglich aufgrund der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von weniger als 20 km nicht zu.

Da der Anspruch auf den Pendlereuro gem § 33 Abs 5 Z 4 EStG 1988 akzessorisch zu jenem auf das Pendlerpauschale ist, steht auch der Pendlereuro im Beschwerdefall nicht zu.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

4. Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der im Beschwerdefall in Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer beantragten Inanspruchnahme des Pendlerpauschales und des Pendlereuros zu klärenden Rechtsfragen ergibt sich unmittelbar aus dem insoweit klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, wenn die vom erkennenden Verwaltungsgericht anzuwendenden Normen klar und eindeutig sind (vgl mwN), weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 Abs. 1 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
§ 4 Abs. 2 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
§ 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
§ 3 Abs. 1 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100847.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at