Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2020, RV/5100001/2020

Mit einem Sondersteuersatz besteuerte Einkünfte aus Kapitalvermögen können nicht mit normal besteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache DI, vertreten durch Leitner & Leitner Steuerberatung GmbH, Ottensheimer Straße 32, 4040 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Braunau Ried Schärding vom , betreffend Einkommensteuer für 2018 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I) Verfahrensgang

Die Einkommensteuererklärung für 2018 wurde am elektronisch eingebracht. Der Einkommensteuererklärung wurde folgende Beilage angeschlossen:

Der Abgabepflichtige ist bei A GmbH und war bei L GmbH nicht selbstständig beschäftigt. Zwei einmalige Vorfälle sind in diesem Jahr zu berücksichtigen:
1) Veräußerung der Beteiligung an der Q GmbH
2) Insolvenz der E GmbH
Da diese Vorfälle einmalig sind, wird 2019 wieder eine reine Arbeitnehmerveranlagung beantragt.


Ad 1) Veräußerung der Beteiligung an der Q GmbH
Anschaffungswert:
11 % Anteile an der Q GmbH; Anschaffungskosten (2008) 3.850,00 €
Verkauf 2018: Der Abgabepflichtige verkauft 2018 seine übrigen 5% der Anteile an der Q GmbH.


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Verkauf 2018
56.000,00 €
abzgl. Anschaffungskosten 5%
1.750,00 €
Veräußerungsgewinn steuerpflichtig
54.250,00 €

Ad 2) Insolvenz der E GmbH
Der Abgabepflichtige ist seit 2014 an der E GmbH mit Sitz in M beteiligt. Über das Vermögen der E GmbH wurde mit XXX das Insolvenzverfahren eröffnet.


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Anschaffungswert 2014
12.250,00 €
Eigenkapitalähnliche Investition
249.000,00 €
Verlust anrechenbar
261.250,00 €

Im Einkommensteuerbescheid für 2018 vom wurde vom Finanzamt der Verlust iHv 261.250,00 € nicht berücksichtigt, da nur jene Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt wurden, die im Veranlagungsjahr entstanden sind.

Mit Eingabe vom wurde wegen der Nichtanerkennung des Verlustes aus dem Ausfall eines Gesellschafterdarlehens gegen den Einkommensteuerbescheid für 2018 Beschwerde erhoben und ausgeführt:

Der Ausfall einer Darlehensforderung stelle einen Realisierungstatbestand (in diesem Fall eines Verlustes) dar (vgl. EStR Rz 6225a). Allerdings müsse der Ausfall einer Forderung endgültig eingetreten sein, um den Verlust zu verwerten (vgl. Jakom/Marschner, EStG12, § 27, Rz 133). Endgültig sei ein Forderungsausfall dann, wenn endgültig feststehe, dass keine Rückzahlungen erfolgen werden. Dies könne auch bereits vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der Fall sein, wenn feststehe, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten sei (vgl. Eversloh, BFH: Verlust bei Einkünften aus Kapitalvermögen wegen privater Darlehensforderung, RdW 2018/43; BFH , VIII R 13/15). Im vorliegenden Fall sei der Totalausfall des Gesellschafterdarlehens bereits im Jahr 2018 festgestanden. Im Laufe des Jahres 2018 habe sich gezeigt, dass trotz des gewährten Gesellschafterdarlehens die Finanzkraft der E GmbH für eine Fortführung des Unternehmens nicht ausgereicht habe. Nach intensiven Bemühungen sei in der W GmbH ein Unternehmen gefunden worden, das aufgrund des einschlägigen Geschäftszweiges Interesse in der Übernahme der Assets der E GmbH gezeigt habe. Die W GmbH sei ein Anbieter für ein ganzheitliches Elektromobilitätskonzept, dessen Portfolio der Geschäftsbetrieb sowie die Mitarbeiter der E GmbH sehr gut ergänzen würden. Im Rahmen der im Dezember 2018 geführten Übernahmegespräche sei eine genaue Überprüfung seitens der W GmbH - konkret durch deren Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte - durchgeführt worden, im Zuge dessen der Wert des Vermögens der E GmbH sowie deren Schuldenstand festgestellt worden sei.

Mit sei das verbindliche Anbot der W GmbH zur Übernahme der Assets von E GmbH angenommen worden. Die durch den Verkauf im Rahmen des Asset-Deals erzielte Schuldenreduktion habe jedoch insgesamt nicht ausgereicht, um die Forderungen der erstrangigen Gläubiger abzudecken, geschweige denn nachrangige Darlehensforderungen abzudecken. Da vereinbart worden sei, sämtliche werthaltigen Vermögensbestandteile der E GmbH an die W GmbH zu veräußern, habe es für E GmbH in weiterer Folge auch keine Möglichkeit gegeben, weitere Einkünfte zu erzielen, die für eine Abdeckung noch offener Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Insofern sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Asset-Deals - dh am - bereits festgestanden, dass das noch offene Gesellschafterdarlehen des Beschwerdeführers (Bf.) komplett ausfalle. Mit dem bereits Anfang November 2018 gestellten Insolvenzantrag und die Übernahme der Assets durch W GmbH sei der Forderungsausfall bereits im Jahr 2018 festgestanden. Vor diesem Hintergrund sei der Verlust aus der Darlehensforderung gegenüber E GmbH iHv 249.000,00 € endgültig bereits im Jahr 2018 eingetreten.

Gemäß § 27a Abs. 2 EStG seien Einkünfte aus Darlehen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen, denen kein Bankgeschäft zugrunde liege, mit dem progressiven Einkommensteuertarif zu versteuern. Gesellschafterdarlehen seien nach herrschender Auffassung von der Bestimmung des § 27a Abs. 2 EStG erfasst, sodass die Einkünfte daraus dem progressiven Tarif unterliegen (vgl. ). Seien private Darlehensforderungen uneinbringlich, würden diese negative Einkünfte iSd § 27 Abs. 3 EStG darstellen, deren Substanzanteil jedoch ebenfalls nicht unter den besonderen Steuersatz von 27,5% fallen würde (vgl. EStR Rz 6225a). Gemäß § 27 Abs. 8 Z 3 EStG können "sondersteuersatzbesteuerte" Einkünfte aus Kapitalvermögen (iSd § 27a Abs. 1 EStG) nicht mit "normal besteuerten" Einkünften aus Kapitalvermögen (iSd § 27a Abs. 2 EStG) verrechnet werden. Mit dieser Regelung solle verhindert werden, dass Verluste aus Kapitalanlagen, die dem Tarifsteuersatz von bis zu 50 % unterlägen, mit Gewinnen aus "sondersteuersatzbesteuerten" Einkünften ausgeglichen werden können (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG16, § 27, Rz 502 uVw Fischer/Ungersböck/Hölbling in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbauer, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen 2011, 54 f). Nach den Gesetzesmaterialien (EB zum BudBG 2011, 981 BlgNr 24. GP 120) folge daraus, dass Verluste aus "normal besteuerten" Kapitalanlagen iSd § 27a Abs. 2 EStG auch nur mit Überschüssen aus "normal besteuerten" Kapitalanlagen iSd § 27a Abs. 2 EStG verrechnet werden können. Diese Schlussfolgerung sei aber nicht zwingend und ergebe sich auch nicht aus dem Gesetzeswortlaut von § 27 Abs. 8 Z 3 EStG, der die Verrechnung von "normal besteuerten" Verlusten mit "sondersteuersatzbesteuerten" Einkünften nicht ausschließe (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG16, § 27, Rz 503 uVw Dorda/Jann in Jann/Habersack/Rasner/Strobach/Steinbauer, Die neue Besteuerung von Kapitalvermögen 2011, 54 f). Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die dem allgemeinen Tarif unterliegenden Verluste aus dem Ausfall des Gesellschafterdarlehens sehr wohl zum Verlustausgleich mit den Einkünften aus der Beteiligungsveräußerung heranzuziehen seien und damit im Jahr 2018 keine positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern seien.

In der Beschwerde stellte die steuerliche Vertretung folgende Anträge:
- den Ausfall des Gesellschafterdarlehens als negative Kapitaleinkünfte des Jahres 2018 anzuerkennen sowie diese mit den positiven Einkünften aus der Beteiligungsveräußerung auszugleichen und die Einkommensteuer für 2018 auf dieser Basis iHv 8.169,00 € festzusetzen.
- auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO.
- auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO.
- auf Ausschluss der Öffentlichkeit von der mündlichen Verhandlung gemäß § 275 Abs. 3 Z 1 BAO sowie
- auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung und Vorlage innerhalb von drei Monaten ab Einlangen der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde ohne Erlassen einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom wurden die Anträge auf Verhandlung vor dem Senat und auf mündliche Verhandlung sowie auf Ausschluss der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

II) Sachverhalt

Der Bf. hielt im Jahr 2018 eine Beteiligung an der Q GmbH im Ausmaß von 11%. Die Anschaffungskosten der im Jahr 2008 erworbenen Beteiligung betrugen 3.850,00 €. Im Jahr 2018 wurde die Beteiligung im Ausmaß von 5 % mit Gewinn (Veräußerungsgewinn 54.250,00 €) verkauft. Der daraus resultierende Überschuss wurde im Rahmen der Einkommensteuererklärung als Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt und dem Sondersteuersatz von 27,5 % unterworfen.

Daneben war der Bf. seit 2014 an der E GmbH mit Sitz in M beteiligt, als deren Geschäftsführer er auch fungierte. Die E GmbH war ein Start-up Unternehmen, das sich mit der Entwicklung von E-Mobilität und unterstützender Technologie beschäftigte. Der Bf. hielt an der E GmbH einen Anteil von 31,85 % (Anschaffungswert 12.250,00 €) und hatte der Gesellschaft zusätzlich ein nachrangiges Darlehen von insgesamt 249.000,00 € gewährt, das bis zum vollständig zur Rückzahlung fällig war.

Am stellte die E GmbH einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung beim Insolvenzgericht M. Im Dezember 2018 wurde mit der W GmbH ein Unternehmen gefunden, dass den Geschäftsbetrieb der E GmbH, deren 13 Mitarbeiter und die beiden Geschäftsführer in einem Asset-Deal übernahm. Konkret wurde der Asset-Deal am wirksam abgeschlossen. Das Gesellschafterdarlehen sowie weitere Verbindlichkeiten wurden von W GmbH nicht übernommen. Mit Beschluss vom XXX wurde durch das Amtsgericht M das Insolvenzverfahren über das Vermögen der E GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Die Gläubigerverhandlung fand am YYY statt.

III) Beweiswürdigung

Der Sachverhalt geht aus den vorgelegten Akten der Abgabenbehörde und den eingereichten Unterlagen des Bf. hervor.

IV) Rechtslage

Gemäß § 27 Abs. 1 EStG sind Einkünfte aus Kapitalvermögen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs. 2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs. 3) und aus Derivaten (Abs. 4), soweit sie nicht zu den Einkünften iSd § 2 Abs. 3 Z 1 - 4 gehören. Zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gehören gemäß Abs. 3 Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital iSd Abs. 2 sind.

Gemäß § 27a Abs. 1 EStG unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen einem besonderen Steuersatz und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen zu berücksichtigen.

§ 27a Abs. 2 Z 1 EStG normiert, dass Abs. 1 nicht gilt für Einkünfte aus Darlehen und nicht verbrieften sonstigen Forderungen, denen kein Bankgeschäft zu Grunde liegt.

Gemäß § 27 Abs. 8 EStG ist der Verlustausgleich nur nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zulässig:
Z 3: Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 anwendbar ist, können nicht mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden, für die diese besonderen Steuersätze gemäß § 27a Abs. 2 nicht gelten.
Z 4: Nicht ausgeglichene Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden.

V) Erwägungen

Strittig ist, ob die Verluste aus dem Ausfall des Gesellschafterdarlehens zum Verlustausgleich mit den Einkünften aus der Beteiligungsveräußerung heranzuziehen sind oder nicht.

Unstrittig ist, dass die Einkünfte aus der Beteiligungsveräußerung einem besonderen Steuersatz von 27,5 % unterliegen, während die negativen Einkünfte aus dem Ausfall des Gesellschafterdarlehens nicht unter den besonderen Steuersatz von 27,5 % fallen.

Die Abgabenbehörde hat im angefochtenen Bescheid nur jene Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt, die im Veranlagungsjahr entstanden sind. Die Abgabenbehörde geht offenbar davon aus, dass der Verlust der Darlehensforderung erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2019 realisierbar ist.

Dem ist das Erkenntnis des entgegenzuhalten:

Nach dem Erkenntnis des wird ein Fehlbetrag aus einem Spekulationsgeschäft in jenem Jahr als Spekulationsverlust wirksam, in dem erstmals "feststeht", dass die Einnahmen die Anschaffungs- und Werbungskosten nicht überschreiten werden. Das maßgebende "Feststehen" misst der VwGH wirtschaftlich. Es komme auf die Frage der Einbringlichkeit der Kaufpreisforderung an und nicht auf den formellen Eintritt der Insolvenz oder der Unternehmensbeendigung. Die angeführten Überlegungen gelten für alle steuerpflichtigen Veräußerungsvorgänge im außerbetrieblichen Bereich, bei denen - anstelle eines anvisierten, vereinbarten - Überschusses infolge eines nachträglichen Kaufpreisausfalls ein Verlust im Zeitpunkt dessen Feststehens realisiert wird (vgl. Sabine Kirchmayr/Markus Achatz, Zur Verlustrealisation im außerbetrieblichen Bereich, taxlex 2018, 325).

Mit stellte die E GmbH einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung beim Insolvenzgericht M. Im Dezember 2018 wurde mit der W GmbH ein Unternehmen gefunden, dass den Geschäftsbetrieb der E GmbH, deren 13 Mitarbeiter und die beiden Geschäftsführer in einem Asset- Deal übernahm. Konkret wurde der Asset-Deal am wirksam abgeschlossen. Das Gesellschafterdarlehen sowie weitere Verbindlichkeiten wurden von W GmbH nicht übernommen. Aufgrund der Veräußerung des Geschäftsbetriebes war die Weiterführung der E GmbH ausgeschlossen und es stand zu diesem Zeitpunkt auch fest, dass die Gläubiger lediglich zu einer geringen Quote befriedigt werden würden sowie dass das Vermögen der E GmbH keinesfalls ausreicht, nachrangige Darlehensforderungen abzudecken.

Schon zuvor hatte der Insolvenzverwalter in einem Schreiben am dem Bf. mitgeteilt, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass es im Insolvenzverfahren zu Zahlungen auf Forderungen auf nachrangige Gesellschafterdarlehen kommen werde und davon auszugehen sei, dass die nachrangigen Forderungen voll ausfallen würden.

Das Bundesfinanzgericht hält fest, dass von einem Forderungsausfall erst dann auszugehen ist, wenn endgültig feststeht, dass Rückzahlungen nicht mehr erfolgen werden (vgl. Jakom/Marschner, EStG12, § 27, Rz 133). In wirtschaftlicher Betrachtungsweise stand mit dem Abschluss des Asset-Deals am fest, dass das vom Bf. gewährte nachrangige Gesellschafterdarlehen ausfallen wird. Aufgrund der Veräußerung des Geschäftsbetriebes war die Weiterführung der E GmbH ausgeschlossen. Zudem wurde im Vertragswerk vereinbart, dass das Gesellschafterdarlehen sowie weitere Verbindlichkeiten nicht von W GmbH übernommen werden.

Wie vom VwGH gefordert, misst auch das Bundesfinanzgericht das maßgebende "Feststehen" wirtschaftlich. Mit dem Abschluss des Asset-Deals am wurden der bereits überschuldeten Darlehensnehmerin die Geschäftsgrundlagen (Veräußerung der materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter) entzogen und wurde dadurch eine Rückzahlung des nachrangigen Gesellschafterdarlehens unmöglich. Auf die formelle Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom XXX kommt es nicht mehr an.

Das Bundesfinanzgericht stellt somit fest, dass die Verlustrealisierung bereits im beschwerdegengenständen Jahr eingetreten ist.

Die steuerliche Vertretung hat zutreffend ausgeführt, dass Gesellschafterdarlehen von der Bestimmung des § 27a Abs. 2 EStG erfasst sind und daher dem normalen progressiven Steuertarif unterliegen. Uneinbringliche private Darlehensforderungen stellen negative Einkünfte iSd § 27 Abs. 3 EStG dar, deren Substanzanteil ebenfalls nicht unter den besonderen Steuersatz von 27,5 % fällt (vgl. EStR Rz 6225a).

Gemäß § 27 Abs. 8 Z 3 EStG können "sondersteuersatzbesteuerte" Einkünfte aus Kapitalvermögen (iSd § 27a Abs. 1 EStG) nicht mit "normal besteuerten" Einkünften aus Kapitalvermögen (iSd § 27a Abs. 2 EStG) verrechnet werden. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass Verluste aus Kapitalanlagen, die dem Tarifsteuersatz von bis zu 50 % unterliegen, mit Gewinnen aus "sondersteuersatzbesteuerten" Einkünften ausgeglichen werden können (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG16, § 27, Rz 502).

Nach den Gesetzesmaterialien (EB zum BudBG 2011, 981 BlgNr 24. GP 120) folgt daraus, dass Verluste aus "normal besteuerten" Kapitalanlagen iSd § 27a Abs. 2 EStG auch nur mit Überschüssen aus "normal besteuerten" Kapitalanlagen iSd § 27a Abs. 2 EStG verrechnet werden können.

Die steuerliche Vertretung zitiert Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG16, § 27, Rz 503 wonach diese Schlussfolgerung aber nicht zwingend ist und sich auch nicht aus dem Gesetzeswortlaut von § 27 Abs. 8 Z 3 EStG, der die Verrechnung von "normal besteuerten" Verlusten mit "sondersteuersatzbesteuerten" Einkünften nicht ausschließt, ergibt. Der Bf. geht davon, dass die dem normalen progressiven Steuertarif unterliegenden Verluste aus dem Ausfall des Gesellschafterdarlehens sehr wohl zum Verlustausgleich mit den positiven Einkünften aus der Beteiligungsveräußerung heranzuziehen sind.

Diese Interpretation wird vom Bundesfinanzgericht nicht geteilt. Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung ist zweifelsfrei, dass kein Ausgleich von "sondersteuersatzbesteuerten" Einkünften gegen "tarifbesteuerte" Kapitaleinkünfte möglich ist (vgl. EStR Rz 6234).

§ 27 Abs. 8 EStG enthält einige Beschränkungen zur Verrechnung, nämlich die Einrichtung von verschiedenen Töpfen ohne Verrechnung zwischen den Töpfen sowie weitere spezielle Ausgleichsverbote. Es gibt verschiedene Verlusttöpfe. Verluste sind nur gegen andere Kapitaleinkünfte und nur innerhalb der jeweiligen "Schedule" ausgleichbar. Verluste aus Kapitaleinkünften, die einem besonderen Steuersatz unterliegen, können nur mit anderen mit "flat tax" besteuerten Einkünften ausgeglichen werden. Der progressiven Einkommensteuer unterliegende Kapitaleinkünfte können nur mit Verlusten aus ebensolchen Kapitaleinkünften ausgeglichen werden (vgl. Jakom/Marschner, EStG12, § 27, Rz 412).

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes lässt der Wortlaut des § 27 Abs. 8 Z 3 EStG im beschwerdegegenständlichen Fall keinen Ausgleich des "tarifbesteuerten Darlehensverlustes" mit dem "sondersteuersatzbesteuerten Veräußerungsgewinn der Beteiligung" zu.

Das Finanzamt hat daher zu Recht im Einkommensteuerbescheid für den Veräußerungsgewinn iHv 54.250,00 € die Steuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen mit einem besonderen Steuersatz iHv 27,5 % mit 14.918,75 € festgesetzt.

VI) zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage der Verlustausgleichsbeschränkung, dass Kapitaleinkünfte, auf die die besonderen Steuersätze anwendbar sind, nicht mit Kapitaleinkünften, die mit dem normalen Tarif besteuert werden, ausgeglichen werden können, gibt es bisher keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Knesl/Luka in BFGjournal 2020, 301
Edlbacher/Königseder in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100001.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at