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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2020, RV/2100671/2019

Zwangsstrafe nach § 16 WiEReG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der A, Adresse, vertreten durch die V, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den mit datierten Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg betreffend Zwangsstrafen zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, sie habe offenbar übersehen, die zu erstattende Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend den Bestimmungen des § 5 des Bundesgesetzes über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer RegistergesetzWiEReG) vorzunehmen. Die belangte Behörde ersuchte die Beschwerdeführerin, die Meldung bis längstens nachzuholen. Falls dem Ersuchen nicht Folge geleistet werde, werde eine Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 Euro festgesetzt.

Mit dem mit datierten Bescheid setzte die belangte Behörde die mit Erinnerung vom angedrohte Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 Euro fest. In der Begründung wurde ausgeführt, Zwangsstrafen bezweckten bei einem objektiven Verstoß gegen gesetzliche oder behördliche Anordnungen den Abgabenpflichtigen zur Befolgung selbiger zu verhalten und die durch Gesetz oder Behörde auferlegte Verpflichtung zu erfüllen. Die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer im Sinne des § 5 WiEReG diene dem Zweck der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. § 16 WiEReG sehe vor, dass die Abgabenbehörde die Vornahme der Meldung nach § 5 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen könne, wenn diese nicht oder nicht vollständig erstattet werde. Da diese Meldung von der Beschwerdeführerin nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erstattet worden sei, werde eine Zwangsstrafe in der Höhe von 1.000 Euro festgesetzt.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch V brachte Folgendes vor:
Die Beschwerdeführerin wurde mit Erinnerung vom unter Androhung einer Zwangsstrafe ersucht bis längstens eine Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend der Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) vorzunehmen.
Die Klientin war aufgrund der korrekten Übernahme der Daten in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer der irrtümlichen Meinung, dass keine weiteren Schritte erforderlich seien, und hat es dadurch unterlassen die bereits vorhandenen Daten nochmals zu melden.
Mit gegenständlichem Bescheid vom wurde in der Folge die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von € 1.000,00 festgesetzt.
Der Beschwerdeführerin ist bewusst, dass Ermessensbestimmungen der Abgabenbehörde die Befugnis einräumen, nach eigenen Wertungskriterien zu entscheiden. Die Abgabenbehörde hat jedoch bei der Ermessensübung unter anderem das bisherige Verhalten der Partei, den Grad des Verschuldens sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse der Abgabepflichtigen zu berücksichtigen.
Misst man den konkreten Fall an den dargelegten Ermessenskriterien, so ergibt sich:
- die bisherige Erfüllung sämtlicher abgabenrechtlicher Pflichten seitens der Beschwerdeführerin;
- ein nur geringer Grad des Verschuldens, da die neuerliche Meldung von bereits vorhandenen Daten, wie bereits dargelegt, aus einem (entschuldbaren) Irrtum heraus erfolgte, insbesondere wenn man die Komplexität und das breite Spektrum der zu meldenden Daten berücksichtigt und dabei bedenkt, dass es bis zur Einführung des Registers der wirtschaftlichen Eigentümer keine vergleiche Datenbank in Österreich gegeben hat;
- eine Unangemessenheit in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin, wobei auf die Eröffnungsbilanz (siehe Anlage) verwiesen wird.
Da im konkreten Fall die o.a. Kriterien nicht ausreichend berücksichtigt wurden und hierdurch das der Abgabenbehörde zustehende Ermessen nicht im Sinne des § 111 BAO ausgeübt wurde, wird beantragt den Bescheid aufzuheben und die Zwangsstrafe zu stornieren, in eventu die Zwangsstrafe auf ein Maß herabzusetzen, dass den oben angeführten Kriterien entspricht.
Gleichzeitig wird die Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO für die festgesetzte Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafe in Höhe von € 1.000,00 bis zur kassenmäßigen Erledigung dieser Beschwerde beantragt.
Sollte der gegenständlichen Beschwerde nicht stattgegeben werden, wird alternativ angeregt eine Nachsicht gem. § 236 Abs 1 BAO zu üben und die festgesetzte Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafe ersatzlos aufzuheben, da die Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Wir ersuchen um Berücksichtigung, dass es sich um ein einmaliges entschuldbares Versehen handelt, die zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer kurzfristig, am , nachgeholt wurde und die Klientin keinen Vorteil erzielte.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde (neben der Wiedergabe der Beschwerdeausführungen) ausgeführt:
Seit sind Rechtsträger mit Sitz in Österreich aufgrund des wirtschaftlichen Eigentümer Registergesetzes (WiEReG) verpflichtet, ihre wirtschaftlichen Eigentümer zu identifizieren und diese über das Unternehmensserviceportal des Bundes (USP) an ein zentrales Register zu melden. Die erstmalige Meldung war grundsätzlich bis zum einzubringen. Vorliegend datiert die Eintragung ins Firmenbuch vom - die Eröffnungsbilanz wurde zum Stichtag erstellt.
Wird eine Meldung gemäß § 5 WiEReG
unterlassen, unrichtig oder nicht vollständig erstattet, ergeht an den Rechtsträger vom zuständigen Finanzamt, unter Setzung einer Frist von drei Monaten, ein automatisiertes Erinnerungsschreiben, mit der Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 Euro.
Kommt der Rechtsträger dieser Aufforderung nicht nach, wird die Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 Euro nach § 111 BAO festgesetzt. Gleichzeitig ergeht die Androhung einer weiteren Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 Euro mit einer weiteren Frist von drei Monaten. Kommt der Rechtsträger dieser weiteren Aufforderung binnen der Frist von drei Monaten nicht nach, wird die Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 Euro festgesetzt.
Die Zustellung des Bescheides über die Festsetzung der Zwangsstrafen erfolgt an die Databox oder mittels RSb-Schreiben.
Dieses Erinnerungsschreiben - mit Androhung einer Zwangsstrafe in der Höhe von € 1.000,- erging am .
Der Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe gem. § 111 BAO wurde mit erlassen.
Die Stammdaten der vom Anwendungsbereich des WiEReG umfassten Rechtsträger (auch wie in casu: Gesellschaften mit beschränkter Haftung) werden aus dem Firmenbuch, dem Vereinsregister und Ergänzungsregister für sonstige Betroffene automatisationsunterstützt übernommen. Soweit eine Befreiung von der Meldepflicht besteht, wird dies automatisch im elektronischen Meldeformular angezeigt (vgl. https://www.bmf.gv.at/finanzmarkt/registerwirtschaftlicher-eigentuemer/Karussell/das-register.html, ). Daneben sieht das WiEReG auch laufende umfassende Sorgfalts- und Dokumentationspflichten für Rechtsträger vor.
Die Antragstellerin (Beschwerdeführerin) hätte im USP - WiEReG-eigene Daten einsehen - und somit den Meldestatus überprüfen können, bzw. feststellen können, dass keine aufrechte Meldung vorliegt. Daneben hätte die Möglichkeit beständen, die Meldung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter durchführen zu lassen.
Gemäß der Abfrage beim Register der Wirtschaftlichen Eigentümer vom wurde der Vollzug der Meldung gem. § 5 WiEReG am - und somit verspätet - durchgeführt (…).

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Die Beschwerdeführerin verwies darin auf die Ausführungen in der Beschwerde und hielt ergänzend fest, die Abgabenbehörde habe bei der Ermessensübung nicht nur die gegenständlichen Umstände unberücksichtigt gelassen, die für die Festsetzung einer Zwangsstrafe erforderlich gewesen seien, sondern habe diese auch nicht dargelegt. Auch in der Beschwerdevorentscheidung sei mit keinem Wort auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin eingegangen worden. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Aufgrund der von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Verwaltungsunterlagen, die sich diesbezüglich mit den Ausführungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens decken, stand fest, dass die belangte Behörde eine Zustellung des angefochtenen Bescheides durch die Österreichische Post AG mit Zustellnachweis (RSb) angeordnet hat. Diese konnte den angefochtenen Bescheid am an der Abgabestelle nicht zuzustellen und hat daher das Dokument hinterlegt. Als Beginn der Abholfrist wurde der angegeben, als Ende der ; am letzten Tag der Frist wurde der Bescheid von der Beschwerdeführerin übernommen. Am hat die Beschwerdeführerin die Meldung nach § 5 Abs. 1 WiEReG vorgenommen.

Wird die Meldung gemäß § 5 nicht oder nicht vollständig erstattet, kann gemäß § 16 Abs. 1 WiEReG die Abgabenbehörde deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von drei Monaten vorzunehmen. Durch diese Bestimmung soll gewährleistet werden, dass die Androhung einer Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Nachholung der Meldung erfolgt (1660 BlgNR 25. GP 17).

Gemäß § 14 Abs. 3 WiEReG obliegt die Verhängung von Zwangsstrafen gemäß § 16 sowie deren Erhebung, Sicherung und Einbringung den Abgabenbehörden des Bundes. Zuständig für die Verhängung von Zwangsstrafen gemäß § 16 ist jenes Finanzamt, das zur Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Rechtsträgers örtlich zuständig ist „oder gemäß § 1 Abs. Z 3 KStG zuständig wäre“ (gemeint wohl das Finanzamt, das für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 3 KStG zuständig wäre; 108 BlgNR 26. GP 24).

Gemäß § 111 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer Pflichten zu verhalten (). Daher darf eine Zwangsstrafe nicht mehr verhängt werden, wenn die Leistung (wenn auch verspätet) bereits erfolgt ist (; ), also der Anordnung vor Zustellung des Festsetzungsbescheides entsprochen wurde. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erbringung der angeordneten Leistung(en) ist nämlich die Wirksamkeit (§ 97 BAO) des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung (lit. a). Vor der Bekanntgabe entfaltet ein Bescheid keinerlei Rechtswirkungen.

Kann das Dokument wie im verfahrensgegenständlichen Fall an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 (hier der geschäftsführende Gesellschafter) regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gemäß § 17 Abs. 1  Zustellgesetz (ZustG) das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZuStG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Die Frist zur Abholung des angefochtenen Bescheides begann am , der bekämpfte Bescheid galt somit an diesem Tag als zugestellt und wurde gemäß § 97 Abs. 1 BAO an diesem Tag wirksam. Die Meldung gemäß § 5 WiEReG wurde am und somit vor Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides vorgenommen. Die Festsetzung der Zwangsstrafe war daher unzulässig und der angefochtene Bescheid war aufzuheben (es war nicht entscheidend, ob die Meldung innerhalb der gesetzten Frist erfolgt ist).

Gemäß § 323c Abs. 4 BAO in der Fassung Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 16/2020, in Verbindung mit § 2a BAO sind, wenn aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt sind, mündliche Verhandlungen und Vernehmungen mit Ausnahme von audiovisuellen Vernehmungen nur durchzuführen, soweit dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege unbedingt erforderlich ist. Im verfahrensgegenständlichen Fall stand der Sachverhalt aufgrund der dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vorgelegten (amtlichen) Dokumente fest; dieser deckte sich mit den Ausführungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Es war daher zur Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht unbedingt erforderlich, sodass auf Grund der derzeit geltenden COVID-19 bedingten Einschränkungen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen worden ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt die Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100671.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at