Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 30.04.2020, RV/7101672/2020

Zurückweisung eines verspäteten Vorlageantrags gegen eine mittels FinanzOnline zugestellte Beschwerdevorentscheidung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015, beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO zurückgewiesen.  

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig. 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist Pensionistin.

Gegen den am ergangenen Einkommensteuerbescheid (ArbeitnehmerInnenveranlagungsbescheid) für das Jahr 2015 erhob die Bf. am Beschwerde, welche vom Finanzamt mit teilweise stattgebender Beschwerdevorentscheidung vom erledigt wurde. Die Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung erfolgte elektronisch am in die FinanzOnline-Databox der Bf. (siehe dazu den Bezug habenden Ausdruck des Finanzamts „Signatur-BVE“ (S 42 BFG-Akt) und die Bezug habenden Ausdrucke des Bundesfinanzgerichts aus der Datenbank „Jahresveranlagung Privat“, letztere vom (S 46 ff BFG-Akt)).

Gegen die angeführte Beschwerdevorentscheidung vom brachte die Bf. am (Datum des Poststempels, S 41 BFG-Akt) einen Vorlageantrag ein, in dem sie ua. ausführte, die angefochtene Beschwerdevorentscheidung sei am zugestellt worden.

Am wurde das Rechtsmittel dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Bezug habenden Vorlagebericht beantragte die Abgabenbehörde, den Vorlageantrag vom gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als verspätet zurückzuweisen, und führte dazu im Wesentlichen Folgendes aus:

Es sei am ein Vorlageantrag gegen die am erlassene und am selben Tag in die Databox der Bf. gestellte Beschwerdevorentscheidung eingebracht worden. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung sei exakt um 18:42:39+01:00 des erfolgt, wodurch ab diesem Zeitpunkt der Bescheid im elektronischen Verfügungsbereich der Empfängerin (= Bf.) gewesen sei. Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gälten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt seien. Die Bf. habe eine E-Mail-Adresse hinterlegt, an die die Zustellung eines elektronischen Schriftstückes bekannt gegeben werde.

Lt. beilegendem Kuvert sei der Vorlageantrag am am Postamt aufgegeben worden; er gelte daher mit als am Finanzamt eingelangt. Da die Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung aufgrund der obigen Ausführungen bereits am (Donnerstag) eingetreten sei, sei die Abgabe des Vorlageantrags am verspätet.

Mit an das Bundesfinanzgericht adressiertem Schreiben vom nahm die Bf. zum Antrag des Finanzamtes, den Vorlageantrag gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als verspätet zurückzuweisen, im Wesentlichen wie folgt Stellung:

Ihrer Meinung nach sei dieser Antrag der belangten Behörde unrichtig. Das Finanzamt habe nach seinen Angaben die Beschwerdevorentscheidung am erlassen und am selben Tag um 18:42:39+01:00 in die Databox der Bf. zugestellt. Die behördliche Erledigung sei der Bf. jedoch nicht am bekannt gegeben worden, sondern nachweislich erst am nächsten Tag, dem .

Dem Finanzamt sei sehr wohl bekannt, dass die Bf. eine E-Mail-Adresse hinterlegt habe, „an die die Zustellung eines elektronischen Schriftstückes bekannt gegeben wird“. In ihrem Finanzakt in FinanzOnline, Absatz „elektronische Zustellung“, sei der Text „Ich möchte eine E-Mail-Verständigung bei behördlichen Zustellungen in die Nachrichten erhalten“ angehakt.

Die belangte Behörde führe in ihrem Vorlagebericht nicht aus, dass die beantragte behördliche Bekanntgabe der Zustellung in die Nachrichten erst am , 01:45 Uhr, erfolgt sei. [Anmerkung: Dem Schreiben der Bf. vom war ein E-Mail von finanzOnline@bmf.gv.at an die von der Bf. in FinanzOnline zur Verständigung bei behördlichen Zustellungen hinterlegte E-Mail-Adresse beigeschlossen, das auszugsweise folgenden Wortlaut aufweist:

„Datum: 01:45

Von: finanzOnline@bmf.gv.at

An: [die von der Bf. in FinanzOnline hinterlegte E-Mail-Adresse]

Betreff: Mitteilung von FinanzOnline

Sehr geehrte FinanzOnline-Teilnehmerin, sehr geehrter FinanzOnline-Teilnehmer,

diese E-Mail-Adresse ist als Kontaktadresse für [Name der Bf.] gespeichert.

Sie haben einen neuen Bescheid in Ihrer FinanzOnline-Databox.

Klicken Sie einfach auf https://finanzonline.bmf.gv.at/ und melden Sie sich wie gewohnt an.

Hinweis: Diese Nachricht wurde automatisiert erstellt. Bitte antworten Sie nicht darauf.

[…]

Freundliche Grüße

Ihr Finanzamt“]

Die Bekanntgabe der behördlichen Erledigung und damit der Beginn des einmonatigen Fristenlaufs sei de facto für die Bf. zweifelsohne am erfolgt. Somit sei das Ende der Beschwerdefrist für die Bf. ohne jede Frage der gewesen.

Die Bf. sei der Meinung, dass die Behörde mit dem Akzeptieren der „Anhakung“ in FinanzOnline, Absatz „elektronische Zustellung“ (siehe oben), auch die Verantwortung für die rechtzeitige Bekanntgabe der Erledigung übernommen habe. Im Fall der Bf. hätte diese Bekanntgabe daher noch am erfolgen müssen. Wenn sie nicht erfolgt sei, ergebe sich daraus eine Verschiebung des Fristenlaufs um einen Tag.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist ein nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageantrag zurückzuweisen.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

Die FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006 idgF, normiert in § 5b Abs. 2, dass jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben kann, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

§ 98 Abs. 2 BAO lautet:

„(2) Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.“

Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (und damit gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt gelten), ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. Ritz, BAO6, § 98 Tz 4, mit zahlreichen Judikaturnachweisen, darunter ). Dies gilt auch, wenn die Daten am Freitag nach Ende der Kanzleiöffnungszeit des zustellungsbevollmächtigten Parteienvertreters einlangen ().

Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (Ritz, § 98 Tz 4, mit Judikaturnachweisen).

Irrelevant ist das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung (). Der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox ist auch dann der Zustellzeitpunkt, wenn die in § 5b Abs. 2 FinanzOnline-Verordnung 2006 vorgesehene Information an der vom Teilnehmer angegebenen elektronischen Adresse unterblieben ist. Diese Information hat lediglich Service-Charakter (Ritz, § 98 Tz 4).

Im gegenständlichen Fall ist die Teilnahme der Bf. an der elektronischen Zustellung, nicht zuletzt durch die von ihr selbst mit ihrem Schreiben vom an das Bundesfinanzgericht übermittelten Beilagen, darunter das E-Mail von finanz.Online@bmf.gv.at an die Bf. vom (siehe oben in der Darstellung des Verfahrensgangs in diesem Beschluss und S 52 f. BFG-Akt), aktenkundig. Auch der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vom und die Bezug habende Beschwerdevorentscheidung vom wurden der Bf. elektronisch zugestellt.

Fest steht im gegenständlichen Fall, dass die Bezug habende Beschwerdevorentscheidung vom elektronisch am selben Tag, sohin bereits am , in die FinanzOnline-Databox der Bf. zugestellt wurde und dass die Verständigung der Bf. mittels E-Mail an die von ihr in FinanzOnline bekanntgegebene E-Mail-Adresse über die in ihre Databox erfolgte Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung am erfolgte (siehe dazu bereits oben in der Darstellung des Verfahrensgangs).

Damit steht freilich fest, dass die am erfolgte Einbringung des Vorlageantrags gegen die Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2015 vom verspätet erfolgte, da letztere bereits am elektronisch in die FinanzOnline-Databox der Bf. eingebracht wurde, dh. in den elektronischen Verfügungsbereich der Empfängerin gelangt ist und damit gemäß § 98 Abs. 2 BAO als zugestellt gilt (a uf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es ebenso wenig an wie auf das Datum der Information über die in die Databox erfolgte Zustellung ( siehe oben)); die Zustellung eines Bescheides erfolgt nämlich mit der Einbringung der Daten in die Databox und nicht mit der Verständigung darüber. Damit begann aber der einmonatige Fristenlauf des § 264 Abs. 1 BAO am Mittwoch, dem , und endete am Donnerstag, dem , sodass sich die am Freitag, dem erfolgte Einbringung des streitgegenständlichen Vorlageantrags als verspätet erweist.

Dass die Bf. wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, wurde von ihr nicht einmal behauptet.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung des Vorlageantrags aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die ordentliche Revision nicht zuzulassen war. 

Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz

Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde -  mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5b Abs. 2 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Ritz, BAO 6. Auflage, § 98 Tz 4
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101672.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at